Wenn wir uns ein neues Smartphone kaufen, denken wir vielleicht über Funktionen, Design und Preisvergleiche nach. Aber eher nicht über die Ressourcen, die in diesem Gerät stecken, und woher sie kommen. Die Ausstellung „Man & Mining“ im „Museum der Arbeit“ in Hamburg beleuchtet mit verschiedenen künstlerischen Werken wie und wo auf der Welt mineralische Rohstoffe abgebaut werden, um dem wachsenden Konsumverhalten einer immer größeren Weltbevölkerung gerecht zu werden – und welche ökologischen und sozialen Probleme daran hängen. Egal, ob es um Gold geht oder um Kryptowährung.
Warum sich ein Besuch der Ausstellung lohnt, besprechen wir mit Kareen Kümpel, Fachbereichsleitung Bildung & Vermittlung im „Museum der Arbeit“.
Kareen Kümpel: Verschiedene Kulturinstitutionen gründen gerade zusammen eine Plattform zum Thema „Mining“. Dabei ist auch das „Weltkulturerbe Völklinger Hütte“. Und die sind auf uns zugekommen mit der Idee, gemeinsam diese Ausstellung zu konzipieren und umzusetzen. Die Ausstellung wird im Anschluss auch in Völklingen gezeigt.
Die Bevölkerungszahl auf der Erde steigt immer weiter an und entsprechend steigt der Bedarf an Ressourcen, die wir benötigen. Seltene Erden ebenso wie Kohle oder Gold – weil Gold in Smartphones verarbeitet wird.
Es liegt nahe, dass das „Weltkulturerbe Völklinger Hütte“ als ehemalige Hütte sich dem Thema annimmt. Wir haben dann aber geschaut, was denn das moderne „Mining“ ist. Rohstoffe liegen heute nicht nur unter der Erde, heute schürft man auch Bitcoins und um Kryptowährungen ist ein regelrechter Goldrausch entstanden.
Was die Rohstoffe mit den Daten gemeinsam haben, ist, dass wir immer mehr davon brauchen. Die Bevölkerungszahl auf der Erde steigt immer weiter an und entsprechend steigt der Bedarf an Ressourcen, die wir benötigen. Seltene Erden ebenso wie Kohle oder Gold – weil Gold in Smartphones verarbeitet wird. Und im Zuge der Digitalisierung müssen wir immer mehr Daten verarbeiten und speichern.
Zum einen Werke zeitgenössischer Kunst wie Installationen, zum anderen Fotografien und Filme an der Grenze zwischen Kunst und Dokumentarfotografie – wobei ich diese Grenze gar nicht ziehen würde. Spannend ist auch, dass die Künstler*innen unterschiedliche Perspektiven einnehmen: Mal sieht man weite Landschaften in der Totale, mal ist man ganz nah dran an den Menschen, die mit den Rohstoffen arbeiten.
Die älteste Arbeit, die wir in der Ausstellung zeigen, ist von Sebastião Salgado aus dem Jahr 1986, als er eine Mine in Brasilien besucht hat. Dort wurde in den 1980er-Jahren Gold gefunden und es ist ein riesiger Goldrausch entstanden. Rund 50.000 Menschen schufteten dort unter schrecklichen Bedingungen in der Mine. Viele andere Arbeiten in der Ausstellung sind neu und erst in den letzten fünf bis zehn Jahren entstanden. Sie zeigen andere Formen des „Minings“, wie zum Beispiel Krypto-Minen in Russland.
Dazu muss man sagen, dass es einerseits Minen gibt, die von großen Unternehmen geführt werden, und andererseits gibt es Kleinbergbau, der größtenteils illegal ist. Er entsteht oft, wenn sich große Unternehmen aus Minen zurückziehen, diese aber nicht richtig geschlossen werden. Menschen suchen dann weiter nach Rohstoffen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Es bilden sich oft kriminelle Gruppierungen und natürlich haben die Arbeiter*innen keinerlei Rechte und es gibt keine Maßnahmen für Sicherheit oder Umweltschutz.
Alleine in Südafrika soll es über 6.000 stillgelegte Goldminen geben, in denen illegal Kleinbergbau betrieben wird. In Jharia in Indien brennen in einer Kohlemine, die nie ordnungsgemäß stillgelegt wurde, seit über 100 Jahren Feuer – und Menschen, auch viele Kinder, arbeiten weiter dort und schaffen mühselig Kohle aus der Erde. In illegalen Minen auf Madagaskar graben Menschen als „menschliches Fließband“ auf der Suche nach Saphiren. Es gibt Schätzungen, dass rund 100 Millionen Menschen weltweit am Kleinbergbau beteiligt sind.
Die Lieferketten sind nicht transparent, davon ist auszugehen. Auf Madagaskar, zum Beispiel, sind viele Händler aus Thailand oder Sri Lanka, die Saphire auf Madagaskar kaufen, diese nach Thailand oder Sri Lanka bringen und von dort weiterverkaufen.
In unseren Smartphones stecken rund 60 unterschiedliche Metalle und jedes von ihnen hat eine eigene Lieferkette. Diese nachzuvollziehen, ist gänzlich unmöglich.
In unseren Smartphones stecken rund 60 unterschiedliche Metalle und jedes von ihnen hat eine eigene Lieferkette. Diese nachzuvollziehen, ist gänzlich unmöglich.
Fotos: Pieter Hugo, Naasra Yeti, Agbogbloshie Market, Accra, Ghana, 2009; Sebastião Salgado, Freiluftmine Serra Pelada, Brasilien, 1986; Johnny Haglund, aus der Serie „Where the earth is on fire“.
Im Bereich „Man WITHOUT Mining“, den wir gemeinsam mit der „Körber-Stiftung“ erarbeitet haben, laden wir die Besucher*innen ein, das Gesehene zu reflektieren. Wir haben Fragen im Raum platziert – rund um individuellen Konsum, aber auch größere Fragen an die Politik und Gesellschaft. Außerdem geht es auch um Kolonialismus, denn Hamburg hat eine besondere Verantwortung im postkolonialistischen Diskurs.
An einer digitalen Station schlagen wir Möglichkeiten vor, um Probleme, die in der Ausstellung gezeigt wurden, zu verkleinern. Wie könnte ein besserer Umgang mit kritischen Rohstoffen aussehen? Sollte es Handels-Embargos geben? Müsste es ein internationales Zertifizierungsverfahren für den Bergbau geben? Sollten wir alle vielleicht unsere Mobilität einschränken, weil selbst Elektroautos mit Lithium-Ionen-Akkus betrieben werden?
Wir haben beispielhaft die Lieferketten, die hinter einem Smartphone stehen, nachgebaut und zeigen Mineralien, die im Smartphone stecken. Wir haben dieses Beispiel gewählt, weil so gut wie jede*r von uns ein Smartphone hat und weil das Thema dadurch auch für junge Menschen anschaulich wird.
Am meisten beschäftigt habe ich mich mit den Arbeiten von Danny Franzreb, die sich mit Krypto-Mining befassen. Die Arbeiten geben diesem „unsichtbaren“ Thema ein Gesicht. Dadurch wird es für mich greifbarer und ich verstehe, dass hinter der Blockchain auch wieder Menschen und Geschichten stecken. Krypto-Währungen verbrauchen zum Beispiel so viel Strom, dass Fabriken für sie in Billigstromländer wie Russland verlegt werden.
Aufmacherfoto: Danny Franzreb, aus der Serie „Proof of Work“
– Werbung: In Zusammenarbeit mit der „Stiftung Historische Museen Hamburg“ –