Milena Heißerer ist ein Hansdampf in allen Gassen. Sie ist Mitgründerin des Münchner Blogazines Amazed Mag, hat letztes Jahr ihr Kunstgeschichte-Studium abgeschlossen, entwickelt Social-Media-Konzepte für kleine und große Brands und arbeitet als Seminarleiterin an der Akademie der Bayerischen Presse. Dass man als Freiberuflerin aber auch aufpassen muss, nicht 24/7 zu arbeiten, weiß sie aus eigener Erfahrung. Wir sprechen mit ihr über Reisen ohne Internet, Achtsamkeit im Team, Influencer, die Lifestyle-Druck machen, und die Anfänge von Amazed Mag. Zusammen mit mint&berry treffen wir die 26-Jährige – unter dem aktuellen mint&berry-Kampagnenthema „Foreign Romance“, das sich um Inspiration aus anderen Ländern dreht – in ihrer schönen 2-Zimmer-Wohnung in München.
Milena Heißerer: Das machen wir mittlerweile schon zum vierten Mal. Wir setzen uns im Amazed-Team mit dem Thema Achtsamkeit auseinander. Wir haben die Bücher von Frank Berzbach gelesen – das kann ich wirklich jedem empfehlen. Das bekannteste ist „Die Kunst ein kreatives Leben zu führen“. Achtsamkeitsthemen helfen einem wahnsinnig, wenn man als Freelancer unterwegs ist. Als Freiberufler kann man einiges machen, man muss nur aufpassen, dass man sich nicht übernimmt. Mir ist das in der Vergangenheit schon passiert. Man hat den Blog, arbeitet nebenbei, studiert und dann kommt noch das schnelllebige Online-Business hinzu.
Ich habe selten aufgehört zu arbeiten und war immer am Handy – auch abends. Ich habe Bilder bearbeitet oder Texte vorgeschrieben und war rund um die Uhr beschäftigt. Ich hatte einen Schlüsselmoment, als ich das erste Mal mit Freundinnen auf Kreta ohne Strom und Internet Urlaub gemacht habe.
Ja, es war ganz krass für mich, diese Entschleunigung zu erleben. Man ist plötzlich nur noch mit seinen Freundinnen zusammen, spielt Spiele und bleibt nach dem Aufwachen einfach mal liegen. Das war ganz interessant, wie die Entspannung eingetreten ist. Und wenn man die Bücher von Frank Berzbach liest, wird einem bewusst, wie oft man online ist und mit wie vielen Themen man sich eigentlich parallel beschäftigt. Ich arbeite auch jetzt auf Hochtouren, aber abends mache ich meinen Computer nicht mehr an – höchstens für Netflix. Wenn ich alleine bin, lese oder koche ich oder mache Sport.
Wir haben auch von Anfang an gesagt, dass wir nur zwischen 9 und 18 Uhr über Amazed sprechen und nicht schon um 7 Uhr morgens die Leute damit zuballern, was erledigt werden muss. Das ist eine wichtige Regel, die uns gut tut. Und mein Freund ist total der Offline-Typ, der hat mich auch runtergebracht. Was mir früher immer zu schaffen gemacht hat, war der Lifestyle-Druck.
Meine Erwartungen an mein Leben waren vor einiger Zeit noch sehr hoch. Jedes Wochenende sollte das tollste der Welt sein und wenn das nicht so war, hatte ich schlechte Laune. Man sieht ja auf allen Kanälen, was man gerade verpasst. Wenn man von anderen Bloggern am Wochenende die Instagram-Stories anschaut, ist es krass zu sehen, wo die überall hingehen und was die alles machen. Aber ich habe jetzt eine Balance gefunden – natürlich habe ich viel Lifestyle als Blogger und man hat auch einen Blick für schöne Dinge, aber mir ist es wahnsinnig wichtig, bodenständig zu sein.
