Eifersucht und Verlustängste – woher diese Gefühle kommen und wie du ihnen begegnen kannst

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16. Dezember 2021

Warum bin ich eifersüchtig?

Eifersucht ist vor allem im Rahmen von romantischen Beziehungen ein bekannter, aber ungeliebter Gast. Haben wir uns einmal Hals über Kopf verliebt, kann schließlich auch die Angst wachsen, diesen Menschen wieder zu verlieren. Treffen wir dann zum Beispiel auf Ex-Freund*innen der geliebten Person oder beobachten, wie sie sich angeregt mit einem anderen Menschen unterhält, kann das in uns Eifersucht auslösen – ganz egal, wie irrational das in diesem Moment sein mag. Dieses Gefühl wird teilweise sehr unterschiedlich in unserer Gesellschaft interpretiert: Einige fassen eifersüchtig sein als romantischen Liebesbeweis auf, andere eher als belastendes Manko. Fakt ist jedoch: Eifersucht ist ein menschliches Gefühl und hat seine Daseinsberechtigung. Ausschlaggebend ist, wie wir mit ihr umgehen. Erst dieser Umgang kann Eifersucht entschärfen oder aber zu einer Gefahr für uns selbst und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen werden lassen. Autorin Luise Rau hat sich näher mit dem Thema Eifersucht für femtastics beschäftigt – und Antworten gefunden.

Woher kommt das Gefühl der Eifersucht so plötzlich? Was möchte es uns sagen? Und wie können wir damit umgehen, ohne es zu verdrängen oder uns zu stark hineinzusteigern?

Ich bin eigentlich eine reflektierte und selbstbewusste Person. Ich weiß um meinen Wert und ich weiß auch, dass ich jetzt eine harmonische, vertrauensvolle Beziehung führe. Und doch spürte ich gerade am Anfang einer Beziehung oftmals einen Anflug von Eifersucht, der mich jegliche Rationalität vergessen ließ. Ich war dann gekränkt, wollte mich zurückziehen und auf keinen Fall das Gespräch zu meinem Partner suchen. Zu allem Überfluss war ich wütend auf diese dritte Person, obwohl ich sie gar nicht kannte und doch eigentlich keinem Menschen missgünstig gegenüberstehen möchte. Woher kommt dieses Gefühl so plötzlich? Was möchte es uns sagen? Und wie können wir damit umgehen, ohne es zu verdrängen oder uns zu stark hineinzusteigern?

Menschsein ist immer mit Unsicherheit verbunden und wir sind daher auf verlässliche Beziehungen angewiesen.

Eifersucht und Verlustängste spielen eine große Rolle

Der Psychotherapeut Dr. Wolfang Krüger sieht eifersüchtig sein als integralen Bestandteil des Menschseins: „Menschsein ist immer mit Unsicherheit verbunden und wir sind daher auf verlässliche Beziehungen angewiesen. Deshalb sind wir immer eifersüchtig, wenn wir Angst haben, dass uns die Liebe eines wichtigen Menschen verloren gehen könnte.“ Eifersucht und Verlustängste spielen also nicht nur in romantischen Beziehungen eine Rolle, sondern können auch unter Freund*innen oder in der Familie auftreten. In einer Partnerschaft scheinen sie jedoch besonders häufig zu sein. Schließlich sind wir von dem gesellschaftlichen Idealbild geprägt, dass „jeder Topf seinen Deckel“ finden muss. Und wir haben auch gelernt, dass wir unseren Deckel wieder verlieren können – leichter als dies zum Beispiel bei stabilen Familienverhältnissen der Fall ist.

Polyamor lebende Menschen vertreten die These, dass die Gefühle zwischen zwei Menschen nicht weniger werden, nur weil wir auch andere Menschen anziehend finden oder mit ihnen schlafen und parallele Beziehungen führen. Hier können Eifersucht und Verlustängste besonders am Anfang auf eine harte Probe gestellt werden.

Bei monogamen Beziehungen fühlen wir uns dementsprechend schnell durch dritte Personen bedroht. Diese könnten das romantische Band schmälern oder uns unsere*n Partner*in wegnehmen. Das Beziehungskonzept der Polygamie oder Polyamorie verfolgt einen anderen Ansatz: So besagt es, dass wir Zweier-Konstellationen öffnen können – und zwar ganz ohne Bedrohung. Polyamor lebende Menschen vertreten die These, dass die Gefühle zwischen zwei Menschen nicht weniger werden, nur weil wir auch andere Menschen anziehend finden oder mit ihnen schlafen und parallele Beziehungen führen. Hier können Eifersucht und Verlustängste besonders am Anfang auf eine harte Probe gestellt werden. Gleichzeitig lernen wir jedoch, dass die Beziehung auch romantische und körperliche Bindungen zu anderen Menschen aushält und nicht sofort in Frage gestellt wird, wenn wir uns nach Anderen umschauen. Aber auch auf diesem Weg müssen wir lernen, unseren Ängsten und Sorgen auf gesunde Weise zu begegnen.

Um einen konstruktiven Umgang mit Eifersucht zu entwickeln, müssen wir zunächst auf Ursachenforschung gehen. Was genau löst eifersüchtig sein aus?

