Männer* investieren in Männer* – und Frauen*? Sie bekommen als Gründerinnen kaum Kapital und als Investorinnen gibt es sie fast gar nicht. In Zahlen bedeutet das: Laut Gruenderszene.de sind nur 18 Prozent aller Gründer*innen in Deutschland weiblich und 8.500 männlichen Business-Angels stehen nur 870 Angel-Investorinnen gegenüber. Solange das so ist, bleiben viele Ideen weiblicher Gründerinnen ungefördert und die Start-up-Szene männlich dominiert. Katja Ruhnke ist eine der Frauen*, die das ändern will. Sie investiert selbst zum größten Teil in Start-ups von Gründerinnen und möchte zudem andere Frauen* ermutigen, selbst Business Angel zu werden. Gemeinsam mit ihrer Schwester Conny Hörl hat sie vor zwei Jahren „CK Venture Capital GmbH“ gegründet und gerade das Buch „Female Money: Wie Investorinnen die Start-up-Welt verwandeln“ herausgebracht. Katja Ruhnke spricht mit femtastics-Autorin und „What The Finance“-Podcasterin Anissa Brinkhoff im Interview über ihren Weg zum Business Angel, wie wir alle ein Investor*innen-Mindset erlernen können, ab welcher Summe man Business Angel werden kann und auf welchen Netzwerkplattformen sie vielversprechende Start-ups castet.
Mein eigenes Bild von Investor*innen war lange durch die Sendung „Die Höhle der Löwen“ geprägt. Dann habe ich festgestellt, dass die Szene viel bunter ist.
Katja Ruhnke: Mein eigenes Bild von Investor*innen war lange durch die Sendung „Die Höhle der Löwen“ geprägt. Und ich dachte, als Investor*in muss man CEO in einem Dax-Konzern gewesen sein und Millionen Euro zur Verfügung haben. Dann habe ich festgestellt, dass die Szene viel bunter ist.
Ich persönlich kenne viele Investor*innen, aber es stimmt, dass es oft geschlossene Kreise sind. Wir Deutschen reden ja generell ungern über Geld. Es führt zu dem Problem, dass viele, Männer* wie Frauen*, nicht lernen, was es für Investment-Möglichkeiten gibt und ihnen die Möglichkeit genommen wird, ein Vermögen aufzubauen.
Der Business Angel bringt zwei Flügel mit: Kapital, aber auch Know-how, Netzwerk und Unterstützung als Sparringspartner*in.
In Start-ups investieren kann man ab 10.000 Euro, in einigen Netzwerken sogar ab 5.000 Euro.
Der Unterschied zur/zum klassischen Investor*in ist, dass der Business Angel zwei Flügel mitbringt: Kapital, aber auch Know-how, Netzwerk und Unterstützung als Sparringspartner*in. Netzwerken muss man zum Beispiel, um im Zweifelsfall noch weitere Investor*innen für das Start-up zu generieren, das man unterstützt. Die eigene Expertise einzubringen ist auch super, aber ich habe auch in Start-ups investiert, bei denen ich beim Produkt nicht helfen kann, weil ich dazu kein Wissen habe. Aber all das legt man gemeinsam mit dem Start-up fest: Was braucht ihr? Welchen Mehrwert kann ich euch bieten – neben dem finanziellen?
Wenn man seine Komfortzone einmal verlassen hat, merkt man schnell, dass die neue Herausforderung eigentlich gar nicht so komplex ist.
Unser erstes Start-up, in das wir investiert haben, war „Medikura Digital Health“, heute heißt es „XO Life“ und ist eine Plattform aus dem Gesundheitsbereich. Ich habe damals einen One Pager von „Baystartup“, ein bayerisches Investor*innen- und Startup-Netzwerk, bekommen und mich hat das Thema sofort angesprochen. Ich bin dann proaktiv auf das Gründer*innen-Team zugegangen und habe einen Kennenlerntermin vereinbart. Das war für mich super aufregend, weil ich von all dem damals noch keine Ahnung hatte – aber das durfte bestenfalls niemand merken. (lacht) Ich habe das mit dem Prinzip der Mut zur Lücke und guten Anwält*innen in der Hinterhand gelöst. Ein gutes Anwaltsteam ist sowieso unerlässlich, um alle Rechtsthemen abwiegeln zu können. Es war total aufregend, was uns aber nicht davon abgehalten hat, zeitnah in weitere Start-ups zu investieren. Wenn man seine Komfortzone einmal verlassen hat, merkt man schnell, dass die neue Herausforderung eigentlich gar nicht so komplex ist.
Für mich sind meine Start-ups wie meine Kinder. Und wann hat man auf sie den größten Einfluss? Wenn sie klein sind.
Am Anfang war ich auf Netzwerkveranstaltungen, die Investor*innen und Start-ups zusammenbringen und habe da die ersten Pitches gesehen. Inzwischen pitchen Start-ups auch direkt bei mir. Wenn man als Investor*in nach dem Pitch Interesse hat, beginnt man Gespräche zu führen und in zwei bis vier Runden herauszufinden, was das Start-up eigentlich macht und wie die Strukturen dort aussehen. Wenn das soweit passt, geht man in die „Due Diligence“, man prüft also Zahlen und bestehende Verträge. Und wenn man nichts Negatives findet, sagt man zu. Dann wird über die Konditionen gesprochen, zu denen man selbst reingeht und mit welchen Summen andere Investor*innen reingehen. Wenn man sich dann geeinigt hat, zeichnet man.
