2013 hat Cécile Gaulke einen Online-Shop für Vintage-Luxusmode, Rebelle, gegründet. Heute nehmen die Firmenräume in der Hamburger Speicherstadt drei Stockwerke ein, Cécile Gaulke hat 56 Mitarbeiter und Rebelle ist nicht nur in Deutschland, sondern auch im europäischen Ausland aktiv. Wie fühlt sich das für die 31-jährige Gründerin an? Wo will sie mit ihrem Unternehmen hin? Wie kam sie auf Vintagemode? Und welche Vintagestücke sind in Deutschland besonders beliebt? Wir treffen Cécile Gaulke in ihrer Altbauwohnung im Hamburger Stadtteil Winterhude, in der sich neben Vintage-Stücken einige Mitbringsel von Reisen und neonbunte Akzente finden. Nach einem Gespräch bei Tee und Croissants unternehmen wir gemeinsam eine Tour durchs Rebelle-Headquarter.
Femtastics: Danke, dass wir Dich besuchen dürfen, Cécile. Deine Wohnung ist schön eingerichtet. Woher nimmst Du die Ideen dafür?
Cécile Gaulke: Ganz unterschiedlich. Es gibt nicht das eine Geschäft, in dem ich immer meine Möbel einkaufe. Ich lese viele Magazine, wie „AD“, um Ideen zu bekommen. Die neongelben Esszimmerstühle, zum Beispiel, sind alt und hatten eine dunkle Farbe. Ich habe sie in einer Autolackiererei neongelb ansprühen lassen.
Hättest Du gedacht, dass Du einmal so ein erfolgreiches, eigenes Unternehmen führen würdest?
Mein Ziel war immer, mich irgendwann einmal selbstständig zu machen. Ich habe mir aber gar nicht großartig Gedanken darüber gemacht, was für ein Unternehmen oder Produkt das sein könnte. Das hat sich relativ spontan ergeben.
Erzähl doch noch mal, wie Rebelle entstanden ist.
Das war im Herbst 2012. Da hat mich mein Vater angerufen und gesagt: „Wenn Du am Wochenende kommst, dann musst Du mal den Keller leer räumen, da stehen immer noch Deine ganzen Sachen.“ Ich komme ja gebürtig aus Berlin und hatte damals meine Berliner Wohnung aufgegeben, um in London zu studieren und dann in Paris. Danach bin ich nach Hamburg gegangen. Ich stand da also im Keller vor den Kisten und dachte: „Wie werde ich das los?“ Flohmarkt oder eBay waren mir zu anstrengend. Ich habe im Internet eine amerikanische Website entdeckt, bei der Leute zu dir nach Hause kommen und die Sachen, die du verkaufen willst, abholen. Ich dachte: Warum gibt es das nicht in Deutschland? Das müsste doch hier auch funktionieren!
Dann hast Du direkt einen Businessplan geschrieben?
Genau. Ich habe damals bei Hanse Ventures gearbeitet und mein Job war, fremde Businesspläne zu beurteilen. Das heißt, ich wusste, worauf es ankommt. Ich habe mit meinem Geschäftspartner zusammen entschieden, ein eigenes Unternehmen zu gründen.
Ihr seid dann im Sommer 2013 gestartet und seitdem ist wirklich viel passiert. Rebelle ist enorm gewachsen. Würdest Du euch noch als Startup bezeichnen?
Absolut! Mit allen Hochs und Tiefs. Für manche Abläufe gibt es noch keine festen Prozesse. Ganz am Anfang stört das noch niemanden, wenn aber richtig Geschäft passiert, jeden Tag, dann muss man diese Strukturen etablieren.
Du trägst auch schon einige Verantwortung. Ihr habt ja mittlerweile viele Mitarbeiter, richtig?
Ja, 56.
Wie fühlt sich das für Dich an?
Wir sind viele junge, motivierte Leute, die zusammenarbeiten. Ich weiß schon, dass ich Verantwortung trage, für die Mitarbeiter und ihre Arbeitsplätze, aber da überwiegt für mich mehr die Freude als der Druck. Es ist ein ganz tolles Miteinander.
Und ihr seid ja nicht nur in Hamburg gewachsen, sondern expandiert jetzt auch international.
Ja, noch nicht mit Büros, aber mit Personal. Wir haben PR-Agenturen, Country-Manager und Brand Ambassadors in verschiedenen Ländern geplant. Wir werden im Ausland aber erstmal keine Logistikfläche eröffnen.
Das heißt, ihr legt in der Zukunft noch mehr Fokus darauf, Produkte aus verschiedenen Ländern anbieten zu können?
