Meghan Edwards veranstaltet Partys seit sie fünfzehn ist – bisher in ihrer Heimatstadt L.A., wo sie die Underground-Partyreihe Top40 aus der Taufe hob, neuerdings auch in Berlin, wo sie momentan lebt. Wenn sie keine Party organisiert, beschäftigt sie sich mit ihrer Spiritualität und mit ihrer Musik. Als Miss M.E hat sie bereits mit Ariel Pink und Moon Wheel zusammengearbeitet, seit 2015 ist sie Harmony Horizon und hebt ihre Musik in neue Sphären. In Hamburg lädt sie auf Einladung des Tissue Magazins zu einer meditativen Séance und tritt zwei Tage später in einer kleinen Bar in St. Georg auf. Wir treffen Meghan tagsüber in der Galerie Ame Nue zum entspannt esoterischen Gespräch, bei dem wir in Themen wie Harmonie, Traurigkeit, Glück und natürlich das Feiern eintauchen.
femtastics: Wie definierst du Harmonie?
Meghan Edwards: Wohooo. Das ist deine erste Frage?
Warum nicht? Du kannst gern für einen Moment drüber nachdenken.
Okay, diese Frage ist echt aufgeladen. Interessant. Ich werde einfach in mich gehen und meinen Geist diese Frage beantworten lassen. Ich werde nicht darüber nachdenken, was ich gerade denke. Wenn ich versuche, etwas zu definieren, verliere ich die Magie.
Meghan setzt sich in den Lotussitz, schließt die Augen für einen Moment und legt Daumen und Zeigefinger zum Chinmudra zusammen.
Harmonie ist eine Stille, die dich von Innen erleuchtet.
Am Anfang der Harmonie ist die Stille. Stell dir eine Sternschnuppe vor und die Magie, die das Beobachten von Sternschnuppen in jedem von uns auslöst, dieser Blick in den Himmel und dann ssssssshhhhh … Harmonie ist eine Stille, die dich von Innen erleuchtet. Harmonie ist nicht zwangsläufig haltbar, sie ist eine Essenz – wie, wenn deine Sinne deinen eigenen Herzschlag fühlen. Das war eine sehr gute Frage!
Als ich 30 wurde, das war das Jahr, als sich alles änderte.
Danke. Es geht gleich so weiter: Ich habe das Gefühl, dass du sehr glücklich bist, auf dieser Welt zu sein, stimmt’s?
(Lacht) Oh ja!
War das immer so?
Nein! (Lacht noch mehr) Du bist eine kleine Psychologin. Lass mich dir eine Frage stellen.
Klar, schieß los. Ob ich glücklich bin?
Damit können wir anfangen. Bist du glücklich?
Manchmal ja, manchmal nein. Heute bin ich glücklich.
Das ist gut. Was ich dich fragen möchte: Ich glaube es gibt etwas, was jeder sehr leicht spüren kann und das ist Aufrichtigkeit. Wenn du dich nicht wohl fühlst oder du lügst, kannst du nicht aufrichtig sein. Warum hast du das Gefühl, dass ich nicht immer glücklich war?
Weil ich deine Musik höre und die an Stellen sehr traurig ist. Ich habe dich also zunächst im Team #SadGirls verortet – wobei natürlich jeder Mensch auch mal traurig ist. Dann habe ich ältere Interviews mit dir gelesen und den Eindruck bekommen, dass du eine sehr glückliche Person bist, die ihre Mitte absolut gefunden hat.
Endlich, ja! Als ich 30 wurde, das war das Jahr, als sich alles änderte.
Das war bei mir ähnlich.
Davor war ich schnell sauer, wütend und auch aggressiv – gerade, wenn es um Moral oder politische Themen ging. Ich ernähre mich seit vielen Jahren vegan. Meine Freunde sagten, wenn du 30 wirst, chill out! Dann wurde ich 30 und meine Traurigkeit wurde plötzlich zu einer Wolke, die kommt und geht. Wenn Traurigkeit ein Anker ist, kannst du immer tiefer sinken. Du musst die Anker-Idee loslassen und die Traurigkeit zu einer Wolke machen.
Außerdem kann man nur glücklich sein, wenn man auch traurig ist. Traurigkeit ist okay.
Das ist das Prinzip Yin und Yang, das hier …
Meghan zeigt auf ihr großes Yin und Yang-Tattoo auf ihrer Hand, zwischen Daumen und Zeigefinger. Außerdem ist das Symbol auf ihren Jackenknöpfen, an ihren Ohrringen, auf ihren Socken.
Wo kommt die Traurigkeit in deinen Songs her?
Darüber habe ich in letzter Zeit viel nachgedacht. Viele meiner Songs waren in Mollakkorden. Ich schreibe meine Songs, um Menschen auf eine bestimmte Art zu berühren. Ich schreibe meine Musik, weil sie geschrieben werden muss.
Es ist dir ein inneres Bedürfnis.
