Du bist gerade auf Haussuche oder möchtest dieses Jahr ein Haus renovieren? Dann bist du bei unserer femtastics-Kolumne „Wir renovieren eine Villa!“ genau richtig. Büsra Qadir, Gründerin von „Nindyaa“ und Marketingexpertin bei „Twitter“, und ihr Mann haben eine Altbauvilla in Niedersachsen gekauft. Diese kernsanieren sie – ein Glücksfund nach sechsmonatiger Suche und rund 20 Hausbesichtigungen zuvor. Büşra, die Mutter einer Tochter und eines Sohnes ist, nimmt uns mit auf ihre Reise als neue Hausbesitzerin. Heute berichtet sie vom nahenden Ende ihrer aufwendigen Altbausanierung.
Kaum zu glauben, dass wir vor genau zwei Jahren unsere Villa erworben haben. Es war ein schöner Herbsttag und mir war übel – denn damals war ich im ersten Trimester schwanger – als man uns die Schlüssel übergab. Ehrfürchtig liefen wir in unserem Garten herum und nahmen das Haus von innen und von außen genauer unter die Lupe. Dass wir innerhalb eines Jahres das Haus auf Vordermann bringen und einziehen würden, war mir damals glasklar. Woher ich diese positive Naivität und das Gefühl von „Ach-das-wird-schon“ habe, weiß ich nicht, aber ich verdanke beidem bis heute alles, was wir mit unserer Sanierung geschafft haben.
Von zahlreichen Mitmenschen, sowohl online als auch offline, habe ich gehört, dass sie so ein Projekt niemals hätten stemmen können. Und das Ding ist – ich hätte es auch nicht – hätte ich nur gewusst, wie viel Arbeit eine Altbausanierung mit sich bringt. Ich hatte vor zwei Jahren aber zum Glück weder Hausbau-Videos gesehen, noch mich mit Sanierungen intensiv befasst. Und Kontakte zur Baubranche haben wir innerhalb der Familie oder im Freundeskreis auch nicht.
Fast forward zu heute – wir sind fast zu 80% fertig mit unserer Sanierung und am Ende mit unseren Nerven. Auf meinem Tisch liegen ein Stapel Rechnungen, die mir schlechte Laune bereiten, denn die Summe einiger Rechnungen ist teilweise fünfstellig. Aber das Licht am Ende des Tunnels wird immer heller und wir sind vom Ziel des Einzugs nicht weit entfernt. Laut aktuellen Bauzeitenplan werden wir Ende Januar einziehen können.
Laut aktuellen Bauzeitenplan werden wir Ende Januar einziehen können.
In den letzten Monaten haben wir unheimlich viel erreicht und eine sehr intensive Bauphase mit vielen neuen Herausforderungen hinter uns – weswegen ich kaum Zeit hatte, meine Kolumne hier fortzusetzen. Aber so langsam kommt die Vorfreude wieder auf und wir träumen täglich von unserem neuen Leben im „großen Haus“ – wie meine Tochter Ada sagen würde. Wir leben seit über einem Jahr in kleinen Wohnräumen, und haben unseren Lebensstandard ziemlich eingeschränkt für diesen Immobilientraum.
Bevor ich gleich auf die Baustellen-Updates übergehe, möchte ich euch die wundervollen Renderings unserer Küchen- und Badplanung ans Herz legen. Sie haben mich immer unheimlich motiviert und bei der Entscheidungsfindung der Materialien für die wichtigen Wohnräume, nämlich Wohnküche und Hauptbadezimmer, geholfen. Ein 3D-Rendering kann beim Designprozess eine unheimlich große Stütze sein und schnell aufzeigen, wie verschiedene Materialien, Formen und Farben zusammen wirken.
In unserem neuen Anbau haben wir uns für einen Sichtestrichboden entschieden, der kühl und industriell wirkt. Damit wir jedoch eine gemütliche und warme Atmosphäre in der großen Wohnküche mit dem Luftraum schaffen, planen wir die Wände und Decken mit ruhigen Holzplatten zu verlegen, die nicht weiter gestrichen werden. Konventionell ist das nicht, aber ich freue mich, hier etwas Neues auszuprobieren. Und Malerkosten sparen wir uns dadurch auch ein wenig.
