Wer handgefertigte Möbel im zeitlosen Industriedesign aus einer nachhaltigen Produktion sucht, die noch bezahlbar sind, ist beim Möbeldesign-Brand 10 Knoten aus Hamburg genau richtig. Dahinter steckt Alexander Dimitrios Marifoglou. Nach einem Maschinenbau- und Wirtschaftspsychologie-Studium hat sich der geborene Düsseldorfer mit griechischen Wurzeln 2015 selbstständig gemacht. Wir haben den 30-Jährigen in der Tischlerei und seiner 4er-WG in der Hamburger Neustadt getroffen und mit ihm über die Gründung seines Start-ups, die ausgelagerte Produktion in Griechenland und darüber, welche Rolle Social Media für sein Business spielt, gesprochen.
Alexander Dimitrios Marifoglou: Meine Ex-Freundin suchte damals bestimmte, viel zu teure Möbel. Ich dachte: Das bekomme ich auch hin – und es hat geklappt. Warum ich mein Hobby dann zum Beruf machen wollte, hatte folgenden Grund: Ich habe Wirtschaftspsychologie studiert, es ging viel darum, mit welchen Mitteln man Produkte bekannter machen kann. Mir ist bewusst geworden, mit wie vielen leeren Worthülsen im Marketing gearbeitet wird. Ich wollte einen echten Wert schaffen. Ich wollte morgens etwas anfangen, was ich abends in der Hand halte. Langlebige, schlichte und individuelle Möbel, die nicht aus der Massenfertigung stammen oder weite Transportwege zurückgelegt haben, gab es so nicht zu kaufen.
Bevor ich laufen konnte! Mein Vater ist Künstler und Fotograf und so sah es bei uns zu Hause auch aus (lacht). Ich weiß noch, wie wir mein Bett zusammengebaut haben, da war ich fünf Jahr alt. Das war richtig cool – ein großes Schiff mit Schaukel.
10 Knoten sind handgemachte Möbel, die ein zeitloses Design haben und möglichst mit rauen und wilden Materialien direkt aus der Natur gefertigt sind. Wir arbeiten mit Metall, Marmor, Beton und alten Bohlen. Das Thema Marmor ist super spannend: Da wird mit einer riesengroßen Säge ein fünf mal fünf-Meter-Block aus dem Berg gesägt – und mit dem Design gebändigt. Sowas fasziniert mich total!
Das war ein Regal aus Multiplex für meine Ex-Freundin. Das ist jetzt aber woanders (lacht).
Im Sortiment haben wir zehn bis fünfzehn Produkte: Esstischplatten, Regale, Beistelltische, eine Stahlgarderobe usw. Das variiert immer, da sich die Sachen individuell anpassen lassen, zum Beispiel mit anderen Farben. Ich versuche, alles modular zu halten.
Mich hat vor allem interessiert, wie man auf einem gesättigten Markt immer noch Menschen von Produkten überzeugen kann.
Mich hat einfach die Kaufmotivation von Menschen interessiert, das Warum. Beim Maschinenbau wird dir nur erklärt: So ist es! Bei Wirtschaftspsychologie wird mehr hinterfragt. Mich hat vor allem interessiert, wie man auf einem gesättigten Markt immer noch Menschen von Produkten überzeugen kann. Warum kaufen sie Dinge, von denen es hunderte gibt, Dinge, die sie eigentlich nicht brauchen?
Alles ist Learning-by-doing. Einfach ausprobieren und ein bisschen YouTube.
Nein, da kommt man mit gar nichts in Berührung, nur mit Theorie.
Alles aus Holz, Kupfer und Beton machen wir in Hamburg. Vieles mache ich mit meinem Mitarbeiter Joost zusammen – er studiert Maschinenbau und arbeitet nebenbei bei mir. Falls wir etwas selbst nicht können, lassen wir Profis ran – wir arbeiten viel mit Meisterwerkstätten in Hamburg zusammen. Alles ist Learning-by-doing. Einfach ausprobieren und ein bisschen YouTube. Ich habe mir immer zu viel zugemutet, beim ersten Mal ging es meistens daneben, beim zweiten Mal klappt es dann.
