Wir können unser Leben selbst gestalten, davon ist Laura Letschert überzeugt. Mit ihrer Marke „Create yourself“ unterstützt sie als Life Coach Menschen dabei, ihren eigenen Weg zu gehen und die eigene Erfüllung zu leben – und sie ist der strahlende Beweis dafür, wie glücklich das macht. femtastics durfte die 29-Jährige auf ein Workshop-Wochenende im niederländischen Bergen aan Zee begleiten: In einem Haus direkt am Meer haben wir uns intensiv reflektiert und mit (vorher) völlig Fremden ausgetauscht. Wir haben gemeinsam geweint und gelacht, haben am Strand meditiert und sind schweigend durch die Dünen gelaufen. Wie uns das zu „Herzenshelden“ machen kann, warum es so wichtig ist, die Jammerrolle zu verlassen und wie Laura es geschafft hat, ihr eigenes Coaching-Business aufzuziehen: Das verrät sie uns im Interview.
Laura Letschert: Sie basiert auf einem Zitat von George Bernard Shaw: „Life isn‘t about finding yourself. Life ist about creating yourself.“ Diese zwei Sätze beschreiben für mich eindringlich, worum es meiner Ansicht nach im Leben geht: es mit vollem Selbstvertrauen und aus vollem Herzen selbst zu gestalten. Proaktiv das eigene Glück in die Hand zu nehmen. Es soll Menschen helfen, aus der Jammerkultur und der Opferhaltung auszubrechen: „Ich kann ja nichts verändern“ oder „Ich würde ja gern, aber mein Chef ermöglicht mir das nicht.“ Viele Menschen haben die Erwartung, dass äußere Umstände oder andere Menschen sie glücklich machen sollten. Für mich ist jeder Mensch einzig und allein für das eigene Glück verantwortlich. Ich möchte mit „Create yourself“ den Blick der Menschen auf das Schöne im Leben lenken – auf das, was schon da ist, und nicht auf das, was noch fehlt. Für mich ist auch ganz entscheidend: Nicht jeder Mensch auf der Welt hat das Privileg, sein Leben so zu gestalten wie wir gerade hier in Deutschland. Was ist das für ein riesiges Geschenk?
Natürlich schwebt niemand losgelöst in der Atmosphäre, wir sind immer in Systemen integriert, wir haben ein soziales Netz und gewisse Verantwortlichkeiten. Und trotzdem haben wir alle die Möglichkeit der Selbstbestimmung, wenn wir die Chancen nutzen, die da sind. Ich finde es so schade, wenn Menschen sagen: „Wenn ich eine Million hätte, dann würde ich alles anders machen.“ Oder: „Wenn ich in Rente gehe, dann gehe ich endlich auf Weltreise.“ Genau JETZT gibt es schon diese Optionen, wenn wir sie uns nur genau ansehen und nicht aus Angst direkt wieder wegschieben.
Herzenshelden sind für mich Menschen, die verstehen: Ich bin selbstbestimmt, ich habe Handlungsoptionen – in meiner jeweiligen, individuellen Situation. Auch wenn ich in einer Beziehung lebe, die mich nicht glücklich macht oder einen Job habe, der mich nicht erfüllt. Vielleicht habe ich auch eine schwere Krankheit, das Leben ist ja nicht immer rosarot. Aber in allen Situationen und mit allen Schicksalen habe ich immer die Möglichkeit, für mich selbst einzustehen. Ein Herzensheld ist in meinen Augen jemand, der am Ende sagt: Mit allen Höhen und Tiefen, das war MEIN Leben, zu 100 Prozent ich! Ich bereue nichts, denn ich habe das Bestmögliche für mich selbst und die Menschen, die ich liebe, herausgeholt. Ich habe nach meinen Werten gelebt und bin für das eingetreten, was mir wichtig ist. Ich habe die Chancen der Welt genutzt, ich habe das Leben gefeiert – und das, was wir haben.
Nicht jeder Mensch auf der Welt hat das Privileg, sein Leben so zu gestalten wie wir gerade hier in Deutschland. Was ist das für ein riesiges Geschenk?
