Als die Band Tic Tac Toe 1997 mit ihrem Song „Ich fühl mich always ultra“ für Aufsehen sorgte, war ich gerade einmal 12 Jahre alt und fand den Text damals zugegeben ziemlich revolutionär. Es war das Jahr meiner Menarche – meiner ersten Blutung – und natürlich wurden im familiären Umfeld darüber nur wenige Worte verloren. Dass mein damaliges Lieblingstrio dem Thema gleich einen ganzen Song widmet, war für mich das Größte. Einem Thema, das sich bei uns sonst nur hinter vorgehaltener Hand, allerhöchstens hinter verschlossener Klotür mit der besten Freundin abgespielt hat. Wie man einen Tampon einführt, hat mir meine ältere Cousine gezeigt, gegen die Übelkeit und die extremen Schmerzen gab es eine Wärmflasche und später die Pille. Was genau da in meinem Uterus passiert, wusste ich eigentlich nicht.
Was ich hingegen sehr genau wusste, war, dass ich wie jedes andere Mädchen meine Tage zu verfluchen hatte. Eine andere Möglichkeit hat mir die Gesellschaft nicht aufgezeigt. Selbst Lee, Jazzy und Ricky wussten es nicht besser. Wenn ihnen und mir damals jemand gesagt hätte, dass die eigentliche Revolution sein wird, sich nicht „always ultra“, sondern „ultra dankbar“ zu fühlen, hätten wir demjenigen wahrscheinlich einen Vogel gezeigt. Mit der Periode auf Kriegsfuß, das war der Zeitgeist der Neunziger- und Nullerjahre. Unser Motto (getreu der Zeilen von Tic Tac Toe): „Ich fühl‘ mich „always ultra“ und du bist schuld daran. Du nervst im Januar, Februar, März, April, Mai, Juni, Juli, August, September, Oktober, November und auch im Dezember!“ Kurzum: immer, ohne Ausnahme.
Das musikalische Trio hat mit seiner Rotzgirl-Attitüde dem Phänomen zumindest einen Namen gegeben – auch wenn der Titel des Songs natürlich der Werbeindustrie entstammt, die mit ihrer Idee, uns ein möglichst normales Leben während der Blutung zu ermöglichen, nur den patriarchalen Ansprüchen an eine Frau* auf den Leim gegangen sind. Tic Tac Toe haben immerhin angedeutet, sich gegen die Erwartung der Gesellschaft auszusprechen, auch in dieser Zeit voll funktionieren zu müssen: „Ich denk‘ an solchen Tagen sollt‘ ich mich lieber vergraben …“ Ein Plädoyer für eine berechtigte Auszeit war ihr Lied aber trotzdem nicht, eher eine Kampfansage voll gepackt mit Schuldzuweisungen und Selbstmitleid. Auch patriarchal geprägt, versteht sich.
Heute verbinde ich mein Blut mit Erleichterung, mit Freude auf den Neubeginn und purer Faszination.
Heute, 23 Jahre später, ist das anders. Kaum eine Frau* in meinem Freundeskreis zwingt sich, sich zusammenzureißen und einfach zu funktionieren, sondern versucht zumindest an Tag Eins ihres Zyklus‘, einen Gang zurückzuschalten. Ein Tag auf der Couch, vielleicht ein paar E-Mails checken, nährendes warmes Essen und ein gutes Buch. Zeit für einen Rückblick. Altes Loslassen, Neues willkommen heißen. Eigentlich nicht so schwer! Heute verbinde ich mein Blut mit Erleichterung, mit Freude auf den Neubeginn und purer Faszination. Und ja, ich liebe es, mein Blut genauer unter die Lupe zu nehmen (Berufskrankheit als Women’s Health Coach, vermute ich). Die ein oder andere zuckt bei dem Gedanken vielleicht zusammen, manches ist eben noch immer fest verankert in unseren Köpfen. So auch der Ekel vor unserem eigenen Blut. Komisch, oder, dass das einzige Blut, das nicht von einer Verletzung stammt, so viel Ablehnung in uns hervorruft? Dabei kann ein liebevoller Blick auf unser Blut unsere gesamte Einstellung zur Menstruation verändern. Aus „always ultra“, wird plötzlich „always dankbar“. Und darüber hinaus ist es auch ein unfassbar wichtiger Indikator dafür, wie gesund wir sind. Unbedingter Lesetipp zu dem Thema „The Fifth Vital Sign“ von Lisa Hendrickson-Jack.
