Mit ihren 28 Jahren hat Carolin Dekeyser schon die halbe Welt gesehen und sich einiges aufgebaut. Sie ist in Aachen geboren, stammt aus einer Unternehmerfamilie, hat in verschiedenen Ländern gelebt – unter anderem als Kind auf den Philippinen –, wohnte in Hamburg und New York, bevor sie sich selbstständig machte und nach Berlin zog. Von hier aus baute sie ihr Label Nay Palad auf. Was mit handgemachtem Schmuck und Taschen begann, wurde nach und nach zum Lifestyle Brand. Kürzlich sind die Nay Palad Destinations dazugekommen: außergewöhnliche Hotels an besonderen Reisezielen. Wir haben Carolin Dekeyser, die immer in Bewegung ist, im Berliner Nay Palad-Office getroffen, kurz bevor das Büro nach Barcelona umgezogen ist.
Carolin Dekeyser: Genau! Ich bin schon lange involviert in die Familienstiftung „Dekeyser & Friends“. Wir machen weltweit soziale Projekte, hauptsächlich für junge Menschen, und haben 2009 das „Compostela Projekt“ ins Leben gerufen. Auf den Philippinen gibt es – wie in vielen anderen armen Ländern auch – große Müllhalden, auf und von denen viele arme Menschen leben. Das heißt, die Kinder gehen nicht zur Schule und die Eltern stehen den ganzen Tag auf der Müllhalde und suchen nach verwertbaren Gütern. 2009 haben wir ein Stück Land außerhalb der Müllregion in einem Berggebiet gekauft, wo alles friedlich, freundlich und grün ist. Mit befreundeten Designern haben wir dort ein Dorf gebaut. Über 500 Menschen haben wir von der Müllhalde in das Dorf umgesiedelt. Sie hatten vorher kein Dach über dem Kopf und keine Ausbildung. Viele der Kinder waren sehr krank. Teilweise haben sie in dritter Generation auf der Müllkippe gelebt und hatten keinen Anschluss an sauberes Trinkwasser.
Über 500 Menschen haben wir auf den Philippinen von der Müllhalde in unser Dorf umgesiedelt.
Wir haben schnell gemerkt, dass es zwar einfach ist, ein Dorf zu bauen, aber es viel komplexer ist, eine Community zu schaffen und für Beschäftigung zu sorgen. Es sollte ja eine nachhaltige Dorfgemeinschaft entstehen. Also haben wir mit einer lokalen NGO genau dafür ein tolles Team aufgestellt. Wir haben ein Community Center, einen Kinderbereich sowie eine Hühner- und Schweinezucht geplant, damit die Bewohner sich selbst versorgen und die Produkte auf dem Markt verkaufen können.
Es war besonders schwer, für die Frauen Beschäftigung zu finden. Die Männer neigen eher dazu, nach der Arbeit mal beim Hahnenkampf vorbeizuschauen. Aber die Frauen, die alle fünf bis zehn Kinder zu Hause haben, sind ans Haus gefesselt. Sie haben Schwierigkeiten, arbeiten zu gehen, weil sie ihre Kinder nicht alleine lassen können und weil sie keine Ausbildung erhalten und noch nie in einem Arbeitsverhältnis gearbeitet haben. Das war der Punkt, an dem ich die Familienfirma verlassen und mich voll dem Stiftungsprojekt gewidmet habe. Ich habe nebenbei eine kleine Firma aufgebaut, sodass ich mit den Frauen gemeinsam etwas Neues entstehen lassen konnte.
Die Idee war, in Compostela einen kleinen Bereich zu gründen, in dem die Mütter eine Ausbildung bekommen, wie sie Schmuck herstellen und kleine Näharbeiten machen können.
Richtig. Die Philippinen sind total bekannt für Schmuck und Accessoires, für Perlen, Geflochtenes und Geknüpftes. Die Idee war, in Compostela einen kleinen Bereich zu gründen, in dem die Mütter eine Ausbildung bekommen, wie sie Schmuck herstellen und kleine Näharbeiten machen können. Mittlerweile arbeiten 25 Frauen fest für uns, die Produkte für Nay Palad, aber auch für andere Unternehmen erstellen. Ich versuche immer, neue Aufträge zu organisieren. Sie haben zum Beispiel kürzlich Armbänder für ein Festival hier in Berlin gefertigt.
Die Jüngste ist 25 und die Älteste ist Mitte 40. Wir stellen sie auf der Website vor, damit jeder sehen kann, wer die Produkte macht. Das „Compostela Projekt“ ist sehr persönlich und so will ich das auch präsentieren.
Übersetzt bedeutet „Nay“ Mutter und „Palad“ Dinge, die mit der Hand gefertigt werden. Außerdem klingt es wie ein Yoga-Gruß und das fand ich irgendwie charmant. (lacht)
Wir sind moderne Nomaden, reisen viel und haben viele kulturelle Einflüsse. Deswegen finde ich es schön, an verschiedenen Orten zu produzieren.