Das sind alte Holzbohlen von Gerüsten. Es ist gar nicht so leicht, sie zu bekommen. Immer wenn ich Gerüste in der Stadt sehe, rufe ich die Firmen an, die auf den Schildern stehen, und frage, ob die etwas haben. So klappere ich dann alle ab. Leider stellen alle von Holz auf Stahlgerüste um, Holzgerüste wird es maximal noch zehn Jahre geben.
Das Möbelgeschäft ist sehr saisonal. Im Sommer verkaufst du kaum etwas, im Winter extrem viel.
Das hat zwei Gründe: Zum einen können wir es nur auf diese Weise schaffen, unsere Möbel weiterhin zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten. Zum anderen ist der Norden Griechenlands, genauer Kassandra in Chalkidiki, eine Region, die die dortige Wirtschaftskrise sehr stark zu spüren bekommen hat. Wir produzieren dort zu überdurchschnittlichen Löhnen, weil wir diese Region nachhaltig unterstützen möchten.
Alles aus Stahl wird dort gemacht, außerdem beschäftigen wir einen Steinmetz. Die sprechen sich untereinander ab, dass die Gestelle hingebracht und die Platten angepasst werden. Die halbfertigen Möbel werden dann hierher verschifft, wo wir die Platten polieren und Gummi drumherum machen, damit sie plan aufliegen und nicht kaputt gehen.
Das Möbelgeschäft ist sehr saisonal. Im Sommer verkaufst du kaum etwas, im Winter extrem viel.
Ich habe griechische Wurzeln, mein Vater kommt aus Griechenland. In Griechenland habe ich in einem kleinen Dorf unseren jetzigen Betreiber gefunden, der hatte damals Arbeiten an unserem Haus gemacht.
Ja, es gibt im Jahr vier bis fünf größere Lieferungen hierher, und bis jetzt war ich bei fast jeder in Griechenland vor Ort. Ich schaue mir jedes gefertigte Stück persönlich an. Gerade am Anfang musste ich manche Sachen zurückgeben, weil sie Kratzer im Lack hatten oder etwas abgesplittert waren. So kann ich dem Kunden von Anfang an Qualität bieten und der Zulieferer weiß ganz genau, wie es laufen soll.
Ja, das war meine Abschlussarbeit an der Uni.
Ich habe das erste Jahr nach dem Abschluss als Abteilungsleiter beim Lieferdienst Foodora in Vollzeit gearbeitet – abends habe ich an den Möbeln gearbeitet. Zum Glück durfte ich dort dann auf Teilzeit zurückstufen. Bis Ende Januar habe ich dort drei Tage in der Woche gearbeitet. So hat sich das finanziert, und ich habe ein bisschen Unterstützung von zu Hause bekommen. Meine Familie haben mir einen Bus geschenkt, den ich zum Transport nutzen kann. Seit Februar 2018 mache ich 10 Knoten hauptberuflich.
Gerade am Anfang ist es wichtig, dass man, wenn man einen schwankenden Umsatz hat, nicht zu hohe Fixkosten hat und sich nicht monatlich bindet. Große Maschinen miete ich mir lieber und bin dadurch flexibel. Ich habe mich in eine Tischlerei in Eimsbüttel eingemietet – die Maschinen teile ich mir mit anderen. Das Möbelgeschäft ist sehr saisonal. Im Sommer verkaufst du kaum etwas, im Winter extrem viel. Der Unterschied ist wirklich groß, im Winter haben wir den zehnfachen Umsatz! Wenn man im Sommer so hohe Fixkosten hätte … wäre das der Tod fürs Unternehmen.
Mittlerweile trägt es sich selbst. Vor einem Jahr habe ich circa fünf Stücke im Monat verkauft, jetzt sind es zehn bis dreißig. Die Tischplatten verkaufen sich besonders gut.
Instagram ist unser wichtigster Umsatzkanal.
