Am 24. September ist Bundestagswahl – und vielleicht habt ihr eure Wahlbenachrichtigung links liegen lassen, weil ihr denkt, dass eure Stimme ja sowieso keinen Unterschied macht? Oder weil ihr euch von keiner der antretenden Parteien so richtig angesprochen fühlt? Dann denkt bitte noch einmal nach! Jede Stimme, die nicht für die AfD ist, hilft zu verhindern, dass diese rechtsgerichtete, europa-, familien- und frauenfeindliche Partei in den Bundestag nach Berlin kommt. Die Initiative „Frauen gegen die AfD“, die sich im Januar gegründet hat, hat sich intensiv mit der Frauenfeindlichkeit und dem Antifeminismus der AfD auseinandergesetzt. Wir treffen die Initiatorin, die aus Sicherheitsgründen unerkannt bleiben will, zum Gespräch.
G.F.: Die Initiative hat sich nach einem Online-Aufruf im Dezember 2016 gegründet. Ich hatte damals gefragt, wer bei Frauen gegen die AfD mitmachen will und innerhalb von zwei Tagen haben sich rund 200 Frauen gemeldet. Der Auslöser für meinen Aufruf war, dass ich nach dem Votum zum Brexit im Juni 2016 und dann der US-Präsidentschaftswahl so wütend war, dass ich dachte: Ich muss irgendetwas gegen diese Entwicklung tun! Wir hatten dann bereits im Januar 2017 unser erstes Treffen und schon seit einer Weile treffen wir uns mit 15 bis 20 Frauen wöchentlich.
Nach dem Votum zum Brexit und der US-Präsidentschaftswahl war ich so wütend, dass ich dachte: Ich muss irgendetwas gegen diese Entwicklung tun!
Vor der Bundespräsidentenwahl in Österreich gab es die Initiative „Frauen gegen Hofer“, die gegen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer gerichtet war. Diese Initiative hat mich sehr beeindruckt. Es waren Videobotschaften von Frauen – prominenten wie unbekannten – die auf frauenfeindliche Zitate von Hofer reagiert haben. Diese Aktion fand ich super und ich dachte: So etwas müssen wir hier auch machen! Die AfD ist die gefährlichste politische Partei in Deutschland, die realistische Chancen hat, in den Bundestag zu kommen. Und das wollen wir verhindern! Wir wollen am 24. September nicht auf dem Sofa sitzen und voller Schrecken denken: Wie konnte das passieren?
Wir haben viele Parallelen zur FPÖ in Österreich gefunden und haben einfach festgestellt, dass die AfD sehr frauenfeindlich und antifeministisch ist. Das ist allgemein gerade ein politischer Trend – auch die Trump-Wahl und Trumps Wahlkampf hatten etwas sehr Antifeministisches. Alle rechtspopulistischen Parteien sind sich sehr ähnlich, nicht nur im Fremdenhass, den sie verbreiten, sondern auch in ihrem traditionellen Frauenbild. Wir heißen, genau genommen, jedoch „Frauen* gegen die AfD“, wobei das Sternchen dafür steht, dass wir auch viele Unterstützer haben, die keine Frauen sind.
Alles, was tolerant und fortschrittlich ist, will die AfD verhindern.
Definitiv. Diese Parteien und ebenso die AfD sind gegen fortschrittliche Familienpolitik, gegen die Ehe für alle, gegen „Gender-Ideologien“, wie sie es nennen. Alles, was tolerant und fortschrittlich ist, wollen sie verhindern. Sie wollen, dass Frauen wieder an Haus und Herd gebunden werden und wollen ihr männliches, weißes, erfolgreiches Klientel pushen. Sie wollen Abtreibung wieder kriminalisieren und Frauen vorschreiben, wie sie ihr Leben zu leben haben. „Hauswirtschaft“ soll wieder ein Schulfach für Mädchen werden – das sagt doch schon alles.
Die AfD arbeitet mit Angst. Es geht bei der AfD immer um die Angst der Menschen vor dem Fremden, um Angst vor zu vielen Flüchtlingen, Angst, dass einem etwas weggenommen wird, usw. Die AfD arbeitet dabei auch ganz viel mit Fake-News. Manchmal löschen sie ihre Posts nach einer Zeit wieder, aber die News war dann schon da und die Anhänger der AfD haben sie schon gelesen und verbreitet. Wir konzentrieren uns deshalb nicht auf die Themen, mit denen die AfD sowieso so häufig in den Schlagzeilen sind, sondern auf ein anderes Thema, das mehr Beachtung finden muss: die Frauenfeindlichkeit der Partei.
Geht wählen! Es ist egal, was ihr wählt – Hauptsache nicht die AfD!
