Die fabelhafte Welt der Lovis Messerschmidt

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12. August 2024

Wir besuchen Lovis Messerschmidt in ihrem wunderschönen Garten und in ihrer Wohnung in Schwerin.

Lovis Messerschmidt, 36, hat den vielleicht schönsten wilden Garten Schwerins. Hier verbringt die Content Creatorin viel Zeit, pflanzt, beackert und erntet. Mit ihren drei Kindern lebt Lovis in einer 160qm großen Wohnung mitten in der Altstadt Schwerins. Nachdem sie lange Zeit in der Kulturwirtschaft gearbeitet hat, ist Lovis heute erfolgreiche Influencerin und bald auch Buchautorin – im Herbst erscheint ihr erstes, vegetarisches Kochbuch „Lovis kocht“. Über zahlreiche Themen des Lebens lässt es sich mit Lovis sprechen –  und genau das haben wir getan: von ihrer Liebe zu Schwerin, über ihre ADHS-Diagnose und alte Glaubenssätze bis hin zu Dating-Fallen. 

Lovis Messerschmidt in ihrem Garten in Schwerin.
Lovis Messerschmidt hat ihren Garten und die Parzelle zufällig gefunden – und in eine kleine Oase verwandelt!

Schwerin ist schön ruhig und überschaubar. Ich brauche jeden Tag Natur und meinen Garten.

femtastics: Seit wann lebst du in Schwerin?

Lovis Messerschmidt: Ich bin hier geboren und die ersten Jahre aufgewachsen. Irgendwann zogen meine Eltern mit mir und meinen Geschwistern weg. Der Vater meiner ersten beiden Kinder lebte in Schwerin, also zog ich wieder hierhin zurück, nachdem ich mit 21 und 23 Jahren Mutter wurde. 

Nachdem ich mich von meinem Mann getrennt hatte und schwanger mit meiner Tochter wurde, sind wir in unsere jetzige Dachgeschosswohnung in die Schweriner Altstadt gezogen. Uns wurde vor dem Einzug angeboten, die Wohnung neben unserer Wohnung auch noch zu mieten, so konnten wir einen Durchbruch machen und leben jetzt auf 160qm.

Mein Psychiater sagt, ich habe mir das perfekte Umfeld für eine ADHSlerin gebaut.

Was gefällt dir besonders gut an Schwerin?

Ich bin geräuschsensibel und mag keine Menschenmassen. So inspirierend Großstädte auch sind, ich musste mir eingestehen, dass das nichts für mich ist. Schwerin ist schön ruhig und überschaubar. Ich brauche jeden Tag Natur, meinen Garten, aber auch eine gewisse Infrastruktur. 

Die Lebensqualität mit den vielen Seen ist sehr hoch! Ich gehe jeden Morgen eine Stunde im See schwimmen. Der Schulweg meiner Kinder beträgt drei Minuten. Und der Wohnraum ist bezahlbar. Das war besonders wichtig, als ich alleinerziehend war. Außerdem habe ich Familie hier.

Ich gehe jeden Morgen eine Stunde im See schwimmen.

Du hast vor einiger Zeit deine ADHS-Diagnose geteilt. Von außen wirkst du wie eine Frau, die sehr in sich ruht. Ist dem so?

Meine Mutter und weitere Geschwister von mir haben die ADHS-Diagnose schon sehr lange. Erschöpfungsdepressionen kommen regelmäßig bei anderen Familienmitgliedern vor, bei mir eher nicht. Ich habe immer eher zu gut funktioniert. Ich bin sehr sozial und gebe all meine Energie rein – auch in zwischenmenschliche Kontakte – danach brauche ich eine Pause. Dann geht es weiter. 

Und wenn ich keine Menschen, außer meine Familie, sehen will, dann sehe ich auch keine anderen Menschen. Mein Psychiater sagt, ich habe mir das perfekte Umfeld für eine ADHSlerin gebaut. Beruflich habe ich viele Projekte mit festen Deadlines, das hilft mir. 

Zu Besuch im Garten von Lovis Messerschmidt

Ich war nicht hyperaktiv, sondern saß immer irgendwo auf einem Baum und war in meiner eigenen Welt.

Die ADHS-Diagnose war also nicht überraschend für dich?

