Ein Haus ganz nach den eigenen Wünschen bauen, ohne Kompromisse – Anna Heitmann, Gründerin des Wohnladens „Kommood Interieur“ in Stade, hat es getan. Sie und ihr Mann haben ihr Haus am See verkauft und eines der begehrten Grundstücke im Alten Land bei Hamburg, das zu den größten Obstanbaugebieten Europas gehört, gekauft. Auf das nur 18 Meter breite Grundstück setzten sie ein zweistöckiges 280 Quadratmeter großes Holzhaus im skandinavischem Stil – komplett selbst entworfen. Warum die 35-Jährige und ihr Mann Jan mit Tochter Mimi (4), Sohn Pepe (6) und Hündin Bella fast zwei Monate in ihrem Wohnwagen im Garten campen mussten, wie sie bei der Planung des Hauses vorgegangen sind und welchen Herausforderungen sie sich dabei stellen mussten, erzählt uns Anna bei Franzbrötchen und freiem Blick auf die Apfelplantagen.
Anna Heitmann: Ich bin froh, dass wir nach einem Jahr hier richtig angekommen sind und uns zu Hause fühlen. Es war alles nicht immer einfach, aber jetzt ist es richtig schön. Die Kinder haben Freunde in der Straße und der Umzug hat das Leben einfacher gemacht. Zur Arbeit ist es für meinen Mann Jan und mich viel kürzer und man ist schneller in Stade. Wir fühlen uns wohl.
Ich habe mich ein bisschen über die Größe erschrocken. (lacht) Wenn man den Grundriss als Zeichnung sieht, kommen einem die Dimensionen doch anders vor. Es ist relativ groß und man hat viel Fläche und viel Weiß. Jetzt müssen wir schauen, dass wir es ein bisschen bunter und persönlicher gestalten. Das braucht einfach ein bisschen Zeit.
Ein Backsteinhaus konnten wir uns beide nicht vorstellen.
Meine Vorahnung hat sich auf jeden Fall bewahrheitet. Man hat erstmal ein ganz nacktes Haus. Ein Altbau hat im Vergleich zum Neubau schon viel Struktur, die vorgegeben ist, an der man sich bei der Renovierung und Einrichtung entlang hangeln kann.
Es ist gar nicht so einfach, dass das Haus die Familie widerspiegelt. Ich glaube, wir haben es ganz gut hinbekommen, dadurch, dass wir uns vorab viele Gedanken gemacht haben und uns Dinge haben bauen lassen, genauso wie wir es wollten, ohne großartig Kompromisse einzugehen.
Das Haus, das hier vorher auf dem Grundstück stand, war ganz klassisch im Internet inseriert. Wir hatten es schon länger gesehen, es uns aber nie angeguckt, weil das Haus nicht wirklich etwas für uns war. Erst als wir hier bei der Besichtigung waren, haben wir festgestellt, dass das Haus so marode ist, dass es abgerissen werden muss. Wir hatten Glück, dass vor uns schon so viele Leute zur Besichtigung hier waren und der Eigentümer es nur noch loswerden wollte – deshalb ist er uns auch preislich entgegengekommen.
Man muss einen Hausbau von der Gemeinde und der Stadt genehmigen lassen. Die Vorgaben waren nicht ganz klar. Die Gemeinde und die Stadt Stade waren sich nicht einig, was erlaubt und was nicht erlaubt ist. Insgesamt mussten wir fast ein Jahr auf den Bescheid warten, konnten also erst viel später mit dem Bau anfangen als geplant. Wir durften zum Beispiel keine liegenden Fenster einbauen – wir hätten gern an der Wand bei der Küche und dem Esstisch oben ein ganz langes Fenster gehabt, das wurde uns nicht erlaubt – daher sind es jetzt mehrere kleine Fenster geworden.
Außerdem hätten wir gern ein Blechdach gehabt, weil es zum einen kostengünstiger gewesen wäre und zum anderen auch ganz schön aussieht. Das wurde uns leider auch verboten, obwohl in unserer Straße vier Häuser mit Blechdächern stehen … Das meiste ist am Ende aber durchgegangen.
