Du bist gerade auf Haussuche oder möchtest dieses Jahr ein Haus renovieren? Dann bist du bei unserer femtastics-Kolumne „Wir renovieren eine Villa!“ genau richtig. Büsra Qadir, Gründerin von „Nindyaa“ und Marketingexpertin bei „Twitter“, und ihr Mann haben eine Altbauvilla in Niedersachsen gekauft. Diese kernsanieren sie – ein Glücksfund nach sechsmonatiger Suche und rund 20 Hausbesichtigungen zuvor. Büşra, die Mutter einer Tochter und eines Sohnes ist, nimmt uns mit auf ihre Reise als neue Hausbesitzerin. Heute berichtet sie vom Holzrahmenbau, der endlich begonnen hat.
In meiner letzten Kolumne berichtete ich, dass wir auf unser Grundstück gezogen sind, und zwar in unser Atelier, und nun die Baustelle live miterleben können. Das war tatsächlich die allerbeste Entscheidung, denn seit unserem Umzug ist viel mehr innere Ruhe in mir eingekehrt. Der Druck, dass alles schnell vorankommen muss, die Hilflosigkeit und das Gefühl, den Baufirmen ausgeliefert zu sein, hat ziemlich nachgelassen.
Ein Haus oder Grundstück zu besitzen ist ein krasses Gefühl, es kommt aber mit viel Verantwortung und einem Haufen Rechnungen einher.
Neue Gefühle sind stattdessen zurückgekehrt, wie zum Beispiel das Aufgeregtsein, Tagträumen und Kribbeln im Bauch, das wir damals schon bei der Hausbesichtigung hatten. Die Kinder lieben es, jede freie Minute draußen vor der Tür zu verbringen und brauchen kaum Spielzeug mehr. Und das, obwohl unser Grundstück aussieht wie ein Schlachtfeld. Überall liegen Sandhaufen, Container, Bagger und Baumaterial herum. Aber ich muss mich immer noch kneifen: “Was, das gehört alles uns?! Das ist jetzt unser Garten?”. Ein Haus oder Grundstück zu besitzen ist ein krasses Gefühl, es kommt aber mit viel Verantwortung und einem Haufen Rechnungen einher.
Dass das Bauen und Sanieren immer schwieriger finanzierbar wird, macht mich traurig. Und wir merken auch in unserer Budgetplanung immer wieder, wie neue unerwartete Kosten dazukommen.
Wir haben in den letzten Monaten den krassen Anstieg der Zinsen und die steigenden Preise der Baubranche beobachtet. Inzwischen fühlt es sich für uns so an, als wären wir eine der letzten Familien, die noch schnell auf den Zug springen konnten, um ein Haus zu sanieren und umzubauen. Dass das Bauen und Sanieren immer schwieriger finanzierbar wird, macht mich traurig. Und wir merken auch in unserer Budgetplanung immer wieder, wie neue unerwartete Kosten dazukommen (Erdarbeiten, Kosten für neue Abwasserleitungen und Schächte, Kamin etc). Hätten wir nicht einen Puffer dafür eingeplant, hätten wir jetzt ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten und müssten erneut bei der Bank anklopfen für eine Nachfinanzierung mit dreifach höheren Zinsen.
Nun aber zu den größten Updates und was in der letzten Zeit geschah:
Die Maurer*innen sind in der Regel die Ersten auf einer Baustelle, wenn man neu baut oder saniert (oder beides wie bei uns, haha). Sie sind nicht nur dafür zuständig, Stein auf Stein zu setzen, sondern auch dazu da, das Fundament aus Beton zu erstellen.
Nach unseren lang andauernden Erdarbeiten, dem Auskoffern eines unerwartet tiefen Kellers und der Verdichtung des entstandenen Lochs mit unheimlich viel Sand, hat unser Maurer im April endlich sowohl die Bodenplatte für unseren Anbau “gegossen” als auch den Betonboden im Haupthaus fertiggestellt.
Der Tag, an dem der Beton mit einem großen Fahrzeug auf unserer Baustelle ankam, war pure Aufregung für uns. Es war spannend zu sehen, dass er in flüssiger Form mit einem Schlauch auf die verschalte Bodenfläche verteilt wird und in ein bis zwei Tagen trocknet. Endlich konnten wir die geplante Grundfläche unseres Anbaus in 3D sehen und darauf stehen! Außerdem hat unser Maurer einige Wände des Haupthauses neu gemauert, statisch verstärkt und Öffnungen im Mauerwerk für neue Türen und Fensterelemente erstellt.
Vorher – Nachher! So hat sich die alte Villa durch den Anbau verändert.