Dass wir unsere Tage hin und wieder am liebsten auf den Mond schießen könnten, hängt aber auch damit zusammen, dass sie nicht selten mit Krämpfen und Unwohlsein einhergehen. Meistens hat das natürlich seinen Sinn – wenn wir noch in einer Zeit leben würden, in der wir auf unsere Körper hören. Was machen wir, wenn wir einen Schnupfen und Fieber haben? Wir ruhen uns möglichst aus und legen uns ins Bett, oder? Was machen wir, wenn wir unsere Tage haben? Wir schlucken eine Pille und schleppen uns ins Büro. Ich plädiere dafür, auf den Körper zu hören und bei Schmerzen nicht nur einen Gang runter, sondern mal ganz bewusst den Rückwärtsgang einzulegen!
Ich plädiere dafür, auf den Körper zu hören und bei Schmerzen nicht nur einen Gang runter, sondern mal ganz bewusst den Rückwärtsgang einzulegen!
Was noch hilft: keine Tampons und keine synthetischen Binden (Tschüss, Always Ultra!) verwenden und stattdessen auf nachhaltigere Alternativen umsteigen, wie Menstruationstassen, Schwämmchen, Stoffbinden oder Menstruationsunterwäsche. Die ist mittlerweile so bequem und schön, dass der Wohlfühlfaktor gleich inklusive ist. Meine Favoriten sind die Höschen von Ooia, Koramikino und Pourprees, wobei es am Ende nur eine der Drei auch zukünftig in meine Hose schaffen wird. Mein Tipp: Wer für sich die perfekte Menstruations-Panty finden möchte, bestellt am besten ein Modell von jeder Marke und probiert aus. So unterschiedlich wir Frauen* sind, so unterschiedlich sind auch unsere Bedürfnisse.
Gegen den obligatorischen Blutungs-Blues und auch die Krämpfe kann ich CBD-Öl empfehlen, am besten die Produkte von Cannful. Ihr „FEM First-Öl“ wird unterstützend während des gesamten Zyklus‘ empfohlen und enthält neben CBD außerdem Mönchspfeffer, Pfingstrose, Lavendel und Hopfen und ist damit gleichzeitig Zyklus-regulierend. „FEM Akut“ ist, wie der Name schon sagt, meine Go-To-Lösung an Stelle von Schmerztabletten. Neben CBD enthält es Muskatellersalbei, Frauenmantel, Gänsefinger und Schafgarbe. Überhaupt können ätherische Öle ein steter und wichtiger Begleiter für unseren Zyklus sein. Sie wirken nicht nur stimmungsaufhellend, sondern fördern auch die Hormonbalance, entkrampfen und regulieren den Zyklus. Mein Geheimrezept bei akuten Schmerzen: 4 Tropfen Muskatellersalbei, 2 Tropfen Majoran und 3 Tropfen römische Kamille auf 0,5 Liter warmes Wasser. Ein kleines Handtuch damit tränken, auf den Bauch legen und je nach Bedarf wiederholen. Oder wahlweise dieselbe Mischung auf 150ml Mandelöl geben und als Bauchmassageöl verwenden. In beiden Fällen bitte unbedingt auf die Qualität der Öle achten!
Mein Geheimrezept bei akuten Schmerzen: 4 Tropfen Muskatellersalbei, 2 Tropfen Majoran und 3 Tropfen römische Kamille auf 0,5 Liter warmes Wasser.