Nein. Meine Eltern wollten mich im Kindesalter nicht diagnostizieren lassen, weil es in den Neunzigern noch ein anderes Stigma gab. Ich war super verträumt, sehr kreativ und fantasievoll. Ich war nicht hyperaktiv, sondern saß immer irgendwo auf einem Baum und war in meiner eigenen Welt.

Zwei meiner Kinder sind ebenfalls neurodivergent. Die meisten Frauen* werden diagnostiziert, wenn sie Mutter werden, was mit den enormen Herausforderungen in ihrem Alltag zusammenhängt. Alle meine drei Kinder waren komplett pflegeleicht, sie haben alle von Anfang an durchgeschlafen. Sie waren keine Herausforderung für mich.

Herausgefordert hat mich in meiner beruflichen Selbständigkeit, mehrere Projekte gleichzeitig zu managen.

Was hat dich herausgefordert?

Herausgefordert hat mich in meiner beruflichen Selbständigkeit, mehrere Projekte gleichzeitig zu managen. Zudem habe ich diagnostizierte Legasthenie. Lernbehinderungen gehen oft mit ADHS einher. Ich wollte Klarheit und versuchen, ob Medikamente mir helfen. Dafür brauchte ich die Diagnose. 

Ich hatte viele Jahre lang starke Konkurrenzgefühle gegenüber anderen Frauen*.

Von welchen Glaubenssätzen hast du dich über die Jahre verabschiedet?

Aus einem Minderwertigkeitskomplex heraus hatte ich viele Jahre lang starke Konkurrenzgefühle gegenüber anderen Frauen*. Ich war ein richtiges “Pick-me Girl“. Ich habe vier Brüder und war immer recht boyish und wild unterwegs. “Girly” habe ich total abgelehnt. Das ging zwar irgendwann weg, dennoch habe ich mich ganz stark von Frauen*, die ich eigentlich cool finde, bedroht gefühlt – bis ich verstanden habe, dass mir niemand was von meiner eigenen Existenz wegnimmt, wen er*sie neben mir cool und erfolgreich ist. Die Coolness anderer macht mich nicht weniger gut. Alles kann nebeneinander existieren. 

Mein Wert hängt nicht davon ab, wie sehr ich ein Love Interest für Typen bin. 

Es ist wieder der artifizielle Konkurrenzdruck des Patriarchats, der da wirkt. 

Total. Als ich Anfang 30 gedatet habe, sagte ein Typ zu mir, dass ich nur noch ein paar gute Jahre vor mir hätte, bevor es sinngemäß bergab ginge. Was wirklich passiert ist, seitdem ich 30 bin? Ich kenne mich besser, ich mag mich mehr, bin netter zu mir. Dass ich weniger anfällig bin für die Norm, in die ich als Frau* gepresst werden soll, ist die eigentliche Bedrohung für das Patriarchat – aber null bedauerlich für mich. Älter zu werden ist einfach richtig gut. Vergänglichkeit bedauere ich zwar und ich möchte gesund bleiben, aber ich liebe die Erkenntnis: Mein Wert hängt nicht davon ab, wie sehr ich ein Love Interest für Typen bin. 

Niemand ist verantwortlich für meine Gefühle. 

Du sagst von dir, dein Fokus liege darauf, allen Gefühlen Raum zu geben. Warum fällt uns das heutzutage so schwer? Und wie gelingt dir das, insbesondere mit Kindern?

Erstmal ist dies sehr großzügig mir gegenüber gedacht. Durch ADHS habe ich eine Anpassungsstörung und eine schlechte Impulskontrolle. Wenn ich in meinem privaten Umfeld die ganze Zeit meine Gefühle maskieren müsste, wäre dies super schwierig und hätte keinen Mehrwert. 

Kinder müssen so früh wie möglich verstehen, dass Eltern Menschen sind. Man muss den Kindern keine idealisierte Version von sich präsentieren. Es ist in Ordnung, traurig und wütend zu sein. Sie lernen, wie wir mit diesen Gefühlen umgehen und dass man sich nicht schuldig fühlen muss, wenn jemand wütend ist. Niemand ist verantwortlich für meine Gefühle. 

Wir sprechen sehr offen über Gefühle, über Trauer und Enttäuschungen. Meine Tochter ist Weltmeisterin im Gefühle Benennen. Meine Jungs sind sehr coole Jugendliche, sozial kompetent, empathisch und mitfühlend. Es hat einfach tolle Konsequenzen, wenn man Kindern gegenüber authentisch ist. 

