In ihrem einen Leben ist Ingeborg Trampe PR-Beraterin mit Schwerpunkt auf Marketing und Werbung. In ihrem anderen Leben schreibt sie unter dem Namen Suzette Oh pornografische Texte aus weiblicher Perspektive. Ihr Roman „Pussy Diary“ ist 2015 erschienen. Kürzlich folgte ihr zweites Buch, „Secret Dreams“ im Piper Verlag. Ihre Sprache ist explizit, derb, furchtlos. Ihre Geschichten handeln von den sexuellen Abenteuern selbstbewusster Großstadtfrauen. Wie kam Ingeborg darauf, Suzette zu erschaffen? Wie recherchiert man für einen Erotikroman? Und wie ging sie damit um, als bekannt wurde, wer hinter dem Pseudonym Suzette Oh steckt? Darüber sprechen wir mit Ingeborg Trampe in einer schummrigen Ecke im Hamburger East Hotel.
Femtastics: Wie viel aus deinen Büchern ist selbst erlebt?
Ingeborg Trampe: Das fragen mich viele Leute. Das hat meine Mutter auch gefragt – die hat mein Buch „Pussy Diary“ nämlich mit 86 Jahren auch gelesen. Ich glaube, man kann nicht in diesem Genre schreiben, wenn man nicht selbst ein paar Erfahrungen in dieser Richtung gemacht hat. Es ist ein Mix aus eigenen Erfahrungen, erotischen Fantasien, die ich habe oder Bekannte von mir, und natürlich ist es auch überhöht. Besonders beim zweiten Buch.
Ich wollte eine starke Frau erschaffen, die – egal, was andere Leute darüber denken könnten – ihre Lust auf Sex in den verschiedensten Szenarien auslebt.
Wie hast du deine Protagonistin für dein erstes Buch erschaffen?
Ich wollte eine starke Frau erschaffen, die völlig selbstbestimmt und nur nach ihren eigenen Regeln lebt. Die – egal, was andere Leute darüber denken könnten – ihre Lust auf Sex in den verschiedensten Szenarien auslebt.
Wieso war dir das wichtig?
Es gibt natürlich Massen von Erotikbüchern und gerade nach „Shades of Grey“ gab es eine Welle. Aber sie funktionieren meist nach einem ähnlichen Schema: Irgendeine Frau sucht einen Typ, der sie errettet – sage ich jetzt mal überspitzt. Meistens geht es um die Unterwerfung der Frau. Das hat mich so genervt. Ich denke, dass es auch einen Markt für andere Erotikliteratur gibt: moderne Erotik für Erwachsene, die explizit und selbstbestimmt ist, und in der emanzipierte Frauen Abenteuer erleben. Es ist auch gesellschaftlich noch nicht akzeptiert, dass Frauen ihre Sexualität frei ausleben – Männer dürfen das, aber Frauen gelten dann schnell als Schlampe. Ich wollte mit einer Figur einen Gegenpol dazu setzen. Es ist in Ordnung, wenn eine Frau keine Lust auf eine Beziehung, aber Lust auf Sex hat.
Wie ist Suzette Oh entstanden?
An meinem Küchentisch, damals noch in Berlin Prenzlauer Berg. Es war ein Sommer, in dem ich beruflich ein bisschen Pause hatte, weil alle Kunden im Sommerurlaub waren. Ich mache in meinem Job relativ viel Ghostwriting für Kunden und schreibe da über Themen wie digitale Transformation, Wirtschaft und Marketing. Und ich hatte Lust, mal etwas Anderes zu schreiben, das nichts mit meiner Arbeit zu tun hat. Ich war immer ein großer Fan von Samantha aus „Sex and the city“. Diese Mischung aus Humor, Selbstbewusstsein und Männerkonsum, das hat mir immer gefallen. Ich habe also einfach ein Blog gestartet und innerhalb von zwei Minuten fiel mir auch der Name Suzette Oh ein. Das Blog wurde immer expliziter und Suzette wechselte von allgemeinen Betrachtungen immer mehr in Abenteuer, die sie erlebte.
Wie ging es dann weiter?