Das habe ich eher nicht. Es gab vor ein paar Jahren den Trend, dass nur günstige und nur sehr hochpreisige Möbel angeboten wurden und es keine mittelpreisigen Möbel gab. Meine Nische ist also, mittelpreisige Möbel anzubieten. Es ist für die Menschen nicht wichtiger geworden, nachhaltiger zu kaufen. Die Leute sagen, es sei ihnen wichtig zu wissen, wo die Sachen herkommen, aber ich bezweifle, dass sich das im Kauf wirklich widerspiegelt. Das heißt für mich als Anbieter, ich muss versuchen, nicht zu teuer zu werden. Es ist aber trotzdem wichtig, den Aspekt der Nachhaltigkeit zu erfüllen. Deswegen muss ich in Griechenland produzieren lassen. Das kann ich hier leider nicht, aber dafür ist die Produktion dort fair und transparent.
Das ist ganz unterschiedlich. Ich bin ein Nachtmensch, mein Wecker klingelt um neun. Um zehn Uhr sichte ich E-Mails und kümmere mich beim Frühstück um Bestellungen und Kommunikation. Die Bestellungen landen alle bei mir, da würde ich in der Zukunft gerne jemanden für einstellen. Dann schaue ich mir meine To-Do-Liste für den Tag an und gehe in die Werkstatt. Montags fahre ich viel herum, ich hole Holz, gehe zum Schreiner, fahre ins Lager, kaufe neues Holz, gehe in Baumärkte … tatsächlich kommt viel Inspiration aus dem Baumarkt. Da sieht man viele seltsame Sachen, bei denen man erstmal um die Ecke denken und überlegen muss, was man damit machen könnte.
Instagram ist unser wichtigster Umsatzkanal! Zwischen 60 und 80 Prozent unseres Umsatzes machen wir nur über Instagram. Das ist gerade leider etwas eingebrochen, weil unsere dafür zuständige Mitarbeiterin jetzt in Vollzeit Yoga macht. Wir suchen gerade jemanden, der das übernimmt und auch vorantreibt. Das bauen wir noch deutlich mehr aus.
Auf Messen sind wir nicht vertreten. Wir haben durchgerechnet, dass jeder Euro, den man dort reinsteckt, woanders deutlich besser investiert wäre. Vor ein paar Wochen hatten wir einen Pop-up-Store. Aber das Verhältnis zwischen Werbung auf Facebook und Instagram für den Laden machen und dann der Laden an sich, war nicht so gut.
Der Pop-up-Store hat mir noch mehr gezeigt, dass sich ein Laden finanziell nicht lohnt, sondern höchstens ein Showroom. Die Leute möchten die Möbel ja schon gerne mal anfassen. Mehr aber auch nicht. Den Ansatz, den wir fahren, Möbel über Social Media zu verkaufen, das läuft, das funktioniert.
Zunächst dachte ich an jüngere Leute, die offen sind für eher seltsame, unkonventionelle Sachen. Ich glaube aber, durch die Preisstrategie, die wir fahren, sind die Produkte zu teuer und die Zielgruppe sieht doch anders aus. Ich würde sagen, meistens sind es junge Familien mit Kind, so 35 bis 40 Jahre alt, häufig aus Großstädten. Die meisten kommen aus Hamburg, Berlin, Frankfurt und München.
Ich dachte immer, wenn man Leute sucht, die einem helfen, ist es am wichtigsten, auf die Qualifizierung zu achten. Aber mir ist aufgefallen, dass das komplett irrelevant ist. Es ist wichtiger, Leute zu haben, auf die man bauen kann, denen man vertrauen kann und die zuverlässig sind. Leute finden, mit denen man wertemäßig überein kommt. Das betrifft sowohl meine Mitarbeiter hier als auch meine Zulieferer.
Und die Sache mit den Bohlen, also Nachschub an gutem Material zu finden – das ist auch immer eine Herausforderung.
Ja, aber erstmal in Griechenland. Ich möchte dort gerne jemanden haben, der sich um die Produktion kümmert.
