Vor kurzem haben wir gemeinsam mit C&A eine femtastics-Homestory verlost. Unsere Gewinnerin ist Jessica Kreuz, die als freiberufliche Hebamme in der Geburtshilfe arbeitet und zusammen mit ihrer sechsjährigen Tochter Olivia in München lebt. Dass Jessica und Olivia ein superstarkes und supersympathisches Fempower-Duo sind, merkt man direkt, wenn man ihre Wohnung in München-Haidhausen betritt. Jessica durfte sich aus der aktuellen Frühlingskollektion von C&A ein paar stylische Teile aussuchen, die sie für uns in der Homestory trägt. Wir sprachen mit ihr über ihren Beruf als Hebamme und wie man seine Tochter als alleinerziehende Mutter zu einer starken Frau erzieht.
Jessica Kreuz: Ich bin seit 2006 ausgebildete Hebamme und liebe es, Geburten zu begleiten. Dieser Adrenalinrausch ist Wahnsinn! Man geht in den Kreissaal, lernt eine Person in einer absoluten Ausnahmesituation kennen und begleitet und betreut sie. Mir ist wichtig, Frauen ein schönes Geburtserlebnis zu schenken – auch wenn sie im Krankenhaus sind. Denn Hausgeburt oder Geburtshaus ist nicht für jeden etwas, und es ist schön, wenn auch in der Klinik ein angenehmes Erlebnis möglich ist. Als Hebamme macht man jedes Mal richtig mit, weshalb ich nach solchen Tagen abends nicht mehr viel zu geben habe. Da sind die Akkus leer.
Übrigens mag ich Krankenhäuser und deren Atmosphäre. Schon als Kind bin ich immer gerne Leute im Krankenhaus besuchen gegangen – auch wenn ich die Personen nur entfernt kannte.
Nein. Denn seit ich nicht mehr angestellt, sondern Freiberuflerin bin, verdiene ich mehr, wenn ich mehr arbeite. Das hilft sehr! Wir haben knapp 4.000 Geburten in der Klinik und wenn ich jede Geburt selbst abrechnen kann, die ich begleite, ist das finanziell besser für mich. Die Sache mit der Versicherung ist aber natürlich viel zu stemmen – besonders am Anfang war das heftig. Das kostet mich knapp 10.000 Euro im Jahr, wofür ich jeden Monat Geld zurücklegen muss. Eigentlich übernimmt die Krankenkasse einen Teil, doch das ist bei mir bisher an der Bürokratie gescheitert.
Da ist auf jeden Fall eine gehörige Portion Organisationstalent gefragt! Ich muss gut und im Voraus planen und an sehr vieles gleichzeitig denken. Mein großer Vorteil ist, dass ich es nicht anders kenne. Meine Eltern und meine Schwester unterstützen mich viel – sonst könnte ich vermutlich nicht in diesem Beruf arbeiten. Manchmal frage ich mich am Ende eines Monats schon, wie wir das alles geschafft haben und ob es in den nächsten Wochen auch funktionieren wird.
Ich arbeite an einer Klinik und bin dank der 12-Stunden-Schichten nach drei Tagdiensten in der Woche mit meinem Pensum durch. Bis vor kurzem habe ich fast Vollzeit gearbeitet, das ist aber weniger geworden, da wir gerade gut besetzt sind. An meinen Arbeitstagen schläft meine Tochter Olivia schon in der Nacht davor bei meinen Eltern, da ich um 4:30 Uhr aufstehen muss. Sie bringen sie in den Kindergarten oder behalten sie Zuhause, abends kommt sie wieder heim. An diesen Tagen bin ich oft ziemlich gerädert und auch nicht immer besonders guter Laune. Aber Olivia hat mittlerweile mehr Verständnis dafür.
Durch den Schichtdienst habe ich oft unter der Woche frei, arbeite eher am Wochenende. Das gibt uns die Freiheit, unter der Woche auch mal vom Kindergarten blau zu machen, auszuschlafen und uns gemeinsam einen schönen Tag zu gönnen. Das lieben wir! Meine Tochter schläft manchmal sogar bis 9 Uhr und ich genieße meinen ersten Kaffee in Ruhe, bevor wir gemeinsam in den Tag starten.