Im Altbau-Teil des Hauses werden die Wände jedoch ganz klassisch mit Lehm verputzt oder mit Wandfarben gestrichen. Die Bäder sollen mit Kalkputz gespachtelt werden, welcher sich hervorragend für Nassräume eignet. Wir haben mit dem Kalkputz im Bad unseres Ateliers schon sehr tolle Erfahrungen gemacht und finden den roh verputzen Look sehr schön und außerdem reguliert er die Feuchtigkeit super, ähnlich wie Lehm.
Alle Badmöbel für das Hauptbadezimmer sind außerdem bestellt – und zwar von „Vallone“. Ich freue mich, zum ersten Mal in meinem Leben eine Badewanne zu besitzen. Der Waschtisch wird nach individuellem Maß in Italien angefertigt. Für die beiden anderen Bäder beziehen wir die wunderschönen Badelemente von „Geberit“ und gönnen uns überall im Haus ihre tollen Dusch-WCs. Ich bin wirklich sehr gespannt, wie alles am Ende zusammenkommt und werde im Detail berichten.
Ein 3D-Rendering kann beim Designprozess eine unheimlich große Stütze sein und schnell aufzeigen, wie verschiedene Materialien, Formen und Farben zusammen wirken.
In unserem neuen Anbau haben wir uns für einen Sichtestrichboden entschieden, der kühl und industriell wirkt.
Nachdem im Sommer unser Anbau in Holzrahmenbauweise gebaut wurde, wurde im Anschluss der Dachstuhl des Haupthauses komplett erneuert und auf den neuesten energetischen Standard gebracht. Ihr erinnert euch vielleicht, wir hatten letztes Jahr beim Entkernen des Hauses den Holzwurm entdeckt und die Balkenlage war nicht mehr in einem stabilen Zustand. Auch wurden neue Holzbalken zwischen den beiden Stockwerken gezogen und der Boden des OG dadurch stabilisiert.
Danach haben die Trockenbauarbeiten begonnen und die Räume im OG wurden neu gezogen und parallel dazu folgten die Arbeiten in der Installationsebene: Elektroarbeiten, Verrohrung und Heizung. Es war also ganz schön viel los auf der Baustelle. Und da wir direkt neben dem Haus mit auf der Baustelle leben, werden wir fast täglich in den Baualltag der Gewerke mit einbezogen. Wenn die Zimmermänner beispielsweise unklar über eine Wand sind, kommen sie zu uns und fragen uns direkt.
Die Verrohrung haben wir mit unserem Installateur gemeinsam “mal eben” zusammen festgelegt. Und dem Elektriker konnte ich während seiner Arbeit noch last minute einige Änderungen zu den Wandauslässen und Steckdosen mitteilen. Durch unsere starke Präsenz vor Ort, laufen viele Prozesse auf der Baustelle reibungsloser als vielleicht bei anderen, aber der Nachteil ist ganz klar: man kommt nicht zur Ruhe. Wir können die Baustelle nicht so einfach ignorieren oder den Kopf frei bekommen – wie oft wurde gerade dann an der Tür geklopft, wenn ich mir gerade einen Tee gemacht hatte, um mich kurz auf dem Sofa zu entspannen.
Ich habe das Gefühl, dass ich nach diesem Sanierungsprojekt eine Kur oder einen langen Urlaub benötige.
Ich habe das Gefühl, dass ich nach diesem Sanierungsprojekt eine Kur oder einen langen Urlaub benötige. Dieses Haus hat bisher alles von uns abverlangt und ich merke, dass unsere Batterien langsam leer werden. Ich bin ehrlich – manchmal frage ich mich schon, ob sich der ganze Aufwand bisher gelohnt hat, aber dann sehe ich, wie wunderschön unsere neuen Sprossenfenster mit der hundertdreißig jahre alten Fassade und dem alten Ziermauerwerk unserer Villa harmonieren und ich denke mir, hey, du hast hier ein Stück Geschichte gerettet. Das ist definitiv etwas wert.
