Raus nach Brandenburg: Alexa von Heyden und ihre „Villa Peng“

Als Journalistin hat Alexa von Heyden für Titel wie „Deli“, „Elle“, „Financial Times Deutschland“ und „Harper’s Bazaar“ geschrieben. Zudem ist sie Buchautorin von Romanen und Modebüchern sowie Bloggerin. Viele Jahre lang hat sich Alexa mitten im Hauptstadttrubel sehr wohl gefühlt – bis es sie plötzlich ins Grüne gezogen hat. Heute lebt sie mit ihrem Mann Florian und Tochter Pauline im brandenburgischen Wusterwitz. Hier haben sie gemeinsam ein Haus am See renoviert, das Alexa als ihre „Villa Peng“ bezeichnet. Den Prozess vom Hauskauf bis zum Einzug und mehr teilt die 40-Jährige über Instagram. Wir besuchen sie an einem sonnigen Tag, um darüber zu sprechen, welche Veränderungen das Leben auf dem Lande mit sich gebracht hat und wie Alexa Hausrenovierung, Job, Erziehung und Sozialleben unter einen Hut bringt. 

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femtastics: Wie war die erste Nacht hier in der „Villa Peng“? Wie hat sich das angefühlt?

Alexa von Heyden: Wir haben Weihnachten vor zwei Jahren das erste Mal hier geschlafen. Das war ein bisschen wie Campen: Zu dem Zeitpunkt war erst ein Zimmer fertig und drumherum noch Baustelle. Mit einem kleinen Baby war das nicht wirklich romantisch. Wir wussten anfangs nicht, ob wir das Haus nur als Wochenendhaus nutzen, aber es stellte sich relativ schnell ein Zuhause-Gefühl ein. Für mich war es trotzdem zunächst nicht ganz greifbar, dass wir hier irgendwann wohnen werden. 

Wie sah dein Leben vorher aus? 

Ich habe in den letzten Jahren eine 180-Grad-Wendung gemacht. Sowohl im Privaten als auch beruflich. Ich habe ein zweites Mal geheiratet, bin Mutter geworden, habe ein Haus gekauft und bin von der Großstadt aufs Land gezogen. Vorher war ich überzeugte Großstadtpflanze, habe 17 Jahre lang in Berlin gelebt und als freie Journalistin und Bloggerin gearbeitet. Ich war sehr im Berliner Medienklüngel verwurzelt und habe das geliebt; für mich war das ein total cooles Leben.

Was war ausschlaggebend für die große Veränderung?

Als ich auf die 40 zuging, habe ich gemerkt, dass etwas Neues her musste. Mein Mann Florian und ich hatten beide eine starke Natursehnsucht. Er ist zehn Jahre jünger als ich, deshalb hat es vielleicht nicht nur mit dem Alter zu tun. Wir wollten damit einen Ausgleich zu unseren Jobs finden – ich in der Medienbranche und er in der Gastronomie.

Zuerst haben wir uns in Berlin umgeschaut nach einem kleinen Gartengrundstück oder einer Datsche. Das konnten wir aber leider nicht finden. Flori kommt aus Wusterwitz und sagte irgendwann: „Komm, wir gucken mal bei mir Zuhause!“ Zuerst wollte ich das auf gar keinen Fall, habe mich aber doch zum Mitsuchen überreden lassen. Tja, und dann habe ich mich tatsächlich in diesen Ort verliebt.

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Ich habe in den letzten Jahren eine 180-Grad-Wendung gemacht. Sowohl im Privaten als auch beruflich.

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Das Interview führt femtastics-Autorin Marie Freise (rechts)

Wann habt ihr das Haus gekauft?

2017 haben wir es gekauft, kurz bevor unsere Tochter geboren wurde. Geburt und Hauskauf passierte in der gleichen Woche. Dementsprechend war auch meine psychische Verfassung. (lacht)

Wie lief der Umzug?

Flori hat sich informiert, was so ein Umzug kosten würde und fand ein Angebot, das sehr günstig war, welches allerdings in der nächsten Woche stattfinden musste. Wir sind also innerhalb von einer Woche umgezogen. Ich wollte mich zwischenzeitlich trennen, weil ich dachte, mein Mann ist wahnsinnig geworden. Ich habe wegen des Babys eh schon kaum geschlafen und musste dann mit ihr umgeschnallt Umzugskartons packen. Das war echt kein Spaß. Als wir hier im Haus ankamen, habe ich erstmal nur geheult. Aber als ich mich beruhigt hatte, hat mein Bauchgefühl einfach gestimmt und ich wusste: Es ist die richtige Entscheidung.

Und jetzt? Fühlt es sich immer noch so an?

Jetzt, nur ein Jahr später, kann ich mir nicht mehr vorstellen, jemals wieder in Berlin zu leben. Hier ist es für mich viel entspannter – auch, weil ich hier Hilfe von Floris Eltern habe, aber vor allem für unsere Tochter. Pauline ist super gut drauf und viel draußen im Garten. Sie kennt alle Blumen und Tiere, ist selbstbewusst und selten krank. Sie wächst quasi draußen auf und ich denke, das merkt man dem Naturell eines Kindes an.

