Dr. med. Elena Maria Leinewebers Signatur liest sich lang: Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, in Schwerpunktweiterbildung für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin lautet die Liste an Berufsbezeichnungen und Qualifikationen. Die junge Ärztin ist Expertin in Sachen Hormonen und weiß, wie wichtig Hormone für die mentale und physische Gesundheit sind. Uns erklärt sie, wie man trotz Endometriose den Kinderwunsch erfüllen kann.
Ihre Begeisterung für das Thema kommt nicht von ungefähr: Vor fast drei Jahren beschloss Elena selbst ihre Eizellen einfrieren zu lassen – als Sicherheit und Vorsorge vor der nachlassenden Fruchtbarkeit, die Frauen ab Mitte 30 erwartet und um sich selbst den Druck zu nehmen. Wir haben mit Dr. med. Elena Maria Leineweber darüber gesprochen, wieso immer mehr Frauen* mit Endometriose in ihre Praxis kommen, ob die Erkrankung der Gebärmutter tatsächlich unfruchtbar macht und was sie Frauen* mit Endometriose rät.
Mich haben Hormone schon immer fasziniert.
Dr. Elena Maria Leineweber: Mich haben Hormone schon immer fasziniert, deshalb habe ich nach meiner Facharztausbildung Gynäkologie und Geburtshilfe noch eine zweijährige Schwerpunktweiterbildung angehängt. Als Gynäkologin hatte ich schon immer mit dem Thema Hormone zu tun, aber nicht detailliert genug. So richtig fasziniert war ich von der Reproduktionsmedizin, nachdem ich mir selbst vor fast drei Jahren meine Eizellen habe einfrieren lassen. Dadurch hatte ich plötzlich einen wahnsinnigen persönlichen Bezug zu dem Thema.
Viele Frauen* denken ja, solange sie eine Menstruation haben, können sie Kinder kriegen. Dem ist aber nicht so: ab 35 Jahren lässt die Fruchtbarkeit erheblich nach, auch wenn man noch eine regelmäßige Monatsblutung hat. Ich habe mir die Umsetzung der Familienplanung, insbesondere aus privaten Gründen, in absehbarer Zeit nicht vorstellen können, deswegen habe ich mich dazu entschlossen, mir Eizellen entnehmen zu lassen.
Ich finde, das ist ein cooles Tool, um die eigene Fruchtbarkeit zu verlängern. Das würde ich jeder Frau* in dem Alter raten, die grundsätzlich einen Kinderwunsch hat und diesen erst später realisieren kann oder will. Leider wird über das Thema immer noch katastrophal wenig gesprochen.
Ich habe mir die Umsetzung der Familienplanung in absehbarer Zeit nicht vorstellen können, deswegen habe ich mich dazu entschlossen, mir Eizellen entnehmen zu lassen.
Wahrscheinlich gab es Endometriose früher schon genauso, da wurde es nur einfach abgetan als Menstruationsbeschwerden und die Frauen* wurden wieder nach Hause geschickt und nicht ernst genommen. Die Krankheit ist so gesehen ja relativ „neu“. Und man darf nicht vergessen, dass wir bis heute nicht viel über die Krankheit wissen. Zum Glück gibt es nun zunehmend Forschungsprojekte, die sich damit beschäftigen. In meiner Sprechstunde habe ich natürlich viel mit Endometriose-Patientinnen zu tun. Allein schon, weil die Krankheit die Fruchtbarkeit eben einschränken kann und es erschwert, Kinder zu bekommen.
Viele meiner Patientinnen ahnen schon, was sie haben, wenn sie zu mir kommen. Die haben „Doktor Google“ befragt und wissen, was Endometriose bedeutet. Das ist oft auch der Grund für den unerfüllten Kinderwunsch. Wobei man sagen muss, dass glücklicherweise auch viele Frauen* mit Endometriose schwanger werden.
