Bei unserem letzten Berlin-Aufenthalt durften wir im schönen Hotel am Steinplatz in Charlottenburg nächtigen. Dort lernten wir auch die Hotelleiterin Iris Baugatz kennen, von deren charmanter Führung durch das geschichtsträchtige Hotel wir so begeistert waren, dass wir unbedingt mehr über sie erfahren wollten. Gesagt, getan: Im Interview gibt uns Iris Baugatz einen Einblick in den Hotelalltag und in ihren spannenden Werdegang.
Sie müssen eine Leidenschaft dafür haben, Gastgeber zu sein.
Femtastics: Was sind die wichtigsten Eigenschaften, die man für den Job der Hotelleitung mitbringen sollte?
Iris Baugatz: Es ist wichtig, gern Gastgeber sein zu wollen. Das umfasst alle Bereiche, ob man nun im Verkaufsbereich, im Restaurant oder am Empfang arbeitet. Sie müssen eine Leidenschaft dafür haben, Gastgeber zu sein. Wenn man etwas sehr gerne macht, tut man dies auch besonders gut. Das merken auch die Gäste. Weltoffen zu sein, und keine Scheu davor haben, mit Menschen umzugehen. Man arbeitet viel in der Hotellerie, das muss man auch sagen. Wenn der Gast kommt, dann kommt er und dann ist es egal, ob es sechs Uhr morgens oder 23 Uhr abends ist. Das heißt, ein bisschen Ausdauer braucht man auch.
Wie sieht Ihr Alltag im Hotel aus?
Der Tag beginnt mit einem kurzen, wunderbaren Spaziergang von meiner Wohnung in Charlottenburg zum Hotel. Dabei begrüße ich verschiedene Charlottenburger Kiezkollegen. Ich bleibe immer beim Café „Die Stulle“ stehen und rede mit den Besitzerinnen Anna und Marlene über den vorigen Tag. Dann geht es ab ins Büro und ich mache einen kurzen Rundgang durch die Abteilungen. Der erste Weg geht zum Empfang, wo ich die Herren und Damen begrüße, mich nach dem werten Befinden erkundige und wir die Highlights besprechen. Also, zum Beispiel wichtige Gäste, die anreisen. Dann übergebe ich meine handschriftlich geschriebenen Willkommenskärtchen. Als nächstes begrüße ich die Kollegen im Restaurant und werfe einen Blick auf das Buffet. Meistens treffe ich dann schon Gäste, die ich kenne. Um 9:30 Uhr gibt es ein Abteilungsmeeting, in denen wir die Prioritäten des Tages besprechen. Dann folgen Kundentermine oder Termine mit Partnern, beispielsweise wenn es um ein neues Musikkonzept geht. Außerdem schaue ich mir Zahlen an und verfasse Reports.
Der Posten der Hotelleitung ist sehr repräsentativ. Gibt es auch mal Tage, an denen Sie mit dem falschen Bein aufstehen? Was machen Sie an diesen Tagen?
Ich stehe trotzdem auf! Wenn ich mal aufstehe und denke, heute habe ich irgendwie keine rechte Lust und dann schaue, wo kommt meine Energie her, dann ist es wirklich der Umgang mit den Gästen. Das gibt mir Energie. Zahlen und das Strategische gehören natürlich auch dazu, aber der Umgang mit den Gästen ist es, was den Tag zu einem guten Tag macht.
Ein schönes Haus aufstellen und einrichten, das ist nichts außergewöhnliches. Aber die Seele eines Hauses ist der Grund, warum Menschen hier gerne arbeiten und weswegen Menschen hier gerne hinkommen.
Was sind die größten Herausforderungen im täglichen Hotel-Business?
Man hat einfach viele Prioritäten. Ich führe das Haus zusammen mit 50 Mitarbeitern, die miteinander auskommen müssen. Es ist wichtig, dass alle im Team glücklich und zufrieden sind. Zeitgleich müssen auch alle Gäste zufrieden sein, das ist unsere Aufgabe als Gastgeber. Dann gibt es noch den Eigentümer, der auch eine gewisse Erwartungshaltung hat. Diese Bedürfnisse gilt es zu berücksichtigen und zu befriedigen. Marriott International ist ein weiterer Steakholder, der Bedürfnisse hat. Alle Bälle in der Luft und eine gute Balance zu halten, dass alle Beteiligten genügend Raum haben und zufrieden sind, das ist die Herausforderung.
