Yoga im Wald bedeutet tief einatmen, spüren, ausatmen und loslassen – genau das kann man in einem lauschigen Wald vor den Toren Berlins machen, wo Caro Herz regelmäßig ihre „For Rest Yoga Retreats“ abhält. Ihre Teilnehmer*innen sollen hier unter dem dichten Blätterdach zu den eigenen Wurzeln finden, um sich zu erden und zu entschleunigen. Als ausgebildete Vinyasa- und Yin-Yoga-Lehrerin gibt sie außerdem Workshops, in denen der weibliche Zyklus im Vordergrund steht. Warum das im modernen Alltag immer notwendiger wird und wie wir unsere Weiblichkeit gebührend zelebrieren, erzählt die relaxte Berlinerin im Interview.
Im Grunde sind wir beide Dorfkinder und suchten deshalb lange einen Ort für die Flucht aus der Stadt.
Caro Herz: Ich lebe und arbeite in Berlin, mein Partner und ich haben also ein typisches „super busy life“ in der Großstadt. Im Grunde sind wir aber beide Dorfkinder und suchten deshalb lange einen Ort für die Flucht aus der Stadt. Unser erstes Projekt war ein kleines Hausboot, das wir selbst gebaut haben. Drei Jahre später bauten wir ein Tiny House am See und fanden dadurch dieses wunderschöne, 4.000 m2 große Areal, das heute mein „For Rest Retreat“ ist. Innerhalb von acht Monaten haben wir dort eine alte Remise zur Yoga-Scheune umgebaut und verschiedene Cabins zur Übernachtung gebaut. Inklusive unserem Herzstück, der Yoga-Terrasse mit Blick in die Baumkronen.
Egal, ob Yoga, Achtsamkeitsübungen oder Self Care Rituale – wir alle suchen einen Ausgleich zum Trubel in der Stadt. Es ist nicht das gleiche, eine Stunde Übungen zu machen, zur Ruhe zu kommen und gleich danach in die volle U-Bahn steigen zu müssen oder schnell noch in den Supermarkt zu hetzen. Da verblasst auch der schönste Yoga-Bliss ganz schnell. Die Wirkung von drei Tagen mitten in der Natur und Yoga im Wald ist so viel nachhaltiger. Man bekommt den nötigen Abstand zu seinen Stressfaktoren und den Raum, diese mal zu hinterfragen. Unsere Vision des „For Rest“ war, einen Ort zum Frei sein zu erschaffen, den man mit leuchtenden Augen, schmutzigen Füßen, frischem Kopf und neuen Ideen wieder verlässt.
Das „For Rest“ ist übrigens nicht ausschließlich eine Yoga Retreat Location. Die Cabins können auch für einen Kurzurlaub, für Remote Office Tage oder ein Wochenende mit Freund*innen gemietet werden. Während des Aufenthaltes können private Yogastunden, Meditationen, Sound Healing Sessions oder eine Kräuterwanderung optional hinzugebucht werden.
Bei uns ist das einzige, das man hört, das Vogelgezwitscher.
Wir beginnen meistens mit Silent Mornings und Journaling. Wir stehen auf und erst einmal spricht niemand. Im Alltag wachen wir auf und checken ja oft erstmal die E-Mails und Social Media. Bei uns ist das einzige, das man hört, das Vogelgezwitscher. Passend zum Thema des Retreats gebe ich dann Journaling-Fragen, die dann jede*r für sich beantwortet. Man schnappt sich eine Tasse Kaffee oder Tee und sucht sich ein gemütliches Plätzchen dafür. Ab der ersten Yogapraxis vor dem Frühstück darf dann wieder gesprochen werden. Workshops wie Töpfern, Kräuterwanderungen oder intuitives Zeichnen folgen. Es gibt dazwischen natürlich freie Zeit, in der man durch den Wald spazieren, im See schwimmen oder in der Hängematte lesen kann. Nach dem Abendessen gibt es noch eine entspannende Yin-Yoga Praxis und einen geselligen Abend rund ums Lagerfeuer.
Das Vertrauen auf unsere Selbstheilungskräfte ist wichtig. Zu erkennen, dass wir der Zyklus Imbalance nicht ausgeliefert sind.
Eigene Probleme mit dem Zyklus. Auch in meinem Umfeld habe ich bemerkt, wie viele Frauen* mit Beschwerden während der Periode zu tun haben. Irgendwann stieß ich auf eine Ausbildung in Hormon-Yoga. Dabei geht es darum, dass man durch eine bestimmte Abfolge von Asanas gezielt auf Hormone Einfluss nehmen und sie ausgleichen kann. Um einen ganzheitlichen Ansatz bieten zu können, folgte noch eine Weiterbildung zum Thema Frauenheilkräuter.
Genau. Ich finde dieses alte Wissen so wichtig. Dass sich Oma früher, anstatt in die Apotheke zu laufen, einfach ein paar Kräuter aus dem Garten gepflückt hat. Als Female Balance Kräuter-Tipp empfehle ich beispielsweise einen Tee mit Scharfgarbe oder Beifuß. Er wirkt krampflindernd und sogar zyklusregulierend.
Das Vertrauen auf unsere Selbstheilungskräfte ist wichtig. Zu erkennen, dass wir der Zyklus Imbalance nicht ausgeliefert sind. Unser Körper will ja gesund sein und tut alles, dass es uns gut geht. Man muss ihn also dabei unterstützen. Für viele Dinge wird ja schnell mal ein Medikament verschrieben und das, was darunter schlummert, wird ignoriert. Wir sollten stattdessen aber an der Wurzel suchen und in uns reinhören.
Weiblich gelesene Personen bekommen von der Außenwelt so viel mehr suggeriert als männlich gelesene. Mit 30 geht es ja richtig los: Wann heiratest du? Wann bekommst du das erste Kind? Wie, du beginnst jetzt nochmal von vorne und machst eine neue Ausbildung? Im Retreat lernen wir, tiefer in uns reinzuhören und wieder wahrzunehmen, wohin ICH überhaupt will. Wenn ich beispielsweise unglücklich im Job bin – warum habe ich noch nicht gekündigt? Für wen mache ich das überhaupt? Für mich oder weil die Gesellschaft eine Karriere von mir erwartet?
Es ist endlich kein Tabuthema mehr. Man spricht darüber, egal ob Periodenunterwäsche oder Menstruationstasse. Man hat nicht mehr das Gefühl, man müsse völlig alleine damit klarkommen, sondern kann offen über das Thema sprechen. Das hat sich in den letzten Jahren rasant verändert – zum Glück!
Die Kindhaltung! Durch das Eigengewicht des Körpers und die tiefe Atmung in dieser Haltung wir der Bauch sanft massiert, was Krämpfe lösen kann. Zudem wird der untere Rücken wohltuend entlastet.
Interview: Jenni Koutni
Fotos: Ninive Günes
Layout: Kaja Paradiek