Am Café Eisprinzessinnen läuft man nicht unbedingt zufällig vorbei – es liegt nicht am Jungfernstieg oder Mitten in St. Pauli – und doch stehen die Menschen an warmen Tagen Schlange vor der Eistheke und die ganze Straße entlang. Die Eisprinzessinnen in Hamburg-Othmarschen besuchen sogar Hamburgbesucher aus München oder Köln, die das Café extra auf ihre Hamburg-Liste gesetzt haben. Warum? Weil das Eis hier superlecker schmeckt, es ausgefallene Sorten wie Gurke, Franzbrötchen oder Trauben-Sorbet gibt – und alles aus natürlichen Zutaten im hauseigenen Eislabor hergestellt wird. Hinter den Eisprinzessinnen stecken Katrin Kerkhoff und Lara Maria Oppenberg. Die beiden studierten Architektinnen hatten genug von ihren alten Jobs und haben im Mai 2014 die Eisdiele ihrer Träume eröffnet. Wir besuchen sie an einem sonnigen Vormittag zum Gespräch.
Femtastics: Wenn ein Wochenende besonders heiß ist, müsst ihr im Akkord arbeiten, oder?
Katrin Kerkhoff: Ja, das ist Wahnsinn! Dann stehen die Leute vor unserem Laden Schlange.
Seid ihr nach so einem Tag total k.o., oder gewöhnt man sich daran?
Lara Maria Oppenberg: Man gewöhnt sich dran. Letztes und vorletztes Jahr hatten wir auch tolle Sommer und haben viel gearbeitet. Dieses Jahr fing intensiv an, aber man wird auch routinierter. Dass wir eine Schlange vor der Tür haben, deren Ende wir nicht sehen können, das kennen wir schon. Man kann nicht mehr machen als zügig arbeiten.
Katrin: Am Anfang hat uns das noch Angst gemacht. Da hat zwar alles funktioniert, aber es war bisschen chaotischer (lacht).
Wie sieht ein Arbeitstag bei euch aus?
Katrin: Wir hatten anfangs diese romantische Vorstellung, dass wir beide morgens Früh hier herkommen, bis mittags ein bisschen Eis produzieren und dann den Laden schmeißen. Wir dachten: Vielleicht brauchen wir irgendwann mal eine Aushilfe? Das hat so von Anfang an nicht funktioniert!
Wieso nicht?
Katrin: Wir hatten direkt nach der Eröffnung traumhaftes Wetter und es hat nie gereicht, nur vormittags Eis zu produzieren. Wir haben parallel gearbeitet, eine unten im Eislabor, eine oben im Laden. Aber im Laden kann man nicht alleine sein, also brauchten wir von Anfang an auch Mitarbeiter. Abends kommen wir manchmal erst um 21 oder 22 Uhr hier raus – je nachdem, wie das Wetter ist. Wir sind froh, dass wir nicht schon morgens um 6 hier stehen müssen, um Eis zu produzieren, sondern dass die Produktion parallel zum Verkauf läuft. Außerdem ist es auch schön für die Gäste, dass sie unten bei der Eisproduktion zuschauen können.
Da wir unser Eis natürlich herstellen und gute Produkte verwenden, wollten wir die Produktion auch so transparent wie möglich gestalten.
Ja, es ist toll, dass man sehen kann, wie ihr das Eis macht!
Lara: Das war uns auch von Anfang an wichtig: Da wir unser Eis natürlich herstellen und gute Produkte verwenden, wollten wir die Produktion auch so transparent wie möglich gestalten.
Die Eisproduktion läuft also mittlerweile den ganzen Tag über?
Lara: Bei uns hat es sich so eingespielt, dass Katrin meistens oben das Café macht und ich unten in der Produktion bin.
Katrin: Manchmal können wir kein Eis für den nächsten Tag vorbereiten. Wenn viel los ist, ist das Eis gerade fertig und durchgefroren, dann kommt es schon oben in den Verkauf und überlebt den Tag gar nicht.
Lara: Und wir können abends nicht Feierabend machen, wenn kein Eis für den nächsten Tag da ist.
Wie viele Sorten bietet ihr an?
Lara: Wir haben dreizehn verschiedene Sorten in der Vitrine.
Und wie viele Liter Eis produziert ihr an einem guten Tag?
Katrin: Wenn viel los ist, gehen so 30 Schalen Eis weg, das sind rund 150 Liter.
