Wer im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel wohnt, hat im Osterdeich garantiert schon einmal Kaffee getrunken, Kuchen gegessen oder gefrühstückt. Das gemütliche Café in der Nähe der Osterstraße ist ein beliebter Treffpunkt im Viertel – dank seiner leckeren hausgemachten Gerichte und der heimeligen Atmosphäre. Gegründet wurde es von Yasmina Foudhaili und ihrem Mann Sven. Die beiden eröffneten 2010 ihr erstes Café, in dem sie auch Fußball-Übertragungen und ein Spielzimmer für Kinder angeboten haben. 2015 ist Yasmina mit Osterdeich in ein kleineres Ladenlokal auf die gegenüberliegende Straßenseite umgezogen. Und bietet heute neben ihrem Café auch Catering an. Wir sprechen mit der 34-jährigen gebürtigen Hamburgerin in ihrer Familienwohnung über Träume und Veränderungen, Familienleben und Café-Alltag.
femtastics: Ich habe gelesen, Du bist Journalistin.
Yasmina Foudhaili: Ich habe hier in Hamburg Modejournalismus und Medienkommunikation an der AMD Akademie Mode & Design studiert. Danach habe ich im Jahreszeiten Verlag volontiert und als Journalistin gearbeitet. 2008 bin ich nach Berlin gegangen, um für Burda zu arbeiten. Damals ist der Zeitschriftenmarkt richtig eingebrochen und das Magazin wurde eingestellt. Mein Mann und ich haben überlegt, wie es für uns weitergehen soll.
Wie kamt ihr auf die Idee fürs Café? Hattet ihr schon länger davon geträumt?
Eigentlich haben wir von einem Bed & Breakfast in Südfrankreich geträumt. Morgens aufstehen, schwimmen, surfen, sich um die Gäste kümmern, nebenbei immer noch schreiben, …
Wieso Südfrankreich?
Wir sind da sehr gerne und haben immer in einer bestimmten Ecke Südfrankreichs Urlaub gemacht als wir frisch zusammen waren.
Wie kamt ihr vom Bed & Breakfast zum Café?
Wir wohnen schon lange hier im Viertel und uns hat etwas gefehlt. Wir haben uns gefragt: Warum geht man für Kaffee und Kuchen oder um ein Bier zu trinken in die Schanze? Warum treffen wir uns mit Freunden aus Eimsbüttel nicht hier im Viertel? Und so kamen wir auf die Idee, ein Café aufzumachen.
Ich wollte nicht in zwanzig Jahren denken müssen: „Hätte ich mal …“. Ich wollte es versuchen. Also haben wir uns entschieden, das Geld, das wir für eine Weltreise gespart hatten, in unser erstes Café zu stecken.
Wie habt ihr den Plan in die Tat umgesetzt?
Ich wollte nicht in zwanzig Jahren denken müssen: „Hätte ich mal …“. Ich wollte es versuchen. Also haben wir uns entschieden, das Geld, das wir für eine Weltreise gespart hatten, in unser erstes Café zu stecken. Und entweder, das war dann eine gute Idee oder eine blöde Idee.
Konntet ihr die Ladeneröffnung mit eurem eigenen Kapital finanzieren?
Wir haben anfangs total viel selbstgemacht. Wir haben Möbel auf Flohmärkten oder in Gebrauchtmöbelkaufhäusern gekauft. So kann man schon viel Geld einsparen. Wir wollten auch kein Café aus dem Katalog – wir wollten eine Einrichtung, die wir selbst schön finden.
Was war eure Vision für das Café?
Unser Leitgedanke bei allem ist: Wie würdest du es für die besten Freunde machen? Das Café soll wie ein zweites Wohnzimmer oder eine zweite Küche sein.
Im ersten Café gab es sogar ein Spielzimmer für Kinder …
Ja, die Idee ist aus den Räumlichkeiten gewachsen. Es gab eben noch dieses zweite Zimmer und wir dachten, es wäre super, das als Spielzimmer zu nutzen. Aber man muss eben schauen, was funktioniert und das Kinderzimmer hat uns letztlich zu viel Arbeit gekostet.
Wie kamt ihr auf den Namen Osterdeich?
Mein Mann ist großer Fan von Werder Bremen und das Stadion in Bremen liegt am Osterdeich. Wir wollten gerne einen Namen, der auf die Region anspielt, der nordisch und heimelig klingt. Außerdem spielt der Name auf die Nähe zur Osterstraße an.
Wie schwer oder einfach war es, einen passenden Laden hier in Eimsbüttel zu finden?
Wir sind einfach mit den Fahrrädern quer durch Eimsbüttel gefahren und haben geschaut, welche Ladenflächen leer stehen. Wir haben uns viel angesehen. … Im ersten Café Osterdeich haben wir den Fehler gemacht, dass wir auf die Schattenseite gezogen sind. Das haben wir beim zweiten Café besser gemacht und sind auf die Sonnenseite gezogen. Ich glaube, heute würde ich mir für die Ladensuche einen Makler holen. Das sind Dinge, die man aus Fehlern lernt. Am Anfang sind wir an viele Dinge blauäugig herangegangen und haben einige Blessuren davongetragen.
Vorher hatten wir eine sehr romantische Vorstellung davon: Man steht morgens auf, radelt ins Café, backt einen Kuchen, deckt die Tische mit Blumen ein, … Aber es gehört so viel mehr dazu, zum Beispiel Buchführung und Personalplanung.
Was waren die größten Herausforderungen vor der Café-Eröffnung?
