Der eritreisch-schwedischen Musikerin und Songwriterin Adiam Dymott, bekannt unter „Adiam“, macht in der Musikindustrie so leicht keiner etwas vor. Schließlich ist sie bereits seit 15 Jahren im Geschäft! Ihr zweites Album „Black Wedding“ ist 2016 in Zusammenarbeit mit Björn Dixgård von Mando Diao entstanden. Beim Hören wird schnell klar: Die 36-Jährige lässt sich mit ihrer Musik nicht in Schubladen stecken. Sie selbst beschreibt ihren Stil als R’n’B-Post-Punk. Für eine Homestory für femtastics und das Kopenhagener Lingerie Label Moons & Junes hat sich Adiam in ihrer Berliner Wohnung fotografieren lassen. In Unterwäsche – nur vier Wochen nachdem sie ihre Tochter auf die Welt gebracht hatte. Die perfekte Gelegenheit, um mit ihr über Body Positivity, den Körper nach der Schwangerschaft und den Einfluss sozialer Medien auf das eigene Körpergefühl zu sprechen.
Adiam Dymott: Mir ist wichtig, dass alles, was ich mache, ehrlich ist und eine große Offenheit inne hat. Nur so kann man andere Menschen dazu inspirieren, sie selbst zu sein. Deshalb wollte ich das Foto-Shooting machen. Es ist eigentlich wie in jeder Lebenssituation: Du kannst dich in einer angenehmen Situation total unwohl fühlen und in einer wirklich komischen Situation richtig gut. Es kommt aus einem selbst heraus. Wie man zu sich steht. Darum war es für mich okay vier Wochen, nachdem ich Mutter geworden bin, ein Wäsche-Shooting zu machen.
Body Positivity heißt, dass man stolz auf sich selbst sein darf.
Es gab definitiv Zeiten, in denen ich Zweifel hatte und mein Aussehen nicht mochte.
Für mich bedeutet es man selbst zu sein. Das klingt abgestumpft, ist es aber nicht. Body Positivity heißt, dass man stolz auf sich selbst sein darf. Darauf, wer man ist, wie man aussieht und sich nicht ständig mit anderen vergleicht. Das ist es nämlich, was einen schon in jungen Jahren verunsichert. Vielleicht liegt es auch in unserer Natur, dass wir uns schon als Kinder mit anderen vergleichen. Für mich war das nicht leicht zu lernen, auch in Bezug darauf, was meine Fähigkeiten sind, was ich kann – und den Mut zu haben etwas anderes zu machen als die meisten Menschen um mich herum.
Das kommt in Phasen. In meinem Leben habe ich immer viel Sport gemacht und trainiert. Da ist der Körper wie ein Werkzeug und man wird sehr körperbewusst. Es gab aber definitiv Zeiten, in denen ich Zweifel hatte und mein Aussehen nicht mochte. Das ging soweit, dass ich im Sommer nicht im Bikini schwimmen gehen wollte. Das Gefühl kennen bestimmt viele Menschen. Diese Phasen kommen und gehen. Manchmal hängt es auch von der Tagesform ab.
Die Schwangerschaft hat meine Selbstwahrnehmung verändert und auf ein neues Level gebracht.
Hat die Schwangerschaft dein Körpergefühl verändert?
Mutter zu werden war für mich ein Prozess des Teilens und Loslassens. Vor allem von Dingen, die man nicht kontrollieren kann. Zum Beispiel das Gewicht. Man wird ja ständig gewogen! Anfangs war ich noch aufgeregt, zwischendrin fand ich das wirklich nicht schön, aber am Ende habe ich dann gedacht: Scheiß drauf! Allein, dass ich diese große Gewichtszunahme und massive Veränderungen im eigenen Körper, die ja für eine Schwangerschaft völlig normal sind, erlebt habe, hat sich für mich angefühlt als hätte ich einen Meilenstein in meinem Leben erreicht. Die Schwangerschaft hat meine Selbstwahrnehmung verändert und auf ein neues Level gebracht.
