Zeit ist ein kostbares Gut und will mit Bedacht geplant sein. Aber wie machen das eigentlich die anderen so? In unserer neuen Rubrik „Zeit machen“ werfen wir monatlich einen Blick in die digitalen Kalender von spannenden Frauen*, die täglich mit den verschiedensten Terminen jonglieren: von Business Meetings über Kita Drop-offs bis hin zum Ehrenamt. Wie planen sie ihre Zeit? Wie schaffen sie sich Freiräume und welche goldenen Kalenderregeln haben sie für sich entwickelt?
Den Anfang macht die wunderbare Cordelia Röders-Arnold, Head of Marketing bei „einhorn“ und Gast-Dozentin Marketing-Master bei der „Fresenius Hochschule Hamburg“. Für ihren Job pendelt sie alle zwei Wochen zwischen Niedersachsen und Berlin – eine kleine Herausforderung mit Dackelhündin „Momo“.
Ich genieße das Pendeln zwischen zwei Welten.
Cordelia Röders-Arnold: Ich mache das seit fast fünf Jahren und genieße eigentlich das Pendeln zwischen zwei Welten: Einerseits dem lauten, trubeligen, inspirierenden, bunten Berlin mit meinen Kolleg*innen, unserem schönen Büro, der Kulturszene, dem Abenteuer. Und mich andererseits aber wieder in den Zug setzen zu können und der Ruhe entgegenfahren, zu wissen, dass ich jetzt wieder ein paar Tage nicht auf Menschen treffe, lange Spaziergänge übers Feld mit meinem Dackel machen, fokussiert arbeiten und für mich sein kann – das ist toll und empfinde ich als großes Privileg.
Auch meiner Ehe tut es gut, dass ich zwischendurch weg bin. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Anziehung in romantischen Beziehungen dort entsteht, wo zwischendurch auch mal Distanz ist. Mein Mann und ich freuen uns immer total aufeinander, wenn ich ein paar Tage in Berlin war.
Auf der anderen Seite ist das Pendeln anstrengend. Ich brauche von Tür zu Tür genau drei Stunden, wenn alles gut läuft. Das tut es aber selten. Ständig haben Züge Verspätung, fallen aus, Sitzplatzreservierungen sind weg, die Klimaanlage ausgefallen, die GDL streikt. Ich verbringe einfach extrem viel Zeit in Zügen und auf Bahnsteigen und muss meine Termine sehr gewissenhaft planen. Wir haben ein Dackelmädchen, auch ihretwegen müssen wir gut planen, wann ich in Berlin bin, welche Termine ich dort habe und ob ich Momo mitnehmen kann oder mein Mann sie nimmt. Ich bin auch nicht so flexibel – mal kurz morgen im Büro zu sein, ist nicht drin – aber dringende Dinge klären wir im Team sowieso problemlos remote.
Bei „einhorn“ bedeutet Vollzeit 32 Stunden, diese teile ich mir grob auf vier Tage auf, Donnerstag ist aktuell mein freier Tag, da gebe ich Vorlesungen. An den anderen Werktagen arbeite ich entsprechend acht Stunden, natürlich nicht mit der Stechuhr, aber grob kommt das hin. Alle 14 Tage bin ich für zwei Tage in Berlin. Ich wäre eigentlich gern öfter im Office, aber die Pendelei ist mir zu anstrengend, um das jede Woche zu machen.
Bei „einhorn“ bedeutet Vollzeit 32 Stunden, diese teile ich mir grob auf vier Tage auf.
Ich habe schon immer gern Inhalte kondensiert und in meinen Worten wiedergegeben. In der Schule hätte ich am liebsten jede Note statt über Klausuren über Referate geregelt. Im Job hab ich dann das Halten von Vorträgen und Key Notes zu Themen wie New Work und Marketing für mich entdeckt und hatte irgendwann Lust auf ein junges Publikum, von dem ich auch lernen kann.
Für mich ist das dozieren spannend, weil ich meine Marketing-Expertise und mein Netzwerk mit Expert*innen und Unternehmer*innen an eine jüngere Generation weitergeben kann, weil ich mich für die Vorlesungen selbst intensiv mit Themen auseinandersetze, die ich super interessant finde (im Moment doziere ich zu “Marketing & Communities”) und weil es für mich als Marketeer spannend ist, die Studierenden im Sinne von “die junge Zielgruppe” besser zu verstehen. Wie ticken sie, was umtreibt sie, was interessiert sie – das versuche ich in den Vorlesungen herauszufinden.
Außerdem lerne ich viel über didaktische Elemente und die Kunst des Lehrens. Das hat nämlich mit “Ich stell mich vorne hin und halte einen Vortrag” gar nicht so viel zu tun. Zeitlich kann ich die Dozentur gut mit der 4-Tage-Woche bei „einhorn“ verbinden. Allerdings ist die Vorbereitung so arbeitsintensiv, dass ich oft am Wochenende Vorlesungen vorbereite. Obwohl ich mir die Vorlesungsreihe mit meiner Freundin und Community-Expertin Lena Bücker teile, ist der Workload für die Dozentur zu hoch. Deshalb überlegen wir gerade, ob wir das Sommersemester pausieren, um dann im kommenden Wintersemester wieder einzusteigen.
Ja, das ist ein großer Luxus. Die meisten „einhörner“ haben nicht wie ich donnerstags, sondern freitags „einhorn“-frei – deshalb hab ich am Freitag fast nie Meetings, es passiert nichts auf „Slack“ und Mails bekomme ich nur von externen Partnern. Das ist genial! Ich habe dann Ruhe und Zeit, mich mit größeren, strategischen Themen zu beschäftigen, ohne dass irgendetwas “ganz schnell” oder “ganz kurz zwischendurch“ passieren muss oder jemand was von mir will.
Unter der Woche habe ich manchmal das Gefühl, gegen die Zeit arbeiten und mich beeilen zu müssen. Freitag ist irgendwie, als hätte jemand die Stoppuhr angehalten, als liefe der Tag außerhalb der Wertung. Ich kümmere mich dann auch um die Themen, die die ganze Woche hintenüber gefallen sind und gehe dann gegen 16 Uhr meist ziemlich zufrieden und entspannt ins Wochenende.
Foto: Hella Wittenberg