Wir Erwachsenen sind oftmals überfordert mit der Klimakrise und dass sie uns immer sichtbarer bedroht. Wie können wir mit Kindern über die Klimakrise sprechen, ohne ihnen Angst zu machen? Und sie im Gegenteil zu selbstwirksamen Menschen erziehen, die sich aktiv umweltbewusst verhalten? Genau das versucht Veronika Rivera täglich – im Alltag mit ihren drei Kindern ebenso wie in ihrer Arbeit als freie Journalistin und Autorin.
Als Kind wollte Veronika Rivera Walretterin werden. Daraufhin studierte sie Biologie und Naturschutz und Landschaftsplanung, später folgte ein Journalismusstudium. Gemeinsam mit ihrem Mann betreibt sie eine ökologische Landwirtschaft in einem kleinen spanischen Dorf, in dem sie mit ihrer Familie wohnt. Sie ist sich sicher, ein aktives Vorleben der Eltern ist entscheidend für eine klimabewusste Erziehung. Mithilfe ihres E-Books „Klimakommunikation mit Kindern“ will sie anderen Eltern dabei helfen, das Thema sensibel und ehrlich in den Alltag zu integrieren. Wir sprechen mit Veronika darüber, wie man mit Kindern spielerisch über die Klimakrise in Alltagsgesprächen reden kann.
Veronika Rivera: Ich habe mich schon länger beruflich mit der Klimakrise beschäftigt und unter anderem auf „Instagram“ eine Klimaeltern-Community betreut. Obwohl ich viel über das Thema wusste, hatte ich keine passenden Antworten auf die Fragen meiner eigenen Kinder.
Das Thema findet in verschiedenen Situationen Einzug im Alltag, ohne dass ich dabei die Klimakrise jedes Mal konkret benenne. Bei uns kommt und geht das Interesse der Kinder in Wellen. Manchmal gibt es verstärktes Interesse, zum Beispiel wenn das Thema in der Schule behandelt wird oder wenn wir Erwachsenen uns über häufige Hitzewellen im Sommer austauschen – dann kommen Fragen auf. Es gibt aber auch Zeiten, in denen die Klimakrise wochenlang kein Thema ist. Ich denke, das ist in Ordnung. Es ist mir wichtig, dass sie wissen, dass sie mich fragen können und ich ihre Fragen erstnehme und beantworte.
Schon ab dem Kleinkindalter sollten wir den Kindern vorleben, wie wir uns umwelt- und klimafreundlich verhalten.
Unsere Kinder wachsen IN und MIT der Klimakrise auf – genauso sollten sie von Beginn an mit dem Thema vertraut gemacht werden. Damit meine ich: Schon ab dem Kleinkindalter sollten wir den Kindern vorleben, wie wir uns umwelt- und klimafreundlich verhalten. In meinen Augen ist Klimakommunikation eine Haltung, die wir einnehmen. Unsere Handlungen können wir auch schon für kleine Kinder mit Worten begleiten, wie „Wir laufen zu Fuß in die Kita, weil das Auto die Luft verschmutzt“.
Das ist ein enormer Einfluss. Dabei ist es sehr wichtig, die Kinder in ihre eigenen umweltfreundlichen Handlungen einzubeziehen, wie bei dem Beispiel eben, und ihnen einen achtsamen Umgang mit Ressourcen vorzuleben. Dabei sollte Klimakommunikation keine separate Aufklärungssituation sein, sondern ein zentraler Bestandteil des Alltags. Es geht darum, permanent die Welt so zu erklären, wie sie ist und Kinder in diesen Prozess einzubeziehen.
Wir können Informationen und Zusammenhänge über die Klimakrise in unseren täglichen Routinen einfließen lassen.
Zum Beispiel können wir Informationen und Zusammenhänge über die Klimakrise in unseren täglichen Routinen einfließen lassen. Wir erklären unserem Kind, warum wir beim Zähneputzen das Wasser abstellen oder wohin der Müll geht, den wir am Flussufer sehen. Wir können darüber sprechen, welche Funktion der Baum am Straßenrand hatte, der gerade gefällt wurde, oder warum wir unseren Urlaub mit dem Zug anstatt dem Flugzeug planen.
Klar, wir können uns auch in die Spiele unserer Kinder einbringen. Wenn unser Kind gerne Lego-Häuser baut, setzen wir Solarpanele aufs Dach und erzählen, woher unser Strom kommt. Wenn es sich in königlichen Rollenspielen als Königin oder König engagiert, überlegen wir gemeinsam, welche Regeln im Königreich eingeführt werden könnten, um die Umwelt und das Klima zu schützen. Eine weitere Möglichkeit ist, das Thema durch altersgerechte Bücher aufzugreifen und unserem Kind die Möglichkeit geben, sich für die Thematik zu interessieren.
Das ist auch in Ordnung. Wenn wir Kinder in unsere eigenen Handlungen von klein auf mitnehmen, ihnen einen achtsamen Umgang mit den Ressourcen vorleben – dann findet dadurch bereits eine Kommunikation über die Klimakrise statt. Das heißt, wir müssen unser Kind nicht an den Tisch setzen und gekünstelt eine Aufklärungssituation herbeiführen. Kinder stellen oft nur Fragen, für die sie auch bereit sind, kindgerechte Antworten zu verstehen. Oftmals genügt es, genau diese Fragen offen, sensibel und verständlich zu beantworten.
