Hannah Krutmann ist Co-Gründerin des „Almost Magazins“ und Co-Autorin des Buches „Everyday Magic“. Sie versprüht auf ihrem Instagram-Account die schönsten Seventies-Vibes – und ist eine selbsternannte Hexe. In ihrer „Modern Witchcraft“-Kolumne schreibt sie monatlich für femtastics über Magie und Hexenkunst. In Teil 2 verrät sie uns, welche Tools man als Hexe griffbereit haben sollte!
Glaubt man so einigen witchy Instagram-Posts oder Spell-Anleitungen auf „Pinterest“, dann braucht man als moderne Hexe ziemlich viel Klimbim. Tarotkarten und Kristallkugel, um in die Zukunft zu schauen, Räucherwerk, Kräuter und Kerzen, um böse Geister zu verscheuchen und natürlich ein Buch voller badass Zaubersprüche. Aber braucht man das alles wirklich, um Magie zu praktizieren? Ein klares nein. Um Hexenkunst auszuüben brauchst du rein gar nichts – außer dich selbst. Denn die Magie, die in uns allen schlummert, kommt einzig und allein aus dir heraus und nicht aus irgendwelchen Gegenständen. Du spürst sie sicher öfter mal in nicht sonderlich hexigen Momenten, wenn sie sich als dein Bauchgefühl, deine Intuition, vielleicht auch mal deine Wut, Euphorie oder Liebe meldet. Magische Tools und Hilfsmittel sind einfach nur dazu da, sie in uns zu entdecken und heraufzubeschwören.
Wir lassen uns oft verunsichern, ablenken oder hören einfach nicht auf unsere innere Stimme. Wenn wir es aber tun, entsteht Magie.
Um mit deiner inneren Kraft – ich nenne sie gern Intuition – in Kontakt zu kommen, reichen oft schon ein paar tiefe, ruhige Atemzüge ohne äußere Ablenkung. Zeit in der Natur, wildes Tanzen oder ein entspannendes Bad, bei dem du in deinen Körper eintauchst. Magie ist etwas ganz Alltägliches. Oft gelingen uns Dinge dadurch, dass wir auf unser Bauchgefühl vertrauen und dementsprechend Sachen in die Hand nehmen oder, dass wir uns eine bewusste Intention setzen und auf diese hinarbeiten. Das kann sich total magisch anfühlen, denn wir werden tagtäglich mit zig Meinungen und Plänen, Erfolgen und Intentionen anderer konfrontiert. Wir lassen uns oft verunsichern, ablenken oder hören einfach nicht auf unsere innere Stimme. Wenn wir es aber tun, entsteht Magie. Höre auf deine Intuition!
Nur auf das eigene Bauchgefühl hören klingt einfach? Ist es oft aber leider nicht, denn Ablenkungen lauern überall. Ich bin selbst Meisterin der Prokrastination und merke regelmäßig wie das Scrollen auf Instagram und der Vergleich mit anderen mich davon abhalten, in mich hineinzuhören. Am Ende weiß ich gar nicht mehr, was ich eigentlich will. Magische Hilfsmittel können dabei unterstützen, den Weg in uns hinein zu finden anstatt im Außen zu verharren. Viele von ihnen “funktionieren” durch den Akt von Ritualen, also dem bewussten Tun von etwas, dem wir Bedeutung zumessen, oder über eine Symbolsprache. Rituale und Symbole tun wenig für unseren logischen Verstand – mit dem die meisten von uns Entscheidungen treffen – sondern appellieren an unsere Fantasie und Gefühlsebene. So bauen sie eine Brücke zu unserer Intuition auf. Das heißt aber auch, dass ein Ritual ohne deine eigene Intention einfach nur ein random Ablauf von Handlungen ist, der nicht viel bringt. Hexenkunst hat viel mehr mit einer spielerischen Neugier zu tun als mit konkreten Abläufen.
Wenn du dich für magische Hilfsmittel entscheidest, solltest du welche auswählen, die zu deinem Wesen passen. Du bist eher ein visueller Typ? Dann gefällt dir vielleicht die Symbolsprache von Tarotkarten oder ein schön geschliffener Kristall, den du gern betrachtest. Vielleicht ist dein Geruchssinn besonders stark ausgeprägt und deswegen sprechen dich eher ätherische Öle oder Räucherwerk an. Es geht um dich und deine Magie, also sollte das Tool zu dir passen. Und ganz wichtig: Egal wie viele magische Tools du um dich hast, sie machen dich kein Stück magischer, wenn sie für dich keine Bedeutung haben und dich eher ablenken. Frage dich bei jedem Tool also am besten: Bringt es mich in Kontakt mit meiner inneren Kraft oder lenkt es mich eher ab? Bringt mich dieses Hilfsmittel nach innen zu mir oder ins Außen?
