Von Tel Aviv aus erobert die Levante-Küche die deutsche Food-Szene. Viele kleine und aromatische Gerichte ersetzen ein Menü. Fabien Bigard (32) und Omri Yakov (34) haben es sich zur Aufgabe gemacht, den nahöstlichen Vibe nach Deutschland zu holen und betreiben seit kurzem das Pop-up-Restaurant „Kapara“ in den Räumlichkeiten des „Simbiosa“ in der Hein-Hoyer-Straße auf St. Pauli in Hamburg. Dort versorgen sie Freunde, Nachbarn und kulinarische Weltenbummler mit einem Hauch von Tel Aviv. Auf der Speisekarte stehen israelische Klassiker vegan interpretiert, Weine aus Deutschland und Israel – und Hummus in allen möglichen Varianten. Wir haben die Gründer zum Lunch getroffen!
Omri Yakov: Nein, aber tatsächlich sind wir beide aus dem gleichen Grund nach Hamburg gekommen: unsere Freundinnen. Ich vor etwa einem Jahr, Fabi schon vor zwei Jahren. Nach acht Monaten Fernbeziehung war meiner Freundin und mir klar, dass wir zusammenleben wollen. Und weil ich ohnehin gerade in einer Phase war, in der ich Vieles in Frage stellte, habe ich mich schließlich entschlossen Tel Aviv zu verlassen.
Fabien Bigard: Omri war Gast im damals gerade eröffneten „Simbiosa“ und saß mit seiner Freundin an einem dieser Tische hier. Er fragte, ob er hier arbeiten könne. Es war dann schnell klar, dass er mehr als nur ein Angestellter sein würde.
Omri: Die Energie von Tel Aviv – und Fabi etwas Geld aus Luxemburg (lacht). Vor allem aber haben wir beide sehr viel Erfahrung. Ich habe jahrelang in der gehobenen Gastronomie gearbeitet und Fabi in Luxemburg mit seinem Bruder bereits mehrere Restaurants betrieben.
Fabien: Ganz früher habe ich als Pilot bei Ryanair gearbeitet, und dann mit meinem Bruder in Luxemburg ein Restaurantkonzept entwickelt, das gutes Essen und Nachtleben verbindet. Da wurden zu späterer Stunde einfach die Tische zur Seite geschoben und die Gäste haben getanzt.
Die Leute, die durch die Tür kommen, sind nicht einfach nur Kunden, sondern unsere Freunde. So sehe und lebe ich das.
In der modernen Sprache ist „Kapara“ ein Begriff, der Zuneigung zu einer anderen Person ausdrückt, so in etwa wie „Habibi“.
Fabien: Ja, definitiv. Ich kümmere mich um alles was mit Accounting, Finanzen und Orga zu tun hat. Ich bin eher der ruhige und bodenständige Typ und bleibe gerne im Hintergrund.
Omri: Ich bin für den Gastraum verantwortlich, kümmere mich um die Bewirtung, die Gäste – der Service ist meine Stärke. Denn die Leute, die durch die Tür kommen, sind nicht einfach nur Kunden, sondern unsere Freunde. So sehe und lebe ich das.
Fabien: Genau das ist auch unser Konzept. Nichts verbindet so sehr wie gemeinsames Essen – wir möchten mit unserer internationalen Küche die Menschen zusammenbringen, und ihnen helfen, im Moment zu leben. Egal ob jung oder alt, von hier oder zu Besuch, alle kommen bei uns zusammen. Dafür steht letztlich auch die israelische Küche, die ja historisch gesehen eine Einwandererküche ist.
Omri: In seiner ursprünglichen Bedeutung steht „Kapara“ für die Erlösung von begangenen Sünden durch einen geliebten Menschen. In der modernen Sprache ist „Kapara“ ein Begriff, der Zuneigung zu einer anderen Person ausdrückt, so in etwa wie „Habibi“.
Omri: Das „Kapara“ soll ein lockerer Ort sein, mit guter Küche aber nicht zu teuer – sodass die Leute auch mehrmals pro Woche vorbeischauen können, wenn sie möchten.
Neben einigen Klassikern der israelischen Küche dreht sich unsere Karte vor allem um Hummus. Den gibt es in zahlreichen Variationen und das kommt sehr gut an. Es war mein Traum, „Hummusier“ zu werden.
Hummus ist für die Israelis wie der Käse für die Deutschen.
Omri: Es ist definitiv so etwas wie unser Motto und beschreibt sehr gut, was wir machen. Hummus ist ein ganz essenzieller Bestandteil der israelischen Küche. Es gibt ihn zum Frühstück, zum Mittagessen und auch abends. Hummus ist für die Israelis wie der Käse für die Deutschen. Es gibt in Tel Aviv einen richtigen Wettbewerb zwischen den Restaurants, wer den besten Hummus serviert. Dabei hat natürlich jeder seinen eigenen Favoriten.
Omri: Unser Chefkoch, Fabi und ich haben alle gemeinsam entwickelt. Ein Prozess, bei dem mir meine Erfahrung aus Tel Aviv hilft. Dort habe ich einige Monate bei „Shlomo & Doron Hummus“ gearbeitet. Eine Zeit, die mich sehr prägte. Das Lokal wird in fünfter Generation und seit über 90 Jahren von einer Familie betrieben. Für mich persönlich der beste Hummus der Stadt!
Omri: Das stimmt. Wir haben uns aber nicht für vegane Küche entschieden, weil es Trend ist, sondern aus Überzeugung. Fabi lebt schon lange vegan, es ist viel nachhaltiger, so zu kochen. Tel Aviv ist ohnehin die vegane Hauptstadt der Welt. Das meiste wird mit Gemüse gekocht und wir brauchen im Laden kaum Ersatzprodukte. Wir wollen im Kapara mit Stereotypen aufräumen und ich denke das klappt gut. Bestimmt 90 Prozent unserer Gäste sind Nicht-Veganer.
Wir wollen unseren Hummus in die Supermärkte bringen und es soll der top-selling Hummus im Einzelhandel werden.
Omri: Genau, bis zum ersten Juli wird es das „Kapara“ in dieser Form geben – was danach passiert, wissen wir noch nicht genau. Wir werden die Speisekarte bestimmt etwas anpassen und das Konzept ändern. Es wird auf jeden Fall eine neue Phase starten.
Fabien: Neuigkeiten gibt es aber auch schon im Frühjahr. Denn bald wollen wir im Untergeschoss einen kleinen Feinkostladen eröffnen, mit Spezialitäten und Gewürzen aus Israel. Wenn alles klappt, können wir im März damit starten.
Omri: Oh yes! Wir wollen unseren Hummus in die Supermärkte bringen und es soll der top-selling Hummus im Einzelhandel werden.
Fabien: Das ist unser großer Traum. So in drei bis fünf Jahren sind wir hoffentlich so weit.
Omri: Ja! Im Winter fühle ich mich zwar dauerhaft wie ein iPhone, dass nur 3 Prozent Akku hat und dringend aufgeladen werden muss. Aber sobald es wärmer ist, findet das Leben auch hier auf der Straße statt. Ich mag die Offenheit der Menschen, insbesondere in unserem Viertel.
Fabien: Wir lieben diese Gegend hier. Es ist so lebendig und vielfältig. Viele tolle Restaurants sind um die Ecke, mit einigen davon sind wir auch befreundet. Auch mit den Betreibern des „Brachmann’s Galeron“, die vorher hier drin waren, haben wir guten Kontakt. St. Pauli passt zu uns.
Hein-Hoyer-Straße 60, Hamburg
Text: Corinna Bock
Layout: Kaja Paradiek