Man sieht so viele tolle Dinge, die man selbst wahrscheinlich nicht erreichen wird. Die Erwartungen sind so hoch an Leben, Job, Freunde – an alles. Es gibt ein tolles Zitat von Modern Family: „The most amazing things that can happen to a human being will happen to you if you just lower your expectations”. Ich habe mich viel damit auseinander gesetzt und mich gefragt: Will ich denn überhaupt die Superstar-Bloggerin sein? Nee, das wäre mir viel zu anstrengend! Ich finde es einfach gut, mich schön anzuziehen und zu schminken. Aber gleichzeitig finde ich es auch gut, ganz leger mit einer Jeans in die Akademie zu gehen.
Amelie und ich haben uns durch ein Forum kennengelernt, in dem damals viele der heutigen Bloggerinnen drin waren, bevor es überhaupt Blogs gab – der Name ist geheim (lacht). Erst ging es um Coding, später um Beauty und Fashion. Wir haben uns dort unsere Einkäufe gezeigt. Die Girls von Teetharejade waren zum Beispiel auch dabei. Amelie habe ich dann irgendwann persönlich bei einer H&M Shopping Night getroffen und kurz danach sind wir gemeinsam nach Paris gereist. Antonia haben wir kennengelernt als sie für eine Zeitung ein Interview mit uns gemacht hat. Sie hatte auch einen Blog, wir sind uns immer wieder auf Events über den Weg gelaufen und haben uns sofort angefreundet.
Damals gab es viele Bloggernetzwerke, wir wollten aber nicht unsere drei eigenen Blogs zusammenschließen und ein Netzwerk bilden, sondern eine ganz neue Seite hochziehen. Wir hatten alle seit fünf Jahren einen eigenen Blog und haben das ursprünglich hobbymäßig gemacht und dann gemerkt, dass da viel Potenzial drin steckt. Zusammen haben wir die Seite dann professionell aufgesetzt und uns ein halbes Jahr Zeit genommen, um das Konzept zu schreiben und das richtige Layout zu finden.
Davor hatte ich sogar noch einen Blog, der hieß „Mimilove“, ein reiner Outfitblog, den ich im Alter von 16 Jahren zusammen mit einer Freundin gemacht habe. Es hat dann irgendwann aber nicht mehr gepasst und ich habe 2008 mit meinem Blog „Mille Musings“ begonnen.
Unsere eigenen Blogs für Amazed aufzugeben, war für uns alle ein schwieriger Schritt, weil man immer alles selber entscheiden konnte und jahrelang sein eigenes Ding gemacht hat. Wir haben es dann aber einfach gemacht.
Amazed ist ein Blogazine und es sollte nicht nur um uns gehen. Wir waren total aufgeregt, unsere drei Leserschaften zusammenzubringen. Und es ist heute immer noch so, dass manche Leser am liebsten Antonias Beiträge anschauen, oder Amelies, oder meine – wir haben ja auch ganz unterschiedliche Stile. Das macht Amazed auch so besonders: wir sind stilistisch und charakterlich ganz unterschiedlich.
Amelie ist eher rebellisch, feministisch und macht eher Aneck-Themen, wo sich Leute auch manchmal angegriffen fühlen. Wir hatten auch mal eine kleine Serie, die „Teen Times“ hieß, weil wir festgestellt haben, dass wir als Teenies komplett unterschiedlich waren. Ich war eine komplette Tussi und alles war rosa mit Playboy-Postern im Zimmer. Antonia war ein Skater-Girl und Amelie war Punk. Das kommt auch heute immer noch durch – ich hab eher einen weiblichen Stil, Antonia eher lässig und Amelie extravagant.
Feminin und verspielt – obwohl ich das Wort eigentlich blöd finde – aber ich mag gerne Volants und Blümchen, das war schon immer mein Ding. Ich trage einfach gerne Kleider, Röcke und feminine Schnitte.
Ich kaufe ausgewählter und weiß, was ich will und was mir steht. Ich habe immer das Gefühl, zu viel zu haben und kaufe eigentlich nichts, wenn ich mir nicht zu 100 Prozent sicher bin. Ich will meinen Kleiderschrankinhalt eigentlich reduzieren, aber durch den Job bekommt man so viel, dass man dann doch immer zu viel hat.
