Modern Witchcraft: Feiern wie die Hexen – acht Jahreskreisfeste und ihre Bedeutung

Der Sommer naht und mit ihm viele schöne Feste. Bis in den Herbst hinein, die gefeiert werden wollen – und die übrigens die Hexen schon gefeiert haben! Hannah Krutmann ist Co-Gründerin des „Almost Magazins“ und Co-Autorin des Buches „Everyday Magic“. Sie versprüht auf ihrem Instagram-Account die schönsten Seventies-Vibes – und ist eine selbsternannte Hexe. In ihrer „Modern Witchcraft“-Kolumne schreibt sie monatlich für femtastics über Magie und Hexenkunst. In Teil 4 erzählt sie, dass es acht Jahreskreisfeste bei den Hexen gibt!

Doch was hat es mit dem Hexensabbat auf sich, wenn wir ihn mal nicht durch die misogyne Brille betrachten?

Hexen feiern acht Jahreskreisfeste - femtastics
Hexen feiern acht Jahreskreisfeste

Habt ihr schon mal “Hexensabbat” in der „Google“ Bildersuche eingegeben? Gruselige Zeichnungen und Malereien von gehörnten Teufeln erscheinen da. Böse dreinschauende Frauen, die Babys zu opfern scheinen, Kobolde und anderen Wesen, die sich um ein Feuer versammelt haben. Häufig das Bild von Francisco de Goya von 1779, aber auch welche von Claude Gillot von circa 1720 und Matthäus Marian I von 1626. Was sie alle gemeinsam haben? Neben den pervertierten Darstellungen der paganen Feiertage haben sie alle gemeinsam, dass sie von Männern stammen. Und in Zeiten des patriarchalen und christlichen Takeovers aka der Hexenverfolgungen-Hochzeit entstanden sind.

Ihre Funktion war vor allem Abschreckung. Um vor Hexen zu warnen, deren Image weiter zu beschädigen und ordentlich Propaganda für ihre Verfolgung zu machen. Doch was hat es mit dem Hexensabbat auf sich, wenn wir ihn mal nicht durch die misogyne Brille betrachten? Lasst uns etwas zurückspulen!

Es war einmal eine Zeit ohne Internet und Smartphones und davor gab es eine Zeit ohne Elektrizität und davor gab es eine Zeit ohne Patriarchat, ok, angekommen?

Jahreszeiten als Zeitmessung

Es war einmal eine Zeit ohne Internet und Smartphones und davor gab es eine Zeit ohne Elektrizität und davor gab es eine Zeit ohne Patriarchat, ok, angekommen? Zu dieser Zeit lebten die Menschen nicht nur auf der Erde, sondern tatsächlich noch mit der Erde und ihren Jahreszeiten. Die einzige Weise, um Zeit zu tracken, war das Beobachten der Jahreszeiten, der Sonne und des Mondes. Die Menschen waren enger mit der Natur und ihren Rhythmen verbunden und richteten ihr Leben nach ihnen aus. So ehrten sie die fruchtbare Natur, die ihnen Ernte schenkte, feierten das Licht in den hellen Jahreszeiten und verehrten es in den dunklen. Diese heidnische Lebensweise und Wertschätzung der Natur – der Erde, der Sonne und des Mondes – wie wir es beispielsweise noch von den Kelten kennen, ist sehr ähnlich zur Naturverehrung der Hexen damals und heute. Jahreskreisfeste haben eine lange Tradition.

Sonnenwenden


Neben den Vollmonden, die viele Hexen monatlich feiern, gibt es über das Jahr acht Hexensabbats, die sich am Sonnenkalender orientieren. Die zwei bekanntesten sind vermutlich die Sommersonnenwende Litha am 21. Juni und die Wintersonnenwende Yule ein halbes Jahr später am 21. Dezember. Die Sommersonnenwende wird in Schweden noch heute als Mittsommerfest gefeiert. Hierbei wird der längste Tag des Jahres mit einer riesigen Fruchtbarkeitsparty zelebriert. Die Midsommar-Stange, die sogar das schwedische Möbelhaus „IKEA“ jedes Jahr Mitte Juni auf dem Parkplatz errichtet, steht für die Fruchtbarkeit der Natur. Der lange Stab und die zwei Ringe sollen ruhig als phallisches Symbol gelesen werden.

Und wo wir gerade schon bei Schweden sind: Das schwedische Wort für Weihnachten ist “Jul”, es ist also ganz nah am Wort “Yule”. Zur Wintersonnenwende feiern Hexen die Geburt des Lichtes, das nach dieser dunkelsten Nacht des Jahres zurückkehrt. Anstatt der Geburt des Lichtes, feiern Christ*innen zu dieser Zeit die Geburt des “Sonnenkinds” (also Christus). Das Wort Weihnachten bezieht sich ursprünglich auf die Nächte, in denen wir etwas weihen, wie es traditionell in den Rauhnächten gemacht wurden. Die Rauhnächten sind in der Hexentradition die zwölf magischen Nächte, die auf die Wintersonnenwende folgen und in denen die Grenzen zwischen irdischer und geistiger Welt verschwimmen. Diese zwölf Nächte zwischen den Jahren sind auch die zwölf Nächte Unterschied zwischen Mond- und Sonnenjahr.

