Wo steht die feministische Außenpolitik? – Kristina Lunz im Interview

14. Dezember 2023

Feministische Außenpolitik setzt sich dafür ein, strukturelle Benachteiligungen von Menschen zu beseitigen. Anders gesagt: Alle Menschen – unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung und Identität, Hautfarbe, Religion, mit oder ohne Behinderung – sollen am politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben teilhaben können. Es geht um Frieden- und Sicherheitspolitik, Krisenmanagement, Sozialpolitik ebenso wie Klimaschutz. Außenministerin Annalena Baerbock bekennt sich regelmäßig zu feministischer Außenpolitik und der Auswärtige Dienst hat sich Leitlinien gegeben, um diese Ziele zu erreichen.

Aber wo steht die feministische Außenpolitik in diesem Jahr? Und wie kann sie sich angesichts der vielen außenpolitischen Krisen durchsetzen? Darüber sprechen wir in der neuen Folge unseres „femtastics Deep Dive“ Podcasts mit Kristina Lunz. Sie ist Politikwissenschaftlerin, Feministin, Aktivistin und Mitbegründerin des “Centre for Feminist Foreign Policy” (CFFP).

Eine feministische Außenpolitik stellt Frauenrechte, Minderheitenrechte und Menschenrechte im Allgemeinen sowie menschliche Sicherheit in den Mittelpunkt.

femtastics: Mit dem von dir mitbegründeten „Center For Feminist Foreign Policy“ willst du einen Paradigmenwechsel in der Außenpolitik einleiten. Wie sieht dieser aus?

Kristina Lunz: Ganz genau. Wir tragen dazu bei, dass Außen- und Sicherheitspolitik komplett neu gedacht werden. Historisch und traditionell liegen in der Außen- und Sicherheitspolitik die Prioritäten auf militarisierter und nationalstaatlicher Sicherheit sowie auf wirtschaftlichen Interessen. Eine feministische Außenpolitik, also ein feministisches Vorgehen, stellt stattdessen Frauenrechte, Minderheitenrechte und Menschenrechte im Allgemeinen sowie menschliche Sicherheit in den Mittelpunkt.

Das ist ein feministischer Ansatz, weil Feminist*innen das ja schon immer machen seitdem sie aktiv sind, seit 200 bis 250 Jahren, dass sie gegen patriarchale Strukturen vorgehen. Und patriarchale Strukturen in unserer Gesellschaft sind diese Gewaltstrukturen. Und wenn wir Außenpolitik feministischer machen wollen, dann wollen wir dazu beitragen, diese Gewalt herauszuholen. Also durch innovative Ideen zu Abrüstung und Rüstungskontrolle und alles das, was Menschen sicher macht und schützt, nämlich Menschenrechte, menschliche Sicherheit in den Fokus zu stellen.

Wie sehen die Leitlinien oder die Kernforderungen von feministischer Politik aus?

Es gibt Staaten wie beispielsweise Deutschland, die eine feministische Außenpolitik haben. Deutschland hat das nach Leitlinien organisiert. Der Wille ist, dass sich im Auswärtigen Amt, in Ministerien Strukturen ändern. Im Bereich Frieden und Sicherheit zum Beispiel, dass mehr Frauen* in Mediationen dabei sind, oder dass geschlechtsbasierte Gewalt oder das Gewaltanalysen der Geschlechter im Fokus stehen. Dann gibt es natürlich das, was die zivile Gesellschaft fordert, also zum Beispiel wir, und das ist meist viel radikaler. Das können wir, weil wir nicht in der Regierungsverantwortung sind. Daher muss es muss unser Anspruch sein, so visionär und vorausdenken wie möglich zu agieren.

Was fordert ihr?

Wir beim „Centre For Foreign Feminist Policy“ fordern beispielsweise im Bereich menschliche Sicherheit bzw. Abrüstung und Rüstungskontrolle, dass Deutschland dem international wichtigen Atomwaffenverbotsvertrag beitritt. Wir fordern, dass in Deutschland endlich das Rüstungsexportkontrollgesetz, das im Koalitionsvertrag steht, eingeführt wird. Das gibt es noch nicht.

Wir fordern, dass Deutschland keine kleinen und leichten Waffen bzw am besten gar keine Waffen mehr liefert. Wir agieren hier in kurz-, mittel- und langfristigen Lösungen, aber auf gar keinen Fall sollen Waffenlieferungen an Staaten erfolgen, bei denen die Gefahr besteht, dass mit den Waffen geschlechtsspezifische Gewalt ausgeübt werden kann. Im Bereich Menschenrechtsverteidigung fordern wir, dass beispielsweise auf EU-Ebene der Deutsche Justizminister Buschmann nicht weiterhin ein Vorhaben der EU-Kommission blockiert, wonach europaweit das Sexualstrafrecht inklusive der Rechtsprechung zu Vergewaltigung vereinheitlich werden soll.

Wir fordern aber auch, dass es mehr Gelder für Menschenrechtsverteidiger*innen und feministische Zivilgesellschaft weltweit gibt. Wir wissen durch Studien, dass Frauenrechtsorganisation und feministische Zivilgesellschaften am meisten Gesellschaften hin zu gerechteren Gesellschaften ändern können. All unsere Forderungen für eine aufrichtig feministische Außenpolitik, haben wir kurz vor der letzten Bundestagswahl in unserem Manifest für eine deutsche feministische Außenpolitik aufgeschrieben.

Das ganze Interview mit Kristina Lunz hört ihr in unserer Podcast-Episode!

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Foto Kristina Lunz: Sapna Richter

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