Die neueste Bewegung auf vier Rädern heißt Longboard Dancing! Gerade erlebt das Surfbrett mit Rädern ein Revival und wird mit Choreografien betanzt. Wir treffen die erfolgreiche deutsche Longboard-Tänzerin Deborah Keser im Kölner Rheinpark. Sie bewegt sich grazil auf eigens von ihr designten Brettern und gewann 2014 und 2016 den in Europa wichtigsten Longboard-Tanzwettbewerb „SYCLD“ in Eindhoven. Mit ihren Boards möchte sie besonders Frauen zum Skaten ermutigen. Gerade ist sie eins der Gesichter der „#Dontstopyourself“-Kampagne von 8X4. Dass Deborah so schnell nichts stoppen kann, spürt man sofort. Am Rheinstrand sprechen wir mit ihr über die weibliche Longboard-Szene, Mut, Klischees und wo sie sich am liebsten auf ihre Boards schwingt.
Deborah Keser: Longboard-Tanzen ist nicht so rau wie das Skaten. Es geht um schöne Kombinationen von Tricks. Ich mag es einen Trick geschafft zu haben und dann den nächsten auszuprobieren. Es sind kleine Etappen, in denen man sich steigert.
Seit circa 2008 gibt es Longboards, die speziell zum Tanzen gefertigt werden. Ursprünglich kommt die Bewegung vom Surfen. Dort begibt man sich zum Anfang oder Ende des Boards, um Geschwindigkeit auf- oder abzubauen. Das Tanzen auf Asphalt ist relativ neu.
Ich hatte zunächst Angst, aber habe es einfach ausprobiert.
Über einen damaligen Kumpel kam ich zum Skaten. Ich hatte zunächst Angst, aber habe es einfach ausprobiert. Wir haben uns Videos angeschaut, in denen Leute auf Boards tanzen. Dann haben wir das auch einfach ausprobiert. Sobald ich einen Trick konnte, wollte ich den nächsten versuchen. So kam eins zum anderen.
In Eindhoven gibt es den „SYCLD – So.. You Can Longboard Dance?“ Contest. Da habe ich 2014 und 2016 den ersten Platz bei den Frauen belegt. Das ist schon so ziemlich das Beste, was es gibt. Es finden noch einige kleinere Contests statt, in Berlin, Hamburg und Paris zum Beispiel. Wenn ich Zeit habe, nehme ich teil. Es macht Spaß dabei zu sein, weil man sich mittlerweile untereinander kennt. Die Community ist recht klein und familiär.
Auf dem Tempelhofer Feld in Berlin skate ich am liebsten. Dort treffen sich alle, ob mit Rollschuhen, Fahrrädern oder Skateboards. Ein Teil ist ganz neu asphaltiert und perfekt zum Skaten. Es herrscht ein total schönes Flair, vor allem im Sommer.
Wir Frauen sollten uns nicht von Klischees unterkriegen lassen. Wir sollten nicht denken: „Ich bin eine Frau, deshalb kann ich nicht skaten.“ Es passiert auch, dass ich auf Männer treffe, die sagen, dass Skaten ja schon gefährlich sei für eine Frau, da Frauen schön aussehen sollten und man schnell aufs Gesicht fallen könne. Das ärgert mich total. Ich mache worauf ich Bock habe und halte nicht so viel von Klischees.
Mut bedeutet für mich, mich aus meiner Komfortzone zu wagen und über Grenzen hinauszugehen. Klar habe ich beim Longboard-Tanzen auch Angst. Man kann schon hart hinfallen. Es kostet mich manchmal eine gewisse Überwindung, aber die gehe ich gerne ein.
Andere Frauen denken oft, dass sie zum Skaten nicht talentiert genug seien und lassen sich davon abhalten, es überhaupt auszuprobieren. Viele haben Angst, dass man über sie lacht oder sie blöd anschaut. Ja, man bekommt mehr Aufmerksamkeit auf dem Board als Frau, aber davon sollte man sich nicht abhalten lassen.
