Miriam Jacks ist Unternehmerin, Make-up-Artistin, Hairstylistin, Kreativdirektorin, Interior-Designerin und Mama von Sohn Noah … ein echtes Multitalent. Seit Oktober 2018 wohnt die 36-Jährige mit ihrer Familie nicht mehr mitten in Berlin, sondern etwas weiter draußen, in Köpenick. Dort hat sie mit ihrem Mann Christian ein 310 Quadratmeter großes Haus aus den dreißiger Jahren gekauft und auf Vordermann gebracht. Wir haben eine Tour durch das Familiendomizil bekommen und mit Miriam über die Hausrenovierung, ihr Burn-out und ihre berufliche Neuorientierung gesprochen.
Miriam Jacks: Das war echt ein Glücksgriff, den wir über einen Makler gefunden haben. Das Haus ist aus dem Jahr 1937 und seit 1957 hat hier die gleiche Familie mit mehreren Generationen gewohnt. Sie haben das Haus über Jahre hinweg immer wieder selbst renoviert. Wir mussten hier erst einmal für 12.000 Euro Müll herausholen, der von Renovierungen übrig geblieben war. Es waren außerdem überall noch Wände gezogen, es sah ganz anders aus.
Wir hatten ein wahnsinnig tolles Bauteam. Der Bauleiter hat sich das Haus schon vor dem Kauf mit mir angeschaut und gemeint, dass die Substanz super ist und wir es in drei bis fünf Monaten auf Vordermann bringen können. Dafür haben sie aber auch wirklich von morgens bis abends durchgeackert – und wirklich alles, so wie es jetzt ist, in fünf Monaten hinbekommen.
Tatsächlich ist das Haus sehr anders als das, was ich mir mal vorgestellt habe. Ich hätte mir nie vorstellen können, in einem typischen Spitzdachhaus zu wohnen. Aber wenn du anderthalb Jahre lang suchst, zu Hochzeiten 15 Makler beauftragst und andauernd Besichtigungstermine hast, ändern sich die Prioritäten etwas. Unter 120 Quadratmeter Wohnfläche kam für uns nicht in Frage, weil wir schon auf 130 Quadratmeter gewohnt haben und uns nicht verkleinern wollten.
Zu der Zeit, als dieses Haus auf den Markt kam, habe ich mir in dieser Gegend sehr viel angeschaut, aber es hat nie so richtig gepasst. In dieses Haus kam ich hinein und war sofort verliebt. Obwohl es noch so anders aussah. Es war wirklich überhaupt nicht schön, sah von außen und von innen katastrophal aus. Aber das ist ja zum Glück das, was ich gut kann: mir vorstellen, wie das mal werden könnte. Ich habe den Boden gesehen, die Substanz und so weiter und habe mir gedacht: Das ist es!
Es hatten sich 15 Interessenten beworben – und das zehn Minuten, nachdem die Anzeige online gegangen ist. Wir sind gegen sieben Mitstreiter angetreten und es hieß dann, alle seien toll. Also ging ein Bieterverfahren los. Wir wussten, dass unsere oberste Grenze bei 600.000 Euro lag und dachten schon, dass wir damit eh raus seien.
Tatsächlich ist das Haus sehr anders als das, was ich mir mal vorgestellt habe.
Mein Mann hatte die glorreiche Idee, einen kleinen Familienfilm zu drehen. Ich glaube, das hat echt gezogen. Wir sind auf 600.000 Euro hochgegangen, haben den Film mit abgegeben und eine Woche später die Zusage bekommen. Ab da ging alles sehr, sehr schnell.
Schon als wir das Haus gekauft haben, hatte ich eine ganz klare Vorstellung. Genau genommen war ich schon visuell eingezogen, als wir noch gar keine Zusage hatten. (lacht) Zum Glück mag mein Mann meinen Geschmack total gerne und findet alles gut wie ich es mache.
Wir haben das ganze Haus komplett kernsaniert.
Wir haben das ganze Haus komplett kernsaniert. Es wurde erst einmal alles herausgerissen, quasi ein Rohbau daraus gemacht. Das sah eine Zeit lang ganz schön heftig aus. Aber wir hatten einfach ein solches Glück mit den Handwerkern.
Sagen wir mal so, es war unser größter Contra-Punkt. Die Entfernung ist wirklich das einzige, was manchmal stört. Teilweise ist es nicht schlimm. Ins Büro fahre ich zum Beispiel 30 Minuten. Wenn du aber abends ausgehen willst, in Mitte oder im Prenzlauer Berg bist und dann 40 Minuten nach Hause fährst, ist das schon eine Strecke, die du in Kauf nehmen musst.
Wenn du so ein Juwel wie dieses Haus findest, kriegst du das Geld von der Bank auch, wenn kaum Eigenkapital vorhanden ist.
