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Finanzen

The Great Wealth Transfer: Haben Frauen* bald mehr Geld als Männer*?

14. November 2025

geschrieben von Anissa Brinkhoff

Great Wealth Transfer

Der größte generationenübergreifenden Vermögenstransfer der Geschichte findet gerade statt: Der Great Wealth Transfer. Denn die Baby-Boomer vererben als reichste Generation ihr Geld – und das geht vor allem an uns Frauen*. Finanz-Journalistin Anissa Brinkhoff erklärt, was ihr über diese wirtschaftliche Entwicklung wissen müsst.

"Bis 2030 sollen Frauen* 35 bis 40 Prozent aller investierbaren Vermögenswerte kontrollieren."

Die reichste Generation der Geschichte vererbt ihr Geld

Es beginnt gerade eine generationenübergreifenden Vermögensumschichtung, die auch Great Wealth Transfer genannt wird, weil die reichste Generation anfängt, ihr Geld zu vererben. Die Babyboomer, geboren zwischen 1946 und 1965, sind durch eine hohe Beschäftigungsquote, jahrzehntelangem Immobilienpreiswachstum und steigenden Aktienmärkten zur reichsten Generation der Geschichte geworden.

Dieses angesammelte Vermögen wird mit ihrem Tod oder durch Schenkungen an ihre Nachkommen übergeben. Frauen* profitieren davon besonders viel, weil sie länger leben – und so nicht nur das Geld ihrer Eltern oder Großeltern erben, sondern teilweise auch das der Geschwister oder Ehemänner.

"Der patriarchalische Einfluss auf Geld wird gebrochen. Wenn Frauen* das Kapital kontrollieren, verändert sich die Kultur."

Weltweit werden laut „UBS“ und „Capgemini“ in den nächsten 20 bis 25 Jahren über 83 bis 84 Billionen US-Dollar weitergegeben, 29 Billionen davon in den USA. In Deutschland sollen in den nächsten zehn Jahren ca. 2,1 Billionen Euro vererbt werden. Bis 2030 sollen Frauen* 35 bis 40 Prozent aller investierbaren Vermögenswerte kontrollieren.

Eine wirtschaftliche und soziale Veränderung

Dies ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine soziale Veränderung. Anders gesagt: Der patriarchalische Einfluss auf Geld wird gebrochen. Wenn Frauen* das Kapital kontrollieren, verändert sich die Kultur. Und das wird auch als das wirtschaftliche Gleichstellungspotenzial des Jahrhunderts bezeichnet.

Denn Frauen* geben Geld anders aus als Männer* und investieren anders als Männer*, das zeigen Studien immer wieder. Frauen* managen die Einkäufe der Familien, legen Wert auf Gesundheit, Bildung und Nachhaltigkeit. Frauen* spenden einen größeren Anteil ihres Geldes und investieren öfter zurück in die Gesellschaft – dafür seltener in risikoreiche Produkte.

"Die Vermögenskluft zwischen arm und reich könnte sich damit vergrößern."

Werden Ungleichheiten verstärkt?

Es gibt allerdings auch kritische Aspekte des Great Wealth Transfers. Es wird ja kein neuer Reichtum geschaffen, sondern bestehender umverteilt. Und das bedeutet, dass Ungleichheiten noch mehr verstärkt werden können. Denn den Großteil allen Vermögens besitzt eine kleine, obere Schicht – es profitieren also weiterhin die Menschen, die schon Geld in der Familie haben. Und die Vermögenskluft zwischen arm und reich könnte sich damit vergrößern.

Der Great Wealth Transfer kann die Vermögens‑ und Machtverteilung zwischen den Geschlechtern verändern, aber der wirkliche Fortschritt in der Gleichberechtigung hängt dann davon ab, inwieweit Frauen* auch wissen, wie sie dieses Geld einsetzen. Beispielsweise an der Börse, wo aktuell wesentlich weniger Frauen* aktiv sind als Männer*. Denn finanzielle Gleichberechtigung erschafft der Great Wealth Transfer nicht. Es braucht also für Frauen* besseren Zugang zu Finanzbildung und geschlechtersensible Beratung, damit sie wissen, wie sie ihr Geld nach ihren Werten gut investieren können.

"Auch wenn wir Frauen* noch längst nicht 50% des weltweiten Kapitals kontrollieren – wir sind auf dem Weg dahin."

Was bedeutet das für uns?

Falls du auch erben wirst, ist es sinnvoll, rechtzeitig mit deinen Eltern darüber zu sprechen und das Erbe gut zu planen – um beispielsweise Freibeträge bestmöglich auszunutzen. Für die Finanzwirtschaft bedeutet es, dass klassische Banken sich langsam auf die neuen, vielen Kund*innen vorbereiten sollten, die ihr Geld anders anlegen wollen, als es die reichen Männer* bisher gemacht haben. Oder wir Frauen* werden unser Geld eben nicht mehr dort, sondern über neue Unternehmen investieren.

Auch wenn wir Frauen* noch längst nicht 50% des weltweiten Kapitals kontrollieren – wir sind auf dem Weg dahin.

Foto/Collage: "Canva"