Durch den Schichtdienst habe ich oft unter der Woche frei, arbeite eher am Wochenende. Das gibt uns die Freiheit, uns gemeinsam einen schönen Tag zu gönnen. Das lieben wir!
Mein Plan war nie, alleinerziehende Mutter zu sein. Als ich ungeplant schwanger wurde, war aber schnell klar, dass ich das allein durchziehen muss – Olivias Vater wollte keine Kinder. Mutig habe ich mich nie gefühlt. Ich hatte sogar schon einen Termin für einen Schwangerschaftsabbruch und die Bestätigung von Pro Familia. Doch mein Bauchgefühl war gegen einen Abbruch.
Am selben Tag habe ich noch mit meiner Schwester telefoniert und sie sagte: „Mach mal die Augen zu und versuche dir vorzustellen, wie du dich fühlen würdest, wenn du den Termin heute wahrgenommen hättest.“ Da wurde mir klar, dass ich auch dann unglücklich wäre. Ich war nicht mit der Schwangerschaft unglücklich, sondern litt an einem gebrochenen Herzen. Während der Schwangerschaft hat man viel Zeit nachzudenken. Immer wieder stellte ich mir die Frage, was es bedeutet, alleinerziehend zu sein. Ich kam zu dem Entschluss, dass es nicht bedeutet, dass ich unglücklich sein werde, nur weil ich mit meinem Kind allein bin. Diese Schwangerschaft war das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist!
Daher beobachte ich die Diskussion zum Paragraf 219a gerade sehr genau. Ich war damals 28 Jahre alt und hatte immer gedacht, eine Abtreibung käme für mich nie in Frage. Wenn man nicht in der Situation steckt, kann man nicht beurteilen, was man tun würde.
Ich kam zu dem Entschluss, dass es nicht bedeutet, dass ich unglücklich sein werde, nur weil ich mit meinem Kind allein bin. Diese Schwangerschaft war das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist!
Olivia lernt, dass es unterschiedliche Familienkonstellationen gibt. Sie soll wissen, dass es völlig okay ist, wenn zwei Männer oder zwei Frauen zusammen ein Kind haben, oder dass eben manche Mamas oder Papas alleinerziehend sind.
Als Olivia auf die Welt kam, wusste ich, was echte, bedingungslose Liebe ist. Wenn man mal in einer desolaten Beziehung war, in der Liebe immer an Bedingungen geknüpft ist, dann ist das ein Aha-Erlebnis. Das mag kitschig klingen, aber es war so heilsam für mich, dass ich dieses kleine Menschlein so lieben kann und einfach zurückgeliebt werde. Auch dann, wenn ich schlechte Laune habe. Wenn man mir während des Entscheidungsprozesses gesagt hätte, wie schön das alles werden würde, hätte ich nicht eine Minute über einen Abbruch nachgedacht.
Die erste Zeit war allerdings auch schwierig, da Olivia sehr viel geschrien hat – teilweise rund um die Uhr. Sie kam gefühlt schon wütend auf die Welt und ich hatte oft ein schlechtes Gewissen. Ich hatte das Gefühl, sie hat im Bauch meine anfängliche Unsicherheit mitbekommen. Wir konnten kaum das Haus verlassen, weil sie sofort reizüberflutet war. Während dieser Zeit fühlte ich mich oft sehr isoliert. Jetzt würde ich anderen Frauen aber sagen: „Hab keine Angst!“ Denn im Nachhinein waren meine Ängste und auch die Sorgen unnötig. Alles kommt wie es kommen soll, gerade bei so lebenswichtigen Entscheidungen. Wenn ich einer Frau, die in meiner damaligen Situation wäre, einen Rat geben müsste, würde ich ihr sagen: „Trau dich!“, weil es ganz wunderbar werden kann, auch, wenn man vielleicht andere Pläne im Kopf hatte.
