Yoni-Eier, Kristall-Dildos und Masturbationskurse – Katharina Bonk enttabuisiert mit „Liebelei“

Mit ihrer unverblümt direkten und zugleich einfühlsamen Art zieht Katharina Bonk Menschen sofort in ihren Bann. Vielleicht kommen deshalb so viele Frauen zu ihr, um gemeinsam mit ihr zu masturbieren. Ja, wirklich! Aber von vorn: Nachdem sie in Weimar Medienkunst studiert hat, zog die gebürtige Dresdnerin vor drei Jahren der Liebe wegen nach Berlin. Mit Volker Tolle experimentierte sie fortan nicht nur zwischenmenschlich, sondern auch beruflich. Gemeinsam gründeten sie „Liebelei“, einen Onlineshop für Yoni-Eier und Dildos aus Kristall, und haben dabei eine Mission: Liebe und Sexualität zu enttabuisieren und als Form der Selbstheilung gesellschaftsfähig zu machen. Ganz nebenbei hat Katharina, die auch Kundalini-Yogalehrerin, Ayurveda-Masseuse und Chakra-Heilerin ist, damit auch einen Weg gefunden, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Warum sie das jedem nur ans Herz legen kann, was Selbstfindung mit Masturbation zu tun hat und warum Rosa nicht gleich Rosa ist, erzählt sie im Interview.

Alles, was ich mache, ist eine ausgewogene Mischung aus Yoga, Frausein, Selbstfindung, Sexualität.

Das Interview führt femtastics-Autorin Stephanie Johne.

Foto rechts: Kristalldildos von „Liebelei“

femtastics: Wann kam dir das erste Mal der Gedanke, dass Liebe und Sexualität Themen sind, mit denen du dein Geld verdienen könntest?

Oh, das war sehr zeitig, auch wenn ich das immer wieder weggeschoben habe. Während des Studiums hatte ich mal eine echte Krise, dann kamen Yoga und Meditation in mein Leben. Das wurden meine Herzensthemen. Es gab eine Art Spaltung in meinem Leben, weil sich die Frage aufgetan hat, wie ich  Studium und diese Themen miteinander vereint kriege. Das war der Grund, warum es mich nach Indien gezogen hat. Mit „Liebelei“ haben sich beide Bereiche zusammengefügt. Es geht ja um Ästhetik und damit im weitesten Sinne um Medienkunst und zukünftig soll der künstlerische Aspekt bei „Liebelei“ eine größere Rolle spielen. Und dadurch, dass ich auch Workshops gebe, ist alles, was ich mache, eine ausgewogene Mischung aus Yoga, Frausein, Selbstfindung, Sexualität. Das freut mich sehr.

Du hast dich unmittelbar von der Uni in die Selbstständigkeit gewagt, richtig?

Es gab einen kleinen Umweg. Nach sieben Jahren Studium war ich der festen Überzeugung, dass ich meine Masterarbeit vermarkten möchte – ein Brettspiel für Selbsterkenntnis. Das war wirklich mein Baby, da steckte alles drin: Gedichte, Videos, Philosophie und auch schon Kristalle und Spiegel und Interaktion. Als ich Volker kennenlernte, haben wir festgestellt, dass wir beide super viele Ideen haben, was uns extrem schnell verbunden hat. Generation Selbstverwirklichung eben. Irgendwann kam uns die glänzende Idee, weil wir uns nicht festlegen wollten, ein Jahr lang jede Woche ein neues Projekt zu starten, von der Pike auf. Das heißt: mit Ideenentwicklung, Umsetzung, auf den Markt bringen, davon leben, das Ganze dokumentieren, mit anderen kollaborieren. Das Ganze sollte heißen: „Tschaka – gemeinsam läuten wir eine neue Ära des Mutes ein“.

Yoni-Eier im modernen Packaging

Die weibliche Masturbation findet langsam Einzug in die Öffentlichkeit.

Das klingt nach einem ziemlich sportlichen Plan …

Das war es auch. Wir haben also ganz viele Ideen aufgeschrieben – aus den Bereichen Event, Service und Produkt – und haben eine Testwoche gestartet. In dieser Woche hatten wir durchschnittlich vier Stunden Schlaf pro Nacht. Danach habe ich gesagt: „Sorry, das halte ich nicht aus.“ Wir haben dann überlegt, einmal im Monat ein Projekt zu machen, aber das war nicht mehr dasselbe – auch verdienen es nicht alle Ideen, einen Monat lang behandelt zu werden.

