Quiet Quitting: Warum die Gen Z nicht weniger, sondern selbstbestimmter arbeiten will.

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10. Januar 2023

Das steckt hinter dem Phänomen Quiet Quitting

Alena Brügger ist die Gründerin von „Joypany“, einer New Work Unternehmensberatung. „Ich möchte, dass Unternehmen das Potential von Freude erkennen“, erklärt sie auf die Frage hin, wofür „Joypany“ genau steht. Für Alena sind die Zeiten, in denen Arbeit nur der Sicherung des Lebensunterhalts galt, lange vorüber.

Damit Unternehmen ihre Mitarbeitenden binden und ihre Leistungsfähigkeit optimal fördern können, müssen sie deren Bedürfnisse kennen und verstehen – und diese bestehen in den seltensten Fällen aus einem Obstkorb. Wir haben mit ihr über „Quiet Quitting“ gesprochen, wie tatsächliche Benefits aussehen können, was New Work für Unternehmen bedeutet und wie sich die Erwartungen einer jungen Arbeitnehmergeneration mit denen einer älteren Führungsebene vereinen lassen.

Für viele Menschen ist es normal geworden, dass sie nicht wirklich Spaß in ihrem Job haben. Sie sitzen schon mit Anfang 20 am Sonntagabend da und haben keine Lust auf den Montag.

femtastics: Was genau macht eine „Joypany“ für dich aus?

Alena Brügger: Eine „Joypany“ ist eine neue Art Unternehmen, das die menschlichen Potentiale erkennt. Ich finde es so schade, dass es für viele Menschen ganz normal geworden ist, dass sie nicht wirklich Spaß in ihrem Job haben. Sie sitzen schon mit Anfang 20 am Sonntagabend da und haben keine Lust auf den Montag.

Weil es ihnen so vorgelebt wurde?

Teilweise ja: Der Job muss keinen Spaß machen, sondern nur Geld und Sicherheit bringen. Viele akzeptieren das so und freuen sich nur auf Urlaub und Wochenenden. Für mich war das aber nicht stimmig und ich wollte das so nicht hinnehmen. Ich wollte nicht nur Geld verdienen, am Schreibtisch sitzen und das Gefühl haben, dass meine Arbeit sinnlos ist. Ich hatte das Gefühl, meine Lebenszeit zu verschwenden, denn die wird ja während der Arbeitszeit nicht pausiert.

Ich wollte nicht nur Geld verdienen, am Schreibtisch sitzen und das Gefühl haben, dass meine Arbeit sinnlos ist.

Ein Gefühl, welches in letzter Zeit insbesondere der Generation Z zugeschrieben wird. Daraus resultiert auch das „Qiet Quitting“-Phänomen.

Genau. Ich wollte wirklich etwas bewegen und zum Positiven verändern. In der Coronazeit hat sich dann etwas im Mindset der Menschen verändert, immer mehr wollten nicht mehr in diesen Strukturen weiterarbeiten. Mit der Generation Z haben wir auch eine Bewegung, die andere Bedürfnisse aufzeigt, das sieht man aktuell an der Debatte rund um „Quiet Quitting“. Dafür muss man aber die Führungsebene mitnehmen, die eben noch aus einer anderen Generation stammt, es selbst noch ganz anders vorgelebt bekommen hat und es ihr daher oft an Verständnis und an Ideen fehlt.

Was ist dein Ziel?

Mein Ziel ist es, aktiv mitzugestalten und Unternehmen dabei zu helfen, sich umzustrukturieren. Ich habe meine Stimme bei „LinkedIn“ gefunden und setze mich für die neue Arbeitswelt ein.

Wie war die Zeit der Gründung von „Joypany“ für dich?

Es ging alles sehr schnell, ich hatte keinen Business Plan, sondern habe es einfach angemeldet. Durch „LinkedIn“ hatte ich recht schnell eine Reichweite aufgebaut und dann ist es durch learning by doing vorangegangen. Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, dass man Leidenschaft für das hat, was man tut. Man muss nicht alles wissen, es können Fehler passieren, aber man entwickelt sich im Prozess weiter. Ich habe ein bisschen meinen Kopf ausgeschaltet und bin einfach meiner Intuition und meinem Wunsch gefolgt, New Work Konzepte in die Arbeitswelt zu bringen.

Wenn ein Mensch in deinem Unternehmen nicht leistungsfähig ist, dann sollte man sich fragen, was man tun kann, um ihm das bestmögliche Arbeitsumfeld zu bieten.

Wie definierst du New Work?

Der Begriff wurde schon in den Achtzigerjahren von Frithjof Bergmann ins Leben gerufen, er ist also gar nicht mehr so neu. Das war damals eine ganz andere Bewegung, aber der Grundgedanke war, dass Menschen Dinge tun sollen, die sie wirklich tun wollen. Sie sollen eine Arbeit finden, die ihnen Freude bereitet.