Der längste Tag des Jahres wird mit einer riesigen Fruchtbarkeitsparty zelebriert.

Tag-/Nachtgleichen

Auch Sommer- und Winterhöhepunkt sind Jahreskreisfeste. Die Tag-/Nachtgleichen Ostara im Frühling und Mabon im Herbst ebenso.

Ostara, benannt nach der germanischen Frühlingsgöttin „Ostara“, findet am 21. März statt und es ist kein Zufall, dass dieser Name so ähnlich zu Ostern klingt. Generell hat die christliche Kirche wirklich nicht sonderlich unauffällig Feiertage abgewandelt und mit neuer Bedeutung versehen – wie eben bei Weihnachten, Ostern oder auch bei Mabon, was am 23. September die Herbsttagnachtgleiche und Ernte feiert und im Christentum zum Erntedankfest umgemodelt wurde. 

Das Fest Ostara ist eins von acht Jahreszeitenfeste -femtastics
Das Fest Ostara ist benannt nach der germanischen Frühlingsgöttin „Ostara“.

Weitere Hexenfeiertage


Diese vier Jahreszeitfeste haben die Hexen (und der keltische Kalender) und noch vier weitere, die du vielleicht unter anderen Namen kennst:

Am 31. Oktober feiern Hexen Samhain, was wohl bekannter als Halloween ist.
An Samhain wird den Ahn*innen gedacht (passend dazu im christlichen Kalender haben wir Allerseelen). Samhain feiert das keltische Neujahr und lässt uns in die dunkle Jahreszeit gleiten, in der Räucherrituale praktiziert werden und es einfacher gelingt mit Verstorbenen in Kontakt zu treten.

Eher als Walpurgisnacht oder Tanz in den Mai bekannt ist das keltische Fest Beltane am 30. April/1. Mai. In dieser Nacht tanzen Naturgeister, Elfen und Hexen, um den Beginn der hellen Jahreszeit zu zelebrieren. Es ist eins der Jahreskreisfeste der Lust, der Freude und Ekstase. Welches in so vielen der alten Gemälde pervers und grotesk dargestellt wurde. Denn Ausgelassenheit, die frühlingshaften Schmetterlinge im Bauch und die weibliche Fruchtbarkeit von Mama Erde mussten selbstverständlich geschamt werden. Wie ließe sich sonst Evas Sündengeschichte und das ganze Keuschheitsgedöns weiter bewerben?! In ländlichen Regionen stellen (in der Regel junge Männer) noch immer traditionell Maibäume vor die Fenster ihrer Angebeteten (klar, eine hetero-normative, altmodische Tradition). Auch hier symbolisieren die Maibäume, genau wie die Mittsommerstange ihre Potenz.


Weniger bekannt sind vermutlich am 31. Juli / 1. August Lugnasadh – das Fest des ersten Kornschnitts und am 2. Februar das Fest Imbolc. Lugnasadh entspricht im christlichen Kalender Mariä Himmelfahrt und ist auch bekannt unter dem Namen Lammas. Mit der ersten Ernte wird die Fülle und Dankbarkeit an Mama Erde gefeiert und traditionell das erste Brot aus dem frisch geernteten Korn gebacken.

Mit Imbolc am 2. Februar (hier feiern die Christ*innen Lichtmess) wird die Rückkehr der Göttin Brigid aus der Unterwelt gefeiert. Birgid steht für Licht, Neuanfang und bringt frischen Wind und Energie.

Ähnlich wie das Ausblasen der Geburtstagskerzen auf dem Kuchen haben manche Hexen ihre festen Rituale, andere gehen es intuitiv an.

Wie feiern Hexen?


Wenn das auf den alten Bildern nun alles Quatsch ist, wie feiern Hexen diese acht Jahreskreisfeste denn nun, wenn sie nicht mit dem Teufel mingeln? Die meisten Hexen, feiern diese Feste genauso, wie auch Geburtstage oder andere Traditionen, nämlich so wie sie gerade Lust haben. Zu manchen Festen laden sie ihren Coven, ihre Familien oder Freund*innen ein. Tanzen oder essen gemeinsam (wie Geburtstagspartys quasi). Oder sie treffen sich zum Essen, Schwimmen oder Tanzen in der Natur (wie Festivals eigentlich). Sie dekorieren ihren Altar oder Kraftort um (ähnlich wie Adventskranzbinden, Weihnachtsbaumschmücken oder Ostereier bemalen).

Sie halten Rituale ab, in denen sie sich alleine oder mit anderen in die Stimmung des jeweiligen Festes versetzen. Dankbarkeit spüren und durch Räuchern oder die Arbeit mit Kerzen Licht ins Dunkel bringen. Ähnlich wie das Ausblasen der Geburtstagskerzen auf dem Kuchen haben manche Hexen ihre festen Rituale, andere gehen es einfach intuitiv an. Die Frühlings- und Sommerfeste sind häufig ausgelassener und wilder. Die herbstlichen und winterlichen Bräuche ruhiger und meditativer – ganz so wie sie zur Energie der Jahreszeit passen.


Fotos: Hannah Krutmann für femtastics

https://femtastics.com/journal/hexenzirkels-finde-deinen-coven/

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