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Als wir hier im Haus ankamen, habe ich erstmal nur geheult. Aber als ich mich beruhigt hatte, hat mein Bauchgefühl einfach gestimmt und ich wusste: Es ist die richtige Entscheidung.

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Wie haben eure Freunde und Familien auf euren Umzug reagiert?

Vor allem unsere engen Freunde waren sehr enttäuscht, dass wir jetzt weg sind. Für meine Mutter war es ganz klar, dass ich wieder zurück aufs Land ziehe. Wie viele Leute in Berlin komme ich aus einer Kleinstadt und habe jetzt wieder zurück zu meinen Wurzeln gefunden. Im Sommer sind wir total ausgebucht: Alle Freunde wollen zu Besuch kommen. Viele fragen mittlerweile trotz anfänglicher Skepsis, ob wir ihnen Bescheid geben können, wenn wir ein Haus zum Verkauf in der Nähe entdecken. So einfach ist das aber mittlerweile gar nicht mehr. In Florians Freundeskreis, der auch von hier kommt, wollen sowieso viele zurück. Für mich war das ein Aha-Erlebnis: Ich habe mein ganzes Geld für Céline-Taschen auf den Kopf gehauen und viele Freunde meines Mannes sind mit 30 schon Hausbesitzer! (lacht) Da fällt einem die Kinnlade herunter. Die haben offenbar ein anderes Programm im Hintergrund laufen, was ihre Perspektive und Absicherung anbelangt. Davon bin ich ziemlich beeindruckt. Ich betrachte unser Haus jetzt als meine Altersvorsorge und deshalb ist es ganz selbstverständlich, dass ich hier viel Energie hineinstecke.

Hast du dich hier verändert?

Ich habe mich in Berlin immer stark mit anderen verglichen. Hier bin ich ganz bei mir. Interessanterweise reden die Leute hier weniger über ihre Arbeit und definieren sich nicht nur über diese. Nach Feierabend ist Zeit zum Runterkommen und nicht noch auf zig Events zu gehen oder mit Chefs hin und her zu mailen. Instagram interessiert hier wirklich niemanden. Die Leute reagieren eher befremdet und finden es ein bisschen peinlich, da so wie ich alles zu teilen (lacht). Eine Stunde von Berlin entfernt herrscht ein ganz anderes Mindset.

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Ich habe mich in Berlin immer stark mit anderen verglichen. Hier bin ich ganz bei mir.

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Ist das Leben hier einsamer?

Ja, ich vermisse meine Freunde schon sehr. Ich unternehme viel mit den Freunden von Flori, die mittlerweile auch meine Freunde sind, aber sie sind eben alle jünger als ich. Meine neue beste Freundin habe ich hier noch nicht beim Metzger getroffen. (lacht) Das muss vielleicht auch nicht sein. Ich habe meine engeren Freunde in Berlin und ich freue mich, wenn sie oft zu uns aufs Land kommen. Ich arbeite alleine im Homeoffice und tatsächlich kann ich mich am besten konzentrieren, wenn ich alleine arbeite. Der große Vorteil in Berlin ist, dass man für eine Pause vor die Tür gehen und jemanden treffen kann. Oder du gehst in dein Lieblingscafé und man kennt dich dort. Hier spreche ich oft nur mittags mit der DHL-Frau, nachmittags rede ich mit meinem Kind und abends kommt mein Mann. Da fehlt mir insgesamt schon manchmal der Input.

Einmal pro Monat fahre ich ganz bewusst nach Berlin und nehme da alles mit, worauf ich Lust habe. Ich gehe in alle Kaufhäuser, Modeläden, Sushi-Restaurants, Coffee-Shops, … Ich tue alles, was ich hier vermisse. Außerdem habe ich kürzlich auch Städte wie Magdeburg entdeckt. Ich bin wieder offener für andere Städte und entdeckungsfreudiger. In Berlin hatte ich alles, trotzdem bin ich gefühlt stagniert und wurde bequem.

Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag vorstellen?

Unter der Woche ist der Alltag gut durchgetaktet: Flori bringt unsere Kleine in die Kita und ich setze mich um 7:30 Uhr an den Schreibtisch. Ich muss so früh anfangen, weil ich am Nachmittag mit der Kinderbetreuung beschäftigt bin. Mein Hauptarbeitgeber momentan ist Elle.de. Nachmittags bin ich im Sommer meist im Garten mit meiner Tochter. Der Rechner ist dann zu. Früher habe ich immer noch E-Mails gecheckt oder abends etwas getippt. Das ist für mich jetzt tabu. Ich verdiene zwar weniger und werde sicher von hier aus keine Karriere als Chefredakteurin machen, aber das sind eben die Zugeständnisse, die ich machen muss. Im Gegenzug habe ich mich für mehr Lebensqualität entschieden. Das erleichtert mich auf eine Art, denn ich muss mir nichts mehr beweisen.

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Ich verdiene zwar weniger und werde sicher von hier aus keine Karriere als Chefredakteurin machen, aber das sind eben die Zugeständnisse, die ich machen muss. Im Gegenzug habe ich mich für mehr Lebensqualität entschieden.