Wer bekommt das Privileg, deine Kinder kennenzulernen?

Du warst einige Zeit alleinerziehend mit deinen ersten beiden Söhnen. Dann folgten neue Partnerschaften. Sich mit Kindern neu zu verlieben, ist eine etwas besondere Situation. Wie ging es dir damit?

Du bist verletzlicher und fragst dich: Wer bekommt das Privileg, deine Kinder kennenzulernen? Zuallererst: Es ist völlig okay, allein bleiben zu wollen. Mein Standpunkt ist mittlerweile, dass es eine Bürde ist, heterosexuell zu sein. Männer* machen das Leben nicht unbedingt leichter. Mein neuer Partner Jan ist wie ein Jackpot, er unterstützt mich zu 100 Prozent. Das ist so selten, auch ohne Kinder in der Beziehung.

In den meisten Fällen bedeutet eine Paarbeziehung für Frauen*, draufzuzahlen.

In den meisten Fällen bedeutet eine Paarbeziehung für Frauen*, draufzuzahlen. Ich meine es nicht gehässig, aber über die Jahre entwickelt es sich oft dahin, dass Frauen* total viel für die Männer* machen. Sie halten ihnen den Rücken frei, unterstützen sie, hören sich alles an – und verbrauchen dabei sehr viel Lebenszeit, Kapazitäten und Energie. Und das alles, um für den Mann* im Grunde genommen die Mutter zu ersetzen. Bevor man das macht, würde ich lieber dazu raten, allein zu sein.

Es gibt tatsächlich immer mehr Hetero-Frauen* jenseits der 60, die sich entscheiden, den Partner zu verlassen, beispielsweise wenn die Kinder aus dem Haus sind.

Die Studienlage zeigt ja, wieviel Lebenszeit diese Beziehungen den Frauen* kosten. Gleichzeitig respektiere ich Frauen*, die in diesen Beziehungen bleiben, zum Beispiel weil sie aus finanziellen Gründen nicht gehen können. Das Problem ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches. 

Ich musste immer die beste Form von mir sein, um Zuneigung zu bekommen. Jetzt kann ich einfach ich selbst sein. 

Eine Partnerschaft ist immer auch Arbeit?

Voll viel! Man muss Bock drauf haben und die Beziehung muss einem*einer was geben. Ich finde es total schön, aber fast schon gruselig, so bedingungslos geliebt zu werden. Das kannte ich so vorher nicht. Ich musste immer die beste Form von mir sein, um Zuneigung zu bekommen. Jetzt kann ich einfach ich selbst sein. 

Die kleine Lovis wollte immer ein Kochbuch schreiben.

Im Herbst erscheint dein Buch “Lovis kocht”. Worum wird es gehen?

“Lovis Kocht” ist ein vegetarisches und saisonal aufgeteiltes Kochbuch mit 70 Rezepten, das am 14. Oktober 2024 erscheint. Ich habe alles selbst gemacht, von der Konzeption bis zur Produktion. In der Küche habe ich die Rezepte gekocht und unser Esszimmer war mein Fotostudio. Alle Fotos habe ich zusammen mit einer Assistentin gemacht. Der Fokus liegt auf Essen, das relativ unkompliziert in der Zubereitung ist, aber außergewöhnliche Kombinationen bereithält. Ich sage immer: Angeberessen für Dummies! (Lacht.)

Die kleine Lovis wollte immer ein Kochbuch schreiben. Kochen und Pflanzen haben mich schon immer interessiert. Meine Follower*innen auf “Instagram” haben oft geschrieben, ich solle ein Buch schreiben. Rezepte habe ich schon immer gern geteilt. Eine Literaturagentur hat mich unter Vertrag genommen und die Idee den Verlagen vorgestellt, woraufhin sich neun Verlage bei mir beworben haben. “Dumont” war mein Favorit und hier erscheint das Buch nun. Mein Buch sollte kein Influencer Produkt werden, sondern wirklich in jedem Buchgeschäft liegen.

Wir freuen uns schon sehr drauf! Vielen Dank für den schönen Vormittag in deinem Garten, liebe Lovis!

Hier könnt ihr Lovis‘ Kochbuch „Lovis kocht“ vorbestellen!

Hier findet ihr Lovis Messerschmidt:

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