Irgendwann sprach ich zufällig mit einem Medienanwalt, der mir sagte, dass das Blog im Grunde gegen das Jugendschutzgesetz verstößt. Der Jugendschutz in Deutschland ist sehr streng und betrachtet genau das Verhältnis zwischen Erzählgeschichte und Explizitem. Es gibt zwar Youporn und Co., aber das sind keine deutschen Anbieter und wird dann nicht nach deutschem Recht betrachtet. Ich war erst etwas ratlos und habe mein Blog dann für ein paar Jahre links liegen lassen.
Wie kam es dann zum Buch?
Als das Phänomen „Shades of Grey“ auftauchte, habe ich gemerkt, dass plötzlich alle über das Thema gesprochen haben. Ich fand das Buch furchtbar langweilig, aber es war schon interessant, dass plötzlich Frauen in der U-Bahn saßen und „Shades of Grey“ lasen. Freunde von mir haben mich auf Suzette angesprochen und gefragt, ob ich nicht auch ein Buch schreiben will.
Und du wolltest?
Ja, ich wollte es erst im Selbstverlag herausbringen und meine besten Blogtexte zu einem Buch zusammenfassen. Als ich alles noch einmal gelesen habe, fand ich es aber nicht mehr so gut und habe das Buch neu geschrieben. Ich habe immer Sonntags und wann immer ich Zeit hatte, geschrieben. Als das Buch fast fertig war, habe ich eine Bekannte getroffen, die für mich einen Kontakt zu einer Literaturagentin hergestellt hat. Und so kam es, dass ich das Buch doch nicht selbst, sondern bei einem Verlag herausgebracht habe. Zuerst als E-Book und später als Print on demand. Print on demand ist wie ein Test – wenn das Buch gut ankommt, kauft dir der Verlag die Druckrechte ab.
Deine Texte sind sehr explizit. Warum?
Ich finde es gut, wenn auch einmal eine Frau dem Expliziten eine Stimme gibt. Und ich wollte versuchen, explizite, pornografische Texte so zu schreiben, dass sie auch noch Niveau haben. Klar, es ist ein Unterhaltungsbuch, aber es soll auch Klasse haben.
Warum soll ich nicht sagen dürfen, dass ich nebenbei erotische Bücher schreibe?
Hattest du ursprünglich geplant, dass nicht bekannt wird, wer hinter Suzette Oh steckt?
Ja, gedacht war es als Pseudonym. Aber als es per Zufall herauskam, dachte ich: Ich stehe jetzt dazu, ich bin eine erwachsene Frau, warum soll ich nicht sagen dürfen, dass ich nebenbei erotische Bücher schreibe? Und meine Kunden haben auch nicht negativ reagiert. Wenn man seinen Job gut macht, dann beeinflusst das, was man nebenbei macht, auch nicht die andere Arbeit.
Wie kam es, dass du ein zweites Buch geschrieben hast?
Der Verlag hat ziemlich schnell nach einem zweiten Buch gefragt. Um das zu schreiben, habe ich mich für zehn Tage in einer Wohnung auf Sylt eingemietet und dort quasi nur gearbeitet. Ich hatte schon eine Idee und habe rund 80 Prozent von „Secret Dreams“ in dieser Zeit geschrieben.
In deinem neuen Buch ist Suzette nicht die einzige Protagonistin. Warum?
Genau, im neuen Buch geht es um verschiedene Frauen und ihre Geschichten. Das entstand daraus, dass ich viele Frauen kennengelernt habe, zum Beispiel in Clubs, die mir von ihren sexuellen Fantastien erzählt haben.
Du hast also bewusst Recherche für das Buch gemacht?
Absolut. Dafür ist Berlin ein super Ort, weil Clubs wie das „Insomnia“ oder der „Kit Kat Club“ auch Teil dieser hedonistischen Partykultur sind. Ich hatte genauso Vorurteile wie alle Menschen, die vielleicht einmal TV-Reportagen über solche Clubs gesehen haben. Aber dann kommst du in die Clubs und sie sind sehr schick gemacht und du triffst attraktive Leute aller Alters- und Gesellschaftsgruppen – auch Banker und Chefs von Großunternehmen. Auch viele junge Pärchen, die gemeinsam da waren. Ich war sehr überrascht, wie vielfältig das Publikum ist.