Neben Ruhe, Massagen und Kompressen unschlagbar gegen emotionale, aber auch physische Stagnation in der Gebärmutter: leichte Bewegungen wie Hüftkreisen und tiefes Atmen. Außerdem Dankbarkeit – unser Mind-Set setzt oft die Weichen, ob und wie wir Schmerzen empfinden. Dankbar wofür, fragt ihr euch jetzt vielleicht? Dankbarkeit, dass unser Körper jeden Monat aufs Neue den Reset-Button drückt, Dankbarkeit für die Pause, die er uns eigentlich einräumen will. Dankbar, fruchtbar und gesund zu sein, ganz gleich, ob du irgendwann Kinder haben möchtest. Denn der Zyklus einer Frau* ist eine Form der Selbstregulierung – ähnlich wie die Jahreszeiten in der Natur. Wenn wir kurz vor und während der Periode auf die Zeichen unseres Körpers hören, uns mehr zurückzuziehen, uns mehr Pausen gönnen (ähnlich wie im Herbst die Natur ihre Blätter fallen lässt und sich im Winter unter einer dicken Schneeschicht versteckt, um dann in neuem Glanz zu erblühen) nähren wir unseren Körper und halten ihn gesund. Und so unspektakulär das klingt – diese Erkenntnis ist die essentielle Basis von Frauengesundheit, über die aber so gut wie nie gesprochen wird. Zumindest nicht im medizinischen Umfeld. Das beginnt mit dem Bewusstsein, wo wir uns gerade in unserem Zyklus befinden, wofür wir nicht einmal mehr Zettel und Stift zur Hand nehmen müssen (aber natürlich können), sondern längst hilfreiche Apps und Gadgets wie die Ovy oder die inne App haben. Inne funktioniert dabei nicht mit dem Messen der Temperatur, sondern bestimmt jeden Morgen den Progesteron-Wert im Speichel, der wiederum Aufschluss darüber gibt, in welcher Zyklusphase Frau* sich befindet. Ziemlich easy zu handhaben, wie ich finde.
Der Zyklus einer Frau* ist eine Form der Selbstregulierung – ähnlich wie die Jahreszeiten in der Natur.
Wenn Frau* das alles beachtet und versucht in ihren Alltag zu integrieren, haben wir oft schon einen ganz neuen Zugang zu unserem Zyklus. Ich sage das übrigens ohne erhobenen Zeigefinger, denn es gibt auch bei mir Zeiten, in denen mir das besser oder schlechter gelingt. Aber irgendwie haben Tic Tac Toe das Kind dann ja doch schon beim Namen genannt, als sie gesungen haben: „Ich denk‘ an solchen Tagen sollt‘ ich mich lieber vergraben …“. Es muss ja kein Erdloch sein, ein gemütliches Bettenlager tut es auch. Gönnt euch, Ladies, wirklich – ihr werdet es nicht bereuen!
Über die Autorin:
Stephanie ist Doula und Female Health Mentorin und lebt und arbeitet in Wien und Berlin. Nach der Geburt ihres Sohnes beschloss sie kurzerhand das österreichische Doula Training bei Angelika Rodler und die DONA-Ausbildung bei Debra Pascali-Bonnaro zu absolvieren. In den Jahren darauf folgten eine Kundalini Yoga Doula-Ausbildung bei Gurujagat, das Postpartum Training bei Kimberly Ann Johnson und eine Vaginal Steaming Facilitator- und Ayurveda-Kochausbildung. Im Moment steckt sie mitten in der Ausbildung zum Holistic Health & Wellness Coach und Katonah Yoga-Teacher. Stephanie arbeitet außerdem als Journalistin und Autorin zu den Themen Gesundheit, Fempowerment und Spiritualität. Im Herbst erscheint ihr Buch zum Wochenbett und gerade hat sie das Wellness-Label „Joni Joni“ gegründet.
Fotos: Hadas Strobl-Aloni Photography
Illustration: Helena Ravenne