Bei Camilla Rando, 31, begann „allet ohne Schminke“ – so hieß das Modeblog, das sie vor rund sieben Jahren mit einer Freundin gegründet hat. Als Bloggerin der ersten Generation auf der einen Seite und Kommunikationsexpertin mit langjähriger Agenturerfahrung auf der anderen, hat sie den Medienwandel und die Professionalisierung der Blogger mit allen Höhen und Tiefen hautnah miterlebt.
Die Konsequenz: Erst kam ein reales Baby namens Helene auf die Welt, dann ein virtuelles Baby namens Mummy Mag. Das Blogazine wird unter Camillas Leitung von insgesamt vier Mamis täglich mit tollen Inhalten rund ums Mamisein befüllt. Vor einem halben Jahr erfüllte Camilla sich einen lang gehegten Traum und entwickelte das Mummy Mag als Printmagazin. Und wie kriegt sie das alles unter einen Hut? Mit viel Power, Energie und Charme, wovon wir uns live in ihrer Traumwohnung in Berlin-Moabit überzeugen durften. Mit uns spricht sie über den Medienwandel und die Vereinbarkeit von Job und Familie.
Camilla Rando: Die Idee mit dem Printmagazin hatte ich schon immer im Hinterkopf. Für mich ist Print nach wie vor die Königsklasse – zumindest ein bisschen.
Alle sind immer ganz erstaunt. Aber damit sind wir nun mal groß geworden. Und gedruckt ist gedruckt. Online kannst du alles immer noch mal verändern. Für mich hat Print eine andere Wertigkeit.
Hochglanzmagazine sind sehr weit von deinem Alltag als Mutter entfernt.
Es sollte aber was Kostenfreies werden, also durften die Produktionskosten nicht zu hoch sein.
Das stimmt. Das Kostenproblem haben wir ganz gut mit dem Zeitungspapier in den Griff bekommen. Die Haptik passt sowieso viel besser zu uns Mamis. Wir sind nicht Hochglanz. Hochglanzmagazine sind sehr weit von deinem Alltag als Mutter entfernt.
Über Kooperationen. Hier denken wir immer crossmedial und planen mit Unternehmen für Print und Online. Leider gibt es im Online-Bereich nach wie vor enormen Erklärungsbedarf auf Seite der Unternehmen. Manchmal komme ich mir wie eine kleine Unternehmensberaterin vor.
Nein. Es gibt bestimmt Leute, die denken, jetzt gerade passt es total gut – aber dann klappt es meistens nicht. Kinder kriegen kannst du nicht nach der Uhr. Es gibt nicht den perfekten Moment, aber deswegen gibt es eben auch nicht den falschen. Ich habe gerade mit vielen Müttern gesprochen, die mit 17 bis 19 Jahren ein Kind bekommen haben. Die sagen alle, sie würden es nicht anders machen wollen. Genauso gut gibt es die Mamis, die mit Ende 30 ein Kind bekommen und sagen, vorher hätte ich es mir nicht vorstellen können.
Total. Ich kenne beides, Festanstellung und Selbständigkeit. Dieses Gebundensein an Büroarbeitszeiten ohne Flexibilität, das funktioniert einfach nicht. Wenn ich um 17 Uhr gegangen bin, wurde ich gefragt: Ach, heute nur ein halber Tag? Dabei schaffe ich heute in weniger Zeit viel mehr als früher. Ich bin viel effektiver, einfach weil ich dazu gezwungen werde. Es ist schade, dass man so wenig Unterstützung bekommt. Stattdessen wird dir meistens noch ein schlechtes Gewissen gemacht, weil Quantität oftmals mehr zählt als Qualität.
Am besten hast du einen Arbeitgeber, der deine Arbeitszeit flexibel gestaltet, zum Beispiel 30 Stunden im Büro und 10 Stunden flexibel. Oder, wenn das Kind krank ist, 20/20. Oder du arbeitest bis nachmittags und kannst abends, wenn das Kind schläft, noch mal ein oder zwei Stunden arbeiten. So funktioniert auch die Festanstellung.
