Female Finance: Drei Depots aus unserer Community – kommentiert von unserer Finanzexpertin

9. November 2021

ETFs und Aktien sind in aller Munde, aber ganz offen wird über individuelle Depots nur selten gesprochen. Dabei helfen ein offener Austausch und gegenseitiger Support dabei, gemeinsam zu wachsen – das gilt für Finanzen, aber auch in anderen Lebenslagen. Zeig her dein Depot! Wir haben vor einiger Zeit auf unserem Instagram-Kanal nach euren Depots gefragt, ihr habt geantwortet. Unsere Finanzexpertin Claudia Müller vom „Female Finance Forum“ hat sich drei der Einsendungen herausgesucht und in diesem Artikel kommentiert. Vielleicht erkennst du dein Depot (in Teilen) sogar wieder?

Portfolio 1: Der/ die Klassische


Das Depot im Überblick:

  • ETF: MSCI WORLD
  • ETF: MSCI EMERGING MARKETS
  • ETF: CORE DAX

Als Grundlage für den langfristigen Vermögensaufbau ist das eine sehr gute Kombination.


Hier liegen drei Klassiker der ETF-Welt im Depot: Die größten Unternehmen der Industrieländer (MSCI World), der Schwellenländer (MSCI Emerging Markets) und Deutschlands (Core DAX). Dieses Portfolio kommt dem klassischen „Weltportfolio“ nach Gerd Kommer sehr nah: Eine Mischung aus Industrie- und Schwellenländern. Mehr dazu findet ihr in seinem Buch „Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs“.


Als Grundlage für den langfristigen Vermögensaufbau ist das eine sehr gute Kombination. Dabei solltest du darauf achten, den Industrieländern ein größeres Gewicht zu geben als den Schwellenländern.


Außerdem gehört zu einem ausgewogenen Portfolio ein risikoarmer Anteil, der z.B. in Anleihen (gerne auch in ETFs) investiert wird. Hierzu folgt weiter unten ein Absatz.

Portfolio 2: Der/ die Technische


Das Depot im Überblick:

  • ETF: MSCI WORLD (65,5 % USA; 22,5 % Technologie)
  • ETF: Automation & Robotics USD (54,4 % USA; 65 % Technologie)
  • ETF: Digitalisation USD (62,5 % USA; 49,5 % Technologie)
  • Aktie: Alphabet A (Technologie)
  • Aktie: Facebook (Technologie)
  • Aktie: Apple (Technologie)
  • Aktie: Etsy

Das Risiko ist, dass ein einziges Ereignis in den USA sich negativ auf alle Investitionen auswirkt.


Dieses Portfolio sieht aus wie der Einkauf von jemandem, der ein bisschen „nach Geschmack“ entschieden hat. Das Ergebnis: Sehr viel USA, sehr viel Technologie.


Auch hier kenne ich nicht die Gewichtung. Allerdings ist klar, dass US-amerikanische Unternehmen stark übergewichtet sind (im MSCI World-ETF machen US-Unternehmen 65,5 % aus, im Automation & Robotics-ETF 54,4 % und im Digitalisation-ETF 62,5 %; hinzu kommen die Einzelaktien, die ebenfalls alle US-amerikanisch sind). In den letzten Jahren sind US-amerikanische Aktien und Technologie-Werte sehr gut gelaufen; vermutlich hat sich dieses Depot also sehr gut entwickelt.


Um das regionale und branchenspezifische Risiko zu reduzieren, würde ich empfehlen, noch andere Regionen (z.B. Schwellenländer) hinzuzufügen und entweder auch andere Branchen hinzuzufügen oder die Investitionen in Technologiewerte zu reduzieren. Natürlich kann eine Strategie mit USA- und Technologie-Schwerpunkt auch die nächsten Jahre sehr gut funktionieren. Das Risiko ist allerdings, dass ein einziges Ereignis – zum Beispiel eine Naturkatastrophe in den USA – sich negativ auf alle Investitionen auswirkt. Bei einem Portfolio, das breiter aufgestellt ist, würde ein solches Ereignis zwar die US-Aktien betreffen, aber eben nicht so sehr die Unternehmen in anderen Ländern.