Vorher hatten wir eine sehr romantische Vorstellung davon: Man steht morgens auf, radelt ins Café, backt einen Kuchen, deckt die Tische mit Blumen ein, … Aber es gehört so viel mehr dazu, zum Beispiel Buchführung und Personalplanung. Man muss Personal finden, das Lust darauf hat, in einem Café zu arbeiten, man muss alle möglichen Auflagen erfüllen. Man tingelt vom Bauamt zum Verbraucherschutzamt zum Gesundheitsamt zur Handelskammer und ist sehr lange mit der Planung beschäftigt. Ich würde jedem, der gerne ein Café eröffnen will, empfehlen, erst einmal ein halbes oder ein ganzes Jahr lang in einem Café zu arbeiten, um sich alle Arbeitsabläufe anzugucken.
Gab es etwas, das euch anfangs etwas aus der Bahn geworfen hat?
Im ersten Laden war es so, dass wir alles komplett dämmen mussten, bevor wir auch nur den ersten Kaffee verkaufen konnten. Es war ein wunderschöner Altbau, aber wahnsinnig hellhörig. Und wir haben nicht darauf geachtet, ob es eine Dämmung gab. Es gab keine, also mussten wir noch einmal 10.000 Euro mehr ausgeben. … Aber aus solchen Fehlern lernt man.
Wie habt ihr euer Café nach der Eröffnung bekannt gemacht? Kamen die Gäste von alleine?
Da kam es uns zugute, dass ich vorher als Journalistin gearbeitet habe und gute Kontakte zur Presse hatte. Dadurch sind wir mit relativ vielen Presseberichten gestartet. Aber man muss natürlich immer darauf achten, dass das Café so aussieht, dass Gäste Lust bekommen, hineinzugehen.
Wie motivierst du dich, wenn du mal einen schlechten Tag hast?
Das ist gar nicht so leicht. Es ist ja nicht wie bei Schreibtischarbeit, wo es nicht auffällt, wenn man ein langes Gesicht zieht – im Café hat man immer direkten Kundenkontakt und muss freundlich sein. Die Gäste möchten schließlich eine gute Zeit haben. Wenn es mir mal nicht gut geht, besinne ich mich darauf, atme tief durch, mache Musik an, trinke meinen ersten Kaffee und dann geht es auch. Ich möchte ja auch, wenn ich in ein Restaurant oder Café komme, mit einem Lächeln begrüßt werden.
Als unser Sohn auf die Welt kam haben wir uns gefragt: Was wollen wir von unserem Leben, und wie lässt sich das mit der Arbeit verbinden, ohne, dass man immer ein schlechtes Gewissen hat?
Bist du eigentlich immer mit deinem Mann zusammen im Café oder wie teilt ihr euch die Arbeit auf?
Früher haben wir das so gemacht. Aber seitdem unser Sohn auf der Welt ist, machen wir es anders. Wir haben uns gefragt: Was wollen wir von unserem Leben, und wie lässt sich das mit der Arbeit verbinden, ohne, dass man immer ein schlechtes Gewissen hat? Deshalb haben wir unser Konzept umgestellt und sind mit dem Café in eine kleinere Räumlichkeit umgezogen als wir die Gelegenheit dazu hatten. Das war für uns der logische Schritt, um Familie und das eigene Business vereinbaren zu können. Und, das muss ich auch sagen, ohne die Unterstützung meiner Eltern würde das alles nicht klappen. Sie wohnen auch in Hamburg und kümmern sich immer mal wieder um unseren Sohn.
Wer backt eigentlich die ganzen leckeren Kuchen und Tartes?
Das mache tatsächlich zum Großteil ich. Und ich habe viele tolle Mitarbeiterinnen, die das auch machen. Wir haben irgendwann unsere Rezepte entwickelt, nach denen wir backen. Es kommen aber auch immer wieder neue Sachen dazu.
Wann backt ihr?
In der Regel morgens vor Ladenöffnung. Und im laufenden Betrieb backen wir regelmäßig Nachschub. Ich finde es auch schön, dass die Gäste sehen, dass wir selbst backen.
Welche all deiner Aufgaben macht dir am meisten Spaß?
Zurzeit das Catering. Ich liebe es, eine Anfrage von einem Kunden zu bekommen im Sinne von: Das ist unser Produkt, wir haben ein Presse-Event, welches Catering können wir dazu anbieten? Wir sitzen dann zusammen und entwickeln Ideen – das macht mir echt viel Spaß!
Wie kam es dazu, dass ihr euch entschieden habt, neben dem Café auch Catering anzubieten?
Das ist ganz natürlich gewachsen. Im ersten Café hatten wir viele Presse-Events und irgendwann haben uns Kunden gefragt, ob wir das Essen auch an andere Locations liefern können. Daraufhin haben wir gesagt: Ja, warum nicht? Seitdem hat es sich super weiterentwickelt, wir bekommen viele Aufträge über Mundpropaganda.
Wo bereitet ihr das Essen fürs Catering zu?
Dafür haben wir unsere Catering-Küche, den Osterdeich Salon, im Hinterhof hinter unserem Café. Das ist auch unsere kleine Event-Location.
Ein Café ist nichts, was man als Einzelkämpfer schafft.
Hast du zum Abschluss noch einen Ratschlag für alle, die vom eigenen Café träumen?
Wichtig ist, dass man jemanden hat, der es mit trägt – ob das die Freunde sind, die Familie oder der Partner. Ein Café ist nichts, was man als Einzelkämpfer schafft. Dazu ist es viel zu komplex. Die Arbeitszeit ist ja nicht nur die Zeit, die man im Café verbringt, sie umfasst ja auch die Vor- und Nachbereitung. Also braucht man Freunde, die Verständnis dafür haben, dass man nicht immer Zeit hat oder, dass man in seiner Freizeit manchmal auch einfach nur auf dem Sofa sitzen will (lacht).
Vielen Dank für das interessante Gespräch, Yasmina!
Müggenkampstraße 34, 20257 Hamburg
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