Dieses Kernthema ist auch heute noch die Basis der New Work Bewegung. Es geht darum, das perfekte Arbeitsumfeld für den individuellen Menschen zu kreieren, in dem er seine Potentiale entwickelt und durch Freude an der Arbeit Erfolge erbringt.

Ich vergleiche das gerne mit Pflanzen: Wenn eine Pflanze bei mir zuhause eingeht, dann sage ich nicht „was für eine blöde Pflanze“, sondern frage mich, was ich falsch gemacht habe, ob sie den falschen Standort oder zu wenig Wasser hatte. Genauso sollte man an den Menschen herangehen. Wenn ein Mensch in deinem Unternehmen nicht leistungsfähig ist, dann sollte man sich fragen, was man tun kann, um ihm das bestmögliche Arbeitsumfeld zu bieten.

Was sind konkrete Benefits, die ein Unternehmen bieten kann, damit Arbeitnehmer*innen sich wohlfühlen können?

Wenn ich ein Unternehmen berate, dann mache ich anfangs Mitarbeitergespräche und -befragungen. Ich frage dann, warum die Mitarbeitenden genau dort arbeiten. Der Grund ist nie einer der Benefits aus den Stellenanzeigen. Sprich, das, was in den Stellenausschreibungen positiv hervorgehoben wird, interessiert die eigenen Mitarbeitenden eigentlich gar nicht.

Gehalt, Urlaub und Weihnachtsgeld sind natürlich Dinge, die wichtig sind. Niemand möchte umsonst arbeiten. Aber andere Dinge wie Obstkörbe sind den Menschen eigentlich egal. Es ist viel wichtiger, wie sie behandelt werden, dass man sie wertschätzt und dass sie sich gesehen fühlen. Die meisten Arbeitnehmer*innen verlassen einen Job nicht, weil sie ihre Arbeit nicht mögen, sondern wegen des Arbeitsumfelds.

Der wichtigste Benefit ist also ein gutes Miteinander?

Es geht mehr um qualitative als um quantitative Begegnungen. Man muss sich nicht jeden Tag sehen. Vielmehr geht es darum, sich als Team zu verstehen, gemeinsame Ziele zu setzen und jede*n miteinzubeziehen. Kreiert Beziehungen und keine Arbeitsverträge, denn am Ende sind es die Beziehungen, die Mitarbeitende halten. Einen Arbeitsvertrag löse ich auf und gehe, aber eine Beziehung zu verlassen, ist um einiges schwieriger.

Die Generation Z möchte an sich nicht weniger, sondern kürzer und dafür effizienter und intelligenter arbeiten.

Im Rahmen der Debatte rund um „Quiet Quitting“ hört man öfter Vorurteile wie „Die Gen Z will nicht mehr arbeiten“ oder „Die jungen Menschen sind fauler geworden“. Wie denkst du darüber?

Ich kann verstehen, woher der Gedanke in der älteren Generation kommt. Die Generation Z möchte aber an sich nicht weniger, sondern kürzer und dafür effizienter und intelligenter arbeiten. Die klassische 40-Stunden Woche ist für viele einfach nicht mehr interessant. Die jüngere Generation hat erkannt, wie kostbar Lebenszeit ist und wie wichtig es ist, Freude im Leben zu haben. Sie wollen selbstbestimmter arbeiten. Das zeigt die „Quiet Quitting“-Bewegung.

Die Gen Z ist aber auch ganz anders aufgewachsen und hat dadurch ganz andere Bedürfnisse. Die kulturellen Gegebenheiten machen uns zu den Menschen, die wir sind. Ich versuche, das Beste aus den verschiedenen Stärken und der Vielfalt der Menschen zu machen, indem man sie optimal kombiniert. Für mich beginnt New Work mit New School, damit wir herausfinden können, wo unsere Interessen und Stärken liegen und wie wir sie einsetzen können.

Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, Mitarbeitende miteinzubeziehen.

Was würdest du Unternehmen mitgeben, wenn sie einen ersten Schritt Richtung New Work gehen möchten?

Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, Mitarbeitende miteinzubeziehen. Es bringt nichts, eine Umfrage zu machen und danach passiert nichts. Man hat Menschen vor sich, mit denen man transparent kommunizieren sollte. Die Mitarbeitenden können verstehen, wenn nicht alles umgesetzt werden kann. Es ist aber wichtig, mit ihnen darüber zu sprechen, sie in die Strategien und Umsetzungen von Veränderungen einzubinden.

Es gibt Unternehmen, die kaufen die teuersten Benefits. Das ist gut gemeint, aber wenn die Mitarbeitenden das gar nicht wollen oder brauchen, dann bringt das gar nichts. Es geht darum, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden wirklich zu verstehen, darauf einzugehen, und so ein leistungsförderndes Arbeitsumfeld zu schaffen.

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Alena!

Hier findet ihr Alena Brügger:

Foto: Denise Delles

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