Manchmal muss man einfach machen, mutig voran gehen und an sich und seine Idee glauben. So wie es Laura Castien und Anna von Hellberg mit ihrem Keramik-Label „Motel a Miio“ getan haben. Angefangen mit einem Pop-up-Store in München zählt das Label mit seinen mittlerweile fünf (bald sechs!) Stores zu Deutschlands angesagtesten Keramik-Marken. Von Tellern über Tassen und Vasen bis hin zu Lampen, kann man sich vor Ort oder auch im Online-Shop ein bisschen Urlaubs-Feeling auf den heimischen Esstisch holen. Wie aus Liebe zu besonders schönem Geschirr und einer Schnapsidee ein erfolgreiches Familienunternehmen wurde und wie ein gemeinsames Business die Freundschaft verändert, erzählen uns die Gründerinnen in Annas schöner Altbauwohnung in München.
Laura Castien: Anna und ich sind schon lange befreundet und waren im November 2016 zusammen mit unseren Familien in Portugal im Urlaub. Als wir dort in einem Tapas-Restaurant das Essen auf super schönen Keramiktellern und -schalen serviert bekamen, waren wir sofort hellauf begeistert.
Anna von Hellberg: Wir fragten nach, wo sie das Geschirr gekauft hatten, denn wir wollten unbedingt ein paar dieser Schmuckstücke für Zuhause mitnehmen. Als wir bei dem besagten Laden ankamen, sind wir beinahe ausgeflippt und in einen kleinen Kaufrausch verfallen. Die große Frage war allerdings: Wie würden wir all die Sachen nach Deutschland bekommen?
Laura: Klar war, dass sie weder in den Flieger passen, noch per Post geschickt werden können. Kurzerhand buchten wir uns eine Palette und schickten diese per Spedition nach Hause. Die Überlegung: Wenn uns diese Keramik so gefällt, dann sicherlich auch unseren Freunden und Bekannten. Zurück in München starteten wir eine kleine Facebook-Promo und konnten sogar kurzfristig einen Laden im Glockenbachviertel mieten. Das war unser erster Pop-Up-Store, der so nie geplant war. Das Ganze hat super Anklang gefunden und wir waren innerhalb von einem Tag ausverkauft.
Kurzerhand buchten wir uns in Portugal eine Palette und schickten die Keramik per Spedition nach Hause.
Anna: Ja! Dadurch, dass wir dem Vorhaben gleich ein Gesicht geben mussten, um es zu bewerben, haben wir nicht lange gefackelt. Auch die Logo-Entwicklung war schnell und unkompliziert. Das geht easy, wenn man alles selbst macht und sich nicht wochenlang abstimmen muss. Wir kommen beide aus der Kreativbranche – Laura ist Illustratorin und Grafikdesignerin und ich bin Art Direktorin.
Der Name ist ein Kunstkonstrukt, mit dem wir sagen wollen: Wir bringen euch etwas aus dem Urlaub mit. „Motel“ soll ein bisschen Road-Trip-Gefühl symbolisieren, Urlaubs-Feeling rüberbringen und „a Miio“ meint: von uns für euch! Auch wenn das kein wirkliches Wort ist, der Begriff passt sinnbildlich sehr gut.
Laura: Tatsächlich haben wir davor schon ab und zu versucht gemeinsam etwas zu machen und zum Beispiel Kreativ-Workshops angeboten. Einmal sogar einen Kurs zum Thema Keramik bemalen. Das waren aber alles Spielereien, aus denen nichts wurde. „Motel a Miio“ war Schicksal – das wurde uns sprichwörtlich auf dem Teller präsentiert. Oft werden Ideen viel zu viel durchdacht, fast totgedacht. Bei uns war und ist alles spontan: ein Schritt führt zum nächsten.
Oft werden Ideen viel zu viel durchdacht, fast totgedacht. Bei uns war und ist alles spontan: ein Schritt führt zum nächsten.
Laura: Eigentlich nicht. Unsere Idee war anfangs eher, uns auf einen Online-Shop zu konzentrieren und zusätzlich Pop-Ups zu machen. Und doch haben wir mittlerweile fünf Shops: in Berlin, Hamburg und München.