Bei der Produktion der 8X4 Kampagne durfte ich den YouTuber Theo und das Model Julius kennenlernen. Beide passen nicht in eine typische Männerrolle, die man vielleicht im Kopf hat. Theo zum Beispiel schminkt sich und ich finde es super, dass er sich nicht in vorgegebene Bilder pressen lässt. Von ihm kann ich in jedem Fall lernen über Dingen zu stehen. Unter seinen YouTube-Videos stehen nämlich krasse Kommentare. Ich finde es total bewundernswert, dass er das nicht persönlich nimmt. Mich würde das viel mehr mitnehmen.
Mit Julius verbindet mich die Begeisterung für Kreatives. Er ist in der Graffiti- und Street Art-Szene unterwegs. Julius ist ein perfektes Beispiel, dass Oberflächlichkeiten nicht so eine große Rolle spielen. Trotz seiner Story – er hat sich bei einem Unfall schwere Verbrennungen zugezogen – wirkt er super positiv.
Ich studiere Kommunikationsdesign im Master und designe Longboards für die Marke BTFL. Neben dem grafischen Design der Boards bin ich ins Produktdesign involviert, das heißt, ich überlege welche Rollen und welche Form zu welcher Art von Board passen. Wir designen Boards von Frauen für Frauen. Oft sind Boards für Frauen nämlich zu schwer oder nicht so einfach zu lenken. Wir entwerfen passende Modelle für Frauen und kreieren somit optimale Bedingungen für Skaterinnen, damit sich möglichst viele Mädels aufs Brett wagen.
Es sollen sich möglichst viele Frauen aufs Longboard wagen.
Entweder ich beziehe das Design auf das Board – entwerfe ich also ein Trainboard für Surfer, orientiere ich mich an Wasserelementen und ahme die Pinline nach, die Randlinie, die man auf Surfboards findet. Oder ich orientiere mich an Trends, aktuell zum Beispiel florale Muster. Dabei versuche ich immer meinen eigenen Style beizubehalten, sodass man sieht, dass die Boards aus einer Hand kommen. Insgesamt habe ich bereits etwa 30 Boards designt. Am liebsten entwerfe ich Boards für Kinder. Meine Liebslingsmotive sind dabei vor allem Tiere. Kürzlich habe ich ein Faultier-Board entworfen, das gefällt mir besonders.
Ich mag es nicht auf der Stelle stehen zu bleiben. Ich habe großen Ehrgeiz mich jeden Tag weiterzuentwickeln.
In erster Linie treibt mich Ehrgeiz an. Ich arbeite an mir selbst und verbessere die Dinge, die man verbessern kann. Wenn ich einen Trick kann, dann will ich den nächsten und dann wieder den nächsten und so weiter. Ich mag es nicht auf der Stelle stehen zu bleiben. Ich habe großen Ehrgeiz mich jeden Tag weiterzuentwickeln.
Ein perfekter Tag in Köln beginnt, nachdem ich gut geschlafen habe, mit einem Frühstück zu Hause mit meinem Freund. Dann schlendern wir gemeinsam über einen Flohmarkt. Anschließend gehen wir skaten und haben eine gute Session, bei der alle Tricks gut funktionieren. Wenn wir später am Tag noch Energie haben, treffen wir uns gemeinsam mit Freunden zum Kochen oder auf ein Glas Wein.
Zunächst einmal möchte ich mein Studium mit der Masterarbeit gut abschließen. Das ist mein einzig festes Ziel. Ansonsten habe ich keine konkreten Pläne nach denen ich mein Leben ausrichte. Köln möchte ich zunächst zumindest nicht verlassen. Ich wohne seit 11 Jahren hier und bin sehr zufrieden. Berlin könnte einen Option sein, da es eine Skatehochburg ist.
Fotos: Annika Eliane
Interview: Gina Voss
Layout: Kaja Paradiek
– Werbung: Diese Story ist in Zusammenarbeit mit 8X4 entstanden –
Ein Kommentar
Witzig :
meine Frau heißt auch Deborah Keser