Spoiler Alert: Eine Tarotkarte kann dir nicht die Zukunft voraussagen. Mit ihrer Symbolsprache kann sie dir aber auf gewisse Weise Fragen beantworten.
Spoiler Alert: Eine Tarotkarte kann dir nicht die Zukunft voraussagen. Mit ihrer Symbolsprache kann sie dir aber auf gewisse Weise Fragen beantworten, die zum Teil auch deine Zukunft betreffen können, indem sie dir neue Denkanstöße liefert. Du wirst merken, wie du ihr Bild und ihre Symbolik interpretierst. Das sagt viel mehr darüber aus, was dein Unterbewusstsein und dein Bauchgefühl zu der Frage meinen als die Karte an sich. Selbst wenn du findest, dass die gezogene Karte absolut nicht als Antwort passt, merkst du dadurch, was du eigentlich möchtest. Und wenn die Karte wiederum absolut magisch passt und deine Wunschantwort bestätigt, bist du dir nach dem Ziehen noch sicherer, dass es das ist, was deine Intention möchte. Schon irgendwie magisch, oder?
Auch hier habe ich traurige Neuigkeiten: Durch das einfache Starren in eine Kristallkugel lässt sich die Zukunft nicht unbedingt voraussagen. Obwohl: Das Starren in eine Kristallkugel, eine Kerzenflamme oder einen ganz gewöhnlichen Stein vom Strandspaziergang kann uns als Ankerpunkt dienen, wie beispielsweise der Atem bei einer Meditation. Dadurch kann sich unser Geist beruhigen, die schnellen Gedanken sich entschleunigen und wir können Eingaben, Geistesblitze oder Nachrichten von unserer inneren Stimme empfangen. Klar, können diese uns auch zeigen, was wir uns für die Zukunft wünschen oder was unser Herzenswunsch ist. Also funktioniert die Kristallkugel schon irgendwie.
Gerade wenn die Kristallkugel kleine Muster hat, wie es beim Rauchquarz oft der Fall ist, können wir spielerisch schauen, was wir erkennen. Wie interpretieren wir das, was wir sehen? Das ist ein bisschen wie beim Blei- oder Wachsgießen an Silvester. Siehst du einen Hut in der komischen Form oder ist es ein Hund oder ein Stift? Wofür steht dieses Symbol für dich? Genauso lassen sich Symbole und Hinweise in der Kristallkugel entdecken, denn im Prinzip siehst du das, was dein Unterbewusstsein sehen möchte.
Es muss aber keine Kristallkugel sein, Kristalle und Edelsteine gibt es in allen möglichen Farben und Formen, naturbelassen oder geschliffen. Jedem Kristall wird eine individuelle Wirkung und Bedeutung zugesprochen. Daran kannst du glauben und sie dementsprechend aussuchen oder eben nicht. Wenn du dir einen Rosenquarz aussuchst, weil er unter anderem dabei helfen soll mehr Selbstliebe zu kultivieren, bringt er dich automatisch ein Stück näher zu dir, denn du setzt für dich die Intention mehr Aufmerksamkeit auf deine Selbstliebe zu legen und hast mit dem schönen, rosafarbenen Kristall ab jetzt noch einen visuellen Reminder. Kristalle erinnern uns nicht nur visuell immer wieder an unsere Intentionen, sie lassen sich auch gut in der Hand halten oder auf den Körper auflegen und so über unseren Tastsinn zu uns finden. Doch egal, wie oft du deinen Kristall anschaust oder in die Hand nimmst, am Ende kommt es darauf an, was du machst. Hilft er dir, ruhig durchzuatmen und früher Feierabend zu machen? Magic! Wartest du frustriert, dass der Stein dir plötzlich mehr Me-Time im Kalender blockt? Sorry, it’s not gonna happen!
