Freunde finden im Erwachsenenalter: Wie es geht und wie man Freundschaften pflegen kann!

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18. August 2023

Laut Studien sind Freund*innen neben der Familie das Wichtigste im Leben der Menschen in Deutschland.** In der Kindheit entstehen Freundschaften oft ganz selbstverständlich – auf dem Spielplatz, in der Nachbarschaft, im Kindergarten oder der Schule. Und auch noch in der Jugend bilden sich Freundschaften häufig schnell durch gemeinsame Erlebnisse in Schule, Ausbildung oder Studium, Sportvereine, WG-Partys oder große Cliquen. Aber dann, wenn wir jenseits der 30 sind, fest im „Erwachsenenalltag“, Berufsleben und Verpflichtungen stecken, sieht es plötzlich anders aus. Die Bedeutung von Freundschaften nimmt keineswegs ab – allerdings oft die Leichtigkeit, mit der sie früher entstanden sind.

Durch Umzüge, Jobs, Familiengründung, Trennungen oder neue Interessen verlieren wir alte Freund*innen aus den Augen – und nicht selten stellen wir irgendwann fest, dass uns Freund*innen fehlen. Menschen, die unsere Hobbys teilen, die wir anrufen können, wenn wir jemanden zum Zuhören brauchen, und die im besten Fall unsere Chosen Family für uns sind. Freunde finden im Erwachsenenalter ist also gar nicht so leicht, Freundschaften zu pflegen ebenfalls nicht. Wir haben unsere femtastics Community auf „Instagram“ gefragt, was sie dafür tun, ihre Freundschaften im Erwachsenenalter zu pflegen und wie sie neue Freund*innen gefunden haben.

Jennifer: „Man muss selbst aktiv werden, seine Komfortzone verlassen und sich trauen auf fremde Menschen zuzugehen.“

„Ich habe vor zwölf Jahren für meinen Mann meine Heimat verlassen, inklusive Familie, besten Freund*innen, Hobbys. Nachdem meine Ehe in die Brüche gegangen war, stand ich allein in dieser großen Stadt. Klar, die Freundschaften von früher bestehen auch über die Entfernung weiterhin fort, aber es wäre doch viel schöner auch direkt vor Ort nette Menschen zu haben, um gemeinsam Zeit zu verbringen, sich gegenseitig zu unterstützen und ganz viel zu schnacken. Ich stand in den Hamburger Bücherhallen, als eine Frau in meinem Alter mich um Hilfe bat. Ich habe ihr geholfen, kurz geschnackt, dann haben wir uns einen schönen Tag gewünscht und unsere Wege haben sich wieder getrennt. Warum traut man sich in so einem Moment nicht zu fragen, ob man vielleicht zusammen einen Kaffee trinken gehen möchte? Warum ist es in meinem Alter so schwer Kontakte zu knüpfen, wo sie doch so wichtig für das Wohlbefinden sind und es vielen Menschen genauso geht?

Wenn man Glück hat, arbeitet man in einer großen Firma und hat eine große Auswahl an Kontakten, die man auch über das Arbeitsleben hinaus zu freundschaftlichen Beziehungen entwickeln kann. Und wenn das nicht der Fall ist? Dann braucht man Mut. Es gibt auf Social Media wie „Facebook“ extra Gruppen um neue Menschen kennenzulernen und ich habe das ausprobiert. Ich hatte quasi ein Blind-Friendship-Date. Es war nett, aber es blieb dann auch bei dem einen Treffen. Man kann Freundschaft eben auch nicht einfach erzwingen. Ich glaube, die beste Möglichkeit ist dann doch eher ein neues Hobby: Ein Sportverein, ein Volkshochschulkurs, ein Bücherclub … Dann hat man eine gemeinsame Grundlage auf der man aufbauen kann.

Gesagt, getan. Ich habe mich für Sportkurse entschieden und nach ein paar Wochen hat man die gleichen Gesichter immer wieder getroffen. Vom „Moin“ und „Tschüss“ über „Wie war Dein Tag?“ ging es weiter in tiefere Themen. Es wurden Handynummern ausgetauscht, gefragt, ob man auch zum nächsten Kurs kommt – und dann hat man sich auch außerhalb vom Sport verabredet. Ich glaube, je älter man wird, desto weniger fliegen einem die Freundschaften einfach zu. Man muss selbst aktiv werden, seine Komfortzone verlassen und sich trauen auf fremde Menschen zuzugehen.“

Dagmar: „Meine Erfahrung ist, dass es Zeit und ganz viel Offenheit braucht, bis sich echte Freundschaften entwickeln.“

„Neben meiner Familie liegen mir meine engen Freundinnen und Freunde sehr am Herzen. Zeit für Treffen oder Telefonate nehme ich mir deshalb ganz bewusst, egal wieviel gerade in meinem Leben los ist. Klar ist es einfacher, Freundschaften in der gleichen Stadt zu pflegen – ich melde mich manchmal einfach spontan bei Freund*innen, wenn ich in der Nähe bin und wir trinken einen schnellen Kaffee zusammen. Über Distanz ist es schwieriger. Aber wirkliche Freundschaften halten es durch die enge Verbindung auch aus, wenn man sich länger nicht sieht. Ich melde mich regelmäßig und freue mich umso mehr, wenn wir uns wiedersehen.