Ich bin ganz offen und ehrlich zu Olivia. Für uns beide war es nie ein großes Thema, dass wir nur zu zweit sind. Das ist viel intensiver geworden, seit sie im Kindergarten ist. Jetzt stellt sie manchmal die Frage, ob ich nicht wieder mit ihrem Vater zusammen sein könnte, da er keine Partnerin mehr hat. Viel reden ist hier sehr wichtig. Eine Mama im Kindergarten hat gefragt, wie sie ihren Kindern erklären soll, dass ich alleinerziehend bin. Olivia musste sich von anderen Kindern oft anhören: „Du hast ja keinen Papa!“ Das hat sie sehr verletzt, aber mittlerweile steht sie drüber und antwortet, dass sie natürlich einen hat, er aber nur nicht bei uns wohnt.
An unserer Haustür hängt ein Schild, auf dem „Familie Kreuz“ steht. Andere Kinder wundern sich manchmal darüber und sagen, wir seien ja keine richtige Familie. Ich erkläre dann, dass auch wir eine Familie sind, die aber nur aus zwei Menschen besteht. Es ist interessant, wie konservativ viele Kinder noch großwerden. Olivia lernt, dass es unterschiedliche Familienkonstellationen gibt. Sie soll wissen, dass es völlig okay ist, wenn zwei Männer oder zwei Frauen zusammen ein Kind haben, oder dass eben manche Mamas oder Papas alleinerziehend sind.
Es ist interessant, wie konservativ viele Kinder noch großwerden.
Über dieses Thema mache ich mir nicht besonders viele Gedanken. Wenn ich ihr das vorlebe, wird sie es hoffentlich verinnerlichen. Von Zuhaue kenne ich es auch nicht anders. Ich mache viel selbst, baue Dinge für die Wohnung. Aber auch da muss ich mich manchmal wundern, welche Rollenbilder in Kindern verankert sind. Wir hatten schon die Situation, dass ich eine Lampe aufgehängt habe und Olivia zu mir sagte: „Komm runter von der Leiter, wir rufen Opa an. Das ist doch keine Frauensache.“ Wenn man sich die gesellschaftliche Entwicklung in Sachen Frauenrechte ansieht, ist einfach klar, dass da noch viel getan werden muss.
Das ist wirklich schwierig. Ich glaube, in den ersten drei Jahren war ich genau zweimal mit Freunden unterwegs. Abends ist die Zeit am Tag, in der man als alleinerziehende Mama isoliert ist. Um die Uhrzeit kommt nicht oft jemand vorbei – vor allem nicht, wenn die Freunde auch Kinder haben. In solchen Momenten fühle ich mich schon manchmal einsam. Einen neuen Partner habe ich nicht. Ich bin zwar mit Männern ausgegangen, aber wenn ich mal Zeit habe auszugehen, finde ich es gerade irgendwie schöner, die Zeit mit meinen Mädels zu verbringen. Wenn Olivia tatsächlich mal beim Papa ist, dann liebe ich es, mit Pizza im Bett Serien zu schauen. Das passiert selten, aber auch diese Tage brauche ich!
Olivia und ich sind ein so eingespieltes Team!
Ich hätte gerne noch mehr Kinder und auch Olivia hat einen großen Geschwisterwunsch. Ich folge zum Beispiel einigen Müttern auf Instagram, die Co-Parenting machen oder eben auch alleinerziehend sind.
Darüber habe ich mir oft Gedanken gemacht. Ich hätte gerne noch mehr Kinder und auch Olivia hat einen großen Geschwisterwunsch. Ich folge zum Beispiel einigen Müttern auf Instagram, die Co-Parenting machen oder eben auch alleinerziehend sind. Andererseits ist es so schön zwischen mir und Olivia – wir sind so stark miteinander verbunden, dass ich hin- und hergerissen bin: Einerseits wäre es schön und ich würde mir auch zutrauen, das nochmal allein zu schaffen. Andererseits sind wir beide ein so eingespieltes Team, dass die Vorstellung, außer uns würden noch ein Mann und ein Baby hier sein, fast Beklemmungen auslöst. Eigentlich ist alles gut so wie es ist!
Fotos: Sophie Wanninger
Interview: Purista Merk
Layout: Kaja Paradiek
– Werbung: in Zusammenarbeit mit C&A –
Ein Kommentar
Eine wirklich hinreißende Wohnung! Toll…