Das stimmt, einige Nachbarn nennen es „die Schule“, weil es so lang ist. Wir mussten auch erstmal genehmigen lassen, dass wir überhaupt ein Holzhaus bauen lassen dürfen. Dadurch, dass es neu ist, fällt es natürlich gerade noch mehr auf. Das Lärchenholz ist noch sehr hell, es wird aber stark nachgrauen und dann wird es eher wie eine Scheune aussehen – dann kommt es unserer Idee näher und passt besser in die Landschaft.
Es sollte ein Haus für uns alle werden. Wir wollten Platz haben. Hier können Pepe und Mimi jetzt auch mit dem Skateboard durchs Haus fahren.
Wir haben es bei der Planung nach Räumen aufgeteilt und uns bei jedem Raum überlegt, was er erfüllen soll und wie er aussehen soll. Dann haben wir im nächsten Schritt versucht, was wir im Kopf hatten zu visualisieren, haben nach Bildern bei Pinterest geschaut und uns Moodboards zusammengestellt. Jan und ich haben viel darüber gesprochen, wieder Ideen aussortiert und am Ende haben wir abgewogen, was geht und was nicht geht. Stück für Stück ist daraus ein Ganzes geworden.
Es sollte ein Haus für uns alle werden. Wir wollten Platz haben. Unsere Kinder sind sehr aktiv, sie laufen und rennen gerne und das sollen sie auch alles dürfen. Hier können Pepe und Mimi jetzt auch mit dem Skateboard durchs Haus fahren. (lacht) Es sollte hell, freundlich und offen sein. Aus der Küche wollte ich gern mit allen kommunizieren können, gleichzeitig wollte ich aber auch, dass ich in der Küche ein bisschen versteckt bin, deshalb ist der Tresen etwas höher geworden. Man kann kochen und mit den Gästen reden, man kann mir aber nicht direkt auf die Finger gucken.
Im Schlafzimmer wollten wir gerne rausgucken und haben dort ein riesengroßes Panoramafenster einbauen lassen. In unserem Haus am See konnten wir durch das Dachfenster in den Himmel blicken, hier können wir jetzt in die Ferne schauen.
Unseren fertigen Entwurf haben wir einem Architekten vorgelegt, der das dann alles gezeichnet hat und auch die Bauleitung übernommen hat. So hatten wir schließlich einen genauen Plan für die Handwerker*innen vorliegen.
Ein Backsteinhaus konnten wir uns beide nicht vorstellen. Eigentlich waren wir gar nicht auf ein Holzhaus fixiert. Als wir uns unsere Moods angeschaut haben, wurde aber schnell klar, dass wir beide gern ein Holzhaus hätten. Und dann hatten wir die Idee, Lärchenholz zu verwenden, damit es mit der Zeit vergraut und besser zum Alten Land passt.
So ein Holzrahmenbau ist gigantisch – es wird innerhalb von ein paar Tagen aufgestellt und dann kann man schon durchlaufen.
Das Thema war uns schon relativ wichtig. Das Haus steht auf Pfählen – Jan arbeitet in der Pfahlbaubranche. Das sind Energiepfähle, das heißt, sie ziehen die Wärme aus der Erde, die wir für unsere Fußbodenheizung nutzen können. Wir hätten auch gern eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, dazu sind wir bisher noch nicht gekommen, haben uns aber schon darüber informiert. Das Lärchenholz kommt aus der Region und ist ein nachhaltiges Material. Der Fußboden oben kommt aus dem Schwarzwald, das ist massives Holz. Wir wollten möglichst wenig Fake-Materialien und Materialien, die möglichst nachhaltig sind, verbauen.
Wir haben das Grundstück mit dem alten Haus im Mai 2018 gekauft, im September wollten wir anfangen zu bauen, haben dann aber aufgrund der bürokratischen Hürden erst im April 2019 mit dem Bau beginnen können. Danach ging es relativ schnell. So ein Holzrahmenbau ist gigantisch – es wird innerhalb von ein paar Tagen aufgestellt und dann kann man schon durchlaufen. Das war unglaublich. Im September 2019 haben wir hier schon gewohnt.