Stellt ihr euch mit der Produktion immer ein bisschen auf den Wetterbericht ein?
Lara: Ja, das muss man schon. Wenn wir wissen, dass das Wetter gut bleiben soll, müssen wir vorbereitet sein: Dann müssen wir alle Rohstoffe vorrätig haben, personaltechnisch entsprechend eingestellt sein und uns auch zeitlich darauf einstellen, dass einem einiges abverlangt wird. Wenn es regnet, kann man sich zwischendurch auch mal um Anderes kümmern: Papierkram, Buchführung … Das bleibt an Spitzentagen liegen.
Und wie entscheidet ihr, welche Eissorten es geben soll?
Katrin: Die Hälfte der Vitrine ist immer mit unseren Klassikern gefüllt, also Sorten, die wir fast immer haben, wie Vanille, Schokolade, Erdbeer, Straciatella, Zitrone, Cassis, Mango, … Und alles Andere variiert. Da ist immer etwas Nussiges dabei, etwas mit Joghurt oder Quark, Sorbets, mal ein paar ausgefallenere Sachen wie Apfel-Sellerie oder Gurke. Wir sitzen nicht jeden Morgen hier und überlegen uns, was wir machen. Wir überlegen uns das spontan. Es soll ja auch für unsere Stammgäste nicht langweilig werden.
Wie entwickelt ihr neue Sorten?
Lara: Wir essen ja beide gerne. Ob das jetzt Eis ist oder Anderes. Und da weiß man, was zusammenpasst oder nicht.
Katrin: Zum Beispiel das Ziegenmilcheis, das entstand daraus, dass wir immer gerne Ziegenkäse überbacken mit Honig gegessen haben. Warum kann man das nicht als Eis machen? Rosmarin gibt die besondere Note.
Lara: Viele Sorten entwickeln wir auch nach Saison. Jetzt ist gerade Rhabarberzeit, also haben wir ein Rhabarbereis entwickelt. Ich habe früher immer Erdbeer-Rhabarber-Vanille-Marmelade gekocht und das habe ich aufs Eis übertragen. Wir haben zwar in der Eisfachschule gelernt, wie man Eis herstellt, aber nicht jede Sorte. Wenn man neue Sorten kreiert, muss man wissen, wie man es macht.
Richtet ihr euch auch nach Kundenwünschen?
Katrin: Ja, das haben wir ganz oft schon gemacht. Die Gäste freuen sich dann total.
Welche Sorten sind auf diese Weise entstanden?
Katrin: Als erstes das Lakritzeis. Wir haben Stammgäste, die schon bei unserem Pre-Opening da waren und damals schon gesagt haben, dass sie so gerne Lakritz essen und ob wir nicht einmal Lakritzeis machen könnten. Zu ihrem Geburtstag haben wir das Eis dann entwickelt und sie waren richtig glücklich damit.
Gibt es Bestseller?
Lara: Vanille wird am meisten verkauft. Aber auch, weil es ins Spaghettieis kommt und in den Eiscafé. Stracciatella, Erdbeer und Schokolade sind auch Sorten, die sehr gefragt sind. Aber wir haben ja auch Gurkeneis. Und das hatten wir ursprünglich gemacht, damit die Leute drüber sprechen. Und es hat funktioniert: alle Eltern kamen vom Spielplatz und sagten: „Bei euch gibt es Gurkeneis? Der ganze Spielplatz redet darüber!“
Katrin: Mohn und Franzbrötchen sind auch beliebt. Und alles mit Krümeln oder Crunch drin.
Woher kennt ihr beide euch?
Katrin: Wir haben uns im Studium kennengelernt. Direkt am ersten Tag haben wir nebeneinander gesessen, vor fast vierzehn Jahren.
Wie kam es, dass ihr die Eisprinzessinnen eröffnet habt?
Lara: Wir haben beide Architektur studiert und haben einige Jahre im gleichen Architekturbüro hier in Hamburg gearbeitet, in dem wir nacheinander gelandet sind. Wir haben dann aber gemerkt, dass wir nicht unser Leben lang als Architektinnen arbeiten wollen.
Architektur ist toll, aber der Alltag des Architekten ist anders als wir es uns vorgestellt hatten.
Warum nicht?