Ja, das stimmt, der Weg ist nicht immer leicht und fröhlich. Das klingt vielleicht platt, aber für mich gibt es keine Sonne ohne Regen. Ich habe auch privat sehr viel erlebt, das nicht einfach war, aber mich zu der gemacht hat, die ich heute bin. Wir können keine Konflikte, Krankheiten oder Schicksalsschläge aus unserem Leben verbannen, wir können aber lernen, mit ihnen umzugehen und dadurch persönlich an ihnen zu wachsen. Das Schlimmste ist, wenn wir vor lauter Angst vor eventuellen Konflikten und Rückschlägen nicht richtig leben. Es müssen auch mal Tränen fließen, wir müssen auch mal Wut herauslassen. Und ich finde es auch wichtig, verletzlich zu sein. Wir können nicht immer Held sein oder die Powerfrau, die alles wuppt. Wichtig ist es, dass wir nicht in Hass gegen uns selbst verfallen, sondern fragen: Was macht mich gerade wütend? Und was kann ich tun, damit es mir besser geht? Das geht oft nur in kleinen Schritten, es kommt nicht direkt wieder Sonnenschein. Aber vielleicht suche ich mir erstmal einen Unterstand oder einen Schirm – dann regnet es zwar immer noch, aber ich werde immerhin nicht ganz so nass.
Es müssen auch mal Tränen fließen, wir müssen auch mal Wut herauslassen. Und ich finde es auch wichtig, verletzlich zu sein. Wir können nicht immer Held sein oder die Powerfrau, die alles wuppt.
Oft fragen wir uns: Was soll es bringen, wenn ich einfach nochmal aufschreibe, was ich in meinem Kopf doch schon weiß? Aber es ist etwas ganz Anderes, eigene Gedanken, Sehnsüchte, Ängste zu visualisieren – durch Worte oder durch Bilder. Das schafft ganz neuen Raum für Bewusstes und Unterbewusstes und wenn ich die Dinge schwarz auf weiß sehe, erkenne ich oft vieles erst richtig. Es ist auch ein Bekennen zu sich selbst. Ich fixiere etwas schriftlich. Wenn dann noch ein Perspektivenwechsel hinzukommt, kann ich meine blinden Flecken erkennen. Ich kann meinen Coachees dann Feedback geben oder ihr euch hier im Workshop gegenseitig. Es passiert oft, dass Menschen plötzlich sagen: Jetzt, wo ich es vor mir sehe – oder so, wie du es sagst – ergibt es plötzlich einen Sinn. Oft brauchen wir solche Impulse von außen, weil wir so in uns gefangen sind. Manchmal ist es nur ein einziger Satz, der hängen bleibt und plötzlich wissen wir: Ja, das ist es.
Ich finde es super, dass du das ansprichst. Ich möchte gar keine Wertung einbringen. Ich liebe Yoga und beschäftige mich mit Spiritualität, denn das kann auch ein Teil meiner Erfüllung sein. Mir ist es sehr wichtig, dass meine Coachings lebensnah und praktisch sind. Ich möchte meinen Coachees handfeste Tools zeigen, mit denen sie nachher arbeiten können – in der Realität, wie sie gerade politisch und gesellschaftlich aussieht. Aus meiner Sicht ist niemandem geholfen, wenn wir zwei Tage in Sphären schweben, in denen alles bunt und schön ist – und nachher kommen wir zurück in den Alltag, der eben nicht immer heile Welt ist.
Ich habe das selbst mal als Teilnehmerin in einem Workshop erlebt und es hatte einen riesen Effekt auf mich und mir wurde dadurch vieles bewusst. Für viele von uns ist die ständige Erreichbarkeit oder die Abhängigkeit von Social Media ein riesiger Stressfaktor. Was macht das mit mir, mal keine Uhr zu haben und nicht zu wissen, wie spät es ist oder kein Handy zu haben und nicht zu wissen, was auf Instagram passiert oder 59 Nachrichten in WhatsApp zu verpassen? Vielleicht ist es für mich total befreiend, um noch mehr im Moment zu sein und ich möchte das öfter erleben? Oder ich merke, es ist total schlimm für mich – dann sollte ich auch darüber nachdenken. Ähnlich ist es mit der Stille, die wir im Schweigespaziergang am Strand erlebt haben: Kann ich mit mir oder mit anderen auch mal schweigen? Oder habe ich Angst davor, was dann hochkommt?
