Das Erste, was man sieht, wenn man ihre Wohnung in Charlottenburg betritt, ist die große Sneaker-Sammlung: Isi Ahmed oder „your favorite halal girl“, wie sie sich auf Instagram bezeichnet, arbeitet als Stylistin und Model und ist ein großer Sneaker-Fan. Wichtiger als ihre Arbeit ist ihr jedoch, anderen jungen muslimischen POC-Frauen zu zeigen, dass sie trotz der Vorurteile, die ihnen begegnen, ihrem Traumjob nachgehen können. Wir machen mit Isi einen Ausflug in den Schlosspark Charlottenburg, hier verrät uns die 23-Jährige, mit welchen Schwierigkeiten sie in der Modebranche immer noch zu kämpfen hat, wie sie zum Modeln gekommen ist und welches Outfit ihr schlimmster Fashion-Fauxpas der Vergangenheit war. Dabei trägt sie ihre Lieblingsteile der neuen Herbst-Kollektion von C&A!
Ich wünsche mir für die nächste Generation, dass sie in einer Gesellschaft leben können, in der jede*r akzeptiert wird.
Isi Ahmed: Meine ehrliche Antwort wäre: Naja. Es hat sich viel verändert in dem Sinne, dass Menschen offener geworden sind, sich mehr über Rassismus informieren und mehr darüber reden. Aber es ist immer noch zu wenig. Gerade wurde wieder in einer bekannten Talkshow im deutschen Fernsehen das N-Wort zitiert. Dass weiße Menschen sich einfach diesen Raum nehmen und das N-Wort immer und immer wieder zitieren ist unfassbar. Es ist nur ein Wort, was ihr in eurem Wortschatz löschen müsst – trotzdem müsst ihr es immer wieder benennen! Allen Schwarzen Menschen tut das Zuhören weh.
Es tut weh, dass die Gesellschaft Rassismus nicht wahrnimmt, nicht ernst nimmt. Kurz nach den Black Lives Matter Demos war eine große Demo in Hanau in Gedenken an die Opfer des rechtsextremen Anschlags vom 19.02.2020 geplant. Die Demo wurde Corona-bedingt abgesagt, mit der Begründung, zu viele Menschen würden bundesweit nach Hanau anreisen. Eine Woche später mussten wir erleben, wie rechtsgesinnte Leute und Coronaleugner*innen durch Berlin durchmarschierten und ein rechtsextremer Mob sogar versuchte, den Reichstag zu stürmen. Das tut weh. Wenn ich diese Bilder sehe, zweifele ich daran, ob sich genug in der deutschen Gesellschaft verändert hat oder verändern wird.
Ich bin eine Schwarze, muslimische Frau. Das Kopftuch kann ich absetzen, meine Hautfarbe nicht.
Ich wünsche mir für die nächste Generation, dass sie in einer Gesellschaft leben können, in der jede*r akzeptiert wird. Eine Gesellschaft, in der Rassismus bzw. jede Art von Diskriminierung nicht stattfindet. Ich hoffe, dass die nächste Generation mit weniger Struggles zu kämpfen hat und dass meine Generation dafür die Türen öffnen konnte.
Ich bin eine Schwarze, muslimische Frau. Das Kopftuch kann ich absetzen, meine Hautfarbe nicht. Ich werde also so oder so in der Gesellschaft ausgegrenzt. Innerhalb der Muslimischen Community ist dies auch ein Thema – arabische Muslim*innen nehmen Schwarze Muslim*innen nicht so ernst und weniger wahr. Es ist also ein weiterer Kampf, den man zusätzlich in der eigenen Community führen muss und führen sollte. Der Punkt ist aber: Schwarze Menschen werden immer ausgegrenzt – egal in welcher Community oder in welchem Milieu. Das ist eine Pyramide, die zerstört werden muss. Hier ist wirklich jede*r gefragt, alle müssen sich weiterbilden.
Jede*r kann sich selbst weiterbilden. Es darf nicht von uns verlangt werden, dass wir uns damit auseinandersetzen müssen.
Man sollte sich selbst beschützen. Wenn Rassismusthemen in den Sozialen Medien gerade viral gehen und ich merke, das tut mir nicht gut, weil ich emotional nicht stabil bin und durch bestimmte Bilder verletzt werde, dann gönne ich mir eine Auszeit und achte auf mich. Gleichzeitig kenne ich das Bedürfnis, meine Stimme erheben und für die Community sprechen zu wollen. Aber nein: Du sprichst in diesem Moment nicht für die gesamte Community, sondern für dich selbst. Achte auf deine mentale Gesundheit und versuche, das Beste für dich rauszuziehen. Es ist nicht die alleinige Aufgabe von BiPOC Menschen aufzuklären. Das ist nicht unsere Arbeit. Jede*r kann sich selbst weiterbilden. Es darf nicht von uns verlangt werden, dass wir uns damit auseinandersetzen müssen.
Beim Styling kann ich mich kreativ und frei austoben. Ich sehe gerne, was man mit Kleinigkeiten alles verändern kann. Mit Klamotten kann man so viel machen! Manchmal steht nach dem Styling eine komplett neue Person vor dir. Oder bei einem Projekt, bei dem der oder die Art Director*in sagt, dass das Muscle-Shirt authentisch aussehen soll und dann nähst du zwei Nächte an einem Shirt für zwei Sekunden im Videoclip. Das ist für mich das Besondere am Styling.
