Warum der Pride Month 2025 so wichtig ist wie nie zuvor
10. Juni 2025
geschrieben von Simone Bauer

Pride ist mehr als bunte Ringelsocken. Pride bedeutet, auf die eigenen queere Identität stolz zu sein. Wer die Pride feiert, demonstriert gleichzeitig für queere Rechte, an denen gerade allerorts gesägt wird. Dafür sind „Allys“, cis und heterosexuelle Unterstützer*innen wichtig – denn nicht alle trauen sich aus dem „Closet“ raus, dem metaphorischen Schrank, bei einem immer queerfeindlicher werdenden Klima. femtastics-Autorin Simone Bauer schreibt, warum der Pride Month 2025 so wichtig ist wie nie zuvor.
Es ist Juni und das heißt: Es ist Pride Month
Man hat sich diesen sonnigen Monat ausgesucht, nicht, damit die Queerpartys bei warmen Wetter gefeiert werden können, sondern weil im Juni vor etwas mehr als fünfzig Jahren die „Stonewall Riots“ stattfanden. Bei einer Razzia in einem queeren Lokal in Lower Manhattan, die eine weitere Schikane für queere Menschen darstellte, eskalierte die Situation. Es folgten Straßenschlachten, bei denen sich die queere Community wehrte. Eine Inspiration für die ganze Welt.
Dies war der Ursprung für die Queerbewegung unserer Zeit und da sich der Club „Stonewall“ in der Christopher Street in New York befindet, nennt man Demonstrationen für die Rechte Queerer Christopher Street Day, kurz: CSD. CSDs steigen nicht zwangsläufig im Juni, aber der Pride Month wird auf der ganzen Welt als Auftakt für die CSD-Saison gesehen, und in diesen Wochen wird verstärktes Augenmerk auf die Rechte Queerer gelegt.
"Produkte im Regenbogenlook helfen denen, die sie tragen, bei ihrem großen Anliegen: Sichtbarkeit."
Die Sache mit dem Rainbow Washing
Viele Firmen nutzen dies womöglich für Rainbow Washing. Sie geben sich also ein aufgeschlossenes, liberales Image, das vielleicht hinter der Eingangstür des Unternehmens bereits endet. Aber: viele große Firmen haben Pride-Netzwerke installiert – und der Vertrieb von Produkten in Regenbogenfarben kommt gelegentlich auch einem sozialen Zweck zugute.
Produkte im Regenbogenlook helfen denen, die sie tragen, außerdem bei ihrem großen Anliegen: Sichtbarkeit. Für Menschen, die nicht queer sind, ist es vielleicht schwer nachvollziehbar, aber wenn man einer marginalisierten Gruppe angehört, ist Zugehörigkeit das A und O. Dazu gehört, sich in der U-Bahn zu erkennen und anzulächeln. Dazu gehört aber auch, im schlimmsten Fall sich gegenseitig Hilfe zu leisten. Darum sind als queerfreundlich markierte Geschäfte auch so wichtig. Sie sind ein Zeichen: „Du bist nicht allein. Hier wird nicht weggesehen.“
"Es steht auf dem Spiel, dass das, was erkämpft wurde, wieder rückgängig gemacht wird."
Es flattern weniger Fahnen im Wind
Es ist also Juni, aber irgendwie fühlt sich alles anders als in den Jahren zuvor an. Die Regenbogenlogos blinken einem nicht an jeder Stelle entgegen. Ein Grund dafür ist Donald Trump und sein Feldzug gegen „Diversity“. Nicht nur Firmen in den USA streichen ganze Vielfaltsprogramme und -ausrichtungen. So wird vorauseilend Gehorsam geleistet. Aufgrund dessen zeigt sich gerade ganz gut, wer wirklich Rainbow Washing betrieben hat und wem tatsächlich das Wohlbefinden seiner queeren Mitarbeiter*innen wichtig ist. Denn bei den CSDs ist es üblich, dass ortsansässige Firmen mit großem Tamtam mitlaufen – dies wird 2025 erstmals seit langem wieder weniger werden.
Der finanzielle Aspekt für die auch oft ehrenamtlich organisierten CSDs ist ein Problem, es gibt aber ein noch viel Größeres: Der CSD in Gelsenkirchen wurde wegen einer „abstrakten Gefahrenlage“ bereits abgesagt. In den vergangenen Jahren haben wir zusammen das Leben gefeiert, in all seinen Farben. Doch jetzt geht es wieder darum, für die Rechte Queerer zu demonstrieren. Natürlich war der Demonstrationsgedanke bei den – nicht ohne Grund so genannten – Politikparaden nie richtig weg, denn queere Menschen sind nicht gleichgestellt mit heterosexuellen. Queere Familien werden beispielsweise immer noch nicht als richtige Familien angesehen. Nun steht aber auf dem Spiel, dass das, was erkämpft wurde, wieder rückgängig gemacht wird. Die Gewaltstatistik steigt, der Wille zu helfen sinkt.
Heute sind es die Rechte von trans Menschen, morgen sind es die des queeren Rests, übermorgen sind es Frauenrechte.
Die Signale, dass Gefahr absolut im Verzug ist, könnten nicht größer sein
Es reicht ein Blick nach England. Zum „Schutz von cis Frauen“ dürfen nun trans Frauen nicht mehr auf die Damentoilette. Doch es geht nicht darum, Frauen zu schützen – vor wem auch, denn trans Frauen sind Frauen. Es geht darum, wer definiert, was eine Frau ausmacht. Burschikosere Lesben haben schon ihr ganzes Leben lang, über Generationen, Probleme, die Damentoilette zu besuchen. Nun könnte die Polizei gerufen werden. Es ist reine Schikane von Frauenkörpern und was wieder nicht mitgedacht wurde, ist, dass trans Frauen sich in die Gefahr begeben müssen, Männertoiletten zu besuchen.
Dieser Beschluss zeigt: Heute sind es die Rechte von trans Menschen, morgen sind es die des queeren Rests, übermorgen sind es Frauenrechte. Schon alleine deswegen sollte jede Möglichkeit genutzt werden, loud and proud für LGBTQIA+-Rechte einzutreten, auch, wenn man „nur“ Ally ist. Spenden sind ebenso wichtig, egal, ob für queere Jugend oder queere Flüchtlinge.
"Wer heutzutage nicht für queere Rechte eintritt, dem fehlt jegliche Empathie."
Wer heutzutage nicht für queere Rechte eintritt, dem fehlt jegliche Empathie. Es geht darum, schlicht und ergreifend, mit der Person zusammen zu sein und auch die Person zu sein, die man ist. Wer das nicht nachvollziehen kann, dem hat wohl im Leben noch nie etwas gefehlt. Aber: Queere Menschen waren schon immer da. Sie werden auch immer da sein. Sie werden immer ihre Wege finden. Sie werden immer kämpfen. Sie werden immer laut sein. Diesen Juni, wie in jedem Juni, wie in jedem Monat.
Fotos: Simone Bauer