Die wohl größte Herausforderung für uns in den letzten Monaten waren die Fassadenarbeiten. Wir mussten weitere große (und teure!) Maßnahmen vornehmen, die ungeplant waren. Es war uns beispielsweise nicht bewusst, dass unser Mauerwerk über die Jahrzehnte ziemlich instabil geworden war, vor allem an den Giebelseiten. Nachdem unsere Maler die alte Fassadenfarbe und die Holzverkleidung an der Westseite heruntergenommen hatten, bemerkten wir sofort, dass die Steinen und Fugen an vielen Stellen porös waren. Die Giebelspitzen waren auch nicht mehr tragfähig.
Ein großes Learning für uns ist, dass diese ungeplanten Sanierungsmaßnahmen leider erst während des Prozesses entstehen und man sich einfach nicht darauf vorbereiten kann – komme was wolle.
Uns blieb nichts anderes übrig, die Giebelspitzen abzureißen und neu mauern zu lassen (das, was ihr in rot seht). Außerdem mussten die Fugen alle aufgearbeitet werden. Eine mühselige Arbeit für die Maurer. Innen wurden im OG neue Wände in Holzrahmenbauweise vor das Mauerwerk gebaut für mehr Stabilität und Energieeffizienz. Die ungeplanten Kosten hierfür betrugen mindestens dreißigtausend Euro on top. Einfach so und ungeplant. Ihr könnt euch sicher vorstellen, welche Bauchschmerzen uns diese zusätzlichen Kosten bereiteten. Positiv zu betrachten ist jedoch, dass wir jetzt quasi ein neues Haus im „alten“ Haus haben und fast an einen Neubau-Status herankommen.
Ein großes Learning für uns ist, dass diese ungeplanten Sanierungsmaßnahmen leider erst während des Prozesses entstehen und man sich einfach nicht darauf vorbereiten kann – komme was wolle. Daher ist die Kostenplanung bei Altbausanierungen auch so kompliziert. Ein großer finanzieller Puffer – inzwischen würde ich sogar für mehr als 30% plädieren – sind wichtig. Zumindest für die mentale Gesundheit als Bauherr*in.
Zum Glück sind aber einige Prozesse reibungsloser und erfreulicher abgelaufen, wie z.B. der Einbau unserer wunderschönen neuen Fenster im gesamten Haus. Die großen Fenster im Neubau gefallen uns besonders gut und man hat einen wunderschönen Panoramablick in die Natur. Einfach großartig!
Ein weiteres persönliches Highlight für mich sind die runden gusseisernen Giebelfenster, die uns im Original aus den 1890er Jahren erhalten sind. Sie waren in einem schlechten Zustand, verrostet und das Glas war kaputt an einigen Stellen. Unser Maler hat es aber auf Vordermann gebracht und wir haben sie neu verglasen lassen – nun sehen sie wunderschön aus und sind wieder eingemauert.
Alte Bauelemente wieder aufzuarbeiten fühlt sich unfassbar erfüllend an. Genauso erfüllend war es, als wir die Holzvertäfelung im Fachwerk-Look (welches möglicherweise in den Fünfzigerjahren an das Haus genagelt wurde) endlich entfernen ließen, um das alte Mauerwerk wieder herauszuholen. Die alten Zierelemente um die Fenstern waren jedoch abgeschlagen, aber mit Hilfe alter Fotos vom Haus und unseres Maurers konnten wir diese wieder zurückbauen. Das ist echte Handwerkskunst und ich bin mega happy!
Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen, sodass das Haus endlich seinen wohlverdienten neuen Anstrich bekommt. Und innen im Haus kommt in dieser Woche der Estrich. Nach der Trocknungszeit kann endlich der Innenausbau beginnen. Auf diese letzte Phase der Sanierung freue ich mich am meisten!
Fotos: Büşra Qadir
Ein Kommentar
Liebe Bysra, ich verfolge diesen Prozess mit soviel Neugierde, Vorfreude, Faszination und Freude. Es sieht so unglaublich schön aus. So besonders. So außergewöhnlich. Danke für das teilhaben lassen und deine Offenheit!