Ich teile mir die Zeit ein, so wie es passt. Manchmal arbeite ich eben noch abends oder am Wochenende, wenn der Papa mit der Kleinen unterwegs ist.
Bestimmt! Es gibt schon viele tolle Väter-Blogs, daddylicious lese ich zum Beispiel sehr gern. Es gibt immer mehr Daddys, die was machen wollen und sich engagieren. Vielleicht dauert es noch ein paar Jahre, aber es wird was passieren.
Die Daddys wollen heute auch viel mehr Daddy sein, anstatt nur Ernährer.
Die Men’s Health hatte gerade Mark Wahlberg mit Kind auf dem Cover. Endlich!
Die Rollenverteilung ändert sich gerade komplett. Die Daddys wollen auch viel mehr Daddy sein, anstatt nur Ernährer. Die wollen daran teilhaben und finanziell kann sich das eh fast keiner mehr leisten, dass nur einer in der Familie verdient. Außerdem ist die Besinnung auf das wirklich Wichtige gerade Trend. Die Frauen fordern es, aber es kommt auch ganz viel von den Vätern.
Die Mummyblogger haben vielleicht manchmal nicht das Hammer-Layout auf ihrem Blog, dafür sehr große Reichweiten. Eine halbe Million Page Impressions im Monat ist nicht selten – davon können viele Modeblogger nur träumen. Aber es gibt riesige Unterschiede in der Professionalisierung, die im Bereich Modeblogs in den letzten Jahren schon passiert ist und jetzt auch bei den Mamablogs losgeht. Wir sind ja mit Mary Scherpes These von den Milchmädchenbloggern groß geworden, die Diskussion kommt jetzt auch bei den Mummy-Bloggern auf.
Hier muss noch viel aufgeklärt werden. Zum Glück hatte ich schon viele Agentur-Kontakte aus meiner Modeblogger-Zeit. Das hat mir geholfen. Seiten wie Hauptstadtmutti und Little Years sind von Anfang an sehr professionell gestartet und fahren damit ganz gut.
Natürlich in Richtung Online. Print wird trotzdem immer bestehen bleiben, die Auflagen werden aber kleiner und das Medium wird mit mehr Bedeutung konsumiert werden.
Immer! Das Mummy Mag als Printprodukt ist eine schöne Ergänzung mit viel Liebe und Idealismus. Das Hauptgeschäft bleibt Online.
Wir vernetzen immer alles. Eine Geschichte, die wir im Print haben, haben wir immer zuerst anders aufbereitet online.
… andersrum. Wobei es Reste bei uns sowieso nicht gibt. Aber ja, wir machen in Print die Verlängerung unserer Online-Geschichten.
Wenn wir sehen, ein Thema läuft Online bombenmäßig, überlegen wir, mit welchem Dreh wir weitere Print-Leser erreichen können. Doppelte Inhalte gibt es dennoch nie.
Ja! Aber noch mal: Selbst wenn viele Leser sich die aktuelle Print-Ausgabe des Mummy Mags bei Issuu durchklicken können, sie möchten sie trotzdem in den Händen halten. Und das ist schön.
16 Kommentare
Noch so ein toller Bericht. Ich glaub ich hab den falschen Freundeskreis haha da hört man eine Horror Story nach der anderen was Mutter sein und die Vereinbarkeit mit dem Beruf betrifft – dabei sollten sich Mütter doch gegenseitig unterstützen. Toll dass es so viele Frauen gibt, die einfach mal machen und probieren!
Ach schön zu sehen, wie gut es Camilla geht. Wir waren zusammen mal für ein Bloggerevent in Amsterdam, aber das ist nun auch schon wieder 100 Jahre her und da gab es noch keinen kleinen Schnuffel ( :
Was Camilla schon immer gut konnte, mit Einsatz und Herzblut bei der Sache sein. So schön, dass ihr sie ausgewählt habt. Tolle Frau mit schönen Geschichten!
Ohne, ein so schönes Kinderzimmer!!! Wo hat Camilla wohl das illustrierte Familienbild und den Teppich her?