Neue Freundschaften habe ich in den letzten Jahren vor allem über ein gemeinsames Sport-Hobby geschlossen. Die geteilte Leidenschaft ist eine gute Basis, um ins Gespräch zu kommen und – wenn es passt – auch mal zusammen auszugehen und sich besser kennenzulernen. Meine Erfahrung ist, dass es Zeit und ganz viel Offenheit braucht, bis sich echte Freundschaften entwickeln. Ich habe glücklicherweise eine Handvoll Herzensmenschen gefunden, für die ich sehr dankbar bin. Sie bereichern mein Leben wirklich sehr!“

Leila: „Über die App habe ich inzwischen einige sehr liebgewonnene Freund*innen mit ähnlichen Interessen gefunden – die ich sonst niemals kennengelernt hätte und ich bin wahnsinnig dankbar dafür!“

„Ich habe schon so oft liebe Freund*innen kennengelernt und neue Freundeskreise aufgebaut und musste immer wieder wehmütig Abschied nehmen, weil (meistens die andere Person) weggezogen ist. Ich habe mich dafür entschieden nach drei Jahren Studium woanders wieder in meine Heimatstadt zurückzukehren. Hier wohnen meine Eltern, ich fühle mich wohl und weiß zumindest, wie ich Leute kennenlernen kann.

Dachte ich zumindest immer. Bis ich feststellen musste, dass ich mit 27 Jahren irgendwie im falschen Alter bin. In allen Hochschulgruppen und Initiativen lag der Altersdurchschnitt bei Anfang 20, in allen anderen Vereinen oder Kursen bei über 40. (Ich kenne Leute jeden Alters, doch brauche ich auch immer in etwa gleichaltrige Freundschaften.) In Bars lernt man – aus meiner Erfahrung – als alleinstehende Frau* mit um die 30 eher creepy Leute kennen. Auch zahlreiche Stammtisch- und Netzwerk-Angebote habe ich ausprobiert – ohne Erfolg (ich denke, je älter man wird, desto weniger Kompromisse will man auch bei Freundschaften machen, es muss einfach passen, ich selbst suche keine Partyfreundschaft mehr).

Über Hobbys und ehrenamtliches Engagement hatte ich zwischenzeitlich einige Bekanntschaften gefunden und auch Freundschaften geschlossen, denen aber durch Umzüge wieder rasch ein Ende gesetzt wurde. Die Pandemie hat die Situation nicht besser gemacht. Ich hatte fast aufgegeben und mich mit meiner Situation abgefunden. Bis mir eine Freundin „Bumble Friends“ empfohlen hat. Nach etwas Überwindung habe ich also mit 31 Jahren angefangen Freund*innen übers Internet zu suchen.

Über die App habe ich inzwischen einige sehr liebgewonnene Freund*innen mit ähnlichen Interessen gefunden – die ich sonst niemals kennengelernt hätte und ich bin wahnsinnig dankbar dafür! Dank steigender Mieten wohnen die meisten tatsächlich nicht mehr in der Innenstadt und so wäre ich ihnen wahrscheinlich nie über den Weg gelaufen. Oder sie arbeiten Vollzeit in anstrengenden Berufen und sind froh, abends zur Ruhe kommen zu können. Verständlich. Aber so hätte ich sie ohne App nie gefunden und ich kann jedem nur raten, sich auf das Experiment einzulassen!

Was ich noch unbedingt empfehlen möchte, ist die Option Hobbys nachzugehen, die man in einer Gruppe durchführt, und/oder ehrenamtliches Engagement. Man lernt tolle Menschen kennen, tut was Sinnvolles und fühlt sich gleich weniger allein und mehr eingebunden – vielleicht entstehen enge Freundschaften, vielleicht auch nicht. Die Begegnungen sind dennoch meistens sehr bereichernd!“

„Ein kleiner Einblick in meine Freundschaft zu meiner besten Freundin: Meine beste Freundin wohnt leider schon lange nicht mehr an meinem Ort. Wir schreiben uns fast täglich oder schicken Sprachnachrichten und telefonieren mindestens alle 14 Tage. Wir sind quasi live im Alltag der anderen dabei – nur so kann diese ganz besondere Enge aufrechterhalten werden und die Freundschaft lebt nach 32 Jahren immer noch weiter. Treffen tun wir uns alle drei bis vier Monate einmal. Das mag für manche keine Option sein, für mich ist es jedoch der größte Schatz sagen zu können: „Niemand kennt mich so wie sie“.