Anna: Die Nachfrage war so groß! Die ersten Pop-Ups hatten wir in München, dann kam Berlin und die Leute wollten wissen, wann wir auch in ihre Stadt kommen. Als wir in München den dritten super laufenden Pop-Up hatten, wurde uns der Laden in der Hofstatt angeboten – da mussten wir zugeschlagen. Das ist zwar auch als Pop-Up angelegt, aber für mehrere Jahre. Unsere Devise ist: gute Chancen ergreifen und dann mit Vertrauen weiter machen wie bisher. Mittlerweile dienen die Pop-Ups eher als PR-Road-Show. Im März eröffnen wir einen Store in Köln – und wir wollen auf jeden Fall auch nach Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart kommen.
Anna: In unserem Fall funktioniert das super, weil wir uns gut ergänzen. Toleranz spielt eine große Rolle. Herausfordernd ist, dass das Private jetzt absolut hinten herunterfällt. Früher sind unsere Familien zusammen in den Urlaub gefahren, heute muss immer eine von uns an Ort und Stelle sein. Wichtig ist, dass wir unsere Freundschaft trotzdem pflegen.
Laura: Wenn man gemeinsam mit der Freundin ein Business gründet, ist es sinnvoll, sich immer wieder auch private Dates einzutragen. Denn gerade in stressigen Zeiten werden schöne Gespräche weniger. Anna und ich planen gerade zum Beispiel einen gemeinsamen Spa-Tag. Andererseits ist es auch ganz wunderbar, seine Freundin immer auf der Arbeit dabei zu haben.
Mittlerweile dienen die Pop-Ups eher als PR-Road-Show. Wir wollen auf jeden Fall noch nach Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart.
Anna: Laura hat den Online-Shop hochgezogen und ist auch im Kunden Support involviert – besonders für Großkunden. Ich betreue die Social-Media-Kanäle und kümmere mich ein bisschen um PR. Wobei uns da glücklicherweise viel zugeflogen kommt. Da ich zehn Jahre lang in einem großen Unternehmen gearbeitet habe und es kenne, auf der Mitarbeiterseite zu sein, bin ich bei uns auch die Personalerin. Ich weiß: Mitarbeiter sind alles! Ohne sie funktioniert nichts. Mit wenig Aufwand kann man ihnen ein gutes Gefühl geben und Wertschätzung entgegenbringen.
Laura: Das haben wir selten. Wir sind recht unterschiedlich und das ist vermutlich auch der Grund dafür, warum es so gut funktioniert. Im Arbeitsalltag hilft die Themenverteilung sehr und wir vertrauen darauf, dass die andere ihren Bereich gut macht. Die jeweilige Expertise hat sich im Laufe der Zeit ergeben. Wir sind auch viel zu beschäftigt, um ewig lange über Dinge zu diskutieren – wir machen einfach. Wenn wir gemeinsam Fotos für den Shop schießen, fahren wir in Portugal durch die Gegend und halten an, wenn uns eine Hauswand gut gefällt. Dann knipsen wir ein paar Bilder und weiter geht’s. Ganz pragmatisch und spontan. Da passieren auch manchmal lustige Dinge wie, dass wir die Produkte aus Versehen einfach stehen lassen (lacht).
Anna: Wir haben mittlerweile acht Festangestellte und einige Aushilfen – im Lager für den Online-Shop und auch in den Stores. Wir kennen alle, aber es ist eine Challenge, alles von hier aus zu koordinieren. Gerade dann, wenn ein Personalwechsel stattfindet. Viel passiert über Skype und Telefon.
Laura: Schön ist, dass wir uns aufteilen können. Mal ist Anna unterwegs, mal ich. Wir haben aber auch super Personal, da machen wir uns keine Sorgen. Allerdings wachsen wir sehr schnell – es wird immer schwieriger, alle und alles unter einen Hut zu bekommen. Diese Herausforderung hilft aber, über uns hinauszuwachsen.
Anna: Die Idee ist, dass man sich mit „Motel a Miio“ den Urlaub, Portugal und die Liebe zu schönen Dingen in den Alltag holt. Mein Herz hüpft immer noch höher, wenn ich einen unserer Teller aus der Spülmaschine ausräume. Klar, ist das bei uns vermutlich stärker als bei unseren Kunden, aber dieses warme Gefühl möchten wir weitergeben: mit unserer Bildsprache, mit dem Design und auch im Umgang mit Kunden. Wir duzen gerne und alles ist locker – eben wie im Urlaub. Auch wenn wir oft wie Profis wirken, sind wir ein kleines Familienunternehmen und keine Kette. Das ist uns wichtig.