Die Kinder sind hier schon am 1. August in den Kindergarten gekommen und wir haben ab August in unserem Wohnwagen hinten im Garten gelebt, weil das Haus noch nicht fertig war. (lacht) Sieben Wochen haben wir im Wohnwagen gecampt, wir hatten also auch noch ein kleines Abenteuer on top. Wir hatten Glück mit dem Wetter und es war total witzig und auch herausfordernd, sich zu viert morgens im Wohnwagen fertig zu machen, zu duschen etc. Außerdem waren wir so auch immer direkt vor Ort, der Austausch mit den Handwerker*innen war auf jeden Fall hilfreich. Sonst bekommt man vieles nicht mit oder kann nicht so schnell auf Rückfragen reagieren.
Wir hatten wirklich Glück. Wir hatten eine Tipp für eine Tischlerei und eine tolle Küchenplanerin bekommen. Der Junior aus der Tischlerei ist in unserem Alter und hat direkt verstanden, was wir wollen – die Küche ist als Gemeinschaftsprojekt mit der Tischlerei entstanden. Ich konnte mich nämlich nicht entscheiden, ob ich eine Holzküche oder eine schwarze Küche haben möchte. Es war auch klar, dass wir gern eine geriffelte Front haben möchten. Die Küchenplanerin warf dann aber ein, dass es unpraktisch und schlecht zu reinigen sei und hat uns vorgeschlagen, es im “Inneren” der Küche einfacher zu gestalten.
Jede einzelne Strebe musste auf drei Seiten mehrfach von der Tischlerei gelaugt und geseift werden – das war sehr viel Arbeit. An der Küchenaußenseite haben wir Schränke verbauen lassen – so haben wir eine Menge Stauraum und mussten uns nicht weitere Schränke, Regale oder Sideboards kaufen.
So ähnlich ist es bei der Badewanne auch. Wir wollten etwas haben, wo die Kinder richtig drin planschen können. Bei Pinterest hatten wir so etwas gesehen. Wir mussten aber erstmal mit dem Fliesenleger sprechen, ob man hinbekommt, dass auch wirklich alles dicht ist. Außerdem war die Statik ein großes Thema. Wenn man das Becken richtig volllaufen lassen würde, hätte es extrem viel Gewicht, daher musste darunter extra ein Balken verbaut werden, damit es statisch möglich ist.
Den Esstisch haben wir gebaut und die Tischplatte wurde von dem Fußbodenhersteller geliefert, ein Familienbetrieb aus dem Schwarzwald. Den Schreibtisch und den Basteltisch im Hobbyraum hat Jan gebastelt. Die Einbauschränke im Schlafzimmer und in den Kinderzimmern haben wir anfertigen lassen. Außerdem haben wir alle Zimmertüren anfertigen lassen. Wir haben uns mit den Türen, die es auf dem Markt gibt, echt schwer getan und wollten, dass es einheitlich ist und zum Fußboden passt.
Grundsätzlich ist ein Hausbau schon sehr stressig. Man unterschätzt total, wie viel Details und Kleinigkeiten besprochen werden müssen.
Tatsächlich haben Jan und ich den selben Geschmack. Wir haben noch nie über Einrichtung gestritten. Aber grundsätzlich ist ein Hausbau schon sehr stressig. Man unterschätzt total, wie viele Details und Kleinigkeiten besprochen werden müssen. Für das große Ganze hat man sofort eine Vorstellung, aber dann kommen Fragen auf wie: Wie sollen die Fensterbänke aussehen? Wo brauchen wir Steckdosen? Das sind nur kleine Sachen, aber die nerven irgendwann und da kann ich mir vorstellen, dass sich einige Paare zerstreiten. Mit Jan habe ich Glück, weil er ein gutes Händchen für Details und auch das technische Verständnis hat.
Es ist wichtig und richtig sich mit den Feinheiten, die ich eben angesprochen habe, zu beschäftigen, sonst ärgert man sich am Ende nur darüber. Mich nervt zum Beispiel jetzt schon unser Türgriff außen. (lacht) Es lohnt sich Zeit in die Details zu investieren.
Und es lohnt sich auf jeden Fall seine eigenen Wünsche durchzusetzen und sich nicht von den Handwerker*innen beeinflussen lassen. Beim Gästebad haben sie zu mir gesagt: “Man kann doch nicht bis oben an die Decke fliesen, das sieht aus wie beim Schlachter.” Wenn man da nicht relativ straight ist und eine Vorstellung davon hat wie es aussehen soll, weicht man im Stress schnell von der eigenen Idee ab. Meistens gibt es für alles, was man sich wünscht, eine Möglichkeit – es ist nur die Frage, wie hartnäckig man ist.