Ich weiß, dass meine Freundin wirklich immer für mich erreichbar ist, und wir können uns – zumindest, was mentalen Support angeht – 100 % auf einander verlassen. Manchmal informieren wir uns sogar über Situationen mit möglichem Risiko („Wenn ich mich bis dahin nicht gemeldet habe, kannst du dir Sorgen machen.“) und ich würde tatsächlich anfangen mich zu sorgen, wenn ich unabgesprochen länger als zwei bis drei Tage nichts von ihr höre. Ich selbst finde es ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass jemand nach mir suchen würde.

Und noch etwas zum Thema Freundschaften erhalten: Ich organisiere gerne Gelegenheiten, um meine Freund*innen zusammenzubringen. Entweder lade ich zum Umtrunk, reserviere einen Tisch im Restaurant oder reserviere Karten für ein lokales Konzert – und frage alle, die mir lieb sind, wer mitkommen möchte. So entstehen tolle Erinnerungen, die Freundschaft wird gestärkt und ganz nebenbei entstehen vielleicht sogar neue Freundschaften.“

Freunde finden - Illustration von unterschiedlichen Menschen, die zusammenstehen – femtastics

Sarah: „Nach sechs Jahren reichte es uns einfach nicht mehr, Freund*innen nur am Telefon zu hören oder auf lang geplanten Besuchswochenenden zu sehen.“

„Mit Anfang 30 bin ich für meinen ersten richtigen Job nach der Uni in eine größere Stadt gezogen. Hier hatte ich schon zwei gute Freundinnen. Auf der Arbeit habe ich schnell Kontakt zu den anderen jüngeren und neu dazu gezogenen Kolleg*innen geknüpft und wir sind ein, zwei Jahre lang gerne freitags um die Häuser gezogen. Nach und nach haben diese Familien gegründet oder sich mit der Corona-Pandemie in ihr Privatleben zurückgezogen. Ein Kollege, der auch kinderlos ist, ist für meinen Mann und mich ein sehr enger Freund geworden. Aber nachdem meine zwei Freundinnen wegzogen, merkte ich, dass ich gar keine Ahnung habe, wie und wo man als berufstätige Person neue Freundschaften aufbaut. In meiner Freizeit mag ich es kreativ zu sein, aber das ist eher etwas, was ich zuhause mache.

Nach sechs Jahren reichte es uns einfach nicht mehr, Freund*innen (die überall in Deutschland und anderswo leben) nur am Telefon zu hören oder auf lang geplanten Besuchswochenenden zu sehen, und ab und zu mit Kolleg*innen in die Kneipe zu gehen. Wir wollten wieder einen aktiven Freundeskreis haben. Deshalb sind wir zurück in unsere Studienstadt gezogen, wo ich und mein Mann in einen alten Freundeskreis zurückkehren konnten. Wo wir schon enge Vertraute und mehr Freizeitanfragen haben als Zeit. Es bleibt spannend, ob ich hier auch neue Freundschaften knüpfen werde und über welche Wege sie kommen. Zunächst freue ich mich erstmal über meine Fernfreundschaften und die Freundschaften vor Ort .“

Ramona: „Man muss sich bewusst dafür entscheiden, eine Freundschaft zu führen und dann auch Zeit und Interesse dafür haben.“

„Obwohl meine Freund*innen und ich in der gleichen Stadt wohnen, ist das Aufrechterhalten von Freundschaften als Erwachsene ganz schön schwierig geworden. Insbesondere dann, wenn vereinzelt Kinder hinzukommen. Drei Faktoren sind für mich von besonderer Bedeutung, um eine Freundschaft aufrecht zu erhalten. Zum einen muss man eine gleiche oder zumindest ähnliche Einstellung haben hinsichtlich grundlegender Prinzipien, die man leben möchte. Zum anderen muss man sich bemühen und gewillt sein, Ressourcen zu investieren. Es ist anstrengender Freundschaften zu erhalten im Chaos des vollen Erwachsenenalltags. Man muss sich bewusst dafür entscheiden, eine Freundschaft zu führen und dann auch Zeit und Interesse dafür haben.

Bekommt eine*r Kinder, dann verschiebt sich die Anzahl freier Ressourcen und das ist in Ordnung, sollte sich irgendwann aber wieder ausgleichen. Wenn die Freundschaft nur wegen einer dauerhaft einseitigen Investition bestehen bleibt, dann schließe ich aus Eigenschutz lieber damit ab. Zu guter letzt ist, wie in allen Beziehungen, eine ehrliche und offene Kommunikation wichtig. Diese Kommunikation läuft viel über soziale Medien und Messenger-Dienste. Für das Aufrechterhalten von Freundschaften sind diese wirklich Gold wert. „Snapchat“ ermöglicht mir und meinen Mädels zum Beispiel, täglich kurze Updates mit Gesicht zu geben. Es fühlt sich dann nicht so an, als hätte man sich Ewigkeiten nicht gesehen. Wobei treffen in Real Life natürlich am Ende immer noch am schönsten sind.“


Freunde finden: Wie sind eure Erfahrungen mit Freundschaften im Erwachsenenalter?


Illustration: Dariia, Adobe Stock

** „Statista“ Studie

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