Wir sprechen mit Autorin Marie Luise Ritter darüber, wie sie sich einen Wunsch von ihrer Bucket List erfüllt hat – am Meer zu leben – und wie sie Glück und Selbsterkenntnis im Alleinsein gefunden hat. Marie Luise Ritter ist freie Texterin und Autorin. Mit luiseliebt.de hat sie vor zehn Jahren ihr digitales Tagebuch ins Leben gerufen, aus dem seitdem drei Bücher entstanden sind. Ihr neuestes Buch trägt den Titel “Vom Glück, allein zu sein”. Mit ihr zusammen möchten wir euch dazu inspirieren, euch selbst besser kennenzulernen und diesen Sommer etwas für euch zu tun. Alleine glücklich sein – das geht nämlich sehr gut!
Marie Luise Ritter: Ich habe nicht aktiv Zeit alleine verbracht, um darüber ein Buch zu schreiben. Es war kein Selbstexperiment oder so, sondern hat sich einfach so ergeben. In den letzten Jahren habe ich gelernt, gerne Zeit mit mir selbst zu verbringen. Ich wollte schon immer mal eine Weile ans Meer ziehen. Ich habe gerade niemanden in meinem Leben, mit dem ich das machen möchte. Also habe ich es alleine gemacht. Ich finde es total schön, Zeit mit sich selbst zu verbringen und das hat mich dazu gebracht, das Buch zu schreiben.
Sich wirklich mit sich selbst zu beschäftigen ist manchmal unangenehm, aber man hat viel Raum, sich selbst kennenzulernen.
Ich habe das Gefühl, dass man sich in keinem anderen Zustand so gut selbst kennenlernt. Sich wirklich mit sich selbst zu beschäftigen ist manchmal unangenehm. Und auch unbequem, wenn man auf einer Reise alles alleine planen muss. Aber man hat so viel Raum, sich selbst kennenzulernen.
Was möchte ich gerade gerne? Was macht mir Spaß, wenn niemand dabei ist? Wie möchte ich meinen Tag verbringen und wo möchte ich gerne mal hinreisen? Was möchte ich gern sehen von der Welt, ohne Kompromisse schließen zu müssen? Man lernt sich selbst kennen und, dass man irgendwie alles alleine schaffen kann. Das macht richtig glücklich. Auch die Offenheit beim Solo-Travelling macht extrem glücklich. Ich habe so viele interessante Menschen kennengelernt, die ich sonst nie kennengelernt hätte.
Beziehungen sind auf jeden Fall total toll. Ich finde es wichtig, dass man sich auch in einer Paarbeziehung Raum für sich alleine nimmt. Ich glaube, dass man sogar noch bessere Beziehungen führt, wenn jede*r auch für sich selbst gern alleine ist und das auch genießt.
Jede*r kann das in einem kleinen (oder großen) Rahmen schaffen, auf seine eigenen Bedürfnisse aufpassen. Zum Beispiel sich einen Nachmittag nur für sich nehmen. Wir sind als Frauen* typischerweise oft so sozialisiert, dass wir irgendwie eine Art Angepasstheit mitbringen, dass wir harmoniebedürftig sind, dass wir versuchen, dass Menschen sich in unserer Gegenwart wohlfühlen.
Das kennen sicherlich viele von uns und deswegen ist es so schwierig, sich diesen Raum zu nehmen. Ich kenne das von meiner Schwester, die zwei Kinder hat. Der fällt es total schwer, bei sich zu bleiben. Ihre Bedürfnisse kommen immer als allerletztes, erst sind alle anderen dran. Und sich dann diesen Raum zu nehmen, kostet bisschen Überwindung. Dabei ist das so wichtig.
Ja, auch zu sagen: „Ich habe gerade keine Kraft“. Nur mit einem vollen Akku kann man anderen Menschen etwas zurückgeben.
Ich habe gelernt, souverän nein zu sagen, nicht mehr so angepasst zu sein.
Zum Beispiel, dass ich sehr zu Harmoniebedürftigkeit neige und deswegen das Alleinsein suche, um wirklich ganz bei mir selbst zu sein. Dass es mir manchmal in Gesellschaft schwer fällt, Grenzen zu setzen und meine eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren. Das war mir vorher gar nicht so klar. Ich habe gelernt, souverän nein zu sagen, nicht mehr so angepasst zu sein. Ich habe super viel meine Beziehungen reflektiert: Welche Muster habe ich immer bedient? Was habe ich vielleicht dauerhaft falsch gemacht? Wo bin ich über meine Grenzen hinweg gegangen? Was möchte ich mit meinem Leben anfangen?
Was mache ich, wenn niemand dabei ist? Wer bin ich und was will ich, wenn ich ganz alleine bin? Macht mir das überhaupt Spaß, was ich sonst in einem Urlaub mit anderen Menschen machen würde? Oder habe ich einfach Spaß daran, den ganzen Tag im Café zu sitzen und nichts zu tun?
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Foto: Maria Braun Studio & Marlena Brinkmann