Mutter zu werden fühlt sich so an, als ob man ständig unmögliche Dinge tut. Ich hatte natürlich Respekt vor der Geburt. Ich weiß noch, dass ich kurz danach gedacht habe: Hey, ich hab’s einfach gemacht! Überhaupt lernt man in einer sehr kurzen Zeit wie man mit seinem Kind umgeht. Man kriegt es irgendwie hin. Das ist es, was einen wachsen lässt.
Sei nicht so streng zu dir, du packst das alles schon.
Ich habe immer versucht an mich selbst zu glauben. Oder besser: mir selbst zu glauben. Auch, wenn es mal einen Tag gab, der wirklich alles andere als gut war. Das geht vorbei. Der nächste Tag kann ganz anders werden. Besser. Und genau daran zu glauben: Sei nicht so streng zu dir, du packst das alles schon. Das muss ja nicht heute sein. Mir hat außerdem immer Sport geholfen. Dabei ging es nicht darum, wie ich aussehe oder meinen Körper forme. Ich sehe Sport vielmehr als ein mentales Training.
Ich gehe laufen, aber ich bin noch nicht besonders gut darin. Bevor ich meine Tochter hatte, habe ich Zirkeltraining gemacht. Doch mit einem Baby nimmt man, was man kriegen kann und beim Laufen bin ich flexibler und unabhängiger.
Mir haben sie gut gefallen. Das sind natürlich Profiaufnahmen. Aber um ehrlich zu sein, es gab ein paar Bilder, bei denen ich mich im Nachhinein ein wenig unsicher gefühlt habe. Man ist ja immer so selbstkritisch. Doch insgesamt bin ich stolz, dass solche Bilder entstanden sind und ich das ganze gemacht habe.
Ich fürchte mehr als einem bewusst ist. Darum bin ich nicht der größte Freund von Instagram. Klar, ich spiele auch mit. Aber ich versuche immer mir nur das anzusehen, was mich wirklich interessiert. Letztlich ist es eine Welt, die ich nicht wirklich verstehe. Was ist echt und was nicht? Das nervt mich. Mir kommt es manchmal vor wie eine Überdosis an Narzissmus. Auf der anderen Seite sind soziale Medien wahnsinnig unterstützend und inspirierend. Gerade was die Bewegung rund um Body Positivity angeht.
Am Ende ist das einzige, was zählt, wie du dich fühlst. Ob du zufrieden mit dir, deiner Arbeit, deinem Verhalten bist. Das musste ich üben.
Das ist definitiv ein Thema der heutigen Zeit. An allen Ecken und Enden wird einem vorgelebt und aufgezeigt, sich selbst zu optimieren. Das fängt bei einer perfekten Wohnung an, geht über deine Ernährung, deine Gesundheit, dein Aussehen, bis hin zu wie man ein Geschenk perfekt verpackt. Ich glaube in diesem Zusammenhang, dass einem etwas bewusster werden sollte, was man mag und nicht mag. Was man an sich heranlässt und was nicht. Man muss nicht immer dem Mainstream folgen!
Am Ende ist das einzige, was zählt, wie du dich fühlst. Ob du zufrieden mit dir, deiner Arbeit, deinem Verhalten bist. Das musste ich üben. Gerade in einem kreativen Arbeitsbereich muss man lernen die Negativität anderer auszublenden und sich auf sich zu konzentrieren. Das Allerwichtigste ist bei sich selbst zu sein und sein Selbstbewusstsein zu finden. Ich meine Selbstbewusstsein wirklich wörtlich: sich seiner selbst mit allen Stärken und Schwächen bewusst sein und alles anzunehmen.
Hier könnt ihr das aktuelle Album von Adiam hören.
Interview: Antonia Michael
Fotos: Agnete Bjerre-Madsen
Layout: Carolina Moscato
– Werbung: Die Fotos hat uns Moons & Junes freundlicherweise zur Verfügung gestellt –
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