Aufsteigerin Tijen Onaran: So lässt sich Mut lernen

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18. Oktober 2023

Wenn jemand den Begriff “Role Model” verkörpert, dann sie: Tijen Onaran ist Unternehmerin, Autorin, Podcasterin, Beraterin, Investorin, … und hat sogar ihre eigene “Barbie”. Mit ihrem Unternehmen “Global Digital Women” setzt sie sich für Female Empowerment und Networking ein. Mit “ACI Consulting” für mehr Diversität in der Wirtschaft.

Alles Themen, die für Tijen selbst auf ihrem eigenen Weg eine wichtige Rolle gespielt haben. Ohne Geld oder Kontakte erarbeitete sich Tijen Onaran den Status einer der prominentesten Frauen* der deutschen Wirtschaft. Wie sie das geschafft hat und was andere Frauen* davon lernen können – darüber sprechen wir mit ihr in unserer neuen Folge von „femtastics Deep Dive“.

Hier ist die Tür, ich mach‘ die mal auf, aber durchgehen musst du schon alleine.

femtastics: Tijen, woher hast du den Mut genommen, deinen eigenen Weg zu gehen?

Tijen Onaran: Also den Mut habe ich mit Sicherheit von zu Hause aus mitbekommen. Ich komme aus einem Elternhaus, in dem meine Eltern mir ganz viel Selbstbewusstsein mitgegeben haben. Durch die Erziehung, die ich genießen durfte, aber natürlich auch später durch unterschiedlichste Wegbereiter und Wegbereiterinnen, die mir immer wieder gesagt haben, wenn irgendwas nicht ging: „Hier ist die Tür, ich mach‘ die mal auf, aber durchgehen musst du schon alleine.“

In deinem neuen Buch schreibst du, dass man mit Mut sehr viel erreichen kann und dass man es lernen kann, mutig zu sein. Wie geht das?

Dieser Aspekt war mir wichtig, weil ich immer wieder feststelle, dass Menschen, wenn sie sich mit sich selbst beschäftigen, häufig in eine Schockstarre verfallen und dann total überfordert sind. Das kennen wir alle. Bei Mut geht es um Baby Steps. Einmal in der Woche kannst du dir eine kleine Challenge setzen und überlegen: Wen schreib‘ ich mal an? Wo like ich was? Wo kommentiere ich auf Social Media?Vielleicht traue ich mich sogar selber was zu posten oder ich traue mich endlich die Person anzusprechen, die ich immer ansprechen wollte. Mut lässt sich in kleinen Schritten lernen.

Ich hatte keinen Plan und ich habe keinen Plan. Aber: Ich weiß, warum ich das mache, was ich mache.

Wusstest du, wie dein Weg verlaufen soll? Hattest du einen Plan?

Ich würde jetzt super gerne sagen, dass ich einen Masterplan hatte. Dass ich auf die Welt gekommen bin und später in die Politik wollte, dann in der Wirtschaft ein Unternehmen gründen und Investorin werden würde. Die Wahrheit ist: Ich bin planlos auf zwei Beinen und jede*r, die*der mich enger kennt und nah an mir dran ist, wird das bestätigen können.

Ich hatte keinen Plan und ich habe keinen Plan. Aber: Ich weiß, warum ich das mache, was ich mache. Also ich habe eine intrinsische Motivation und die Vorstellung davon, dass ich etwas verändern möchte vor allem in der Wirtschaft, aber auch in unserer Gesellschaft. Das ist eine Form des ungeplanten Plans.

Vieles organisch gewachsen, aber ich hatte immer diese Vision, Frauen zu empowern und für Diversity in Deutschland einzustehen. Später kamen einzelne Bausteine dazu, wie das Thema Investieren in Start-ups bzw. in Gründerinnen oder auch Bücher publizieren oder auf Bühnen zu sprechen. Das Wichtigste ist zu wissen, warum man etwas macht und wofür. Was ist dein Hebel? Warum stehst du jeden Tag auf?