Das Gute ist, dass wir im Freundeskreis alle sehr ähnlich sind. Da gibt es niemanden, der einen Nine-to-Five-Job macht. Es gibt auch noch ein Start-up, mein Mitbewohner arbeitet gerade an einem neuen Getränk. So bespricht man sich im Freundeskreis.
Das mache ich für mich allein. Die Ideen kommen oft spontan, zum Beispiel unter der Dusche. Die skizziere ich dann und bringe den Entwurf zum Schweißer – da gibt es keinen langen Findungsprozess.
Ich fange meistens anders herum an, da bin ich wohl doch eher Maschinenbauer. Es beginnt mit dem Zweck, zum Beispiel: Ich brauche einen Wohnzimmertisch. Danach suche ich die Materialien aus und überlege, was ich daraus herstellen kann, sodass es zum Konzept von 10 Knoten passt.
Ich liebe flammbiertes Holz. Einfach Holzplatten nehmen, mit dem Bunsenbrenner vorsichtig drübergehen und es verwandelt sich. Und das dann in Kombination mit Beton. Stay tuned!
Mir ist es wichtig, dass ich mit dem, was ich mache, einen so geringen Abdruck wie möglich hinterlasse. Nicht nur in Bezug auf CO2, sondern auch, was Verpackung anbelangt. Ich verwende möglichst recyceltes Papier für den Versand.
Mein Marmor kommt ausschließlich aus Griechenland, das ist ja nicht nur Nachhaltigkeit, sondern auch Transparenz. Viel Marmor kommt illegal aus Südamerika. Die Menschen, die ihn dort schlagen, werden schlecht bezahlt, ähnlich wie in Diamantenminen.
Dann bemühe ich mich, Distanzen kurz zu halten, und Leute, mit denen ich zusammenarbeite, fair zu bezahlen. Man sollte selber die Produktionskette im Blick behalten, dann ist Nachhaltigkeit quasi ein Selbstläufer.
Der Möbelmarkt ist sehr hart umkämpft. Aber darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Ich bin schon so speziell mit meinen Sachen, ich glaube, dass ich ein Alleinstellungsmerkmal habe.
10 Knoten soll langsam und organisch wachsen. Das ist mir sehr wichtig. Das Unternehmen darf sich schon noch etwas vergrößern mit mehr Leuten in Griechenland, die sich vor Ort kümmern. Aber auch hier in Hamburg wünsche ich mir mehr Mitarbeiter.
Am liebsten hätte ich ein Show-Building. Also einen großen Raum mit einer großen Fensterfront. Da wäre ähnlich einer Produktionsstraße in einer Fabrik zu sehen, wie beispielsweise dein Tisch gebaut wird. Im ersten Schritt siehst du schräge dreckige Bohlen, im nächsten werden sie zugesägt, im nächsten ist es schon ein Tisch und dann wird er geölt. Dass man wirklich zusehen kann, wie sein Möbelstück gemacht wird, das fände ich richtig cool!
Ich bin viel unterwegs, ich mache gerne Roadtrips. Gerade war ich in Spanien und im letzten Sommer war ich zwei Monate mit meinem Bulli in den Balkanländern unterwegs. Ich habe meine Möbel selbst abgeholt, ich wollte den Weg sehen, den sie sonst mit dem Lastwagen nehmen. Das war sehr interessant.
Was wärst du geworden, wenn du nicht dein eigenes Möbel-Business gegründet hättest?
Ich hätte auf jeden Fall irgendetwas gegründet, mir geht es um die Selbstverwirklichung. Wenn der eigene Vater verrückter Künstler ist, ist es wohl auch naheliegend, dass man nicht Betriebswirt wird. Mein Vater findet es übrigens richtig gut, was ich mache, er würde am liebsten mithelfen. Er schickt mir manchmal sogar Skizzen zu. (lacht)
Ein Kommentar
Ich habe einen Bekannten, dessen Vater auch ein verrückter Künstler war. Deshalb hat er sich jetzt auch selbst verwirklicht und ist Tischler für Möbel geworden. Ich habe bei ihm schon ein paar Möbel machen lassen und muss mich bald mal wieder bei ihm melden.