Wir genießen die Ruhe hier draußen sehr stark. Deshalb sind uns letztlich auch die Wege egal. Die Fahrten in die Stadt und zurück nutzen wir beide super gut. Ich höre zum Beispiel Podcasts oder Hörbücher, wofür ich vorher nie Zeit hatte und sie mir auch nicht genommen habe. Letztlich geht die Fahrt immer sehr schnell um, und wenn wir hier ankommen, ist es paradiesisch. Wir wohnen ja fast direkt am Wasser, können mit Noah zu den Enten gehen und im Sommer sind wir nur zehn Minuten vom Seebad entfernt.
Nein, überhaupt nicht, ich würde es sofort wieder genauso machen. Du findest so ein Haus auch nicht mal eben so. Das war für 590.000 Euro auf dem Markt und für den Preis kriegst du nicht einmal eine Wohnung im Prenzlauer Berg – und wenn, dann ist die 100 Quadratmeter groß. Wir haben hier insgesamt 310 Quadratmeter Wohnfläche. Da ist das Souterrain, wo unser Au-pair wohnt, noch gar nicht rein gerechnet.
Wir lieben dieses Haus, aber einer meiner großen Wünsche ist es, irgendwann selbst ein Haus zu bauen.
Wir lieben dieses Haus, aber einer meiner großen Wünsche ist es, irgendwann selbst ein Haus zu bauen. Das ist natürlich ein anderes Level. Die Kernsanierung war schon heftig und ein mega Learning, hat aber auch riesigen Spaß gemacht. Ein Haus komplett selbst zu bauen und alles entscheiden zu können, wäre etwas Anderes. Mein Mann hat darauf eher keine Lust. (lacht)
Ehrlich gesagt, gar nicht. (lacht) Nicht eine Sekunde lang. Wir haben einen Kredit in Höhe von 795.000 Euro aufgenommen, was natürlich viel Geld ist. Aber dieses Haus ist auch so viel wert. Wenn wir das Haus jetzt verkaufen, würden wir dafür problemlos eine Million bekommen. Umliegende Häuser werden für einen ähnlichen Preis verkauft und wir haben so viel gemacht, haben alles modernisiert, neue Böden machen lassen, Fußbodenheizung … Dadurch, dass ich den Immobilienmarkt kenne, habe ich damit nicht eine Sekunde ein Problem gehabt.
Nein, wir hatten auch kein großes Eigenkapital. Das war relativ wenig, weil ich leider 2015 mit meiner Geschäftspartnerin, die Franchise-Nehmerin meines Ladens in München war, Probleme hatte: Sie ist insolvent gegangen. 2016, also zur Geburt von Noah, habe ich das Insolvenzschreiben bekommen. Damals habe ich viel Geld verloren und mein Eigenkapital war mehr oder weniger weg. Aber wenn du so ein Juwel wie dieses Haus findest, kriegst du das Geld von der Bank auch, wenn kaum Eigenkapital vorhanden ist.
Ehrlich gesagt, denke ich über Geld nicht nach. Wenn es weg ist, dann ist es weg. Es tat unheimlich doll weh. Das war in dem Moment echt schlimm: Einerseits im Wochenbett mit Noah zu sein, andererseits die horrenden Schulden, die man abzahlen musste.
Ich habe in dem Münchner Laden einen Interior-Concept-Store eröffnet mit Vintage-Möbeln aus Berlin, weil die Miete von 8.000 Euro netto kalt für den Laden noch gezahlt werden musste. Ich wusste, ich gehe sonst auch insolvent, wenn ich daraus nichts mache. Als Noah vier Monate alt war, haben wir ein Au-pair genommen, die mit mir nach München gereist ist, wo ich dann mehr oder weniger ums Überleben gekämpft habe.
Das ist eingeschlagen wie eine Bombe! Wir wollten ursprünglich wenigstens die Miete wieder reinbekommen, ich hatte mir gar nicht erhofft, damit etwas zu verdienen. Letztlich lief es so gut, dass wir im ersten Monat schon drei Monatsmieten eingenommen haben. Dadurch, dass ich den Interior-Shop eröffnet habe, kamen auch viele Interior-Design-Anfragen. Ich habe eine Wohnung eingerichtet und L’Oréal Paris kam auf mich zu mit der Frage, ob ich deren Berlinale-Atelier einrichten möchte.
Ich denke immer, es gibt für alles einen Grund. Es war eine furchtbare Geschichte und wirklich etwas, das mich bis heute sehr belastet, weil es auch eine zwischenmenschliche Sache war. Aber ich habe in der Zeit unfassbar viel gelernt.
Vor mehreren Jahren habe ich das Restaurant „Akemi“ im Prenzlauer Berg eingerichtet und habe da auch die komplette Konzeption gemacht. Das war das erste Mal, dass ich das professionell gemacht habe, wobei ich auch sehr viel gelernt habe, zum Beispiel über Brandschutzbestimmungen, Fluchtwege und Ähnliches. Seitdem mache ich gerne Interior-Projekte, aber so viele sind einfach zeitlich nicht möglich.