Kurz nachdem wir das Betonfundament hatten, konnte unser beauftragter Zimmerei- und Dachdeckerbetrieb ein reales Aufmaß machen (die Grundrisse der Architekt*innen reichen hierbei nicht), um einen sogenannten “Abbund” zu erstellen. Unter dem Begriff „Abbund“ oder „Abbinden“ versteht man das Vorbereiten einer Holzkonstruktion, welche grundlegend für den Holzrahmenbau ist. Dabei werden alle Hölzer vorbereitet, maßgerecht angerissen, bearbeitet, zusammengepasst und gekennzeichnet.
Wir wollten von vornherein eine Holzbauweise und kein Massivhaus für unseren Anbau, weil Holz eine bessere Ökobilanz hat. Es kann viel schneller verbaut werden und sorgt dank seiner hervorragenden Materialeigenschaften für ein gutes Raumklima. Holz schenkt Ruhe und strahlt Geborgenheit aus. Die Abbundzeichnung wurde nach dem Aufmaß der Betonplatte rasch erstellt, aber wir mussten circa sechs Wochen auf die Lieferung des Holzes warten. Das Warten war ziemlich doof und meine Ungeduld auf der Baustelle stieg an.
Wir wollten von vornherein eine Holzbauweise und kein Massivhaus für unseren Anbau, weil Holz eine bessere Ökobilanz hat.
Vor zwei Wochen wurde jedoch endlich das Holz geliefert und der Holzrahmenbau gestartet. Die Zimmerer haben innerhalb weniger Werktage die Wände aufgebaut und mit einem Kran hochgezogen. Ich war positiv überrascht, wie schnell auf einmal alles ging. Was für ein Wahnsinnsgefühl es dann war, letzte Woche zum ersten Mal auf der Bodenplatte mit den Wänden herumzulaufen. Dass eine Architektenzeichnung auf Papier in die Realität umgesetzt wird, ist crazy!
Inzwischen sind alle Wände des Anbaus aufgestellt und die statisch wichtige Firstpfette, ein langer waagerechter Balken, wurde befestigt, der alle darauf liegenden Dachsparren trägt. Wir finden, die Holzkonstruktion sieht auch in jetzigem Zustand mega cool aus. Bald beginnen die Arbeiten am Dach des Haupthauses. Die vom Holzwurm befallenen alten Holzbalken und der Dachstuhl werden behandelt und teilweise neu ersetzt.
Ein zu sanierendes Haus sollte respektvoll mit seiner Geschichte umgehen und in die Ortschaft passen, aber einen gewissen Spielraum für Kreativität bei der Fassadengestaltung sehe ich dennoch.
In den letzten Monaten mussten wir viele Entscheidungen für die Material- und Farbauswahl treffen. Für den Außenbereich betrifft es die Farbe der Außenfassade und der Fenster, das Material und die Optik der Außenfassade und die Form und Farben der Dachziegel. Diese Art der Materialauswahl war und ist immer noch ziemlich anspruchsvoll in meinen Augen. Sie bestimmt die gesamte Optik des Hauses und hat einen großen Einfluss darauf, ob ein Haus ansprechend ist oder nicht.
Ein zu sanierendes Haus sollte respektvoll mit seiner Geschichte umgehen und in die Ortschaft passen, aber einen gewissen Spielraum für Kreativität bei der Fassadengestaltung sehe ich dennoch. Für mich als Ästhetikerin ist es enorm wichtig, dass das Farbkonzept stimmig ist und wir eine gute Balance zwischen Alt- und Neubau finden. Beide Teile unseres Hauses könnten nicht unterschiedlicher sein und ich möchte einen sichtbaren, aber passenden Kontrast zwischen dem alten Mauerwerk und dem neuen Holzrahmenbau finden.
Wir haben uns daher entschieden, das alte Mauerwerk sehr hell zu gestalten (bye bye yellow!), und dunkelgrüne Holzfenster einzusetzen. Im neuen Anbau möchten wir eine schwarze Holzverschalung aus vertikalen Stäben. Am liebsten würde ich die Holzverschalung nahtlos in das Dach des Anbaus übergehen lassen, jedoch erlauben es die Auflagen in Niedersachsen nicht. Deswegen werden wir Dachziegel einsetzen.
Ich habe mich beim Anbau für eine flache und moderne Variante entschieden. Im Haupthaus jedoch für die wunderschönen Doppelmuldenfalzziegel, die auch hier bei uns in der Ortschaft häufig zu sehen sind. Für beide Dächer nehmen wir denselben Farbton anthrazit. Wir haben jedoch nicht selten mit dem Gedanken gespielt, das Haupthaus mit kupferroten Dachziegeln zu verkleiden. Das sehen wir oft bei schönen Bauernhäusern und alten Villen in unserer Gegend.
Ich habe mich in den letzten Wochen außerdem sehr intensiv mit unserer Küchenplanung befasst und diese fast in Auftrag gegeben (yay!). Die Badplanung und die Materialauswahl für die Böden, den Putz für die Wände, die Natursteine und der Kamin im Wohnzimmer haben mich ebenfalls sehr beschäftigt. Hierzu aber beim nächsten Mal mehr!
Fotos: Büşra Qadir