Wir möchten Menschen, die denken, dass ihre Stimme bei der Bundestagswahl nicht zählt, dazu bringen, dass sie auf jeden Fall wählen gehen. Geht wählen! Es ist egal, was ihr wählt – Hauptsache nicht die AfD! Und gerade in der politischen Kraft von Frauen liegt ein enormes Potential.
Selbst, wenn die AfD nur acht Prozent bekäme, würde sie, sobald sie in den Bundestag käme, für so viel Störung sorgen, dass der Bundestag gar nicht mehr vernünftig Beschlüsse treffen könnte, weil sich alle tot diskutieren würden über völlig absurde Themen. Und für andere, wichtige Themen wäre dann keine Zeit mehr. Wir haben uns ja die Protokolle aus den Landtagen, in denen die AfD vertreten ist, angesehen. Und das wäre im Bundestag nicht anders. Die Ansichten der AfD haben im Jahr 2017 einfach nichts mehr verloren!
Die Ansichten der AfD haben im Jahr 2017 einfach nichts mehr verloren!
Wir haben einen Kampfplan aufgestellt und bei unserem ersten Treffen mehrere Arbeitsgruppen gebildet. Unter anderem eine Recherchegruppe, die AfD-Zitate recherchiert. Parallel hat eine andere Gruppe Prominente angefragt, damit wir prominente Unterstützer haben. Seit April sind wir in viele deutsche Städte gefahren, um Video-Statements von Menschen einzuholen. Dabei haben wir Frauen, aber auch Männern, Zitate von AfD-Mitgliedern vorgelegt und live die Reaktion der Menschen auf die Zitate gefilmt. Die meisten waren schockiert über die Zitate. Aus all diesen Videos haben wir eine große Kampagne entwickelt, die wir ab dem 10. September über Social Media und unsere Website verbreiten.
Zum einen hoffen wir, dass es uns viel gebracht hat, raus auf die Straße zu gehen. Allein dadurch haben wir ja unsere „Blase“, in der wir uns im eigenen Freundeskreis oder vielleicht auch auf Social Media befinden, verlassen. Bei unserer Arbeit in verschiedenen Städten haben wir viele Menschen getroffen, die sich noch nicht mit der Frauenfeindlichkeit der AfD befasst hatten. Diese Hoffnung besteht auch im Internet. Wir hoffen, dass Menschen unsere Botschaften in ihrem Netzwerk teilen werden.
Ja, absolut. Ich habe auch viele Kolleginnen, die immer sagen: „Ach, das wird doch nicht so schlimm werden!“ Aber das habe ich bei Trump und dem Brexit auch gedacht. Daher ist es wichtig, unsere Aktion zu teilen! Man muss ja gar nicht aktiv mitmachen und nicht unbedingt ein Statement abgeben, aber man sollte unsere Aktion teilen, wenn man gegen die AfD ist.
Abgesehen davon, unsere Aktion zu teilen, kann natürlich jeder, der möchte, noch Statements abgeben. Außerdem freuen wir uns, wenn uns Menschen dabei unterstützen, für unsere Aktion auf Facebook mit zu kommentieren. Auf Facebook wird am schlimmsten kommentiert, da ist jedes positive Feedback eine große Hilfe für uns.
Auf jeden Fall! Es gibt so viele Punkte, an denen wir anschließen können. Die „Frauen gegen Hofer“ haben sich nach der Wahl in Österreich umbenannt in „Frauen wollen mehr“.
7 Kommentare
Sehr gutes und so wichtiges Interview! Danke! Was ich total nachvollziehen kann aber wirklich furchtbar/beängstigend finde, ist, dass die Gründerin aus Sicherheitsgründen anonym bleibt. Da dreht sich mir der Magen um, dass wir soweit gekommen sind heutzutage.
Tolle Initiative! Unbedingt weitermachen. (y)
feminismus ist ein familienfeindlichkeit, aber mehrzahl der menschen möchte ein familien haben. deshalb ist ein konservative partei nicht schleccht. aber linke und feministen, lesbischen und andere specialgruppen mögen das nicht. haben doch auch ihre vertretung in partei. demokratie ist einen vielfalt aus alle menschen
Hallo Pavla, Feminismus ist überhaupt nicht familienfeindlich. Wir glauben, da hast Du etwas falsch verstanden.
Liebe Pavla, ich denke, du hast da etwas falsch verstanden.
Diese Gruppen mögen konservative und stiere Rollenverteilungen infrage stellen und für Selbstbestimmung plädieren, das Familienleben wird deshalb nicht angegriffen. Die Angriffslust scheint mir hier von einer anderen Seite zu kommen.