Designerin Dana Roski hat das wilde Berlin gegen einen ruhigen Vorort von München getauscht. Mit Sohn Eden und Ehemann Nicolas lebt die Co-Gründerin des Schmucklabels „Wald Berlin“ seit zwei Jahren in einem gemütlichen Einfamilienhaus im Grünen. Hier kombiniert sie am liebsten Design-Klassiker zu einem erdigen Material-Mix, was perfekt zu den schönen Rundbögen und den Holzbalken des alten Hauses passt.
Wir haben Dana und ihre Familie besucht, bevor Kind Zwei auf die Welt kommt und sprechen mit ihr über Interior, den Mut zur Lücke und wie sie ihr Schmucklabel „Wald Berlin“ erfolgreich durch Krisenzeiten steuert.
Das Haus hat viele Macken, was ich sehr spannend finde.
Dana Roski: Ganz klassisch über „Immobilienscout“. Viele sagen immer, dass es super schwer sei, hier in der Münchner Vorstadt etwas zu finden und dass sie monatelang suchen. Unser Haus war das zweite Objekt, das wir uns angeschaut haben. Ich war so begeistert und hatte schon zugesagt, obwohl mein Mann es noch gar nicht gesehen hatte.
Das Haus hat viele Macken, was ich sehr spannend finde, für andere ist das aber ein No-Go als Mieter*in. Ein zweites Bad, Fußbodenheizung und eine Küche waren hier auch nicht drin. Der Garten war sehr verwildert. Das Haus stand ein halbes Jahr oder sogar ein Jahr leer.
Ich war so begeistert und hatte schon zugesagt, obwohl mein Mann es noch gar nicht gesehen hatte.
Das größte Projekt war die Küche. Wir hatten fast ein Jahr lang keine Küche und haben auf einem Campingkocher gekocht. Ich habe noch nie eine Küche geplant und es gibt viele Dinge zu beachten, was ich unterschätzt habe. Ich habe lange gebraucht, bis ich mich entscheiden konnte und die Lieferzeiten waren sehr lang.
Ich koche zwar gerne, aber ich finde Profiküchen nicht schön. Vor allem die ganzen Geräte. Die Küche sollte sich organisch in den Raum einfügen und eine Erweiterung vom Wohnzimmer sein. Sehr wohnlich und dekoriert. Ich koche gerne und viel. In meiner alten Küche war ich immer abgeschnitten in einem anderen Raum. Jetzt haben wir Spielzeug von meinem Sohn rumstehen, wenn Gäste da sind, stehen sie an der Kochinsel und trinken Wein. Ich habe mir die Küche als einen geselligen Raum vorgestellt.
Ich bin ein Stadtkind, mitten in Stuttgart aufgewachsen und habe dann jahrelang in Berlin gelebt. Für mich ist die Vorstadt schon sehr weit draußen. Das hier ist ein guter Versuch. Auch um zu lernen.
Wir wohnen im Umkreis von München. Die Objekte, die wir kaufen könnten, sind sehr limitiert. Eine kleine Neubauwohnung mit drei Zimmern war für uns mit zwei Kindern keine Option. Wir können uns eher vorstellen, in Zukunft noch weiter rauszuziehen. In eine Gegend, die unser Budget zulässt, aber auch zu unserem Lebensstandard passt.
Ich bin ein Stadtkind, mitten in Stuttgart aufgewachsen und habe dann jahrelang in Berlin gelebt. Für mich ist die Vorstadt schon sehr weit draußen. Das hier ist ein guter Versuch. Auch um zu lernen. Was muss man an einem Haus alles machen? Was kommt finanziell auf uns zu? Wie hoch ist der Arbeitsaufwand? Wir schauen dann, wo es langfristig hingeht. Aber auch wenn es temporär ist, ich will schön wohnen, dafür ist mir das Leben sonst zu kurz.
Ich habe mir die Küche als einen geselligen Raum vorgestellt.
Das Haus steht frei, umgeben von Natur. Innen gibt es viele Rundbögen und oben haben wir Holzbalken an der Decke. Es gibt also eine gewisse Struktur. Für mich sehr höhlenartig und organisch. Daran habe ich mich orientiert. Im Erdgeschoss ist das Thema präsenter, oben bin ich auch ein bisschen moderner geworden.
Ich bin ein haptischer Mensch, ich muss Dinge immer anfassen und mag klassische Stücke. Ich war mal mit einem Design-Möbelhändler zusammen, das hat mich nachhaltig geprägt. Seitdem habe ich eine Wunschliste mit Stücken, die ich gerne hätte. Die kombiniere ich gerne mit Marmor, Bast, Fellen. Eine harmonische Mischung ist mir wichtig.