Wann kam „Liebelei“ ins Spiel?

Weil so viele unserer Ideen ohnehin schon im Bereich Liebe und Sexualität angesiedelt waren – rund 80 Prozent – war „Liebelei“ naheliegend. Die Yoni-Eier standen ebenfalls auf unserer Liste. Das kam von mir, ich hatte sie in Indien kennengelernt.

Welche Workshops bietest du an?

Ich mache zum Beispiel Yoni Ei-Initiationen. Der aufregendste Workshop ist aber sicher die „Collective Masturbation“, die wirklich gut angenommen wird. Außerdem gebe ich verschiedene Workshops inspiriert aus dem Kundalini Yoga und Improvisationstheater oder zu Themen wie Schuld, Scham und Angst von Frauen. Das mache ich hauptsächlich in Berlin, es sei denn, ich werde woanders hin eingeladen. Wenn das jemand organisiert, jederzeit gerne.

Woher rührt deiner Meinung nach gerade jetzt das große Interesse für Workshops rund um das Thema Frausein?

Sexualität ist immer noch tabuisiert, in ihrer natürlichen Form. Die weibliche Masturbation findet langsam Einzug in die Öffentlichkeit, Sprüche wie „Sorry I am late, I masturbated“ – was mir übrigens letztens passiert ist (lacht) – gibt es schon. Aber über weibliche Masturbation wirklich zu sprechen, das findet nicht statt und daraus ist mein Workshop entstanden. Die Diversität dieses Themas, das Inspirationspotential, das wir uns schenken, wenn wir uns dahingehend öffnen, oder auch die persönliche Weiterentwicklung, um aus alten Mustern herauszutreten – das alles interessiert viele Menschen. Sich zu trauen, ist natürlich eine andere Sache. Aber eine praktische Anleitung zu bekommen und an die Hand genommen zu werden, ist extrem wichtig. Und wann hat Frau schonmal die Möglichkeit, mit anderen Frauen in einem Raum zu masturbieren? Aber keine Sorge, dabei haben alle, außer mir, eine Augenmaske auf (lacht).

Was waren die großen Herausforderungen bei eurer Gründung?

Dass alles als Intimschmuck und -produkt körperverträglich sein musste. Dadurch, dass unsere Produkte aber keine Weichmacher und kein Plastik enthalten, war das gut realisierbar. Die Kette der Yoni-Eier besteht aus Edelstahl mit Gold, sie ist also nickelfrei. Das Verhandeln, das Entwerfen, das Packaging, das Logo – da haben wir viel Zeit investiert und sind immer wieder an Grenzen gestoßen.

Wir sind einfach ins kalte Wasser gesprungen, auch was die Zusammenarbeit als Paar anbelangt.

Gab es einen Plan B? Was, wenn es nicht funktioniert hätte oder wenn ihr zwei euch als Geschäftspartner doch nicht grün gewesen wärt?

Wir sind einfach ins kalte Wasser gesprungen, auch was die Zusammenarbeit als Paar anbelangt. Ich bin jemand, der immer viel Freiraum gebraucht hat und das war nun das komplette Gegenteil. Klar hat das manchmal Auswirkungen auf die Beziehung, wenn es stressig ist, aber ich würde es nicht mehr anders wollen. Wir sind seit drei Jahren zusammen, wir arbeiten praktisch seit Beginn zusammen, leben seit Beginn zusammen – ich bin schon beeindruckt, wie wir das hingekriegt haben.

Der aufregendste Workshop ist sicher die „Collective Masturbation“, die wirklich gut angenommen wird.

Eure Yoni-Eier und Dildos bestehen aus Kristallen. Gibt es eine Tendenz, welche Produkte derzeit besonders gefragt sind?

Absolut. Es gibt eine große Tendenz zum Rosenquarz. Es geht ja bei dem Thema um Selbstliebe und Sexualität und da passt der Stein natürlich super. Außerdem wählen viele Frauen eher den kleineren Dildo, der sich wunderbar zur Vaginal-Massage eignet. Die großen sind eher zur Selbstbefriedigung gedacht.

