Wie gelingt es, den Körper als Partner anzunehmen, ihn wertzuschätzen und nicht gegen ihn zu arbeiten? Für die Hamburger Beauty-Redakteurin Asmona Logan, 44, war es ein jahrelanger Kampf – der Körper war ihr Gegner, den es zu bezwingen galt. Über die Jahre und nach einer lebenseinschneidenden Entscheidung hat sie langsam ihren Weg zur Selbstliebe gefunden. Heute bedeutet Selflove für sie vor allem, verschiedene Lebenswege gehen zu dürfen und die Akzeptanz dessen. Selflove dreht sich für Asmona nicht nur um den Körper, sondern vor allem um Persönlichkeit. Jeder kann und muss das Recht haben, sein Leben neu gestalten, neu erfinden zu dürfen – um das Leben zu leben, was er oder sie immer leben wollte.
Das Interview mit Asmona Logan erscheint im Rahmen unsere Zusammenarbeit mit Dove: Dove will Frauen in der Entwicklung eines positiven Körper- und Selbstwertgefühls bestärken und macht sich damit gegen die eindimensionale Betrachtung gängiger Schönheitsstereotypen in der Werbung stark. Gängige Beauty-Kampagnen zeigen Stars und Models, ausgewählt nach ihrem Look – wobei ihre Geschichten meistens nebensächlich sind. Dove dreht den Spieß um und hat die Testimonials für seine neue Kampagne einzig aufgrund ihrer persönlichen Stories ausgewählt.
Ich feiere meine Kurven, aber ich feiere kein ungesundes Übergewicht.
Asmona Logan: Momentan sind wir nicht ganz im Reinen, aber auf einem guten Weg. Vor vier Jahren war ich sehr übergewichtig. Das war nicht mehr gesund, ich selbst habe das aber nicht so gesehen. Also machte ich eine F.X. Mayr-Kur, bei der ich 20 Kilo abnahm. Ich habe mich wirklich gut gefühlt, wobei mein Ziel nie war, eine Kleidergröße 36 zu tragen – ich hatte dann Kleidergröße 42. Ich feiere meine Kurven, aber ich feiere kein ungesundes Übergewicht.
Leider habe ich die neuen Essgewohnheiten vernachlässigt und in einem schleichenden Prozess wieder zugenommen. Gerade fühle ich mich also nicht so wohl. Das gestehe ich mir ehrlich ein und stelle deswegen meine Ernährung wieder um. Im Moment verzichte ich auf Zucker und ernähre mich basischer. Langsam habe ich meinen Körper wieder lieber. Mein Körper und ich sind auf dem guten Weg, best friends zu werden!
Der Körper war mein Feind und es galt, ihn zu bezwingen.
Seit ich klein war, war es ein auf und ab. Ich bin in einer sehr weißen, europäischen Kultur aufgewachsen. Ich habe mich immer anders gefühlt – im Ballett neben den zierlichen Mädchen oder später in der Schule als frühentwickelter Teenager mit großer Oberweite. Es gab keine Mädchen, die aussahen wie ich, keine Identifikationsflächen. Mein Gewicht war immer ein Thema. Es war immer ein Kampf gegen den Körper. Der Körper war mein Feind und es galt, ihn zu bezwingen.
Mein Körper ist ein Tempel und ich achte auf ihn.
Ich war zunächst extrem schüchtern und hatte viele Minderwertigkeitskomplexe. Später ist dies in eine Extrovertiertheit umgeschlagen. Als 11-Jährige mit großen Brüsten wirst du von deinem Umfeld sexualisiert – und kannst nichts dagegen tun. Ich habe mich versteckt und wollte nicht gesehen werden.
Ich habe mich mit der Zeit von gewissen Ideen verabschiedet: Ich werde nie eine Kleidergröße 36 oder 38 tragen und das ist auch nicht schlimm. Ich werde nie dem kaukasischen Schönheitsideal entsprechen. Ich muss es aber auch nicht! Und das ist eine große Befreiung. Mein Körper ist ein Tempel und ich achte auf ihn. Er soll gehegt und gepflegt werden, denn er leistet mir ganz tolle Dienste. Ich habe ein liebevolles Verhältnis zu meinem Körper. Und wenn ich mal einen Tag nicht zufrieden bin, dann ist das ein momentaner Ist-Zustand, der wieder verfliegt.
Man sollte sich viel mehr darauf fokussieren, was man an seinem Körper liebt und das wertschätzen.
Sie funktioniert vor allem nicht in Extremen, wichtig ist die goldene Mitte! Und die Tage, an denen man seinen Körper liebevoll umarmt, sollten überwiegen. Man sollte sich viel mehr darauf fokussieren, was man an seinem Körper liebt und das wertschätzen. Ich liebe meine Füße, ich liebe meine Lippen, ich habe eine tolle Haut und finde meine Brüste und meinen Hintern richtig toll!