Genau. Wir haben zunächst Tests in verschiedenen europäischen Ländern gemacht. Wir sind auf die EU begrenzt, weil das mit Steuern und Zöllen am einfachsten ist. Wir haben unsere Website Anfang des Jahres auf Englisch übersetzt und jetzt gerade auf Holländisch, weil wir gesehen haben, dass der holländische Markt neuen E-Commerce-Themen gegenüber sehr aufgeschlossen ist. Und der Markt dort ist nicht ganz so verwöhnt wie zum Beispiel der Markt in Großbritannien.
Du sprichst es gerade schon an: In den vergangen Jahren hat sich der Markt der Vintage-Online-Shops schnell entwickelt. Wie schätzt Du eure Chancen und eure Konkurrenz ein?
Als wir mit der Idee gestartet sind, gab es so ein Geschäftsmodell in Deutschland noch gar nicht. Mit uns ist dann aber ein ähnlicher Online-Shop gestartet, Glamloop, den wir letzten Sommer übernommen haben. Ansonsten gibt es in Deutschland eigentlich kein vergleichbares Angebot zu Rebelle. Es gibt viele Online-Marktplätze, aber keinen anderen, der auf Luxusmode spezialisiert ist. Es gibt mehrere Mitbewerber aus dem Ausland. Die sind aber momentan alle in ihren jeweiligen Heimatmärkten am stärksten – und so ist es auch mit Rebelle in Deutschland. Für uns ist Deutschland unser Kernmarkt.
Taschen von Louis Vuitton sind die Bestseller. Den Kundinnen geht es gar nicht darum, die Taschen günstiger zu kaufen, sondern darum, dass die Taschen Patina haben.
Was sind eure Bestseller?
Handtaschen von Hermès, Chanel und vor allem Louis Vuitton. Die Marke hat es wirklich geschafft, ikonische Handtaschen herzustellen. Da sind besonders die Klassiker beliebt, wie die Speedy oder die Neverfull Bag. Wir haben viele Kunden, denen es nicht darum geht, die Taschen günstiger zu kaufen – Louis Vuitton ist so wahnsinnig wertbeständig, dass die Teile bei uns gar nicht viel günstiger sind als neu im Laden. Den Kundinnen geht es mehr darum, dass die Taschen eine Vintage-Patina haben. Sie sehen so viel besser und hochwertiger aus und viel selbstverständlicher, wenn sie schon etwas älter sind.
Was ist denn für Dich persönlich das Schöne an Vintage?
Ich liebe Vintage-Teile, weil es Einzelstücke sind, die kein anderer trägt. Die Sachen, die es jetzt gerade in den Shops gibt, die kaufen die Leute ja in der Regel und die sieht man überall. Ich finde, Vintage ist eine tolle Möglichkeit, sich individuell zu kleiden. Und hochwertigere Produkte sehen auch nach vielen Jahren noch toll aus.
Kaufst Du auch viel Vintage?
Ich kaufe generell nicht so viel Kleidung, weil ich keinen riesigen Kleiderschrank habe und weil ich auch selten dazu komme, in Hamburg einkaufen zu gehen. Aber was mir viel Spaß macht, ist, auf Reisen einzukaufen. Aus dem gleichen Grund, warum ich Vintage so mag: Weil man Einzelstücke finden kann.
Sortierst Du aus Deinem Kleiderschrank denn regelmäßig Teile aus?
Zu manchen Sachen habe ich einen richtig engen Bezug, von denen würde ich mich nie trennen. Ich habe auch viele Sachen von meiner Mami, die sie mir irgendwann vermacht hat. Es gibt aber andere Teile, an denen ich nicht so hänge und die ich immer mal wieder austausche.
Was ist Dein liebstes Vintage-Teil?
Das eine Teil habe ich nicht. Es gibt ein paar. Besonders Kleider von meiner Mutter, in denen ich meine Mutter früher auf Events gesehen habe. Die mag ich alle sehr. Mein Freund findet sie meistens zu auffällig – er mag es lieber Schwarz und klassisch. Aber ich liebe diese bunten Kleider!
Die deutsche Kundin legt mehr Wert auf Qualität als darauf, die Marke nach außen zu zeigen.
Erkennst Du bei Rebelle, was die deutsche Kundin am liebsten mag?