Das Essen Gehen. Dass man immer irgendwo hingehen kann. Wenn ich hier rausgehe und ein bisschen gelangweilt bin, weiß ich manchmal nicht unbedingt, was ich machen soll.
Manchmal fehlt mir hier ein bisschen das kommunale Frauendenken. Wenn man in Berlin ein Netzwerk hat, reicht eine SMS oder eine E-Mail und man kann sein Business organisieren.
Ich bin vor vier Jahren hochschwanger nach München gekommen. Wenn man ein Kind bekommt, ist man natürlich etwas limitiert. Ich konnte nicht wie in Berlin jeden Abend auf eine andere Veranstaltung gehen. Deshalb ist es mir auch nicht schwergefallen, noch weiter raus aus der Stadt zu ziehen, was ja eine gewisse Isolation bedeutet. Ich habe in München nicht das gleiche Umfeld wie in Berlin.
Manchmal fehlt mir hier ein bisschen das kommunale Frauendenken. Wenn man in Berlin ein Netzwerk hat, reicht eine SMS oder eine E-Mail und man kann sein Business organisieren. Das ändert sich hier zwar langsam, aber in München zählt noch eher: Mit wem bist du zur Schule gegangen?
Ich bin ein haptischer Mensch, ich muss Dinge immer anfassen und mag klassische Stücke.
Ich war mal mit einem Design-Möbelhändler zusammen, das hat mich nachhaltig geprägt.
Ja. Ich wurde durch meine Eltern, die einen Bio-Großhandel hatten, geprägt. Meine Art zu arbeiten ist nicht angestelltentauglich. Ich arbeite gerne schnell, effizient und mit vollem Einsatz. Wenn ich fertig bin, möchte ich dann aber auch nach Hause gehen. Das geht als Angestellte*r nicht. Ich arbeite so gerne, dass ich schnell an einen Punkt komme, an dem es zu viel wird. Ich wusste zwar ganz lange nicht, was ich machen will, aber dass ich mich irgendwann selbstständig machen würde, war immer klar.
Ich liebe Aufgaben, die vielleicht ein bisschen zu groß sind. Entweder ganz oder gar nicht.
Es war eine Mischung. Die Möglichkeit war da und ich bin jemand, der sofort zuschlägt. So bin ich zu meinem ersten Styling-Job für die Sängerin Joy Denalane gekommen. Ich hatte zwar nicht viel Ahnung davon, habe aber ganz viel sehr schnell gelernt. Ich liebe Aufgaben, die vielleicht ein bisschen zu groß sind. Entweder ganz oder gar nicht.
Eine harmonische Mischung ist mir wichtig.
Es war eine Kombination aus ein bisschen Glück und dem richtigen Zeitpunkt. Die Erfahrung mit dem Concept Store in Berlin Mitte hat sehr geholfen. Da wir die Jahre zuvor selbst viele Produkte eingekauft hatten, wussten wir sehr genau, was Einkäufer*innen gefällt. Genau dieses Wissen ist wichtig gewesen. Und wir haben mutige Schritte gemacht. Wir haben erst in Berlin gelauncht und haben uns dann nach New York und London orientiert. Mode und Accessoires sind eine schnelllebige Branche. Markenbuilding funktioniert nicht verkopft. Und Perfektion gibt es eh nicht.
Ich bin die Designerin und kümmere mich um das Marketing. „Instagram“, Newsletter und die Vermarktung gehören zu meinen Aufgaben.
Generell bin ich eine Chefin, die gerne überall mit drinsteckt.
Wir machen unser großes Wochenmeeting remote und haben streng aufgeteilte Zuständigkeitsbereiche. Generell bin ich eine Chefin, die gerne überall mit drinsteckt, was natürlich manchmal etwas nervig sein kann.
Mittlerweile habe ich einen Computer, aber damit mache ich nur den Newsletter.
Jein, gegen Smartphones habe ich nichts. Ich mag die Geschwindigkeit. Es ist schnell und unmittelbar. Wenn das Kind schläft oder ich irgendwo warte, kann ich arbeiten. Ich bin in allem recht schnell, was hin und wieder zu Problemen führt. Manchmal bin ich schludrig. Deshalb mache ich einige Dinge bei „Wald“ lieber nicht. Ich war anfangs mal in der Produktion. Da bin ich sofort rausgeflogen.
Aber das ist okay, man muss ja nicht alles können. Natürlich sollte ich alles ein bisschen verstehen, aber niemand sollte mich eine Excel-Liste machen lassen.
Tendenziell war ich schon immer so. Meine Mutter war am Wochenende da und erstaunt, wie entspannt ich teilweise im Umgang mit meinem Sohn bin. Es gibt Umstände, die lassen sich nicht ändern und das akzeptiere ich schnell. Mein Bruder kam damals in meine Berliner Wohnung und meinte: „Dein Wasserhahn tropft seit zwei Jahren!“. Ich meinte darauf nur: „Du, ich habe so viel zu tun, das ist mir doch egal.“ (Lacht.)