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Hinter dem Garten: der See!

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Arbeitest du momentan an einem neuem Buch?

Ja, ich habe eine Buchidee, momentan suche ich noch nach einem Verlag. Es soll ein Roman werden, basierend auf der Liebesgeschichte meiner Mutter, die mit 75 Jahren nochmal heiratet und bald nach Kalifornien ziehen wird. Ich muss allerdings schauen, wie das Buchprojekt zeitlich zu regeln ist. Man stellt sich das immer so romantisch vor, ein Buch zu schreiben. Tatsächlich ist es sehr straff getaktet, wenn man einen Vertrag hat und die Veröffentlichung schon fest steht. Das wäre die letzten zwei Jahre mit Kind und Hausrenovierung nicht zu stemmen gewesen. Jetzt aber habe ich wieder große Lust auf freies Schreiben.

Wie kommst du mit deinen Nachbarn hier im Ort zurecht? Kennst du die meisten?

In unserer Straße kenne ich alle. Das sind vor allem ältere Leute, die total heiß darauf waren, zu sehen, wer hier ins Haus gezogen ist. Die stehen dann öfter mal zufällig auf der Straße oder direkt vor unserer Tür und wollen sich mal im Haus umschauen, was wir bisher so gemacht haben. (lacht) Es ziehen auch junge Familien hier in den Ort, aber die älteren sind eben auch noch da. Und ich muss sagen, der Kontakt mit der älteren Generation beseelt mich total. Das hat man in Berlin selten: ein Pläuschchen am Gartenzaun. Andere Kita-Mütter trifft man leider selten außerhalb der Kita-Zeit. Niemand hier geht auf den Spielplatz, weil jeder ein Haus und einen eigenen Garten hat.

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Was sind deine Lieblingsorte hier im Dorf?

Unser Garten im Sommer ist eigentlich schwer zu toppen. Hier komme ich runter – das ist wie mein Yogastudio, ohne dass ich tatsächlich Yoga machen muss. Und natürlich der See: Hier beginnt Europas größtes Wassersportparadies, zusammenhängend gesehen. Du kannst von hier bis zur Ostsee fahren. Es hat den Namen „Das blaue Paradies“ und so fühle ich mich hier auch. Wir haben von unserem Garten aus einen direkten Zugang zum See. Das alles insgesamt ist mein Lieblingsort. Das bringt mich so runter und ich bin innerlich viel ruhiger geworden.

Was hast du dazugelernt, seit ihr hier wohnt?

Einige handwerkliche Skills habe ich mir beigebracht. Vorher konnte ich gerade mal einen Nagel in die Wand hauen. Jetzt kann ich Schleifen, Bohren, Bauen … alles Mögliche im handwerklichen Bereich. Früher war ich in Berlin am Wochenende in Boutiquen shoppen und jetzt bin ich nur noch im Baumarkt und kenne mich dort sehr gut aus. (lacht) Vor allem in der Gartenabteilung konnte ich mich in den letzten Wochen nicht zurückhalten.

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Früher war ich in Berlin am Wochenende in Boutiquen shoppen und jetzt bin ich nur noch im Baumarkt und kenne mich dort sehr gut aus.

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Was darf man nicht verpassen, wenn man nach Wusterwitz kommt?

Du solltest dich am besten auf dein Rad schwingen und in Richtung See fahren. Es gibt einen Ruderclub, der ziemlich gut ist. Am und auf dem See ist immer viel los, er ist die Hauptattraktion.
Außerdem gibt es den Elbe-Havel-Kanal, an dem man gut entlang radeln kann. Kulinarisch gesehen ist leider nicht viel los. Es gibt zwar einen Italiener und einen Griechen, aber man sollte sich lieber ein kleines Picknick zum See mitnehmen. Ich denke allerdings, dass sich hier noch viel tun wird. Der Zugtakt auf der Strecke zwischen Wusterwitz und Berlin wird bald von einmal stündlich auf halbstündlich erhöht.

Wie würdest du deinen Einrichtungsstil beschreiben?

„Scandi Boho“ nenne ich meinen Style: skandinavisch inspiriert, aber weitaus farbenfroher. Eine Freundin von mir vertreibt marokkanische Teppiche und mein rosafarbenes Regal von Johanenlies liebe ich auch sehr. Der Name „Villa Peng“ ist an Pipi Langstrumpfs „Villa Kunterbunt“ angelehnt – ich liebe Farben! Außerdem bin ich eine große Umräumerin, mein Mann ist schon manchmal genervt. (lacht) Mit dem Thema Interieur beschäftige ich mich noch nicht so lange. Ich habe mir erste Inspirationen über Pinterest geholt und dann Stück für Stück meine vorherigen Möbel ersetzt, bis ich meinen Stil gefunden hatte. Damit bin ich jetzt sehr zufrieden.

Danke dir für das schöne Gespräch, Alexa!

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Hier findet ihr Alexa von Heyden:

 

Fotos: Sophia Lukasch

Interview: Marie Freise

Layout: Kaja Paradiek

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