Selbstliebe bedeutet für mich, mir bewusst Zeit für mich zu nehmen. Das ist die Tasse Tee am Morgen, oder einfach mal im Bett liegen bleiben. Und ich habe ein Verwöhnritual: Ich creme meinen Körper jeden Tag ein, das ist wichtig für die Sensorik. Wenn du deinen Körper jeden Tag berührst, bemerkst du Veränderungen und verbindest dich mehr mit ihm und mit dir selbst. Und ich gönne mir Massagen! Bewegung ist auch wichtig für ein gutes Körpergefühl.
Aus meiner Sicht ist die Selflove Bewegung ein Tropfen auf den heißen Stein.
Aus meiner Sicht ist die Selflove-Bewegung ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie ist die Spitze eines Eisbergs, aber die Philosophie ist noch nicht in der breiten Masse angekommen. Curvy Models sind unfassbar hübsche Frauen, die aber einfach nur etwas breiter gebaut sind und außerdem viel in Fitness-Studios für ihre Kurven tun. Mir fehlt die Realität – vor allem auf Instagram. Eine ganz normale Frau, die Größe 54 trägt, wird niemals gehypt.
Wir brauchen noch viel mehr Selbstliebe!
Ja, aber können wir das bitte mit ein bisschen weniger Hysterie und mehr Selbstverständlichkeit machen? Oft ist es nur noch „in your face“ und jeder springt auf den Selflove-Zug auf. Eine Marke wie Dove, die seit vielen Jahren verschiedenste Frauentypen zeigt, überzeugt mich da eher – das ist eine nachhaltige und glaubwürdige Botschaft.
Das Ziel ist erst erreicht, wenn Frauen nicht mehr über ihre Schönheit definiert werden. Der Weg dahin ist noch weit, denn Schönheit war für Frauen lange Zeit ihr einziges Kapital – das wirkt bis heute. Bis heute sollen kleine Mädchen charming sein, nicht so laut, liebreizend. Solange ihnen auf den Weg gegeben wird, dass sie nett, hübsch, fürsorglich und lieb sein sollen – das ultimative Ziel es also ist, geliebt zu werden – wird sich nicht groß etwas ändern.
Nein, wir brauchen noch viel mehr Selbstliebe! Andere können wir nur lieben, wenn wir eine gesunde und liebende Einstellung zu uns selbst haben. Erich Fromm sagt: „Liebe zu anderen und Liebe zu uns selbst ist keine Alternative. Vielmehr wird man eine sich selbst gegenüber liebevolle Haltung bei denjenigen feststellen, die zur Liebe zu anderen fähig sind.“
Auf Social Media findet definitiv zu viel Narzissmus statt. Ich glaube auch nicht, dass narzisstische Menschen sich wirklich selbst lieben. Es geht um Macht, Kontrolle und Gier. Das hat nichts mit Selbstliebe zu tun.
Die Selflove-Bewegung ist eine sehr visuelle Angelegenheit. Da wird viel nackte Haut gezeigt – das finde ich auf der einen Seite gut, denn so wird Nacktheit als das gezeigt, was sie ist: das Natürlichste der Welt. Was aber vergessen wird: Selflove geht viel tiefer! Du musst eigentlich von der Fokussierung auf die Äußerlichkeit wegkommen auf eine tiefere Ebene. Es geht nicht nur darum, den Körper zu akzeptieren, sondern auch darum, Lebensentwürfe zu akzeptieren – die vielleicht nicht dem Mainstream entsprechen.
Absolut. Es war eine Entscheidung aus Selbstliebe, weil dieser Entscheidung eine lange Leidensgeschichte vorausging. Ich habe 15 Jahre lang unter Myomen gelitten, musste ständig Schmerzmittel nehmen, konnte nicht länger verreisen. Mein ganzes Leben wurde durch die Beeinträchtigungen bestimmt. Irgendwann habe ich einen Cut gemacht und mir die Gebärmutter entfernen lassen. Meine Lebensqualität war mir wichtiger als alles andere. Es ging nur um mich. Ich feiere diese Entscheidung jedes Jahr.
Dennoch musste ich gleichzeitig etwas loslassen, es war viel Trauerarbeit. Dem Körper wird etwas entnommen und das musst du verarbeiten – zusammen mit deinem Körper.
Ich wusste, ich sage Tschüss – für ein selbstbestimmtes Leben.
Ich wusste, ich sage Tschüss – für ein selbstbestimmtes Leben. Ich bin nicht in Trauer verfallen, sondern habe das Thema langsam für mich abgeschlossen. Unter anderem mit Hilfe eines Coachings, Körperarbeit und einer Heilpraktikerin. Und ich habe eben diesen Artikel über meine Geschichte für Edition F geschrieben, woraufhin ich ein unglaubliches Feedback bekommen habe von Frauen in einer ähnlichen Situation. Ich habe sogar eine Facebook-Gruppe „Kinderfrei und Spaß dabei“ gegründet. Es hat also zu etwas Positivem geführt.
Fotos: Leila Ivarsson
Layout: Carolina Moscato
– Werbung: in Zusammenarbeit mit Dove –