Man nimmt es als so selbstverständlich hin, dass es Kinder gibt. Aber dass es hauptsächlich für Frauen* sehr entbehrungsreiche Jahre sind, in denen auf viel verzichtet werden muss, sollte entlohnt werden.
Das Wichtigste für uns ist, dass wir fair und auch in Deutschland produzieren. Mit unserem Mutter-Kollektiv geben wir Müttern die Möglichkeit, von Zuhause zu arbeiten und fair zu verdienen. Ich bin mit einer alleinerziehenden Mutter mit sechs Geschwistern aufgewachsen. Ich bin selbst Mutter und weiß, wie schwer es sein kann.
Man nimmt es als so selbstverständlich hin, dass es Kinder gibt. Aber dass es hauptsächlich für Frauen* sehr entbehrungsreiche Jahre sind, in denen auf viel verzichtet werden muss, sollte entlohnt werden. Uns ist auch wichtig, den Standort Deutschland aufrecht zu halten. Sei es mit unserer Verpackung oder mit dem Versand, den wir mit einer Behindertenwerkstatt abwickeln.
Wir haben leider viele entlassen müssten, aktuell sind wir rund acht Leute.
Das Wichtigste für uns ist, dass wir fair und auch in Deutschland produzieren.
Wegen des Corona-Blues und der Inflation. Außerdem bin ich hochschwanger. Wir haben viele Abläufe und Arbeitsschritte optimiert und mussten uns verkleinern.
Ich würde mir wünschen, dass unser nächstes Jahr ruhig wird. Die wirtschaftliche Situation ist sehr unklar und instabil. Ich würde dieses Jahr gerne unsere Hausaufgaben machen und gar keine großen Investitionen tätigen. Ich kann mir vorstellen, dass der aktuelle Zustand länger andauert. Ich möchte unsere Klassiker in den Fokus stellen.
Doch, aber weniger und auch klassischere Stücke. Es wird nicht mehr so bunt. Die Leute wollen in solchen unsicheren Zeiten eher klassische Sachen haben. Trotzdem bleibt natürlich die Marke „Wald“ weiterhin bunt und spielerisch.
Vielleicht ist mein Geheimrezept, dass ich gar nicht am Zahn der Zeit bin und mich von Trends nicht irritieren lasse. Das Wichtigste ist, eine eigene Identität zu fahren, die unabhängig von Trends ist. Zu sehr nach links und rechts zu gucken, ist oft eher giftig. Klassische Omas in Italien, die Kaffee trinken, finde ich oft inspirierender als die Modeschauen in Paris. Das ist das Schöne an dem Leben in der Vorstadt: Ich kann mich sehr auf meine eigene Ästhetik konzentrieren. Das geht hier besser als mitten in Berlin.
Zu sehr nach links und rechts zu gucken, ist oft eher giftig.
Ich mag die Traditionen und die Naturverbundenheit. Die Münchner*innen rennen weniger Trends hinterher, das fand ich in Berlin sehr stressig. Hier hat man eine größere eigene Identität, die aber natürlich nicht meine ist, weil ich hier nicht herkomme. Ich finde Orte, die kulturell verankert sind, immer sehr spannend.
Mal sehen. Nach Eden habe ich sehr schnell wieder angefangen zu arbeiten. Ich nehme mich gerne aus ein paar Sachen raus, aber da ich die Designs mache, geht es natürlich nicht ganz. Aber wir bereiten alles so vor, dass ich keinen täglichen Overload habe.
Ich finde Orte, die kulturell verankert sind, immer sehr spannend.
Layout: Kaja Paradiek
Fotos: Sabine Raabe
3 Kommentare
Vielen Dank dass ihr da wart ❤️
Soo schön! Erfrischend und inspirierend, mal etwas ganz anderes als den minimalistisch angehauchten „Einheitsbrei“ (das soll nicht wertend gemeint sein) zu sehen…🙃 danke für dieses schöne Interview.
Leider ein sehr unkritisches Interview. Wald Berlin wälzt offenbar Kosten für eigene Werkstatträume auf ihre Angestellten ab, die in Heimarbeit die Produkte herstellen. Natürlich zu „fairen“ Löhnen. Aber was heißt das konkret? Und warum kommt Frau Roski damit durch Entlassungen mit ihrer Schwangerschaft zu begründen? Da hätte man nachhaken müssen. Weiterhin sollte erwähnt werden, das in Behindertenwerkstätten kein Mindestlohn bezahlt wird, sondern die Leute für ca. 130 Euro im Monat arbeiten. Soviel zur „Fair-Trade“ Firma.
ps: man bleibt am „Puls der Zeit“, nicht am „Zahn der Zeit“.