Frauen, die eine Kleidergröße jenseits der 40 tragen, haben es oft schwer, trendorientierte Mode zu finden. Sie suchen vielleicht Culottes, schulterfreie Kleider, bestickte Boho-Blusen oder cropped Jeans – und finden nur unmodische Säcke, die niemanden gut aussehen lassen. Was soll das?, fragt Martina Schulte-Block. Warum sollen Frauen irgendwann unsichtbar werden und sich nicht mehr modisch ausleben können? Ihr Motto: Mode und Stil haben nichts mit Alter und nichts mit der Kleidergröße zu tun. Mit dem Label Triangle haben Martina Schulte-Block und ihr Team es sich zum Ziel gesetzt, lässig-schicke Kollektionen für Frauen von Kleidergröße 38 bis 54 zu machen. Dass ihnen das sehr gut gelingt – und wie viel Leidenschaft hinter der Marke Triangle steckt – davon konnten wir uns bei einem Besuch im Firmen-Headquarter selbst überzeugen.
Femtastics: Wer ist die Triangle-Zielgruppe?
Martina Schulte-Block: Wir haben das Altersspektrum im Schwerpunkt von 30 bis 55 festgelegt. Vor allem sind die Zielgruppe aber jung gebliebene Frauen, die über die Jahre zugenommen haben, aber ihren Modeanspruch deshalb nicht verringern wollen. Es sind Frauen, die in der Gesellschaft nicht mehr gesehen werden. Sie fühlen sich jung und modisch, aber finden in der Regel nicht die passende Kleidung.
Wir sehen uns in gesellschaftskritischer Mission. Wir möchten die Gesellschaft aufrütteln.
Es geht um ein gesellschaftliches Thema?
Absolut. Wir sehen uns da in gesellschaftskritischer Mission. Wir möchten die Gesellschaft aufrütteln. Unsere Zielgruppe ist enorm dankbar dafür, wenn sie ernst genommen und beraten wird – wie von einer Freundin oder Schwester, nicht von einer Person, die nur verkaufen will.
Ich habe öfters schon Texte von Frauen darüber gelesen, dass sie das Gefühl haben, ab einem gewissen Alter nicht mehr gesehen zu werden.
Und das ist genau unser Thema. Mit unserer Mode wollen wir dem Mode- und Trend-Anspruch dieser Frauen genügen. Und wenn sie dann noch spüren, dass wir sie ernsthaft und ehrlich beraten, verstehen sie, dass wir ihren Nerv treffen. Wir haben zum Glück Verkaufspersonal, das diesem Anspruch gerecht wird.
Wir möchten diese Frau in die Mitte der Gesellschaft stellen. Da, wo sie hingehört. Auch, wenn sie älter und ein bisschen dicker ist, gehört sie da trotzdem hin. Eigentlich machen wir nur eine Modemarke, aber für mich geht es da um viel mehr.
Ihr verwendet ganz bewusst nicht den Begriff „Plus-Size“. Warum?
Es ist überhaupt nicht zeitgemäß. Die Marke Triangle ist aus dem „große Größen“-Bereich entsprungen, das stimmt. Und wir haben das Potential der sogenannten Anschlussgrößen, also der Größen 38-50 entdeckt. Aber der Begriff „Plus-Size“ wird immer gleich mit großen Größen in Verbindung gebracht. Und für uns gibt es nur Größen. Unsere Kundin möchte nicht in einen Laden gehen, über dem „große Größen“ steht. Wer will das schon? Und deshalb wehren wir uns dagegen, in die „Plus-Size“-Schublade gesteckt zu werden. Hinten, in der letzten Ecke des Ladens – da wollen wir raus! Wir möchten diese Frau in die Mitte der Gesellschaft stellen. Da, wo sie hingehört. Auch, wenn sie älter und ein bisschen dicker ist, gehört sie da trotzdem hin. Eigentlich machen wir nur eine Modemarke, aber für mich geht es da um viel mehr.
Auf eurer Website schreibt ihr, dass es „nicht um Kleidergrößen und nicht ums Alter geht“ …
Richtig, es geht um Stil und der hat nichts mit Alter oder Kleidergröße zu tun. Es geht um die Einstellung – was lasse ich mir noch sagen und vorschreiben? Und diese gestandenen Frauen lassen sich nicht mehr viel vorschreiben und das ist toll! Sie wissen, was sie wollen. Natürlich haben diese Frauen, die in einem gewissen Alter sind und von der Gesellschaft oft nicht gesehen werden, alle unterschiedliche Stile. Wir möchten diese Frauen unterstützen, sie modisch inspirieren und ihnen Mut machen.
Es geht um Stil und der hat nichts mit Alter oder Kleidergröße zu tun.
Wie lernt ihr, was eure Zielgruppe will?
Wir haben Studien in Auftrag gegeben und uns die Kundinnen angesehen und ihnen zugehört. Wir haben gemerkt, dass wir genau haben, was sie suchen. In der Gesellschaft ist noch nicht angekommen, dass wir in Deutschland, was die Demografie betrifft, die älteste Bevölkerung in Europa haben und die zweitälteste in der Welt. Dass die geburtenstarken Jahrgänge aus den 60er-Jahren jetzt alle über fünfzig, aber eben modern sind.
Ist das ein spezifisch deutsches Problem?