Laura: Das betrifft nicht nur unsere Shops, sondern auch den Online-Shop. Wenn wir zum Beispiel einen Sale haben oder generell viel zu tun ist, dann packen wir beide mit an und packen Päckchen oder etikettieren Teller.
Laura: Ich war damals das erste Mal in Portugal, Anna vorher schon öfter. Besonders die Natur, diese Weite, diese wunderschöne raue Landschaft hat mich umgehauen. Dieses Naturerlebnis und natürlich das Essen liebe ich sehr.
Anna: Der Flug ist kurz, die Strände genial – man braucht ja nicht viel. Ich selbst war vor zehn Jahren das erste Mal in Portugal. Damals sind alle nach Italien gefahren und niemand hat sich für Lissabon oder die Algarve interessiert. Mich hat das aber damals schon begeistert. Mittlerweile ist Portugal sehr hip geworden. Je nach dem, wo man sich aufhält, findet man die poshe Upper Class, oder eben verlassene Strände, die nur von Surfern genutzt werden. Man muss nur wissen, wo man dem Tourismus entfliehen kann.
Wenn man gemeinsam mit der Freundin ein Business gründet, ist es sinnvoll, sich immer wieder auch private Dates einzutragen. Denn gerade in stressigen Zeiten werden schöne Gespräche weniger.
Laura: Nach dem ersten Pop-Up-Sale haben wir uns sofort auf die Suche nach einem Produzenten in Portugal gemacht und sehr intensiv recherchiert. Gleich im Januar hörten wir uns vor Ort um und klapperten ein paar Adressen ab. Bei unserem jetzigen Produzenten standen wir als zwei Familien mit Kindern auf der Matte, weshalb sie uns erst nicht ernst nahmen. Aber als sie merkten, dass wir das ernst meinen, waren sie schnell von unseren Ideen und den Looks begeistert. Unsere Bildsprache und das gesamte Feeling der Produkte kannten sie so noch nicht.
Anna: Nach und nach etablierten wir uns und mittlerweile haben wir ein gutes Verhältnis. Sie glauben an uns und wir entwickeln gemeinsam neue Dinge.
Laura: Von welchem Gedanken man sich leider gleich verabschieden muss, ist der, dass unsere Tassen an der Töpferscheibe gedreht werden. In diesen Mengen ist das nicht realisierbar. Trotzdem wird jedes Teil beim Produzenten in die Hand genommen bzw. gegossen, von Hand geschliffen und lasiert. Die Keramik ist also Handarbeit.
Anna: Wir arbeiten mit lebensmittelechten Farben, ohne schädliche Chemikalien – das wird streng kontrolliert. Mit der Manufaktur sind wir in ständigem Austausch und sind auch ab und zu vor Ort in Portugal.
Laura: Zum größten Teil sind es unsere eigenen Designs bzw. unsere eigenen Formen. Manchmal entwickeln aber auch die Produzenten neue Dinge, denn sie experimentieren gerne mit Formen und Lasuren. Dann setzten wir uns zusammen zum brainstormen und probieren so lange, bis es sich richtig anfühlt und umsetzbar ist. Dabei verlassen wir uns auf die Produzenten, denn zu dem Handwerk gehört absolutes Know-how.
Anna: Effekte und Farben so hinzubekommen, wie man sich es vorher ausgedacht hat, ist eine Wissenschaft für sich. Da muss man wissen, was man tut.
Laura: Die dramatischste Geschichte bisher war, als einem Spediteur beim Anliefern der Ware für eines unserer Münchner Pop-Ups eine ganze Palette Keramik auf ein parkendes Auto gefallen ist. … Und neulich hat jemand zu hoch gepackt und eine Palette fiel um. Ansonsten ist der Schaden bisher wirklich geringfügig.
Anna: Das größere Thema ist eher die Ware, die wir nach Bestellungen im Online-Shop versenden. Gefühlt spielt die Post Fußball mit unseren Paketen. Wir stecken da ein bisschen im Dilemma: Wenn wir die Produkte bruchsicher und vielleicht zu vorsichtig verpacken, ärgern sich die Kunden über die vermeintliche Materialverschwendung. Wenn wir allerdings zu wenig verpacken und die Teller kaputt ankommen, ärgern sie sie auch – zurecht.