Wir haben geschaut, was wir vor Ort mit lokalen Materialien möglichst nachhaltig produzieren können, was die Skills der Mädels sind und welche Produkte noch dazu kommen können. Für mich hat sich schnell rausgestellt, dass die Mädels top ausgebildet sind, was die Fertigung von Schmuck und Näharbeiten betrifft. Ich finde es schlauer, sich dann auf eine Produktgruppe zu fokussieren, anstatt jedes Jahr mit komplett neuen Materialien zu arbeiten. Compostela ist also unser Herzstück und wir konzentrieren uns auf die Produkte, die dazu passen. Aber wir sind eben auch moderne Nomaden, reisen viel und haben viele kulturelle Einflüsse. Deswegen finde ich es schön, an verschiedenen Orten zu produzieren. Ein weiterer Standort ist Istanbul – ich habe viele Freunde dort und liebe die Stadt einfach über alles. Es ist eine magische Stadt, ich komme hier ins Träumen und bin regelmäßig da. Hier haben wir eine kleine Familienschneiderei gefunden, die Textilien für uns herstellt. Istanbul ist bekannt für tolle, handbestickte Stoffe. Der Plan ist, verschiedene Produkte an den passenden Standorten zu produzieren.
Genau! Die Marke ist multikulti und so soll sie sich auch anfühlen. Ich arbeite gern mit Muscheln, mit Halbedelsteinen und dazu gesellen sich Stoffe aus Istanbul – das passt einfach!
Ich bin immer vor Ort und bei allen Terminen mit Zulieferern dabei. Dann ist das viel Ausprobieren, wir schauen uns im Team die Materialien an und überlegen, was wir Tolles daraus machen können. Ich glaube nicht an Saisons, aber es kommt immer wieder etwas Neues dazu. Es ist sowieso immer irgendwo Sommer! (lacht)
Ich habe dort im Alter von 5 bis 6 Jahren gelebt. Das ist eigentlich kein Alter, in dem man sich an jedes Detail erinnert, aber meine Erinnerungen sind sehr lebhaft. Davor lebten wir in München, deswegen war es schon eine große Umstellung. Ich erinnere mich an die riesengroßen Frösche, die wir durch das Haus trugen. Ich erinnere mich an den Kindergarten, in dem total viel gesungen und getanzt wurde. Wir sind mit unseren hellblonden Haaren extrem aufgefallen.
Mein Vater hat eine Firma für Flechtmöbel gegründet, Dedon, und die besten Flechter sitzen auf den Philippinen. Dadurch sind wir auf die Insel gekommen. Wir haben dort eine eigene Produktion aufgebaut. Ein bis zweimal im Jahr bin ich seitdem auf den Philippinen. Die Verbindung ist nie abgebrochen und wir haben dort über die Jahre viele Freundschaften aufgebaut. Außerdem haben wir vor sieben Jahren ein eigenes Hotel auf einer Insel gebaut. Dort bin ich sehr oft, organisiere Fotoshootings und arbeite an neuen Produkten.
Nein, aber ich habe ein tolles Team und es macht mir alles unglaublich viel Spaß. Es sind super unterschiedliche Sachen, die dann aber trotzdem Hand in Hand gehen. Das ist schön.
Wir gehen mehr in Richtung Lifestyle und nehmen Destinations mit auf: Wir planen eigene Hotels! Das erste Hotel wird dieses Jahr in Kenia eröffnet. Das Tolle ist dann, dass wir unsere Produkte nach den Destinations planen können. Wenn wir ein kleines Boutique-Hotel beispielsweise am Strand haben, entwickeln wir die passenden Produkte dazu. Eine „Nay Palads Spa Collection“ zum Beispiel.
Ich möchte gern wunderschöne und überraschende Produkte herstellen. Wir glauben, dass es ein ganz besonderer Weg ist, wenn man Destinations hat, in denen man die Produkte zum Leben erwecken kann. Normalerweise ist es umgekehrt: Eine Marke entwickelt ein Produkt und überlegt sich, was für eine Story man drumherum bauen kann. Bei uns ist das anders, wir haben erst die Welt drumherum und daraus entstehen die Produkte. Nay Palad soll sich anfühlen wie eine Firma von Familien und Freunden. Wir sitzen in verschieden Ländern, reisen viel und haben ein tolles Team aus Designern und Architekten.
Ibiza ist mein Zuhause! Da fahre ich seit Kindheitstagen mit meiner Familie hin und mein Vater lebt dort mittlerweile auch.
Die Türkei! Speziell Istanbul mit seinem Mix aus Tradition und Moderne, den Menschen und dem Essen. Ich liebe Marokko mit seinem Bohemian-Touch. Und die Philippinen sind noch nicht so überlaufen und touristisch. Ein kleiner Geheimtipp!
Indien! Da war ich noch nie und möchte mir richtig viel Zeit nehmen, quer durchs Land zu reisen und die Menschen in Ruhe kennenzulernen.
Knapp 50 Prozent meiner Zeit, wobei ich das meistens mit Besuchen bei Freunden und Familie verbinde.
2 Kommentare
Tolle Story! Warum wurde denn das Office nach Barcelona verlegt?
Vielen Dank für das Lob! 🙂 … Wir glauben, Caro wollte besseres Wetter! 😀 Haha