Ja, das war bei uns auch so, also, dass es nicht ganz hingehauen hat. (lacht) Wir sind nicht total übers Ziel hinausgeschossen, aber gerade beim Kleinkram kommt dann doch einiges zusammen.
Einiges haben wir aus unserem Haus am See mitgenommen, zum Beispiel unser großes graues Sofa. Es stand da nur sehr versteckt. Hier bekommt es jetzt seinen Auftritt. Dadurch, dass wir die Schränke haben bauen lassen, mussten wir gar nicht so viele neue Möbel kaufen. Ich habe einen Teppich von On the Rugs und einen von „Hay“ gekauft, das hellblaue Sofa von „Noah Living“ ist auch neu.
Wir sind ganz zufrieden. Stade hat uns gut aufgenommen. Meine Kollegin Tanja ist gerade hochschwanger und unsere andere Mitgründerin macht jetzt nur noch die Buchhaltung, da sie noch einen anderen Job hat. Wir haben daher noch zwei Mitarbeiter*innen eingestellt, die super ins Team passen. Ich bin immer noch happy, dass wir den Laden eröffnet haben. Im Moment bin ich 1,5 Tage die Woche im Laden und zudem arbeite ich einige Stunden von zu Hause aus.
Wir haben es fast geschafft … glaube ich (lacht). Wir hatten bis vor kurzem noch eine große Baustelle auf der Terrasse, weil nachträglich noch eine Drainage um das Haus gelegt werden musste. Mein nächstes Projekt ist die Gartengestaltung. Ich mochte es bei unserem Haus am See, dass es alles ein bisschen verwildert im Garten war – das ist jetzt mein Ziel hier. Ich habe mir zum Beispiel ein Schnittblumenbeet angelegt und konnte den ganzen Sommer meine eigenen Sträuße binden. Eukalyptus wächst auch überall sehr gut an – ich hoffe, dass es mit der Zeit alles noch wilder wird.
Kleine Schmiedestraße 2, 21682 Stade
Layout: Kaja Paradiek
13 Kommentare
tolles Haus! Wie kann man sich sowas nur leisten…?
Welch ein schönes Haus und eine tolle Homestory!
Von welcher Firma sind denn bitte die beiden schönen (Klapp?)Sessel, die auf der Terrasse vorm Haus stehen (rosa und mintgrün)?
Herzliche Grüße!
Hi Meike,
die sind von Emu (Emu Sonore Chair) und die gibt es in ganz vielen tollen Farben 🙂
Ganz liebe Grüße Anna
das bett auf dem podest sieht cool aus. habt ihr da noch einen lattenrost darunter oder liegt das direkt auf dem holz auf ?
Hi Lenina, wir haben ein Lattenrost darunter, damit es ein bisschen bequemer wird 🙂
Liebe Grüße Anna
Wirklich ein großartiges Haus, vielen Dank fürs Zeigen / Inspirieren. Mich würde noch interessieren, woher ihr das große graue Sofa habt, nach so einem suche ich schon länger. Und das Waschbecken mit dem Schränkchen drunter.
Liebe Grüße
Lisa
Ich ergänze meine Frage noch um die schöne Hängeschaukel im Kinderzimmer. Falls es keine Umstände macht.
Hallo Anna, was ist das für ein Bodenbelag und welche Farbe in der Küche und im Wohnzimmer? LG Lena
Hallo Anna!
Was für ein wunderbares Haus!
Sind die Fenster innen und die Küchenfront auch aus Douglasie?
Welchen Bodenbelag habt ihr für die Küche gewählt?
Viele Grüße
Jessica
Liebe Anna,
du sag mal, von welcher Firma habt ihr euer Haus bauen lassen?
Ganz liebe Grüße,
Toni
Hallo ihr Lieben, ihr findet Anna auch bei Instagram (Link unter dem Artikel). Dort antwortet sie bestimmt schnell auf eure Fragen! Liebe Grüße, Katharina
Amazing house 😀👍
Was für ein schönes Haus;)