Auf jeden Fall im Bean Store in der Theresienstraße. Da hat Amelie ganz lange gearbeitet und wir waren auch öfters bei der Order auf den Messen in Kopenhagen dabei. Ansonsten gehe ich selten in Läden einkaufen, ich bin eher der Online-Shopper.
Ich habe meinen Bachelor und danach ein Praktikum bei einem Kunstauktionshaus gemacht. Dort habe ich schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist. In der spießigen Kunstwelt habe ich mich nicht wohlgefühlt – alles ist sehr elitär und altmodisch. Als wir dann mit Amazed in der Gründungsphase waren, habe ich parallel ein Praktikum bei Stylight in München gemacht – dort habe ich viel über Redaktionsabläufe und das Online-Business gelernt. Letztes Jahr habe ich dann noch meinen Master gemacht.
Ich finde es wahnsinnig toll, den Blog zu machen, aber ich will nicht nur in dieser Blogblase drin sein.
Wir wollten nie nur den Blog machen – das ist uns zu wenig. Ich möchte gerne noch mehr Input haben. Ich finde es wahnsinnig toll, den Blog zu machen, aber ich will nicht nur in dieser Blogblase drin sein.
Ja, das kann sein. Mir ist es wichtig, Erfahrungen zu sammeln, professionelle Einblicke zu bekommen und mich weiterzuentwickeln. Viele Blogger haben keinen journalistischen Hintergrund – ich möchte meine Arbeit fundiert machen und mich ständig weiterbilden.
Ich arbeite nebenbei bei der Akademie der bayerischen Presse. Ich mache dort Seminarleitung und bin Dozentin zum Thema Bloggen. Das ist super spannend und ich bekomme ganz viel Input zu den Themen SEO, professionelles Bloggen und Social Media. Aber auch klassische journalistische Schreibe oder Grundlagen der PR. Man kriegt wahnsinnig viel mit und lernt alle Blickwinkel kennen. Für mich ist es die perfekte Mischung: mein Bürojob, unser Blog und die tollen Reisen, die wir machen können.
Die Agentur machen wir im Hintergrund. Wir haben letztes Jahr zum Beispiel Blogger Relations für eine App gemacht und ein Blogger-Event veranstaltet. Außerdem habe ich gerade eine Social-Media-Kampagne für Matcha You entwickelt und betreue aktuell das Natur-Beauty-Label Toco Care im Social-Media-Bereich.
Stimmt, oh Gott! (lacht) Es hat sich alles ganz schön verändert. Durch die ganze Professionalisierung und neue Herangehensweise ist das Bloggen total anders geworden. Es wird teilweise leider nicht mehr auf den Mehrwert für den Leser geachtet, sondern nur auf den eigenen – also vom Blogger. Es gibt aber auch Gegenbeispiele, wo das ganz toll gelingt. Madeleine von Dariadaria macht das zum Beispiel wahnsinnig gut. Die Artikel sind zeitlos, helfen einem weiter und sind trotzdem Kooperationen mit Marken. Außerdem gibt es in der Blogosphäre jetzt mehr Themen als früher, was ich besser finde – gerade bei den ursprünglichen Modebloggern hat sich viel verändert. Themen wie Beauty oder Reise, aber auch Feminismus und Popkultur sind dazugekommen.
Dadurch, dass man heutzutage viel Konkurrenz hat, ist man gefordert, sich zu überlegen, was gut läuft und was vielleicht nicht. Wir machen Monitoring, schauen ganz genau hin, was gut ankommt, brainstormen und überlegen uns immer wieder neue Themen.