Ich liebe es, mich ganz auf Menschen einzulassen, in ihre Welt einzutauchen, um sie zu verstehen, das ist mein Anspruch an mich als Coach. Das echte Interesse an meinem Gegenüber und den Wunsch, ihm mit aller Leidenschaft zu unterstützen, sind der Kern meiner Arbeit. Ich bin oft wie ein kleiner Schwamm, der vieles aufsaugt und es ist eines meiner Lernfelder, mich da gut abzugrenzen. Mein Mentor hat mal gesagt: „Wenn es als Coach anstrengend wird, dann tritt einen Schritt zurück und frag dich was gerade schief läuft.“ Denn als Coach bin ja nie der, der die Lösung kennt oder erarbeitet. Der Coachee ist der einzige Experte für sich und trägt seine Lösung in sich. Ich bin der Begleiter, der Fragen stellt und Impulse setzt, um an die Antworten wach zu kitzeln und Ressourcen freizusetzen. Aber wenn ein Coachee weint oder lacht, dann weine und lache ich einfach mit, weil mich seine Geschichte berührt und ich mitfühle, das möchte ich gar nicht ablegen. Das macht mich auch als Mensch aus.
Die meisten Menschen, die Kontakt mit mir aufnehmen, sind ja schon an dem Punkt, dass sie daran glauben, selbst etwas ändern zu können. Im Coaching selbst habe ich aber schon einige Male erlebt, dass meine Coachees am Anfang sagen, es gibt einfach keine Lösung für ihre Situation – und nach nur einem Tag sind sie überrascht, was sie selbst für sich erarbeitet haben und welche Chancen sich auf einmal aufzeigen. Es geht ja auch nicht darum, dass jeder nach dem Coaching seinen Job kündigt oder eine Weltreise macht. Oft sind es kleine Stellhebel, die viel bewirken oder eine Entscheidung, die neue Klarheit und einen veränderten Fokus in das Leben bringt.
Ich habe schon als kleines Mädchen viel über das Leben und mich als Mensch nachgedacht und hatte den Wunsch, etwas Eigenes zu erschaffen, auch wenn ich das nicht genau benennen konnte. Ich habe es schon immer geliebt, mich mit Menschen zu umgeben, ihre Geschichten zu hören und mich mit ihnen auszutauschen. Nach dem Abi, als alle anderen wussten, was sie beruflich machen wollten, war ich völlig planlos. Ich wusste nur, dass ich für und mit Menschen und kreativ arbeiten wollte. Gefühlt musste der perfekte Beruf für mich erst noch erfunden werden. Aus der Not heraus habe ich erst Lehramt studiert, obwohl es eigentlich gegen mein Naturell spricht, etwas nur halbherzig zu machen.
Während des Studiums hat sich das Gefühl verfestigt, dass dieser Beruf nicht meine Erfüllung ist. Mir war damals klar, dass ich einen Beruf nicht einfach als Geldverdienst sehe, sondern er ein wichtiger Teil meines Lebensglücks ist. Meine Familie hat mich auf ein Stipendium an der Birmelin-Akademie im Allgäu aufmerksam gemacht. Dort gibt es für Studenten ein zweijähriges Förder-Programm rund um Persönlichkeitsentwicklung, man darf an offenen Seminaren zu diversen Themen teilnehmen, erhält Einzelcoachings, ein 360-Grad-Feedback und vieles mehr. Ich kann es allen Studenten nur empfehlen diese ganz besondere Chance zu nutzen und sich hier zu bewerben. Das habe ich dann auch getan und nach einem zweitägigen Assessment-Center wurde ich tatsächlich genommen.
Aus meiner Sicht ist niemandem geholfen, wenn wir zwei Tage in Sphären schweben, in denen alles bunt und schön ist – und nachher kommen wir zurück in den Alltag, der eben nicht immer heile Welt ist.
Ja, diese zwei Jahre waren der absolute Wahnsinn, sie haben den Grundstein für alles weitere gelegt. Ich habe mich ganz neu kennengelernt, herausgefunden was für ein Mensch ich bin, wo meine Stärken und meine Entwicklungsfelder liegen. Schnell war mir klar: Das, was ich hier machen darf, das verstehe ich unter lernen und sich weiterentwickeln und das möchte ich an andere Menschen weitergeben. Also habe ich entschieden, meinen Bachelor fertig zu machen und dann einen anderen Weg – meinen Weg – zu gehen. Ich habe mich in verschiedene Richtungen aufgemacht, es führte eins zum anderen und schließlich hatte ich das große Glück, ein Traineeship bei einem Institut für Organisationsentwicklung, Führung und Change absolvieren zu dürfen. Dort habe ich neben zwei systemischen Coaching-Ausbildungen und einer Managementtrainer-Ausbildung alles gelernt, was für die Entwicklung von Einzelpersonen und Unternehmen wichtig ist.