Lara: Architektur ist toll, aber der Alltag des Architekten ist anders als wir es uns vorgestellt hatten. Man arbeitet viel für große Unternehmen, die einem diktieren, was genau man machen muss. Man hat gar nicht groß die Möglichkeit, sich kreativ einzubringen. Außerdem musste ich ganz oft Sachen machen, die ich eigentlich gar nicht unterstützen konnte. Irgendwann fühlt es sich unbefriedigend an. Ich hatte immer die Vorstellung, dass man etwas macht, hinter dem man steht. Man macht es ja mindestens acht Stunden am Tag.
Wie kamt ihr zum Eis?
Lara: Wir haben beide schon früher viel in der Gastronomie gearbeitet und haben das auch gerne gemacht. Wir sind beide Genießer und gehen auch selbst gerne aus. Deshalb kamen wir schnell auf Gastronomie. Wir wussten, wir wollten ein Tages-, kein Abendgeschäft. Erst haben wir in Richtung Konditorei gedacht. Freunde, die selbst eine erfolgreiche Konditorei haben, haben uns dann aber auf den Trichter mit Eis gebracht. Weil man, um eine Konditorei zu führen, erst die Ausbildung machen muss, die relativ lange dauert. Erst dachten wir: Wir machen doch keine Eisdiele auf! Das konnten wir uns gar nicht vorstellen. Aber irgendwann wussten wir: Wir machen eine Eisdiele, aber wir setzen es ganz anders um! Nicht klassisch mit runden Tischen und Metallstühlen, sondern ein Wohlfühlcafé mit schöner Atmosphäre und Eis aus natürlichen Zutaten. Dann haben wir einen Businessplan geschrieben.
Was habt ihr in euren Businessplan geschrieben, was ihr an Regentagen oder im Winter macht?
Katrin: Die meisten Eisdielen haben ja im Winter zu. Wir haben aber ein Café geplant, welches das ganze Jahr über funktioniert. Im Winter wollten wir das Sortiment anpassen – Eis mit Waffeln, Apfelstrudel, Crumble, Glühwein, Lebkucheneis und so weiter.
Lara: Soweit die Theorie.
Der Laden lief vom ersten Tag an so gut, dass wir monatelang sieben Tage die Woche durchgearbeitet haben.
Katrin: Wir haben von Anfang an richtig Gas gegeben – Businessplan, Locationsuche, Umbau, wir mussten sanieren, … – schon die Zeit vor der Eröffnung war sehr kräftezehrend. Und dann lief der Laden vom ersten Tag an so gut, dass wir monatelang sieben Tage die Woche durchgearbeitet haben. Im Herbst, als es ein bisschen ruhiger wurde, haben wir gemerkt, dass wir eine Pause brauchten. Wir haben uns dann Ende November eine Pause von drei Monaten genommen. Letztes Jahr haben wir es auch so gemacht. Aber vielleicht bleiben wir irgendwann auch im Winter geöffnet.
Welche Rolle spielt die Lage für den Erfolg eines Cafés?
Katrin: Wir hatten wirklich Glück mit unserem Standort, das haben wir anfangs unterschätzt. Im ersten Moment denkt man: Das ist ja nicht mal ne B-Lage, hier ist man ja völlig ab vom Schuss. Aber genau das ist gut. Hier sind der Spielplatz, viele Schulen, das Kinderkrankenhaus, … Und hier bei uns kann man in Ruhe sitzen und es gibt eine schöne Atmosphäre.
Bei der A-Lage spielt es keine Rolle, wie gut das Eis ist, weil es genügend Laufkundschaft gibt. Aber für ein gutes Eis fährt man auch mal extra irgendwohin.
Wenn man eine Eisdiele eröffnen will, denkt man zuerst ja, man müsse in die A-Lage …
Katrin: Die A-Lage funktioniert bei schlechtem Eis sicher gut, bzw. spielt es dann keine Rolle, wie gut das Eis ist, weil es genügend Laufkundschaft gibt. Aber für ein gutes Eis fährt man auch mal extra irgendwohin.
Wann habt ihr das Eishandwerk gelernt?
Katrin: Das war schon rund ein halbes Jahr vor Eröffnung. Da hatten wir eine Woche lang einen Kurs an der Eisfachschule. Am Abend vor der Eröffnung standen wir beide nachts um 11 das erste Mal alleine im Eislabor, weil wir vorher noch so viel am Laden arbeiten mussten – und plötzlich ist keiner da, der dir sagt, was du machen musst.
Lara: Wir haben dann bis morgens um 7 durchgemacht und Eis produziert. Dann sind wir kurz nach Hause gefahren, einmal unter die Dusche gesprungen und dann: Eröffnung!