Den Umgang mit Eifersucht entwickeln

Egal um welches Beziehungskonzept es sich handelt: Um einen konstruktiven Umgang mit Eifersucht zu entwickeln, müssen wir zunächst auf Ursachenforschung gehen. Was genau löst eifersüchtig sein aus? Die Gründe dafür können entweder eher bei uns selbst oder aber bei der geliebten Person liegen. Letzteres ist oft der Fall, wenn unsere*r Partner*in die Beziehung ständig in Frage stellt, oder uns regelmäßig mitteilt, welche (optischen oder charakterlichen) Aspekte er oder sie an uns nicht mag. Dann fehlt uns die nötige Sicherheit, um Gefühle wie Eifersucht und Verlustängste gemeinsam besprechen und lösen zu können.

Liegen die Gründe für Eifersucht eher bei uns selbst, kann ein zu geringes Selbstwertgefühl der Auslöser sein. Die Ursachen dafür sind oft in unserer bisherigen Biografie begründet.

Die Angst nicht gut genug zu sein

Liegen die Gründe für Eifersucht eher bei uns selbst, kann ein zu geringes Selbstwertgefühl der Auslöser sein. Wir haben dann Angst nicht gut genug zu sein, fühlen uns austauschbar und demnach ständig von außen bedroht. Die Ursachen dafür sind oft in unserer bisherigen Biografie begründet. Laut Krüger können das zum Beispiel schwerwiegende seelische Enttäuschungen und Kränkungen aus der Kindheit sein: „Dann übertrage ich meine erlebte Unsicherheit der Kindheit auf die gegenwärtige Situation. Hier hilft meist nur eine Psychotherapie.“ Oft liegt in diesen Fällen eine massive Eifersucht vor. Diese schränkt uns im Alltag stark ein und bedroht zunehmend unsere Beziehung. Eine solche Ausprägung von eifersüchtig sein ist laut Krüger besonders verhängnisvoll: „Wir denken zu viel über den anderen nach und vernachlässigen das eigene Leben. Man hängt gleichsam immer aus dem Fenster.“

Es ist wichtig, das Leben nicht nur durch eine, sondern durch mehrere Säulen zu stützen. Diese Säulen können zum Beispiel vertraute Freundschaften, Familie, Hobbys oder ein erfüllender Job sein.

Das ist auch der Fall, wenn wir uns zu stark von dem geliebten Menschen abhängig machen und uns nur noch über unsere Beziehung definieren. Die Verlustangst ist dann natürlich besonders groß. Schließlich würde unserem ganzen Leben die einzige Grundlage entzogen werden, wenn es irgendwann zu einer Trennung kommen sollte. Deshalb ist es wichtig, das Leben nicht nur durch eine, sondern durch mehrere Säulen zu stützen. Diese Säulen können zum Beispiel vertraute Freundschaften, Familie, Hobbys oder ein erfüllender Job sein. Sie geben uns Sicherheit, machen uns selbstbewusst und ermöglichen es uns so, unsere romantische Beziehung unbeschwerter zu genießen.

Es ist wichtig, das Gefühl der Eifersucht erst einmal so zu akzeptieren, wie es ist und nicht sofort ändern zu wollen.

Eifersucht muss nicht immer einen tiefgründigeren Grund haben

Doch eifersüchtig sein muss nicht immer einen tiefgründigeren psychischen Grund haben. Stehen wir gerade erst am Anfang der Beziehung, haben noch nicht so viel Erfahrung und auch einfach mal einen schlechten Tag, können Eifersuchtsgefühle leichter entstehen. Krüger spricht dann von der milden Eifersucht. Diese kennen die meisten von uns. Sie tritt auf, wenn wir eine bestimmte Situation als Bedrohung wahrnehmen, verschwindet aber, wenn wir uns näher mit ihr auseinandersetzen. Um diese Auseinandersetzung zu bewältigen, ist es auch hier ratsam, sich Erste-Hilfe-Strategien anzueignen.

Was das Problem meist verschlimmert, ist Verdrängung. Stattdessen ist es wichtig, das Gefühl erst einmal so zu akzeptieren, wie es ist und nicht sofort ändern zu wollen. Eine Möglichkeit, dies zu realisieren, ist Meditation. Dabei nimmst du das Gefühl ganz bewusst wahr – zum Beispiel, indem du dir ausmalst, wie das Gefühl als Person aussehen würde und wie du dich mit ihm unterhalten würdest. Frage es, warum es da ist, welche Intention es hat und stelle dir vor, wie es antworten würde. Einigen Menschen hilft es, Gefühle und Gedanken zu Papier zu bringen. In beiden Fällen beschäftigst du dich intensiv mit dem eifersüchtig sein, um sie danach aus einer größeren Distanz erneut beurteilen zu können.

Führst du eine gesunde Beziehung, so solltest du dich auf das Vertrauen berufen, auf dem eure Verbindung basiert.