Ich habe eine Stimme in mir, die erst glücklich und still wird, wenn ich die Geschichte erzählt habe. Jeder Song gründet auf meinen eigenen Erfahrungen.
Meine Talente sind mit meiner Spiritualität und mit meiner Empathie verknüpft.
Du bist eine sehr spirituelle Person. Wann hast du deine Spiritualität entdeckt?
Meine Talente sind mit meiner Spiritualität und mit meiner Empathie verknüpft. Wenn ich eine Connection zu jemandem habe, er mir gegenüber sitzt und von seinen physischen Schmerzen erzählt, dann fühle ich diese. Mein metaphysischer Körper ist offen und leitet.
Das klingt anstrengend, ständig alle Schwingungen und Emotionen aufzunehmen.
Ich habe gelernt, mich selbst davor zu schützen.
Mein Leben zu einem Kunstprojekt zu machen, war das Beste, was ich jemals für mich getan habe.
Was war die beste Entscheidung in deinem Leben?
Mein Leben zu einem Kunstprojekt zu machen, war das Beste, was ich jemals für mich getan habe.
War das eine bewusste Entscheidung? Oder eher eine Entwicklung?
Jemand machte mich darauf aufmerksam. Ich hatte diese illegale Party-Reihe „Top40“ in L.A. nur für Künstler mit Mitgliedsausweis. Ich war umgeben von meinen Underground-Helden: den besten Tänzern, Choreographen, Künstlern und so weiter. Viele junge interessante Köpfe, die ich getroffen habe, aber immer in Situationen, wo jemand high oder betrunken war, es laut war, Leute waren müde – ich hatte nie das Gefühl, dass wir einen richtigen Dialog hatten. Ich dachte, wenn wir wirklich miteinander reden würden, würden unglaubliche Dinge entstehen …
… dafür hattet ihr unglaubliche Momente.
Das stimmt. Jedenfalls kam einmal ein Mädchen zu mir und sagte: „Du bist eine Lebenskünstlerin. Alles, was du machst, ist Kunst.“ Sie hat Recht, alles hängt zusammen – egal, ob Meditation, Frühstück oder Tanzen im Club. Vielleicht bin ich nicht in allen Dingen professionell, aber ich bin professionell im Existieren.
Was war dein bester Party-Moment bisher?
Es ist unmöglich für mich, das zu beantworten. Ich veranstalte Partys seit fünfzehn Jahren. Aber als ich meinen 30. Geburtstag bei Top40 mitten im Ghetto feierte, ich hatte Securities dabei, kamen alle Kopf bis Fuß in Weiß gekleidet. Weiße Leute im Ghetto, das war absurd – denn alle hatten ja die verschiedensten kulturellen Hintergründe.
Hast du ein Ritual, wenn du von einer Party nach Hause kommst?
Oh ja. Wobei ich das Ritual vor der Party fast genauso wichtig finde wie das danach. Was du vorher deinem Körper zufügst, beschützt dich vor allem, was du ihm während der Party zufügst. Wenn du dich vergiftest, solltest du deinen Körper so vorbereiten, dass er dafür gewappnet ist. Ich trinke viele Smoothies, esse Suppen, Gemüse und viele Proteine. Ich gehe nicht mehr wirklich in Clubs, das schafft mein Körper nicht mehr, dann muss ich mich fünf Tage lang ausruhen. Aber ich gehe gern Tanzen, zum Beispiel auf einem Sonntag für zwölf Stunden im Berghain. Ich trinke literweise Wasser – dann hat man auch keinen Hangover. Außerdem habe ich Water Shots eingeführt – statt Kurze.
Oh, das merke ich mir. Welche Frauen haben dein Leben geformt?
Noch eine gute Frage. Meine Oma, meine Mutter und meine Tante hatten den größten Einfluss auch mich. Ich wollte immer anders sein. Die Frau, die mich ermutigt hat, meine Weiblichkeit durch meine Individualität zu definieren, ist eine meiner besten Freundinnen. Kati Knox ist Poetin, Punk as fuck, super real, super smart und fähig, Anmut zu verkörpern, ohne künstlich dabei zu wirken.
Du machst „grounding exercise“, bei denen du verschiedenen Frauen Tribut zollst und dich ausgiebig mit ihnen beschäftigst. Wen hast du heute gegoogelt?
Momentan beschäftige ich mich mit Noise-Künstlerinnen aus den Siebzigern.
Letzte Frage: Tanzt du lieber alleine oder mit anderen?
Ich tanze gern allein mit anderen.
Yes! Augen zu?
Ich bevorzuge, mit geschlossenen Augen zu tanzen, weil ich dann ganz bei mir bin. Aber ich arbeite daran, mit offenen Augen zu tanzen!
Danke für das Gespräch, Meghan!
2 Kommentare
😉 spannend… liest sich als wäre man dabei..
Danke für das Feedback, genau das war der Plan! 😉
Liebe Grüße,
Lisa