Katrin: Unsere Aushilfen, unsere Eltern und einige Freunde waren da und wir mussten jeden einspannen – Luftballons aufpusten, Blumen pflanzen, putzen, … Und plötzlich ging es los und niemand von uns hatte jemals eine Kugel Eis portioniert.
Es war also auch ein Sprung ins kalte Wasser?
Katrin: Es war hier am Eröffnungstag von mittags um 12 Uhr bis abends brechend voll. Das war krass! Wir hatten gar keine Zeit, müde zu werden. Es war so überwältigend.
Lara: … Und dann ging das aber am nächsten Tag so weiter. Und wir dachten: Okay, am Montag wird es bestimmt ruhiger. Aber dann ging es die ganze Woche so weiter. Ich weiß noch, dass ich am Mittwoch im Eislabor stand und dachte: Wann hört das denn wieder auf? (lacht) Wie soll das denn bitte gehen? … Am Freitag Morgen hat jede von uns in ihrer Wohnung auf die Wetter-App geguckt und gesehen, dass es regnen soll. Und wir beide waren so erleichtert (lacht).
Katrin: Das nächste Wochenende stand ja schon wieder vor der Tür und wir wussten nicht, wie wir das schaffen sollten.
Lara: Noch zwei Wochen bis zum Burnout (lacht).
Katrin: Es war schon anstrengend. Unten im Eislabor ist es auch wirklich heiß, weil alle Geräte Wärme abgeben.
Aber ihr habt es geschafft! Da wächst man über sich hinaus.
Katrin: Wir haben auch gemerkt, dass wir ein echt gutes Team sind. Wir können zusammen über unsere Grenzen hinauswachsen. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Team gut funktioniert. Über unsere Auszubildende sind wir zum Beispiel auch so richtig glücklich. Sie ist eine tolle Ergänzung und passt sehr gut zu uns.
Was war bislang die größte Schwierigkeit?
Katrin: Irgendwie lief alles – obwohl es mega anstrengend war und nicht alles direkt funktioniert hat. Wir haben einfach immer weitergemacht.
Lara: Es war ein Riesenschritt, den alten Job aufzugeben, etwas Neues anzufangen, einen hohen Kredit aufzunehmen, … Aber wir haben uns alles gründlich überlegt. Und als die Entscheidung gefallen war, haben wir auch nicht mehr gezweifelt. Und wir geben einfach immer unser Bestes.
Und was ist das Beste?
Katrin: Also ich kann mir nicht mehr vorstellen, nicht selbstständig zu sein.
Lara: Ich mir auch nicht.
Katrin: Es macht einfach so viel Spaß, egal, wie anstrengend es ist. Wir haben ja hier mit unseren Kunden nicht auf Berufsebene zu tun, sondern mit Leuten, die in ihrer Freizeit herkommen. Und das ist natürlich eine ganz andere Grundstimmung. Ich meine, wer kommt schlecht gelaunt in ein Eiscafé? Oder wenn er schlecht gelaunt rein kommt, wird er spätestens drin gut gelaunt. Außerdem bekommst du direkt Feedback für deine Arbeit.
Das ist das Beste an unserer Arbeit: dass man direkt ein Feedback bekommt für das, was man macht.
Lara: Ja, das ist das Beste an unserer Arbeit: dass man direkt ein Feedback bekommt für das, was man macht. Da spürt man Wertschätzung der eigenen Arbeit.
Katrin: Eis ist ja ein kleines Luxusprodukt, was sich aber jeder leisten kann. Und es macht Klein und Groß glücklich.
Habt ihr vor, einen zweiten Laden zu eröffnen?
Katrin: Seit Kurzem ist unser Eis in einem Café in Blankenese, beim Treppenkrämer, erhältlich. Wir möchten das lieber so machen: Mit ausgewählten Läden, die zu uns passen, zusammenarbeiten und eine Auswahl unserer Eissorten dort anbieten. Einen zweiten Laden wollen wir erst einmal nicht eröffnen. Der Laden hier lebt auch davon, dass wir persönlich präsent sind. Und sobald man mehrere Läden hat, funktioniert das nicht mehr. Wir werden aber mit unserem Eiswagen auf dem Craft Market sein und vielleicht kommen wir auch zum Dockville Festival.
Wir wünschen euch weiterhin viel Erfolg! Vielen Dank für das Gespräch.
Am Rathenaupark 15
22763 Hamburg
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