Nein, ich hatte damals das Gefühl, dass ich erst die richtige Arbeitswelt erleben sollte, denn ich hatte keine wirkliche Berufserfahrung. Das ist schwierig, wenn man Unternehmen erfolgreich beraten und entwickeln möchte. Durch eine Initiativbewerbung und ein gutes Netzwerk aus meiner Praktikumszeit bin ich zu einem großen Pharmakonzern gekommen. Ich habe dort an der Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb gearbeitet, hatte Marken- und Budgetverantwortung. Das war ein echter Sprung ins kalte Wasser, denn ich hatte überhaupt keine Ahnung von diesem Business. Das habe ich anderthalb Jahre gemacht und es war für mich eine sehr prägende und aufreibende Zeit. Hier konnte ich endlich nachvollziehen, was Klienten meinten, die mir von ihrem Leidensdruck im Job und den komplizierten Strukturen in einem Konzern erzählt haben.
Rückblickend war diese kurze, aber intensive Erfahrung im Konzern sehr wertvoll für meine Entwicklung. Nicht nur, dass ich hier ganz wundervolle Menschen und meine große Liebe Christian kennengelernt habe, diese Zeit hat mich deutlich erkennen lassen, wer ich bin und was mir wichtig ist in meinem Leben. Nach gut einem Jahr habe ich deutlich gespürt: Wenn ich noch länger hier bleibe, dann verliere ich mich selbst und das, was mich ausmacht. Also habe ich mich im April 2016 getraut und mich als Coach und Berater selbstständig gemacht. Das Unternehmen, bei dem ich als Trainee gearbeitet hatte, hat mich sofort unterstützt – und ist bis heute noch mein wichtigster Auftraggeber. Der Geschäftsführer ist ein Mentor für mich und es hat mir sehr geholfen, dass er immer an mich geglaubt und mir vertraut hat.
Ja, total. Eine Frage, die ich auch Coachees in einer solchen Situation immer stelle, ist: “Was ist das Schlimmste, das passieren kann?” Für mich war klar: Zur Not gehe ich kellnern oder arbeite wie früher als Fitnesstrainerin – mehr kann nicht passieren. Zu Beginn meiner Selbstständigkeit habe ich erst einmal als Coach und Berater in Unternehmen gearbeitet. Erst als ich dort eine sichere Auftragslage hatte, habe ich mich meinem Herzensthema gewidmet: eine eigene Marke aufzubauen, mit der ich Menschen dabei begleite, ihre Persönlichkeit zu erkennen, sich selbst zu verwirklichen und ihre eigene Erfüllung zu leben. In dieser Entwicklungs- und Aufbauphase habe ich mir übrigens selbst einen Coach zur Seite geholt, da ich jemanden brauchte, der mir die entscheidenden Fragen stellt, um mich als Marke zu erkennen und den Wert meiner Arbeit zu definieren. Ich kann nie mein eigener Coach sein.
Im Oktober veranstalte ich den zweiten „Herzenshelden“-Workshop am Meer. Außerdem plane ich zum Ende des Jahres einen Workshop für Selbstständige und Dienstleister, „Create yourself in Business“: Wer bin ich und wofür stehe ich? Wie erschaffe ich meine eigene Marke, was ist mein Mehrwert, den ich Kunden wirklich biete? Wie trage ich meine Visionen nach außen und erreiche Menschen?“ Außerdem arbeite ich gerade an einem Online-Coaching-Programm, um noch mehr Menschen – unabhängig von Ort und Zeit – zu begleiten.
Ich möchte ein Haus der Begegnung erschaffen. In meiner Vision ist es ein wunderschönes altes Haus, das alle Menschen willkommen heißt, sich und dem Leben in aller Vielfalt zu begegnen. Einen „Create yourself“-Ort, an dem Menschen sich selbst entdecken, gegenseitig inspirieren und voneinander lernen. Hier entstehen neue Ideen und Projekte. Ob durch Coachings, kreative Workshops, durch Diskussionsabende, Lesungen oder Kochkurse. Vielleicht zeigen Rentner jungen Menschen, wie man näht, jemand gibt Yogakurse oder als Hobbykünstler eine Ausstellung. Natürlich steht für mich das Thema Persönlichkeitsentwicklung im Fokus. Es wäre mein absoluter Traum, einen solchen Herzens-Heimatort zu schaffen.
Der nächste Workshop in Holland findet vom 2. bis zum 5. Oktober 2018 statt. Hier könnt ihr euch anmelden.
Layout: Carolina Moscato
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