Würdest du sagen, dass es in Berlin modernere Clubs in dieser Richtung gibt als in anderen deutschen Städten?
In Hamburg gibt es das „Catonium“, das ist ein größerer Club, der Partys wie „Kunst und Sünde“ veranstaltet. Du kannst einfach auf die Party gehen und tanzen, aber es gibt auch Spielbereiche für Gäste, die Lust auf mehr haben. In Hamburg gibt es auch eine Szene. In Berlin hast du auch nicht die Riesenauswahl an Clubs, die interessant ist. Aber witzigerweise hat mir ein Typ aus London im „Insomnia“ erzählt, dass es solche öffentlichen Clubs in London überhaupt nicht gäbe.
Glaubst du, dass man in den Clubs noch einmal ein anderes Publikum antrifft als zum Beispiel auf Tinder?
Ich glaube, dass es kein großer Unterschied ist, denn wenn du generell nach „casual sex“ suchst, dann schaust du vielleicht auch mal, welche Clubs es dafür gibt. Aber ich denke, dass bei diesen Dating-Apps wie Tinder auch viel herumgespielt wird. Da kommt es gar nicht unbedingt zu persönlichen Begegnungen.
Einerseits leben wir in einer Gesellschaft, die total „oversexed“ ist, andererseits gibt es noch ganz viel Prüderie.
In deinem neuen Buch leben Frauen unterschiedliche sexuelle Fantasien aus. Denkst du, dass Frauen das in der Realität noch zu wenig tun?
Ich denke, es gibt Frauen, die das tun – die habe ich zum Beispiel ja auch in den Clubs getroffen. Aber ich glaube, dass ein Großteil von Frauen noch ziemlich konservativ ist. Das Kopfkino bei Frauen ist sicher extrem aktiv. Aber der nächste Schritt, das auch auszuleben, ist oft noch mit der Angst verbunden, gesellschaftlich verurteilt zu werden. Viele Frauen gehen zum Beispiel nicht in solche Clubs, aus Angst, dort von jemandem erkannt zu werden. Es ist schade, wenn Frauen ihre Sexualität selbst unterdrücken. Das ist das Interessante: Einerseits leben wir in einer Gesellschaft, die total „oversexed“ ist, andererseits gibt es noch ganz viel Prüderie.
Mit deinen Büchern willst du das ja ändern. Wie erreichst du deine Leser?
Das ist nicht so einfach. Meine Bücher sind FSK 18 und obwohl man sie im Buchhandel kaufen kann, legt sie sich kein Buchhändler in die Auslage. Da muss man über andere Wege nachdenken. Auf Facebook darf ich eine Seite zu Suzette Oh auch nur betreiben, aber nicht für sie werben, weil es ein Erwachsenenprodukt ist – und da sind die Amerikaner total prüde.
Haben sich aus den Büchern auch andere Projekte entwickelt?
Ich schreibe jetzt auch eine Kolumne auf der Website sinnlicheseiten.de. Dafür treffe ich Menschen, die im weitesten Sinne mit Erotik ihr Geld verdienen. Und neulich habe ich bei mir zu Hause eine „Sextoy-Party“ veranstaltet, nach dem Prinzip einer Tupper-Party – gerade mache ich nämlich eine kleine Reihe über Sextoys. Es macht mir auch Spaß, das Thema neben den Büchern auszuweiten und journalistisch unterwegs zu sein.
Wir wünschen Dir weiterhin viel Spaß und Erfolg!
3 Kommentare
Ich habe mal eine Frage.Vor ungefähr zwei Wochen habe ich dieses Buch bei Ihnen bestellt und wollte wissen ob meine Bestellung angekommen ist.Es wäre sehr nett von Ihnen wenn ich eine Antwort bekomme.Falls das nämlich nicht sein sollte, müsste ich eine neue Bestellung abschicken. Mit freundlichen Grüßen S.Manasjan
Liebe Frau Manasjan, bei uns können Sie das Buch nicht bestellt haben. Sie müssen das Buch entweder z.B. über Amazon oder direkt im Buchhandel bestellen.