Ja, viele starten jetzt direkt mit einem Instagram-Account und erstellen oft nur einen Blog, weil sie so auch Blogposts verkaufen können. Bei Blogs dauert es viel länger sich eine Reichweite aufzubauen, das geht bei Instagram viel schneller. Deswegen denke ich, dass sich viele, die jetzt anfangen, auf Instagram konzentrieren. Es dauert auch circa ein Jahr bis man mit seinem Blog überhaupt in der Google-Suche auftaucht und der Page-Rank sichtbar und gut ist. Blogs muss man sich über die Jahre aufbauen und die Herangehensweise ist auch viel journalistischer. Vor ein paar Jahren wurde noch gelehrt, dass man sich immer auf den Blog konzentrieren muss. Ich habe aber das Gefühl, dass es viele nicht mehr machen.
Bei einem großen Instagram-Account ist jeden Tag mindestens eine Anzeige dabei und es ist total kurzlebig. Ich höre immer wieder, dass die Arbeit mit reichweitenstarken Instagrammern weniger effektiv ist als die Zusammenarbeit mit kleineren Blogs. Ich bin gespannt, wo die Reise hingeht und glaube, dass Qualität wichtig ist und Agenturen herausfinden müssen, was wirklich die besten Effekte bringt. Die Mischung macht es wahrscheinlich. Aber natürlich haben alle ihre Daseinsberechtigung und die spreche ich auch niemandem ab.
Ja, unser Blogazine ist unser Kernstück. Die Leserschaft ist auch eine ganz andere als bei Instagram. Unsere Leser sind mit uns älter geworden – unsere Kernzielgruppe ist 24 bis 34 Jahre alt. Sie sind daher auch nicht so interaktiv und kommentieren nur, wenn sie wirklich etwas zu sagen haben. Die Artikel mit den meisten Kommentaren sind bei uns Diskussionen zu Themen, die uns interessieren: Gesellschaft, Feminismus aber auch Reisen.
Mein Lieblingsteil aus der Kollektion von mint&berry ist das hellrote Off-Shoulder-Kleid, weil es so ein easy und schöner Sommerlook ist.
Ja, auf jeden Fall. Wir haben durch viele gemeinsame Event-Einladungen einige Freundinnen gefunden, die hier bei Magazinen arbeiten. Außerdem freue ich mich, dass es jetzt Mit Vergnügen München gibt – das macht eine unserer besten Freundinnen. Die Blogger-Szene ist in München ansonsten total überschaubar.
Ich reise demnächst in die Karibik – eine Pressereise, auf die ich mich schon wahnsinnig freue. Anfang diesen Jahres war ich außerdem auf Island. Das war wahnsinnig toll und hat mich nachhaltig beeindruckt.
– in Zusammenarbeit mit mint&berry –
Alle Looks, die Milena trägt, sind auf mint-and-berry.com erhältlich.
9 Kommentare
Sehr schönes Interview! Ich lese amazed schon seit Beginn und finde die unterschiedlichen Stile der Protagonistinnen sehr spannend!
Eine Frage hab ich auch noch: Die zweite Sonnenbrille von Links auf dem Bild oben – woher ist die denn? Liebe Grüße
Die ist von Weekday, aber schon ein paar Jahre alt 🙂
Vielen Dank – das freut uns!
Sehr schön! Ich finde Milena ist eine sehr inspirierende junge Frau, von der ich mir viel abschauen kann. Es ist schön zu sehen, dass sie sich selbst treu bleibt und so nahbar ist. Eine tolle Story mit einer tollen Frau habt ihr gemacht! Das ist bisher eine meiner liebsten Home-Stories.
Grüße aus Berlin!
Das freut mich sehr! Vielen Dank!
Oh schön, das freut uns! Wir sind auch große Milena-Fans!
Ja, das mit den Pausen kann ich nur unterschreiben. Wir haben uns als Modelabel selbstständig gemacht und wenn Herz und Kopf an der Sache hängt, kann man sich nur schwer dazu bringen mal abzuschalten. Muss aber sein, sonst dreht man durch.
Wie immer ein tolles Interview und schöne Fotos. Und krass: Amazed gibt es schon so lange? Wie die Zeit vergeht… Milenas alten Blog kenne ich aber auch noch sehr gut. 🙂
Grüße, Malina
https://malinaflorentine.de