Ja, die deutsche Kundin legt mehr Wert auf Qualität als darauf, die Marke nach außen zu zeigen. Neben den großen Brands wie Chanel, Chloé, Prada, etc. funktionieren hier solche Marken wie Akris und Brunello Cucinelli gut, die eine hohe Qualität bieten, aber nach außen hin kein großes Branding. Klassische Farben wie Schwarz, Grau und Beige verkaufen sich in Deutschland sehr gut. Außerdem deutsche Marken wie Joop, Strenesse, Hugo Boss, … Was lustig ist: Manchmal erkennt man bei Kundinnen – besonders bei den Verkäuferinnen – ihre Lieblingsmarken und kann sich die Kundin richtig vor dem inneren Auge vorstellen. Eine Kundin schickt uns zum Beispiel immer kartonweise Missoni-Kleidung.
Meinst Du, dass Vintage-Mode – und der Begriff „Vintage“ bezieht sich eigentlich ja nur auf gewisse Jahrzehnte – irgendwann „leer gekauft“ ist, oder kommen die Stücke immer wieder neu in Umlauf?
Sie kommen immer wieder neu in Umlauf, da bin ich mir sicher. Aber das stimmt, viele Kundinnen benutzen den Begriff „Vintage“ als Synonym für „Second-Hand“.
Gibt es eine interne Liste bei euch, auf der Mitarbeiter notieren, welche Stücke sie suchen und unbedingt gerne hätten? Sodass sie informiert werden, wenn ein entsprechendes Teil in den Shop kommt …
Nach diesem Service fragen uns ganz viele Kunden. Im Moment bieten wir so einen Service noch nicht an bzw. nur für ganz besondere Kundinnen. Oft geht es da um Birkin Bags von Hermès. Die Taschen sind wirklich schwer zu bekommen und werden gebraucht meist zum doppelten Preis als im Laden gehandelt. Bei Mitarbeitern besteht die Chance, dass sie die Stücke sehen, wenn sie neu in den Shop kommen, und sie sich dann sichern können.
Hast Du eine Vision, wo Rebelle in zehn Jahren sein soll?
Ja, wir haben uns fest vorgenommen, auch in anderen Ländern erfolgreich zu sein. Rebelle soll in ganz Europa zu der Adresse werden, bei der man Vintagemode von hochwertigen Marken verkauft und sucht – und das nicht unbedingt nur in Form eines Online-Marktplatzes.
Zum Nachshoppen: Cognacfarbene Hermès Birkin Bag, Sac du Jour von Saint Laurent, Trapeze Bag von Céline, Armband von Louis Vuitton, Tuch von Chanel, Gestepptes Lederetui von Chanel und „Rock Stud Noir“ High Heels von Valentino (Gr. 40).
Habt ihr in Offline-Richtung schon etwas geplant?
Das ist noch ein bisschen geheim. Dieses Jahr werden wir zusammen mit einigen befreundeten Shops in Hamburg kleinere Events veranstalten, bei denen die Kundin Rebelle besser kennenlernen, ihre Produkte vor Ort abgeben kann und auch direkt eine Preiseinschätzung erhält.
Wie viel Deiner Freizeit nimmt Rebelle ein? Kannst Du auch mal abschalten?
Wie viel meiner Freizeit das Unternehmen einnimmt, da musst Du vielleicht mal meinen Freund fragen (lacht). Ich finde, dass es besser geworden ist. Es ist aber ein Trugschluss zu denken, dass man weniger eingenommen ist, wenn man die Anfangsphase der Gründung hinter sich hat und Mitarbeiter hat, die einem Aufgaben abnehmen. Deshalb hat man nicht weniger zu tun, sondern viel viel mehr. Ich hatte noch nie so viel zu tun wie gerade jetzt. Man kann natürlich ein paar Sachen abgeben, die man früher selbst gemacht hat, aber dafür kommen neue Sachen hinzu.
Das heißt, Rebelle beschäftigt Dich rund um die Uhr?
Ganz so würde ich es nicht sagen. Ich versuche schon, mir die Wochenenden frei zu halten und ab und zu Urlaub zu machen. Aber natürlich denke ich schon morgens unter der Dusche über Rebelle nach.
Und was machst Du zum Ausgleich, wie schaltest Du ab?
Was ich liebe, ist, in der Natur zu sein. Wenn ich Grün sehe und auf dem Land bin, dann schalte ich ab. Wir fahren zum Beispiel gerne nach Sylt, um spazieren zu gehen. Ansonsten laufe ich gerne um die Alster und nach den 8 Kilometern habe ich den Kopf wieder frei.
Vielen Dank für das Gespräch, Cécile.
Hier könnt ihr Céciles Look shoppen:
– in Kooperation mit Rebelle –
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