Was macht für Sie ein gutes Hotel aus?
Ich bediene mich dem Buch „Prinzessinnensuite“, das Frau Zellermayer über dieses Haus geschrieben hat. Der Eigentümer hat mir damals das Buch geschenkt, welches ich verschlungen und alle wichtigen Stellen mit einem Marker markiert habe. Die allererste Stelle ist: Das Hotel am Steinplatz hatte eine Seele. Und das stimmt einfach auch, ein gutes Hotel hat eine Seele. Ein schönes Haus aufstellen und einrichten, das ist nichts außergewöhnliches. Aber die Seele eines Hauses ist der Grund, warum Menschen hier gerne arbeiten und weswegen Menschen hier gerne hinkommen.
Außerdem befindet es sich im schönen Kiez Charlottenburg – was macht das Viertel für Sie aus?
Ich war bisher dreimal in Berlin tätig und habe immer in Charlottenburg gelebt. Was es ausmacht, ist eine gewachsene Struktur. Es hat eine Echtheit, es ist nicht künstlich sondern authentisch. Hier wohnen Menschen, die schon ihr ganzes Leben hier gewohnt haben und das merkt man auch. Diese Mischung aus alteingesessenen Berlinern und den Zugezogenen macht einen unheimlichen Charme aus. Jede Altersgruppe ist mit dabei und ich mag die Architektur mit dem Grün dazwischen. Man hat fast das Gefühl, man flaniert durch Paris. Dazu gehören auch die engen Straßen, man ruft sich von Restaurant zu Restaurant zu. Außerdem gibt es viel Kunst und Kultur zu entdecken.
Was sind die wichtigsten Stationen Ihres Werdegangs?
Mein Werdegang ist nicht ganz klassisch. Nach dem Abitur habe ich mich entschieden, keine klassische Hotelausbildung zu machen, sondern Touristik und Hotelmanagement in Dortmund zu studieren. Das war eine gute Mischung aus Theorie und Praxis. So habe ich einen guten BWL-Background bekommen, aber in den Semesterferien auch viele Praktika in den verschiedensten Bereichen eines Hotels gemacht – vom Hausdamenbereich bis zum Verkaufsbereich. Letzteres ist zu meiner Leidenschaft geworden. Während des Studiums war ich auch im Ausland, das war eine spannende Zeit.
Die Auslandserfahrung ist in der Hotellerie sehr wichtig. Warum genau?
Aus verschiedenen Gründen. Die Sprache Englisch gehört in der Hotellerie einfach dazu, das ist auch die Unternehmenssprache. Viele Eigentümer sprechen die Sprache und viele Gäste kommen aus dem Ausland. Man erlebt im Ausland andere Kulturen und bekommt eine andere Selbständigkeit mit. Man hat eine ganz andere Sicht auf die Welt und sammelt viele Erfahrungen. Ich war beispielsweise drei Monate in Taipeh. Eine spannende Zeit.
Wie ging es nach dem Studium weiter?
In Dortmund gab es ein Hotel der Unternehmensgruppe Marriott Hotels, für die ich seit achtzehn Jahren arbeite. Der damalige Verkaufsdirektor hat mit der Uni zusammengearbeitet. Nach meinem Studium war meine erste Station ein Haus der Marke Courtyard. Die letzten siebzehn Jahre habe ich im Verkauf und Marketing verbracht. Dann bin ich nach Stuttgart gegangen und habe einen größeren Bereich mit Teamverantwortung übernommen. Als nächstes bin ich für vier Jahre nach Hamburg gegangen und danach noch mal für vier Jahre nach Frankfurt. Dort war ich beratend im Verkauf und Marketing tätig. Dann kam die tolle Möglichkeit und Ehre, die Direktorenposition im Hotel am Steinplatz zu übernehmen und das Hotel zusammen mit meinem Team eröffnen zu dürfen.
Sie haben schon gesagt, dass es ein Job ist, für den man etwas Ausdauer mitbringen sollte. Wie schalten Sie ab?
Ich fahre gern ein paar Kilometer aus Berlin raus, gern ins wunderschöne Potsdam an einen der herrlichen Seen, wo ich die Seele baumeln lassen kann. Ich brauche schöne Bilder für die Seele, das ist für mich Entspannung. Ich gehe auch gern in neue Restaurant oder in der Markthalle Neun vorbei.
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Baugatz!
– In Kooperation mit Hotel am Steinplatz –