Wenn jemand auf dich zukommt, mit einer Idee und dem Plan, zu gründen – was rätst du?

Das hängt davon ab, wie derjenige drauf ist. Eine gewisse Form von Kessheit oder Schubkraft muss dahinter sein. Es kam mal eine Frau zu mir mit schönen Ideen, die jedoch viel zu leise war, das fand ich eher schwierig. Aber es ist natürlich nicht unmöglich. Es kommt immer darauf an, was sie daraus machen. Prinzipiell rate ich jedem, es zu probieren, sich selbstständig zu machen und seinem Herzprojekt zu folgen. Wenn man in etwas Sinn sieht, dann wird einen das erfüllen. Das kann natürlich auch in einem Angestelltenverhältnis der Fall sein, dann ist das auch großartig. Wenn aber tatsächlich jemand mit der Idee, zu gründen, auf mich zukommt, versuche ich sie immer zu bestärken. Auch weil ich so viel Unzufriedenheit und so viele verschwendete Talente sehe.

Prinzipiell rate ich jedem, es zu probieren, sich selbstständig zu machen und seinem Herzprojekt zu folgen.

Wie geht ihr mit dem Thema „selbst und ständig arbeiten“ der Freiberuflichkeit um?

Meine Mama hat mal angemerkt, dass Volker und ich zu viel über die Arbeit reden, dass das quasi nie ausgeklammert ist. Zu Beginn wollte ich mal, dass wir eine Regelung einführen, zum Beispiel beim Essen – dass wir sagen: jetzt ist Pause, jetzt reden wir nicht über die Arbeit. Aber das hat sich nicht halten können und das ist auch okay. Es gibt auch Tage, an denen es gar nicht um die Arbeit geht.

Du bist sehr offen, schreibst auch Artikel zum Thema Sex. Machst du dir manchmal Gedanken, wer das alles liest? Familie, Freunde?

Ich habe schon Momente, in denen ich denke: Oh Gott, meine Mama liest das auch! Sie ist Deutschlehrerin, daher bin ich an ihrer Meinung zu meinen Artikeln interessiert. Sie verbessert sie und na klar kichern wir dann über die ein oder andere Stelle. Mit meinem Papa ist Sex auch kein Problemthema. Ansonsten stört es mich nicht – es ist Teil meiner Arbeit, daraus mache ich keine Geheimnis.

Sich selbstständig zu machen geht auch mit Unsicherheiten einher. Gab es Zeiten, in denen es existenziell bei dir eng war?

Ja, natürlich. Einmal waren wir so richtig pleite. Diese Phase war zwar nicht lang, hat mir damals aber viel Angst gemacht und mich ständig Zahlen im Kopf wälzen lassen. Am Ende sind wir alle in Deutschland so abgesichert – was soll schon groß passieren?

Habt ihr eure Aufgabenbereiche klar aufgeteilt?

Weil unsere Kompetenzen sich recht überlagern, haben wir von Anfang an viel gemeinsam gemacht. Volker kümmert sich mittlerweile eher um technische Umsetzungen und Onlinemarketingstrategien, weil er sich da mehr eingearbeitet hat. Produktion und Verhandlungen mit Produzenten habe hingegen ich komplett übernommen. Es haben sich mit der Zeit einfach unsere Stärken durchgesetzt. Ich bin sehr gut im Schreiben und sehr fix darin, das heißt, ich beantworte fast alle E-Mails. Ein großes Konfliktthema ist, dass Volker die komplette Buchhaltung übernimmt. Das ist bei uns viel Arbeit.

Wie sieht die Zukunft für euch aus, beruflich und privat?

Das wird sich zeigen, wir müssen viele Grundsatzentscheidungen treffen – ob wir hier bleiben, ein Studio anmieten oder in eine größere Wohnung ziehen. Ansonsten sehe ich, dass wir nächstes Jahr wieder künstlerischer und in freieren Projekten arbeiten wollen. Wir reisen recht viel und gerne. Vielleicht in Zukunft auch mal wieder ohne Laptop. (lacht)

Danke, liebe Katharina für deine Zeit und deine Offenheit.

Hier findet ihr „Liebelei“:

Layout: Kaja Paradiek

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