Grundsätzlich ist eine Operation in Kombination mit einer Hormontherapie bei Endometriose häufig das Mittel der Wahl. Selten kann, bei einer bestimmten Form der Endometriose, der Adenomyose, die Entfernung der Gebärmutter eine Option sein. Das sollte aber die letzte Option sein, da es die Familienplanung danach fast unmöglich macht. Tatsächlich konnten bereits in Deutschland Gebärmuttertransplantationen erfolgreich durchgeführt werden. Der Eingriff ist aber bisher eine Besonderheit.
Fakt ist, dass durch mehrfache Endometriose-Operationen die Fruchtbarkeit in der Regel deutlich sinkt.
Mit einer Endometriose ist es für viele Frauen* deutlich schwieriger schwanger zu werden, ja. Man kann grob sagen, dass der Kinderwunsch für jede zweite Frau* mit Endometriose erschwert wird, bei fast jeder zweiten Patientin funktioniert es aber am Ende – vielleicht mit Nachhilfe – dennoch. Fakt ist, dass durch mehrfache Endometriose-Operationen die Fruchtbarkeit in der Regel deutlich sinkt.
Richtig, um eine Endometriose erstmalig sicher festzustellen, muss in einer Bauchspiegelung eine Gewebeprobe entnommen werden, womit die Diagnose sicher nachgewiesen werden kann. Vorteil der OP ist, dass man direkt Endometrioseherde im Bauchraum entfernen kann.
Viele Frauen* wissen nicht, dass die Krankenkasse bei schwerer Endometriose eine sogenannte Kryokonservierung von Eizellen möglicherweise bezuschusst.
Bei Endometriose würde ich immer auf die Kombination aus operativer und hormoneller Therapie setzen. Zusätzliche komplementäre Ansätze wie Akupunktur oder Akupressur können chronische Schmerzen lindern. Die Endometriose ist zudem sehr hormonempfindlich. Die hormonelle Therapie führt nicht nur dazu, dass die Periode schwächer wird, sondern verhindert die Entstehung neuer Endometrioseherde. Wer sich grundsätzlich ein Kind wünscht, sollte sich frühzeitig über das Einfrieren von Eizellen beraten lassen, spätestens aber vor wiederholten Operationen.
Viele Frauen* wissen dabei gar nicht, dass die Krankenkasse bei schwerer Endometriose eine solche sogenannte Kryokonservierung von Eizellen möglicherweise bezuschusst. Es bleibt eine individuelle Entscheidung, aber mitunter fällt diese positiv für die Patientin aus.
Wie für alle Frauen* gilt ein gesunder Lifestyle, mit Sport, einer gesunden Ernährung und ohne Tabakkonsum! Darüber hinaus bleibt die Endometriose bis heute nicht ausreichend verstanden. Wir wissen leider immer noch nicht vollständig, wie sie überhaupt entsteht. Mehr Wissen, würde dabei helfen, die Krankheit besser zu behandeln.
Sie haben häufig die besten Chancen mit einer künstlichen Befruchtung. Trotzdem kann dieser Weg extrem lang und psychisch belastend sein und garantiert keinen Erfolg. Mir tut es im Herzen weh zu sehen, wie tapfer manche Paare sein müssen und ich würde gern mehr für sie da sein. In meiner Sprechstunde bleibt häufig zu wenig Zeit und es fehlt mir vielleicht auch manchmal die ausreichende Expertise um diese vielschichtige Problematik ausreichend abzufangen.
Zum Glück gibt es heutzutage tolle Psycholog*innen, die sich genau darauf spezialisiert haben. Genauso gibt es Therapeut*innen, die sich auf chronische Krankheiten wie Endometriose spezialisiert haben und dabei helfen können, mit der Krankheit im Alltag besser umzugehen. Ich finde einen ganzheitlichen Ansatz sehr wichtig. Da ich während der Arbeit in der Klinik und Praxis viel zu ausgelastet bin, versuche ich Frauen per Social Media und auf meiner Homepage aufzuklären. Dort möchte ich mein Wissen gerne teilen und für jeden verständlich machen.
Foto: Adobe Stock / Dr. Elena Maria Leineweber