Die dramatischste Geschichte bisher war, als einem Spediteur beim Anliefern der Ware für eines unserer Münchner Pop-Ups eine ganze Palette Keramik auf ein parkendes Auto gefallen ist.
Anna: Ganz zu Anfang haben uns diese Dinge schlichtweg Zuhause gefehlt. Generell ist Essen immer schon ein großes Thema in unserer beider Leben und irgendwie fand ich, dass es schwer ist, schönes Geschirr zu finden – besonders Salatschalen.
Laura: Ich habe vorher viel recherchiert und mir hat der Gedanke gefallen, wegzukommen von einem einheitlichen Geschirr-Service. Ich fand es cool, unterschiedliche Teller zu haben, die aber trotzdem zueinander passen. Als wir dann in Portugal in diesem Laden standen, war mir klar: Genau so! Das war die totale Offenbarung.
Anna: Ich liebe unsere Lampen und die henkellosen Teetassen, die liegen einfach so super in der Hand, sind regelrechte Handschmeichler.
Laura: Die bunte Mischung aus unserem Geschirr! Wenn auf meinem Frühstückstisch Teller und Tassen in unterschiedlichen Farben stehen – das macht mich glücklich.
Fotos: Sophie Wanninger
Interview: Purista Merk
Layout: Kaja Paradiek
14 Kommentare
Motel a miio hat so wunderschöne Sachen. Ich bin ab und zu im Laden in München und man kann sich eigentlich nicht entscheiden, man möchte einfach alles haben!!
Ich bin ganz hingerissen von der schönen Wohnung. Vor allem die rosa Couch hat es mir angetan.
Dürfte ich fragen, wo es so eine tolle Couch gibt?
Liebe Grüße, Jessi
Liebe Jessi,
vielen Dank für Deinen netten Kommentar. Die Frage nach der Couch geben wir gern weiter! Liebe Grüße, Anna
Liebe Jessi,
Vielen Dank für dein liebes Kommentar! Die Couch ist tatsächlich von Bolia. Alles Liebe Anna
Eine tolle Story und wirklich schöne Produkte!
Mich würde interessieren, wie ihr die Finanzierung für den Aufbau gestemmt habt? Habt ihr erst nebenberuflich angefangen, gab es eine Gründerstipendium etc.? Wäre toll, darüber noch mehr zu erfahren!
Liebsten Gruß!
Liebe Johanna, vielen Dank für Deinen Kommentar. Deine Frage geben wir gern an Motel a Miio weiter! Liebe Grüße, Anna
Wow, ich muss nach München!
Was für eine wahnsinnig schöne Story und ich bin direkt ganz verliebt in die „keramischen Prachtstücke“ der zwei sympathischen Gründerinnen.
Danke für so eine schöne Inspiration!
Lebensverliebte Grüße
Jana
Wunderschönes Geschirr, aber schlechter Arbeitgeber! Wenn man wert auf soziale Kompetenz, Wertschätzung und Respekt setzt, würde ich in diesem Unternehmen auf keinen Fall arbeiten. Eine Erfolgsstory, welche vom Wunsch nach Geld getrieben wird, aber definitiv mehr Schein als Sein ist.
Super schöne Sachen! Bin gestern zufällig in den Store in Hamburg/Hanseviertel gestolpert. Konnte mich kaum entscheiden, da die Kapazität im Koffer limitiert ist. Habe gleich noch was online bestellt:-)))
Hoffe, dass es bald einen Store in Frankfurt gibt.
Lieben Gruß,
Petra
Ich bin Köchin in Zürich und so froh, die Teller , Schalen, Platten und Vasen von Motel a Miio zu haben. Wir haben ein Restaurant übernommen, welches wir nächste Woche wiedereröffnen und können es kaum erwarten, unsere Gerichte auf diesen wundervollen Einzelstücken anzurichten. Fempower! 🙂
Habe heute eine mittelgrosse Vase in den Farben gelb/rosa Töne gekauft. Freue mich sehr über diesen Farbtupfer in meiner Wohnung!