Das war am Anfang mein Mut zur Lücke, weil ich diese ganzen „New Economy“-Begriffe gar nicht kannte. Ich finde, es ist wie eine neue Sprache zu lernen. Viel habe ich mir von einem Anwalt erklären lassen, Investor*innen-Netzwerke bieten auch ein Mentoring für Investor*innen und erklären einem alle Begrifflichkeiten. Das kann man relativ schnell lernen – wie Vokabeln.
Ich komme aus einer Unternehmerfamilie – also ja. Auch wenn ich einen etwas ungewöhnlicheren Lebenslauf habe, weil ich nach dem Abitur erstmal auf die Bühne gegangen bin und Tanz und Schauspiel studiert habe. Die Themen Finanzen und Investments wurden mir und meiner Schwester aber wirklich in die DNA gelegt, wir hatten als Kinder schon Aktiendepots als Altersvorsorge. Weil wir Unternehmerinnen sind, gibt es für uns ja keine staatliche Altersvorsorge, wir zahlen in keine Rentenkassen ein. Deshalb ist dieser Gedanke, dass ich Geld investiere, damit es mehr wird, sehr nahe.
Man sollte seine Altersvorsorge geklärt haben und eventuell das Schulgeld für die Kinder beiseitegelegt haben, wenn man welche hat. Ich kann wirklich nur jeder Frau* raten, an der Börse zu investieren. Auch das kann man lernen, wie man beispielsweise einen ETF-Sparplan aufsetzt. Und wenn man dann Geld übrig hat, kann man in Start-ups investieren. Es sollte Geld sein, auf das man eigentlich verzichten kann.
Wenn man eine Aktie kauft, investiert man in ein Unternehmen, von dem man glaubt, dass es wächst – und man ist mit dem eigenen Investment dann beteiligt. Genau das macht man bei Start-ups auch, natürlich zu einem größeren Risiko: Ich beteilige mich an einem Unternehmen. Aber je größer man diversifiziert, desto kleiner wird das Risiko. Wenn man ein Portfolio aus vielen Start-ups hat, ist das Risiko Geld zu verlieren, gleich viel kleiner, als wenn ich alles Geld nur in ein Start-up stecke.
Für mich ist ein Investment wie ein teures Konsumgut – ich investiere Geld, auf das ich eigentlich verzichten kann.
Man kann sich folgende Fragen stellen: Wie viel Geld habe ich zu Verfügung, was will ich bewirken, warum mache ich das? Möchte ich nachhaltigere Unternehmen mit aufbauen und bei neuen Technologien dabei sein, möchte ich einen gesellschaftlichen Hebel haben? Das sind Fragen, die man sich stellen kann. Natürlich alles mit der Absicht, am Ende Geld zu verdienen.
Das Geld ist länger gebunden, als wenn man eine Aktie gekauft hat. Mindestens zwei bis vier Jahre kann man seine Investition nicht einfach entnehmen. Für mich ist ein Investment wie ein teures Konsumgut – ich investiere Geld, auf das ich eigentlich verzichten kann. Wenn ich mir ein Auto kaufe, ruiniert mich ein Totalschaden im besten Fall nicht. Und so sollte man Investments auch sehen.
99% aller Investmentkapitale gehen an Männer*, das ist einfach ein trauriger Fakt – und deshalb ist der „Female Catalyst Fund“-Fund so wichtig.
Man kann toll in Investor*innen-Netzwerken anfangen, da gibt es viele speziell auch für Frauen*, wie das „Female Investors Network“ oder „Encourage Ventures“. Und Universitäten habe gute Existenzgründungsprogramme. Oft finden die Start-ups auch direkt zu mir. Da reicht es, sich auf LinkedIn oder Veranstaltungen sichtbar zu machen. Die Investor*innen-Szene nimmt einen wirklich offen auf.
Wir wollen die Gründerinnen-Quote und die Möglichkeiten, für Gründerinnen Kapital einzusammeln, signifikant erhöhen.
99% aller Investmentkapitale gehen an Männer*, das ist einfach ein trauriger Fakt – und deshalb ist dieser „Female Catalyst Fund“-Fund so wichtig. Wir investieren da selbst mit und sind in sehr engen Austausch mit den Ventures-Partnerinnen. Wir wollen die Gründerinnen-Quote und die Möglichkeiten, für Gründerinnen Kapital einzusammeln, signifikant erhöhen. Denn bei Business Angeln tut sich schon sehr viel, aber bei den „Ventures Capital Funds“, die ja die Anschlussfinanzierung nach den Business Angeln bei den Start-ups machen, muss das Thema „Female Founder“ noch viel präsenter werden.
Ich wünsche mir, dass es jede Frau zwischen 30 und 70 liest, um die Scheu zu verlieren, zu investieren. Es lesen aber auch viele Gründerinnen, die wiederum einen Einblick in die Investor*innen-Welt bekommen wollen.
Fotos: PR
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