Portfolio 3: Der/ die Nachhaltige


Das Depot im Überblick:

  • ETF: FTSE Developed ESG Low Carbon Select
  • ETF: MSCI Emerging Markets SRI
  • ETF: Global Clean Energy
  • Aktie: Oatly

Es ist bei ETFs wichtig, immer innerhalb einer Index-Familie zu bleiben.


Dieses Depot wurde offenbar von einem/einer nachhaltigen Investor*in gefüllt. Prinzipiell ist es ein solides Portfolio: Industrie- und Schwellenländer, ein thematischer ETF (erneuerbare Energien) und Einzelaktien von einem nachhaltigen Lebensmittelunternehmen. Damit spricht er/ sie mir aus dem Herzen!


Auch hier gibt es noch Spielraum, das Portfolio zu optimieren. Die Unterteilung in (nachhaltige) Industrie- und Schwellenländer-ETFs ist sehr sinnvoll. Allerdings ist es bei ETFs wichtig, immer innerhalb einer Index-Familie zu bleiben. Konkret heißt das: Beide Regionen mit einem FTSE-Index (Global & Developed) oder beide mit einem MSCI-Index (World & Emerging Markets) abdecken. Der Grund hierfür ist folgender: Die Unterscheidung in Industrie- und Schwellenländer ist nicht formell vorgegeben; jeder Indexanbieter kann nach eigenen Kriterien entscheiden. Das kann dazu führen, dass ein Land, das auf der Schwelle vom Schwellen- zum Industrieland steht, von MSCI noch als Schwellenland und von FTSE bereits als Industrieland (oder andersherum) definiert wird. Damit kann es passieren, dass ein Land doppelt oder gar nicht enthalten ist, wenn wir die unterschiedlichen Indizes mischen. Da es sich hierbei potenziell um Südkorea oder China handelt, sollten wir uns das genau anschauen.  


Eine Verbesserung wäre also, z.B. den MSCI World SRI und den MSCI Emerging Markets SRI zu kombinieren. Die thematische Ergänzung durch den Global Clean Energy ETF und die Oatly-Aktie kann durchaus vielversprechend sein. Wichtig ist hier, dass die Risikostreuung gewahrt wird und der Global Clean Energy nicht zu schwer gewichtet ist, da sonst der Branchenfokus zu groß werden könnte. In meinem Onlinekurs kannst du mehr über nachhaltige ETFs lernen.

Risiko reduzieren

Bei allen Portfolien fällt auf, dass nur Aktien enthalten sind. In einem ausgewogenen Portfolio sollten Anleihen, Kredite, die man einem Staat oder Unternehmen gibt, enthalten sein, die das Risiko reduzieren. Dazu bald mehr auf femtastics! Alternativ kann der risikoarme Anteil auf einem Tagesgeldkonto geparkt werden. Wie hoch der Anteil der risikoarmen Anlagen ist, hängt von der jeweiligen Strategie und dem individuellen Risikoprofil ab.

Wenn du das Gefühl hast, dein Portfolio braucht eine Verbesserung, solltest du dir diese Fragen stellen:

  1. Für welchen Zeitraum möchtest du dein Geld anlegen?
  2. Welche Summe möchtest du insgesamt investieren?
  3. Wie viel Risiko kannst, möchtest und musst du eingehen?


Mit diesen Fragen im Hinterkopf kannst du dir deine Strategie entwickeln. Dabei kann es für viele von uns sinnvoll sein, das Rad nicht neu zu erfinden, sondern uns auf wissenschaftlich erwiesene Grundlagen zu verlassen. Auch, wenn die manchmal langweilig erscheinen.


Du möchtest dein Depot mit anderen teilen? Poste es gern in den Kommentaren. Über einen Austausch würden wir uns freuen.

Mehr Finanzthemen findest Du in unserem Finanz-Guide.


Mehr zum Thema lest ihr auch auf Claudias „Female Finance Forum“-Blog


Illustration: Stefanie Berkmann

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