Vieles, was gerade gehyped wird, kommt ursprünglich aus der Schwarzen Kultur oder von Schwarzen Menschen. Setzt euch damit auseinander!
Ich achte darauf, dass die Jobs meinen Werten entsprechen. Ich nehme nicht alle Jobs an. Bei den Modeljobs und Stylingaufträgen achte ich darauf, für wen ich das mache und ob ich dabei einen Mehrwert sehe. Ich habe einige Kooperationsanfragen abgelehnt, wenn ich das Gefühl hatte, dass ich in diesem Moment „nur“ als Muslimin und Schwarze Frau gebucht werde. Nach dem Motto: Wir setzen auf Diversity, wir sind bunt, denn wir haben ein Model, das ein Kopftuch trägt, muslimisch und Schwarz ist, also können wir nicht rassistisch sein. Es ist natürlich gut, dass mehr Diversität stattfindet. Genauso wichtig ist es, das Unternehmen bei sich selbst intern schauen: Wie viele POC arbeiten zurzeit im Unternehmen?
Es gibt noch viel zu tun! Als ich mit dem Modeln angefangen habe, habe ich meine eigene Foundation und meine eigenen Kopftücher mitgenommen, weil es beides am Set nie passend für mich gab. Ich habe oft gedacht: Das ist nicht mein Hautton. Ich habe einen Rotstich und das Make-up sieht oft zu grau aus, das kann ich nicht tragen. Irgendwann habe ich aufgehört die Sachen mitzunehmen, deshalb frage ich immer zweimal nach, wer mich schminkt und ob die Person weiß, welchen Hautton ich habe.
Oder ich kontaktiere die Make-Up-Artistin oder den Make-Up-Artist direkt, um zu besprechen, welche Produkte ich verwende. Beim Styling genauso: Mir wurden einfache Stofftücher, die gerade vom Stoffballen abgeschnitten wurden, angeboten und gefragt, ob ich damit mein Kopftuch binden kann. Damit kann ich nicht arbeiten. Man sollte intern damit anfangen, seine Leute zu briefen, damit sie sich vorher damit auseinandersetzen können. Dann kann das Ganze gut funktionieren. Man sollte sich nach der Backstory der Menschen, mit denen man arbeitet, erkundigen. Vieles, was gerade gehyped wird, kommt ursprünglich aus der Schwarzen Kultur oder von Schwarzen Menschen. Setzt euch damit auseinander! Es kann nicht sein, dass wir jedes Mal aufklären müssen, was korrekt oder unkorrekt ist.
Wenn du in der Mehrheit bist, solltest du der Minderheit zuhören.
Durch Bildung. Man sollte Betroffenen von Rassismus bitte nicht erklären, dass Rassismus nicht existiert. Viele kommen zu mir und sagen: Ich erlebe das nicht so, das kann gar nicht existieren. Natürlich kann man das nicht erleben, wenn man eine weiße Person ist. Wenn du in der Mehrheit bist, solltest du der Minderheit zuhören. Schraube das Ganze nicht runter, sondern nimm es ernst. Das ist das Wichtigste.
Im Sommer 2017 als ich nach Berlin gezogen bin, hat die vorletzte „Bread&Butter“ stattgefunden. Ich bin mit einem Sportartikelhersteller in Kontakt gekommen und wurde für ein Shooting angefragt. So hat das Ganze angefangen!
Ich wollte immer etwas mit Styling machen! Ich habe bei einem Musikvideo mitgestylt, erst als Assistentin und dann allein, was gut funktioniert hat. Dann habe ich noch nebenbei im TV bei einer Show gearbeitet. Ich habe dann gemerkt, dass Styling mein Ding ist und ich das durchziehen will.
Ich bin kein Fan von Highfashion. Mein Style ist eher urban, aber auch mal chic. Aber immer zu hundert Prozent ich. Es ist am ehesten eine Mischung aus Streetsyle und Chic.
Wenn ich für mich shoppen gehe, achte ich darauf, dass die Klamotten nachhaltig sind, beziehungsweise, dass ich sie lange trage. Ich mag keine Teile, die nur für eine Saison gehyped werden und überlege immer zweimal, ob ich das Kleidungsstück auch in zwei Jahren noch tragen würde.
Ich glaube, manchmal fließt mein persönlicher Style zu viel ein (lacht). Jeder würde Teile anders kombinieren und hat seinen eigenen Style. Manchmal muss ich Leute richtig davon überzeugen, dass sie bestimmte Teile gut tragen können. Letztendlich muss das Styling aber zu der Person passen und da muss ich manchmal ein bisschen zurückrudern und nicht zu viel von meinem eigenen Style mit einfließen lassen.
Witzig, dass du fragst. Meine Cousine hat mir neulich ein Foto geschickt, auf dem ich aussehe wie ein Junge. Ich habe mir das Bild ein paarmal angeguckt – ich weiß nicht was ich da gemacht habe. Plateauschuhe zur karierten Hose und gelben Top, Brille und das Käppi verkehrt herum auf dem Kopf. So würde ich das Käppi niemals wieder tragen!
All black geht immer. Aber eine schwarze schlichte Hose, wie die meines letzten Looks, geht auch immer. Dazu kannst du wirklich alles anziehen. Du kannst eine Hose anziehen, ein Top, ein Hoodie, es sieht immer gut aus. Und Bodies werden immer unterschätzt. Damit kann man auch sehr viel machen!
Layout: Kaja Paradiek
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