Auf jeden Fall. In anderen Ländern, wie den USA und Großbritannien, gibt es bereits viele sehr modische Marken in Anschlussgrößen. Und da ist es okay, weil die Menschen dort statistisch gesehen fülliger sind. Aber das Älterwerden bringt meist mit sich, dass man zwei bis drei Kleidergrößen mehr bekommt. Und das ist in Deutschland auch Fakt. Und durch die Demografie ergibt sich, dass die Zielgruppe, dass diese Frauen da sind. Ich selbst bin ja unsere Zielgruppe.
Wäre es potentiell auch möglich, dass Triangle irgendwann alle Größen umfasst?
Ich denke, es ist für uns erst einmal wichtig, einen Fokus zu setzen. Wenn wir jetzt alle Größen ab 34 anbieten, sind wir nicht mehr glaubwürdig für unsere Kundin. Wir möchten ja Frauen ansprechen, die auf dem Markt nicht so viel finden. Für die Größen 34 bis 38 findet man unglaublich viel. Aber meine Vision ist, dass eine Frau mit Kleidergröße 34 irgendwann kein Problem mehr damit hat, in einen Laden zu gehen, in dem neben ihr eine Frau mit Größe 46 steht. Ich denke, die Frauen denken auch schon gar nicht mehr in diesen Schubladen, aber der Markt denkt das noch.
Wie ist es möglich, dass eure Kleidungsstücke von Größe 38 bis 54 gut aussehen?
Es ist ein Trugschluss, zu denken, dass bestimmte Modelle für größere Größen nicht funktionieren. Was man dann machen muss, ist, andere Nahtführungen einzusetzen, andere Abnähervarianten. Es ist in der Tat so, dass man ab Größe 42 oder 44 Abnäher braucht, aber diese können unterschiedlich aussehen. Die Technik und Passform spielen da eine große Rolle. Dafür braucht man eine gute Schnittdirectrice, und die haben wir. Es gibt sicher bestimmte Materialien oder Styles, die ab einer gewissen Größe nicht mehr funktionieren. Aber wir machen ja nicht alles, wir haben ja einen bestimmten Stil.
1) Boho-Bluse 2) Jeans 3) gemusterte Bluse 4) Weste 5) Cardigan
Wir haben einen Casucal Chic-Stil, das heißt, dass wir alle Kombinationen, die wir anbieten, immer auf Basis von Jeans stylen. Wir haben ein wahnsinnig großes Sortiment an Jeans, und das macht uns in unserem Segment auch einzigartig.
Unsere Zielgruppe ist es nicht gewohnt, dass ihr jemand sagt: Du darfst deine Schultern zeigen! Wir sagen: Warum nicht?
Das heißt, alle Teile sollen mit Jeans funktionieren?
Richtig – egal, ob Blazer oder lässiges Shirt. Und alles ist modisch. Wir greifen zum Beispiel auch den Off-Shoulder-Trend auf. Schulterfreie Blusen oder Kleider sehen eigentlich an jeder Frau gut aus, egal, ob dick oder dünn. Die Schultern sind ein Körperteil, den man ruhig öfters zeigen sollte. Aber unsere Zielgruppe ist es nicht gewohnt, dass ihr jemand sagt: Du darfst deine Schultern zeigen! Wir sagen: Warum nicht? Wir schneidern es dir so, dass es zu dir passt, aber du musst auch Mut haben, dich gegen diese gesellschaftlichen Konventionen zu stellen. Und da kommt wieder die Beratung ins Spiel.
Ein eigener Triangle-Store war für euch also ein logischer Schritt, damit ihr sicherstellen könnt, dass euer Personal diese Philosophie auch lebt?
Ja, für unseren ersten Store habe ich die Personalien mit entschieden. Wir machen das alles sehr persönlich. In Stores, die Triangle neben vielen anderen Labels verkaufen, ist es schwieriger sicherzustellen, dass das Personal unseren Ansprüchen gerecht wird. Aber auch dort schulen wir das Personal. Wir haben ein Team, das zu den Händlern fährt und dem Personal unsere Philosophie näherbringt. Und auch die Verkaufsflächen sollen den Triangle-Stil widerspiegeln. Die Dekoration soll herausragen und die Zielgruppe ansprechen. Das ist uns ganz wichtig.
Was habt ihr mit Triangle noch vor?
Unser nächster Schritt wird sein, dass wir einen eigenen Online-Shop bekommen. Bislang sind wir noch im s. Oliver Store integriert, aber wir möchten unsere Philosophie und unseren Concept Store-Gedanken auch online darstellen. Natürlich ist unser erster eigener Store auch ein wichtiger Schritt. Irgendwann möchten wir unsere Mode auch um Wäsche, Bademode, sowie Accessoires und Schuhe erweitern.
Was gehört zu deinen Aufgaben als Global Business Director?
Ich bin für die Marke als Ganzes zuständig. Das heißt, ich verantworte das Produkt, den Vertrieb und auch Marketing. Ich habe die Marke vor circa sechs Jahren ins Leben gerufen und die Strategie der Marke habe ich entwickelt. Das heißt, ich ziehe die Strippen, halte meinem Team den Rücken frei und setze die Leitlinien fest.
Kannst du Urlaub machen und abschalten?
Mittlerweile geht es. Ich habe sensationelle Mitarbeiter und muss jetzt nicht mehr im Urlaub andauernd telefonieren. Es gibt ein Land, in das ich sehr gerne in Urlaub fahre und sobald ich da bin, schalte ich ab. Ich brauche ja auch neue Energie. Aber ich brenne für die Marke, sie ist ein Teil meines Lebens.
Vielen Dank für das interessante Gespräch, Martina!
Fotos: Linda David
– in Zusammenarbeit mit Triangle –