Für viele Rituale wird eine Kerze angezündet. Hierbei geht es weniger darum, dass eine Kerze von sich aus magisch ist, als um ein paar andere nützliche Eigenschaften, die Kerzen so mitbringen:
1. Sie setten den Mood, also sie zaubern mit ihrem warmen Licht eine angenehme und besondere Stimmung. Ich sage nur: Candlelight Dinner. Romance Factor 10/10. Das hilft dir, einem bewussten Ritual mehr Bedeutung zu schenken.
2. Sie symbolisieren das Element Feuer und können dich so in Kombination mit anderen Tools, wie Rauch für das Element Luft, eine Schale Wasser für das Element Wasser und Blumen oder Kristalle für das Element Erde, an die Schönheit und die natürlichen Zyklen der Natur erinnern. Das wirkt entspannend und erdend und kann dich gut in dich hineinspüren lassen.
3. Du kannst sie perfekt nutzen, um deine Wünsche in sie einzuritzen und dann symbolisch runterbrennen zu lassen. Auch hier geht es vor allem um den bewussten Prozess des Einkerbens und die Symbolik, die das Brennen und Schmelzen mit sich bringen. Das ist viel eindrucksvoller als deine Intention in deine Notizenapp im Handy zu tippen.
4. Es gibt sie in verschiedenen Farben, sodass du sie deiner Stimmung und Intention anpassen kannst. So wie wir die Kerzen auf dem Geburtstagskuchen auspusten und uns im Anschluss etwas wünschen, kannst du sie rund ums Jahr einsetzen wie du möchtest, um deinen Wünschen näher zu kommen.
Auch beim Räuchern oder Verbrennen von Kräutern spielt die Symbolik eine tragende Rolle. In vielen Kulturen gibt und gab es Räucherrituale. Dabei wurde einerseits geglaubt, dass der Rauch als Kommunikationsmittel Wünsche und Gebete in den Himmel hoch befördert und da bei den jeweils verantwortlichen Gött*innen abliefert. Andererseits wurde geglaubt, dass das Ausräuchern durch die duftenden Aromen getrockneter Hölzer, Kräuter und Harze vor bösen Geistern schützt und alte Geister und Energien hinaus transportiert. Vieles davon ist vermutlich heutzutage nicht mehr aktuell und trotzdem kann es gut tun, die eigenen vier Wände nach einem Streit auszuräuchern und sich vorzustellen, wie die ganzen alten Vibes aus dem Fenster davon ziehen. Die Rauchschwaden zu beaobachten und die Aromen des Räucherwerks einzuatmen hat etwas Meditatives und kann dich gut mit deiner inneren Stimme connecten.
Zum Thema Räucherwerk möchte ich kurz anmerken, dass es wichtig ist, darauf zu achten, wo dein Räucherwerk herkommt und zu hinterfragen, ob du die beste Option für dich gefunden hast. Häufig sehe ich Posts mit Palo Santo (heiliges Holz) oder weißem Salbei. Beides stammt von indigenen Völkern und wächst nicht natürlich in Europa, ist also immer importiert. Hier sollten die Cultural Appropriation und Sustainability Alarmglocken klingeln. Es gibt zig Alternativen mit heimischen Kräutern und Hölzern, die du lokal bekommen kannst. Gerade, wenn der Sinn und Zweck unserer magischen Hilfsmittel und Rituale ist, bewusster zu werden, sollten wir darauf achten das nicht auf Kosten anderer Menschen oder Kulturen zu tun.
Schon Bibi Blocksberg schaute ab und zu in das Zauberspruchbuch ihrer Mutter Barbara, in dem diese all ihre magischen Worte sammelte. Du kannst dir natürlich selbst Zaubersprüche, Räuchermischungsrezepte, Mantras oder andere wichtigen Formeln in einem Notizbuch notieren, aber eben nur, wenn sie dir etwas bedeuten. Vielleicht ist Poesie eher deine Art der magischen Worte oder du bist genau wie ich Fan vom Journaling, um dir alles von der Seele zu schreiben und mit einem Stift bewaffnet darüber nachzudenken, welche Magie du noch kreieren möchtest. Go for it!
Ich hoffe, dass dir diese Übersicht der magischen Tools geholfen hat. Und auch bei allen anderen Tools, die dir begegnen wie Hexenbesen, Zauberstäbe, Pentagramme, Meditationskissen und vielem mehr, frage dich einfach immer, ob es dir hilft, in deine Kraft zu kommen oder dich davon ablenkt.
Viel Spaß dabei!
Fotos: Hannah Krutmann für femtastics