Mein Traum ist es, noch ein paar Jahre lang richtig Vollgas mit Beauty zu geben, dann meine Firmen zu verkaufen und nur noch Interior Design zu machen. Eigentlich habe ich mir das ab 40 vorgenommen, mal sehen, ob das hinhaut.
Ich denke auch immer, dass ich alles alleine machen kann. Kann ich auch, aber dann mit Burn-out.
Um das mal grob zusammenzufassen: Ich habe in Los Angeles Hair-and-Make-up-Artist gelernt, danach habe ich in Köln etwa dreieinhalb Jahre lang Make-up für Film und Fernsehen gemacht. Dabei habe ich gemerkt, dass mich der Mode- und Beauty-Bereich mehr interessiert. Außerdem hatte ich vor zehn Jahren schon den Wunsch, einen eigenen Concept-Store für Beauty-Produkte zu eröffnen und coole neue Brands nach Deutschland holen. Weil ich in Köln keinen geeigneten Laden gefunden habe und Berlin damals sowieso „the place to be“ für so etwas war, bin ich umgezogen. In Berlin habe ich im März 2009 „JACKS beauty department“ eröffnet. Dann habe ich meine eigene Marke mit meinen Make-up-Pinseln gestartet und habe außerdem 2011 den Markenbotschafter-Deal mit L’Oréal unterzeichnet, für die ich acht Jahre lang tätig war.
Tatsächlich kam 2017 bei mir ein Knall: Ich habe gemerkt, dass ich wieder kurz vor einem Burn-out stand. Und ich sage „wieder“, weil ich zwei Jahre vor der Geburt meines Sohns ein sehr heftiges Burn-out hatte, weil ich einfach viel zu viel gemacht habe. Da habe ich gemerkt, dass ich so nicht weitermachen kann. Nicht mit Kind und Job. Ich liebe es zu arbeiten, aber ich möchte auch für meinen Sohn da sein können. Meine Arbeit macht mir total viel Freude, aber es muss am Ende des Tages auch etwas hängen bleiben. Und damals habe ich viel mehr investiert als ich rausbekommen habe.
Ich habe einen Cut gemacht, habe bei L’Oréal gekündigt, meine Läden aufgelöst und beschlossen, mich auf mein eigenes Brand zu konzentrieren und als Kreativdirektorin zu arbeiten. Das heißt, ich berate Make-up-Brands und arbeite daran, „JACKS beauty line“ weiter aufzubauen. Ich arbeite zudem gerade an einer eigenen Make-up-Marke. In Zukunft werde ich wahrscheinlich relativ viel im Bereich Produktentwicklung machen.
Das ist für mich gerade eine perfekte Kombination, weil ich im Beauty-Bereich kreativ sein kann und weiterhin tolle Shootings habe. Was ich aber nicht mehr mache, ist als Make-up-Artist am Set zu stehen und Promis zu schminken so wie früher. Für mich ist der unternehmerische Aspekt mittlerweile sehr wichtig geworden.
Ich habe im vergangenen Jahr ein ganz tolles Business-Coaching gemacht, wo es genau darum ging, den Fokus auf bestimmte Dinge zu setzen. Gerade für mich, die ich ein Tausendsassa bin, ist das nicht einfach. Wenn man die Dinge aber strukturiert angehen und den Tag aufteilen möchte, geht das nur mit klaren Prioritäten. Außerdem ist es wichtig, sich Hilfe zu holen.
Total! Davor fiel es mir sehr, sehr schwer zu delegieren, weil ich alles selbst machen wollte. Ich denke auch immer, dass ich alles alleine machen kann. Kann ich auch, aber dann mit Burn-out. Mein größter Fehler war – und den machen leider sehr viele Unternehmer*innen – zu sagen, dass ich kein Geld habe, mir Hilfe zu holen. Dieses Verständnis dafür, dass ein(e) Mitarbeiter*in zwar kostet, du aber auch viel mehr schaffst, musste ich mir erst erarbeiten. Man kann natürlich alleine alles schaffen und abarbeiten, ich bin damit aber nicht mehr weitergekommen. Sobald man sich jemanden dazuholt, merkt man, dass auch viel mehr Budget da ist, weil man viel mehr schafft.
Auch das darf man sich nicht so kompliziert machen. Es gibt häufig Leute in der Familie oder im Freundeskreis, die einen unterstützen können – wenn man sich traut sie zu fragen. Meine Mama hat früher auch in meinen Läden ausgeholfen. Ich habe heute sehr viel Hilfe, sonst würde ich das alles nicht schaffen. Wir haben ein Au-pair, wir haben eine Putzfhilfe, ich habe ein Team, meine Mutter unterstützt uns wahnsinnig viel mit Noah. Dafür bin ich sehr dankbar.
Layout: Kaja Paradiek
2 Kommentare
Super tolle und sehr ehrliche Story!! Weiter so!
Sehr inspirierendes Interview! Und was für ein schöner Pullover, wo gibt es ihn zum nachkaufen?