Beziehungskonzepte und individuelle Vorstellungen

Führst du eine gesunde Beziehung, so solltest du dich auf das Vertrauen berufen, auf dem eure Verbindung basiert. Erinnere dich daran, dass du darauf vertrauen kannst, dass sich dein*e Partner*in an eure Abmachung hält. Diese kann je nach Beziehungskonzept und euren individuellen Vorstellungen ganz unterschiedlich aussehen. In jedem Fall sollte sie aber beinhalten, dass die andere Person nicht am nächsten Tag einfach verschwindet. In einem akuten Fall von Eifersucht kann es zudem helfen, sich die die Momente in Erinnerung zu rufen, in denen du dich in deiner Beziehung besonders sicher und geliebt gefühlt hast. Diese Erinnerungen können die belastenden Bilder in deinem Kopf ersetzen, in denen dein*e Partner*in mit einer anderen Person intim wird.

Sei dir bewusst, dass du selbst dafür verantwortlich bist, deine Eifersucht und Verlustängste zu bearbeiten. Dein*e Partner*in kann dir dabei zwar helfen, aber nur bis zu einem bestimmten Ausmaß.

Belastende Gefühle können sich verschlimmern, wenn wir uns mit ihnen allein fühlen. Dann hilft es, das Gespräch mit engen Freund*innen und Familienmitgliedern zu suchen und über Ängste und Sorgen zu sprechen. Wichtig ist natürlich auch das Gespräch mit dem oder der Partner*in. Dafür solltest du jedoch zu einer gewaltfreien Kommunikation in der Lage sein. Machst du der anderen Person aufgebracht und wütend Vorwürfe, wird das Gespräch das Problem vermutlich nur verschlimmern. Sei dir bewusst, dass du selbst dafür verantwortlich bist, deine Eifersucht und Verlustängste zu bearbeiten. Dein*e Partner*in kann dir dabei zwar helfen, aber nur bis zu einem bestimmten Ausmaß. Erst wenn du bereit bist, Vertrauen zuzulassen und ruhig über deine Gefühle und deren Ursachen zu sprechen, könnt ihr das Problem gemeinsam lösen. Eine Lösung kann zum Beispiel auch weitere Abmachungen beinhalten, die euch beiden mehr Sicherheit geben.  

Mittlerweile meldet sich die Eifersucht bei mir nur noch ganz selten. Und wenn sie doch mal wieder da ist, bin ich schon recht geübt darin, ihr Raum zu geben und sie wieder gehen zu lassen. Bedeutsam für diesen Umgang ist für mich vor allem eines: Vertrauen. Vertrauen in meinen Partner, Vertrauen in unsere Beziehung und Vertrauen in meine eigene Kraft, auch unangenehmen Gefühlen gegenübertreten zu können.


Text: Luise Rau


Illustration: Helena Ravenne für femtastics

7 Kommentare

  • Ulrich Riediger sagt:

    Der Text wäre lesbarer, wenn er nicht ständig durch Gendersternchen und männliche/weibliche Bezeichnungen unterbrochen würde. Das generische Maskulinum in der Deutschen Sprache ist nicht gleich dem sexuellen Geschlecht. „Der Partner“ gilt somit für den männlichen wie für den weiblichen Partner. Alles andere ist ein schlechter Stil. Medien und deren Redaktionsleiter, die diese inkorrekte Textverstümmelung unterstützen oder gar fordern, folgen zwar der politischen Korrektheit, aber nicht dem überwiegenden Wunsch ihrer Leserschaft. Und Ihr schreibt doch für Eure Leser?

    • Paula sagt:

      Ich finde den Text wunderbar lesbar und habe mich nach vielen jahren, in denen die genderbewusste Formulierung nun schon Standard ist, gut daran gewöhnt. Inzwischen stört es mich, wenn eine rein männliche Perspektive versprachtlicht wird.

      Die grammatikalische Grundlage auf die Sie sich beziehen, ist jene vor der letzten Reform.

    • Ataraxia sagt:

      Das sehe ich auch so. Meist lese ich solche Texte gar nicht mehr. War hier eine Ausnahme.

    • Michaela sagt:

      Perfekt! Ich hätte es nicht besser ausdrücken können.

    • Sven sagt:

      Es tut nicht weh etwas neues zu lernen. Lieber meckern, als sich einer kleinen Herausforderung zu stellen?
      Ich lese mittlerweile diese Texte fließend und problemlos. Anfangs war es hier und da hollprig, aber wenn ich eine andere Sprache, ggf. noch mit anderen Schriftzeichen lerne, kann ich auch nicht von Heute auf Morgen fließend lesen. Das macht die Übung. Seine grauen Zellen etwas mehr als bis zum Tellerrand anstrengend, hilft im Kopf fit zu bleiben.
      Grüße
      Sven

  • REggy sagt:

    Ich bin am Anfang einer Beziehung. Mein Partner ist ein wunderbarer Mensch, hat Humor, kommt bei Frauen gut an. Ich merke, dass ich eifersüchtig werde. Ich glaube, dass meine Unsicherheiten mit meiner Lebensgeschichte von mehreren Verlusten zu tun haben. Ihre Informationen werden mir sicherlich weiterhelfen weiter an mir dran zu arbeiten und zu vertrauen. Vielen Dank.

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