In deinem Buch geht es sehr viel um sozialen Aufstieg. Ist Aufstieg eine Frage des Mindsets oder der Chancengleichheit? Oder vielleicht sogar beides? Bzw. weder noch?

Es wäre natürlich sehr vermessen zu sagen: Wenn man was will, dann kriegt man es irgendwie schon hin, denn bestimmte Rahmenbedingungen machen das nicht möglich. Es gibt Länder, in denen es weitaus schwieriger ist als in Deutschland. Aber wenn ich mich auf Deutschland fokussiere, dann würde ich schon sagen, dass es viele Voraussetzungen gibt, dass es funktionieren kann.

Mit Sicherheit nicht für jeden zu 150%. Vieles startet mit der inneren Einstellung, mit dem inneren Momentum aufzustehen und zu sagen: Ja, ich will hier was erreichen. Ich habe gesehen, wie hart meine Eltern gearbeitet haben und wie viel sie für meinen Bruder und mich aufgegeben haben. Sie haben sich selbst nichts geleistet, sich nie was gegönnt, immer gearbeitet. Und ich habe sie angeschaut und mir gedacht: Wenn ich einmal in diese Position komme, ihnen etwas zurückzugeben, dann werde ich mich einfach sehr freuen.

Das ist ein extremer innerer Antrieb. Es hat mit Manifestieren, mit dem Mindset und mit innerer Haltung zu tun. Bei jedem Scheitern, bei jedem Stolpern visualisierst du das und denkst dir: Ich weiß, wofür ich es mache. Dann gehst du eben die Extrameile und machst mehr.

Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir in Deutschland natürlich über unser Bildungssystem diskutieren müssen, über Rahmenbedingungen, über Diversität in der Wirtschaft, über Inklusion. Es bringt nichts, eine Frau in den Vorstand zu setzen, wenn die Kultur sich nicht verändert. All das sind Dinge, die wir angehen müssen. Aber ich bin kein Fan davon, immer nur darauf zu warten, dass sich groß der Rahmen verändert.

Heute inspiriere ich so viele Menschen da draußen, ihren Weg zu gehen.

Du sagst auch: Die eigene soziale Herkunft kann man als Chance sehen. Meinst du damit das eigene Mindset? Denn natürlich gibt es auch noch Aspekte wie erschwerten Zugang zu guter Bildung, zu Berufschancen, zu Netzwerken. Du schreibst selbst in deinem Buch, dass Menschen mit beispielsweise türkischem Namen 40% mehr Bewerbungen schreiben müssen als Menschen mit deutsch klingenden Namen, was ja ein schrecklicher Zustand ist. Inwiefern kann die eigene soziale Herkunft eine Chance sein?

Wenn ich mein bisheriges Leben reflektiere, sehe ich Momente, in denen ich angefangen habe, mich zurückzuziehen, weil ich der Auffassung war, ich habe schlechtere Chancen als alle anderen. Diese Momente haben mich total runtergezogen. Ich habe oft während der Schulzeit gedacht: Jetzt kann ich beim Schulausflug nicht dabei sein. Oder: Die gehen mit ihren Eltern ins „Disneyland“ nach Paris und wir können uns das gar nicht leisten.

Damit kann man sich natürlich immer beschäftigen. Es ist eine Form der Frustration, die dann eintritt. Aber am Ende musst du dann sagen: Okay, wie kann ich jetzt aus dem, was ich habe, irgendwie halbwegs das Beste machen?

Und das meinte ich mit „Die soziale Herkunft bietet eine Chance“, weil du deiner innere Stärke bewusst wirst. Ich bin mir selbst total dankbar, dass ich das irgendwie alles mitbekommen habe, aber auch den Chancen, die sich mir geboten haben, meinem Netzwerk. Aber ich habe das eben auch gepackt, weil meine soziale Herkunft der Hebel und die Motivation ist, es zu schaffen. Und heute inspiriere ich so viele Menschen da draußen, ihren Weg zu gehen.

Das ganze Interview mit Tijen Onaran hört ihr in unserer Podcast-Episode!

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Foto: Daniel Sommer

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