Das kann ganz unterschiedlich sein, schließlich sind Kinder sehr unterschiedlich. Es gibt deshalb kein festes Alter oder Wissensniveau, das für alle gilt. Um herauszufinden, wie tief das Verständnis des Kindes zu einem Thema bereits ist, hilft es, eine Frage als offenen Gesprächsaustausch zu betrachten. Das bedeutet: Wir antworten nicht direkt. Stattdessen versuchen wir, durch Rückfragen herauszufinden, wie tief das Verständnis des Kindes zu diesem Thema bereits ist. Offene Fragen wie „Wie kommst du zu dieser Frage?“ oder „Was genau meinst du damit?“ können als Einladung zu einem Gespräch dienen, das sich auf das Kind und sein jeweiliges Alter abstimmt.
Wir können die Widerstandsfähigkeit unserer Kinder stärken, indem wir sie in sinnvolle Tätigkeiten einbeziehen, ihre sozialen Kontakte fördern und sie ermutigen, ihre eigenen Grenzen zu setzen.
Studien wie die Studie „Junge Menschen in der Klimakrise“ vom Umweltbundesamt zeigen, dass junge Menschen vor psychischen Belastungen geschützt werden können, indem sie eine hoffnungsvolle Grundhaltung kultivieren, Erholung suchen, Humor pflegen und sich kollektiv engagieren. Zusätzlich können wir die Widerstandsfähigkeit unserer Kinder stärken, indem wir sie in sinnvolle Tätigkeiten einbeziehen, ihre sozialen Kontakte fördern und sie ermutigen, ihre eigenen Grenzen zu setzen. Dabei ist es wichtig, eine sogenannte Parentifizierung zu vermeiden, bei der die Rollen zwischen Eltern und Kindern umgekehrt werden. In meinem E-Book habe ich außerdem eine umfassende Liste von Buch- und Medientipps zusammengestellt, die helfen können, diese Kompetenzen zu entwickeln und mit der Klimakrise umzugehen.
Es ist wichtig, dass wir unsere eigenen Emotionen nicht vergessen! Die Theorie der „sozial-kognitiven Lerntherapie“ des kanadischen Psychologen Albert Bandura zeigt, wie Kinder durch Beobachtung und Nachahmung lernen. Wenn Erwachsene panisch reagieren, werden sehr wahrscheinlich auch die Kinder Angst empfinden. Eltern und Bezugspersonen müssen sich daher ihrer Vorbildrolle bewusst sein und dürfen sich nicht von der Emotionalität mitreißen lassen, weil sie diese sonst unbewusst und ungewollt an ihr Kind weitergeben könnten.
Wir sollten immer darauf achten, lösungsorientiert zu kommunizieren, und uns nicht auf beängstigende Auswirkungen und Prognosen konzentrieren. Generell gilt: Mehr über Zukunftsvision sprechen und gemeinsam überlegen – Wie sieht unsere Vision einer gerechten, sozialen und ökologischen Zukunft überhaupt aus? Wo wollen wir denn hin? Das ist ein Aspekt, den auch viele Erwachsene vergessen.
Grundsätzlich stimme ich zu, dass es entscheidend ist, die Dinge korrekt zu benennen. Das Wort „Klimawandel“ erscheint mir zu mild. Tatsächlich ist der Begriff „Wandel“ positiv konnotiert. Aus diesem Grund halte ich in der Kommunikation mit Erwachsenen Begriffe wie „Klimakrise“ oder „Klimakatastrophe“ für angemessener. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass Kinder diese spezifischen Begriffe kennen. Viel wichtiger ist, dass das Thema Klimakrise nicht tabuisiert wird und Eltern keine Angst davor haben, mit ihren Kindern darüber zu sprechen.
Ich möchte noch einmal auf das Thema Selbstwirksamkeit eingehen und wie es Kinder stärken kann. Denn es stimmt zwar, dass Engagement Kindern und Jugendlichen Handlungsfähigkeit verleiht und ihnen ermöglicht, Selbstwirksamkeit zu erleben. Doch dabei besteht auch die Gefahr, dass sie sich übermäßig verantwortlich fühlen und dabei ihr Kindsein vernachlässigen. Ein Beispiel für dieses Phänomen ist die sehr junge „Fridays-for-Future“-Bewegung, in der Kinder und Jugendliche eine riesige Verantwortung übernehmen, weil die Erwachsenen nicht angemessen auf Probleme reagieren.
Als Erwachsene sollten wir ohnehin unsere Verantwortung erkennen und uns verstärkt für Klima- und Umweltschutz einsetzen.
Indem wir uns selbst aktiv für Umwelt- und Klimaschutz engagieren. Damit stärken wir unsere Kinder nachhaltig. Die Psychologin Lea Dohm von den „Psychologists for Future“ sagt etwa, dass Kinder sich weniger direkt in der Verantwortung sehen und sich besser geschützt fühlen, wenn ihre Eltern sich aktiv für Klima- und Umweltschutz einsetzen.
Ich finde, das ist eine großartige Nachricht für alle Eltern! Als Erwachsene sollten wir ohnehin unsere Verantwortung erkennen und uns verstärkt für Klima- und Umweltschutz einsetzen. Die Tatsache, dass dies auch dazu beiträgt, unsere Kinder vor Ängsten zu schützen, sollte uns zusätzlich motivieren und ein doppelter Ansporn sein, sich für eine sozial gerechte und klimafreundliche Zukunft einzusetzen.
Teaserbild: Adobe Stock
Autorin: Hannah Jäger
Ein Kommentar
Wir sprechen auch viel mit unseren Kindern über das Klima und den richtigen Umgang mit Ressourcen. Um ihnen wirklich ein gutes Vorbild zu sein, haben wir uns nun für eine Photovoltaikanlage entschieden. So können wir unseren eigenen Strom nutzen.