Beim Thema Periode lernt man als menstruierende Person schon früh, dass Schmerzen, PMS und andere Beschwerden einfach dazugehören. Stimmt nicht, sagt Ernährungsberaterin, Zyklus-Coachin und Autorin Jessica Roch. In ihrem kürzlich erschienenen Buch „Zyklus im Glück“ zeigt sie, dass viele Beschwerden entlang des Zyklus‘ keineswegs eine Bürde sind, die man still und leise zu ertragen hat. Aufgrund eigener Probleme begann Jessica Roch, sich mit dem weiblichen Zyklus und den Ursachen hormoneller Probleme zu beschäftigen. Sie absolvierte Ausbildungen zur zertifizierten Ernährungsberaterin und zum „Hormone Health Coach“ sowie Fortbildungen im Bereich der Frauenheilkunde. Heute coacht sie Frauen* mit Hormonbeschwerden und teilt ihr Wissen auf dem Instagram-Kanal @bodysynchron. Wir sprechen mit Jessica über Zyklus-Ernährung, Hormonstörer und Heißhungerattacken.
Jessica Roch: Männer können sich an die allgemeinen Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) halten. Die empfohlenen Kalorien und Nährstoffe bleiben jeden Tag dieselben. Bei Frauen* variiert das allerdings je nach Zyklusphase. Zyklische Ernährung bedeutet, dass wir unsere Ernährung an die unterschiedlichen Bedürfnisse anpassen, die unser Körper in den vier verschiedenen Zyklusphasen jeweils hat.
In manchen Phasen ist zum Beispiel unser Bedarf an komplexen Kohlenhydraten höher, weil unser Glückshormon sinkt und wir das ausgleichen müssen. Während der Periode ist wiederum unser Mineralstoffbedarf viel größer als jener von Männern.
In der Eisprungphase wird der Stoffwechsel dann langsamer, wir brauchen also nicht so viele Kalorien. Dann erhöht sich der Bedarf an Kohlenhydraten aber wieder, weil unser Serotoninspiegel nach unten kippt und wir mehr Energie verbrennen. Wir müssen also mehr essen als sonst. Das alles gilt natürlich nur für Personen im fruchtbaren Alter. Es gleicht sich mit der Menopause wieder an, in der sich Frauen gleich ernähren können wie Männer.
Die Folge sind Hormonprobleme, von denen wir denken, sie seien normal und gehörten zum Frausein dazu. PMS, beispielsweise. Auch starke Schmerzen während der Periode können verstärkt werden, wenn wir unserem Körper nicht genügend Nährstoffe geben. Wir müssen diese Probleme nicht still und leise ertragen, sondern achtsamer mit unserem Zyklus umgehen.
Wir müssen Probleme nicht still und leise ertragen, sondern achtsamer mit unserem Zyklus umgehen.
Das ist so wahr. Als wäre es etwas Schlechtes, anstatt diesen wunderbaren Übergang vom Mädchen- zum Frausein zu feiern! Die richtige Ernährung kann dabei Wunder wirken.
Das Problem an intuitiver Ernährung: Der Körper signalisiert uns etwas, wir verstehen aber leider nicht, was er damit meint. In der Luteal-Phase, in der wir Heißhungerattacken bekommen, haben wir erhöhten Bedarf an Magnesium, die ja in Schokolade enthalten ist. Das bringt uns aber nicht weiter, denn der viele Zucker darin bringt den Blutzuckerspiegel völlig durcheinander. Ähnlich ist es mit Chips und Fast Food. Unser erhöhter Bedarf an Kohlenhydraten verlangt nach mehr Energie.
Aber statt Chips sind komplexe Kohlenhydrate wie Süßkartoffeln, Kürbis oder Karotten sinnvoller, aus denen man ein leckeres Ofengemüse zaubern kann. Ich bin schließlich Genussmensch und total gegen Verbote. Wenn die Ernährungsgrundlage aber Gerichte sind, die dem Körper das Richtige geben, giert er auch nicht so extrem nach Fast Food.
Das ist ein zweischneidiges Schwert. Es ist toll, dass immer mehr Bewusstsein für den Zyklus entsteht, das beweisen diese vielen neuen Produkte. Man kann sicherlich mit Nahrungsergänzung etwas bewirken, ich nehme auch ab und zu Magnesium während meiner Periode, um Krämpfe zu reduzieren.
Die sollten aber nur die Kirsche obendrauf sein, wenn die Basis der Ernährung stimmt. Supplements vermitteln leider ganz oft: „Mach‘ alles so wie bisher und nimm einfach eine Tablette, dann wird alles gut.“ Dass das nicht funktioniert, sollten Supplements-Marken viel präsenter angegeben.
Ich kläre auf meinem Kanal viel über die Antibabypille auf, bin aber eine absolute Gegnerin vom Pillen-Shaming.
Ich kläre auf meinem Kanal natürlich viel über die Antibabypille auf, bin aber eine absolute Gegnerin vom Pillen-Shaming. Ich will einfach informieren und aufklären. Aber wenn eine Person ihre guten Gründe hat, hormonell zu verhüten, dann haben wir das als Gesellschaft immer zu akzeptieren, denn es ist ihr Körper. Irgendwen für irgendetwas zu verurteilen, finde ich schrecklich. Ich unterstütze Menschen bestmöglich bei den Entscheidungen, die sie treffen.
Wenn man üben möchte, nach natürlichen Zyklen zu leben, kann man sich nach dem Mondzyklus ernähren und sehen, wie es einem guttut. Hormonelle Verhütung macht etwas mit dem Körper, deshalb finde ich es sinnvoll, ihn auch dabei zu unterstützen. Entgiftungsorgane wie Leber und Darm haben mehr Arbeit mit dem Abbau der Hormone.
Kreuzblütler-Gemüse, also alles mit „Kohl“ im Namen, wirkt da wunderbar, weil es die Entgiftung fördert. Ich würde versuchen, den Zucker zu reduzieren, denn der belastet die Leber auch zusätzlich. Ballaststoffe, Joghurt und fermentiertes Gemüse stärken die Darmflora. Die Schilddrüse sollte man auch nicht vernachlässigen, denn tatsächlich bekommen rund ¼ aller Anwenderinnen der Antibabypille Probleme mit der Schilddrüse. Da sollte man auf die Nährstoffe Zink, Selen, Jod und B-Vitamine achten.
Es gibt viele Stoffe in unserer Umgebung, die in unseren Körper eindringen und unseren Zyklus durcheinanderbringen bzw. Probleme verstärken können.
Während der Menstruation würde ich zu wärmenden Gerichten, wie beispielsweise Currys oder Eintöpfen raten. Wichtig ist, dass sie sehr nährstoffreich sind und vor allem viel Eisen enthalten, um die Eisenverluste durch unsere Regelblutung wieder auszugleichen.
Es wäre sinnvoll auf die „Hormonstörer“ zu achten. Es gibt ganz viele Stoffe in unserer Umgebung, die in unseren Körper eindringen und unseren Zyklus durcheinanderbringen bzw. Probleme verstärken können. Dass da Dinge wie Plastik, BPA, Kosmetikartikel und Reinigungsprodukte dazuzählen, ist vielen nicht bewusst. Die Apps „ToxFox“ und „Codecheck“ sind hierbei sehr hilfreich. Damit kann man sich informieren und alte Produkte gegen hormonfreie tauschen. Wenn wir diese Hormonstörer einfach aus unserem Haushalt verbannen, haben wir schon viel Gutes für unseren Zyklus und unseren Körper getan.
Collage: Kaja Paradiek (Fotos: Adobe Stock, Porträtbild: Jessica Roch)